Einzelbild herunterladen
 
BerkragSperrode, bis zum gi. März 1916, die Arbeitszeit im Sommer auf zehn Stunden verkürzt wird. Der Stundenlohn soll für Erd­arbeiter vom 15. August 1913 bis 31. März 1914 48 Pf. bis 50 Pf., vom 1. April 1914 bis 31. März 1915 52 Pf. und vom 1. April 1915 bis 31. März 1910 55 Pf. betragen. Die Lohnfestsetzung im ersten Vertragsjahr von 48 bis 50 Pf. bezweckt, bestehende Verträge mit höheren Lohnsätzen mit einzubeziehen. Die Verbauer und BehmhilfSarbeiter erhalten einen um 4 Pf. höheren Stundenlohn als die Erdarbeiter; für die Arbeiten an Fortifikationsbauten wur- den Lohnerhöhungen von 3-�1 Pf. durchgesetzt. Für die Kanal- maurer und deren Hilfsarbeiter sowie für die Zementfach- und Zementarbeiter gelten im Tiefbau die gleichen Lohn- und Arbeits- 'edingungen wie im Hochbauvertrage. Eine protokollarische Er- lärung zum Vertrage besagt noch, daß beim nächsten Vertrags- rbschluß eine Gleichstellung mit dem Hochbaugewerbe angestrebt werden soll. Das Vertragsgebiet erstreckt sich vorläusig auf die ötadte Köln  , Mülheim am Rhein   und die Bürgermeiste- reien R o n d o r f und Merheim  . Folgen des Arbeiterverrats. Die Sünden, welche die polnische Berufs-Vereini- g u n g beim letzten Bergarbeiterstreik im oberschlesischcn Industrie- Revier begangen hat, haben für diese Organisation geradezu der- nichtende Folgen. In Scharen wenden sich die Mitglieder von den verräterischen Arbeiterführern ab. Aus einer imGlos Gornika" veröffentlichten Abrechnung der polnischen Berufsvereinigung für Mai-Juni geht hervor, daß allein 30 Zahlstellen so gut wie auf- gelöst sind, denn sie haben nach Beendigung des Streiks überhaupt nicht mehr abgerechnet, was einen Einnahmeausfall von rund 6000 M. pro Monat bedeutet. Und 36 weitere Zahlstellen hatten im Vergleich zu den letzten Abrechnungen vor dem Streik über 13 000 M. Verlust an Mitgliederbeiträgen; dagegen hat der alte Bergarbeiterverband seit dem Streik eine Mitglieder- zunähme von über 100 Proz. zu verzeichnen. Auch die übrigen freien Gewerkschaften haben nicht unerheblichen Zufluß aus den Rechen der polnischen Berufsvereinigung erhalten. Die Mitglieder erkennen immer mehr, daß mit nationalpolnischcn Phrasen und religiösen Zeremonien kein hungriger Magen gefüllt werden kann. Legen Äen GebärfM! Eine öffentliche Volksversammlung mit dieser Tagesordnung war zum Freitag durch Eugen Ernst   im Auftrage oer Berliner   Parteileitung l Berliner   Verbandsvorstand) nach der Neuen Welt" in der Hascnheide einberufen worden. Der An- orang war derart stark, daß sehr bald die Tische aus dem Saal hinausgeräumt loerden mußten. Jedes Plätzchen war in dem Riesensaal besetzt. Kurz nach 8 Uhr sperrte die Polizei wegen Ueberfüllung. Genossin Klara Zetkin   hatte das Referat übernommen. Sie wurde mit lebhaftem Beifall begrüßt. Sie führte aus: Seit einem halben Jahrhundert sei es nicht nur der Stolz, sondern auch die Stärke der Sozialdemokratie gewesen, daß sie alle jene bürgerlichen Quacksalbereien abgewiesen habe, die letzten Endes darauf abhielten, das Proletariat über seine Klassenlage dadurch hinwegzutäuschen, daß einzelnen oder kleinen Schichten das Wohnen auf dem Boden der bürgerlichen Gesellschaft etwas erträg- licher gemacht werde. Angesichts dieser Tatsache empfinde Rednerin als beschämend, daß man sich gegenwärtig gegen eine solche Quacksalberei wehren müsse. Denn nichts anderes sei es, wenn man dem Proletariat als revolutionäre Kampfeswaffe den Gebär- streik empfehle, wenn man die Auffassung vertrete, daß die künst- liche Einschränkung der Geburten auf eine Linie zu setzen sei mit dem politischen Kampf auf Erringung sozialer Reformen und mit der Tätigkeit der Gewerkschaften auf Besserung der Arbeitsbedin- gungen. Die betreffende Auffassung stelle letzten Endes nichts an- deres dar als eine bürgerlich-anarchistelnde Auffassung. Denn sie stelle in den Mittelpunkt der Betrachtung nicht das Proletariat als Klasse, sondern die einzelne Familie; sie gehe von individuellen Gesichtspunkten aus und schlage als Hilfsmittel eine individuelle Lebensgestaltung vor. 'Der Geburtenrückgang sei allerdings eine der hervorstechendsten Erscheinungen in der kapitalistischen   EntWickelung. Die Geburten- ziffer sinke in allen Ländern, die kapitalistisch entwickelt seien oder mehr oder weniger in den Malstrom der kapitalistischen   EntWicke- lung hineingezogen würden. Die Ursachen, weshalb die Zahl der Geburten zurückgehe, und insbesondere der ehelichen Geburten, seien mannigfacher Art und letzten Endes in den Bedingungen der lohnte, hinzugehen, ist die Nummer: Herbert Lloyd. Ein Exzentrik, des Wintergartens würdig, in dem er auch früher auftrat, ein fabelhafter Kerl, der eigentlich nicht sehr viel kann, aber durch seine unmögliche Komik umwirft. Das Publikum war interessanter als das ganze Programm. Berliner   wohlhabende Bürger mit Monokeln, mit Kokotten, aber ohne jede Kultur. Noch haben sie es nicht gelernt, daß das Barictö eine harmlose Vergnügungsstätte sein will, ist, und dieselben Leute, die den Schönherr-Rummel ermöglichten, fühlten sich be- müsfigt, zu kritisieren, zu wägen, alles heilig ernst zu nehmen, und ebenso stimmungslos fortzugehen, wie sie gekommen waren. Denn der liebe Gott hat es weise so eingerichtet, daß man sich zwar für Geld alles kaufen kann, alles... nur keine Kultur. Theaterchronik. Das Deutsche Theater bringt Montag, den 26. August, eine Aufführung von Frank Wedekinds Erdgeist* mit Gertrud Eysold und Eduard von Winterstein   in den Hauptrollen. Das Deutsche Opernhaus in Char  « lottenburg eröffnet seine neue Spielzeit am Sonntag, den 31. d. M., mitDer Königin von Saba* in der Besetzung der Erst- aufführung. Die bestellten Abonnementshefte müssen bis Ende dieser Woche abgeholt sein. Im Deutschen   Schau« s p i e l h a u s e befindet sich Strindbergs Tragikomödie F r ä u- lein Julie* mit Paula Somary in der Titelrolle in Vor« bereitung. Die Kamm erspiele des Deutschen Theaters bringen als nächste Novität Vollmoellers Pantomime»Eine venetianische Nacht*. Die Premiere findet Freitag, den 29. August, statt. Die Schauspielschule de» Deutschen Theaters eröffnet im September ihren neunten Jahrgang. Die Aufnahme ist vom Erfolg einer Prüfung abhängig. Druckfehler. In der gestrigen Musikbesprechung wird eine Soloszene derfünftausend Theater* erwähnt; es soll aber von ebensoviel Talern die Rede sein. Ein japanischer drahtloser Fernsprecher. Auch die Japaner haben jetzt ihr eigene» System für drahllose Telephonie, da? von dem Elektriker Torikata erfunden und von der japanischen Regierung angekauft worden ist. Die Reichweite der Apparate� wird auf vorläufig 100 Kilometer angegeben. Der Haupt- sächliche Vorteil soll in der außerordentlichen Einfachheit des Apparate? bestehen, der nicht schwerer zu handhaben ist als ein ein- facheS Telephon. Die Farbigkeit altgriechischer Plastiken. An den Skulpturen vom athenischen Parthenon  , die im Londoner  Britischen   Museum aufbewahrt werden, wurden neuerdings geringe, aber deutliche Färb spuren festgestellt. Das ist von Bedeutung für die noch nicht endgültig entschiedene Frage, welche Rolle die Farbigkeit in der griechischen Plastik spielte. Bis- her galten die Parthenon-Skulpturen für unbemalt. Ein Stuttgarter Kaim«Orchester. Wie das Stuttgarter Neue Tagblatt* meldet, wird die württembergische Hauptstadt im kommenden Winter ein Sinfonie-Orchester haben, das als Stiftung eines Mäzens, der nicht genannt sein will, gelten kann. Die Oberleitung übernimmt auf dessen Wunsch Dr. Kaim. Sieben vier Abonnemeutskonzerten ist vor allem eine Reihe von Volks- Sinfonie-Konzerten geplant. Was für München   lange Zeit ein Ruhm gewesen ist, soll also nunmehr in Stuttgart   förder­lich aufblühen bürgerlichen Gesellschaftsordnung begründet. Sie erinnere erstens an die Minderung der Fruchtbarkeit, die Hand in Hand mit der Erwerbstätigkeit der Frau gehe. Wenn im Zusammen- hang damit die Geburtenzahl zurückgehe, so in erster Linie des- wegen, weil die kapitalistische Ausbeutung keine Rücksicht auf das Menschentum des Proletariats nehme und somit auch nicht die Rücksichten, die bei der Erwerbstätigkeit der Frau im Hinblick auf ihre körperliche Beschaffenheit genommen werden müßten. Nicht die Berufsarbeit an sich sei das Schädliche, sondern die kapitalistische rücksichtslose Ausbeutung der Frauenarbeit, die zum Beispiel zur Folge habe, daß die Frau mit Giften hantieren müsse, die die Frucht im Mutterleibe töteten, und daß die Frau an Maschinen mit Kußbetrieb gefesselt werde, ohne Rücksicht auf die Störungen, die hierdurch gerade für den weiblichen Organismus erwüchsen. Es kennzeichne die Heuchelei der bürgerlichen Gesellschaft, daß man einerseits jammere und wehklage über den Geburtenrückgang und verlange, es möchten ja recht viele Kinder in die Welt gesetzt werden, daß man aber andererseits jährlich Zehntausende von Kindern schon als Frucht im Mutterleibe vergifte oder täte. Eine weitere Ursache des Geburtenrückganges sei die Ausbreitung der Geschlechtskrankheiten, die auch im Zusammenhange mit der kapita- listischen Ordnung stehe. Auch der Alkoholismus   sei eine der Ur- fachen des Geburtenrückganges. Eine andere Ursache sei die Steige- rung der Kosten der Lebenshaltung, die ebenfalls eine inter  - nationale Erscheinung sei. Bei uns in Deutschland   hätten ja die reaktionären Zolllvuchcraktionen die Lebensmittelteuerung besonders verschärft. Charakteristisch sei, daß bei uns in Deutschland   seit 1906 nicht nur die Zahl der Geburten gewaltig gesunken sei, son- dern auch die Zahl der Eheschließungen abnehme. Kein Zweifel, daß gerade die Verteuerung der Lebenshaltung in den letzten Jahren dazu geführt habe, daß in der Arbeiterklasse einzelne Persönlich- leiten, einzelne Gruppen angefangen hätten, das Beispiel der be- sitzenden Klasse nachzuahmen, durch Präventivmittel die Frucht» barkeit einzudämmen. Und erst von den Tagen an, wo das Pro- letariat angefangen habe, sich in dieser Beziehung als Schüler der bürgerlichen Kultur zu beweisen, ertöne bei den Vertretern der bürgerlichen Ordnung der ängstliche Schrei, wohin das führen solle, wenn auch in der Arbeiterklasse die Zahl der Geburten zurückgehe. Rednerin gibt einige Zahlen und wendet sich dann gegen die Verteidigung der Geburtenbeschränkung. Die- jenigen, die den Rückgang der Geburtenziffer mit dem zuneh- menden Rationalismus, der Aufklärung in Zusammenhang brächten, gingen so weit, die Sozialdemokratie verantwortlich zu machen. Diese Herren behaupteten, in Gegenden mit katholischer Bevölkerung sei der Rückgang ein geringer, in protestantischen Ge- genden schon stärker, aber wo die Sozialdemokratie gras- siere, da wäre der Geburtenrückgang in der Arbeiterklasse der größte. Rednerin wolle einige Beweise dafiir anführen, daß das nicht zutreffe. In Frankreich  , wo der Geburtenrückgang schon lange beklagt werde, habe trotz der Stellungnahm« der Regierung usw. in der Kirchenfrage der Katholizismus immer noch in breiten Volksschichten tiefe Wurzel. Und kennzeichnend fei, daß dort nicht in den atheistischen Städten und, nicht in den Zentren der großen Industrie, wo eine starke Sozialdemokratie kämpfe, sondern gerade in den bäuerlichen Departements der Normandie   und anderwärts, wo die Leute noch katholisch bis auf die Knochen seien, der Geburtenrückgang der größte sei. Wenn darauf verwiesen werde, im Westen Deutschlands  , wo der Katholi- zismus verbreitet sei, wäre die Geburtenzahl eine größere, so sei in Wirklichkeit nicht das katholische Bewußtsein die Ursache, son- dern der industrielle Charakter der Bevölkerung und der Umstand, daß in Rheinlamd-Westfalen die Beschäftigung im Bergbau, im Hüttenwesen, in der Großeisenindustrie überwiege, wo man höhere Löhne habe. Sachsen   dagegen, auf das sich dieselben Herren gern bezögen, sei die Stätte des starken Geburtenrückganges, weil es einen großen Teil Textilproletariat habe mit sehr schlechten Lebens- bedingungen. Ein Beweis im Sinne der Rednerin sei noch, daß im katholischen Elsaß die Zähl der Geburten auch getvaltig zurück- gehe, weil dort Textilindustrie mit schlechten Lebensbedingungen existiere. Und Krefeld  , ein Hauptzentrum der Rheinischen Textil- industrie, sei katholisch und habe eine geringe Geburtenzahl. Und schließlich sei festzustellen, daß die Sozialdemokratie doch auch im Rheinland   und in Westfalen   schon einen größern Einfluß er- rungen hätte. Anders, wie das Zentrum und die Konservativen, die die Liebe zum Vaterlande vermißten, stellten sich Vertreter des bürger- lichen Liberalismus zur Frage des Geburtenrückganges. Es gebe eine Richtung der bürgerlichen Wissenschaft, die die verminderte Fruchtbarkeit als eine Tatsache der Kultur und des Fort- s ch r i t t s anspreche. Das sei bei ihnen zu erklären daraus, daß es sich hier handele um die idealistische Widerspiegelung der prak- fischen Geflogenheiten, die sich im bürgerlichen Mittelstand und namentlich in der bürgerlichen Intelligenz herausgebildet haben. Es sei aber nicht richtig, daß die künstliche Beschränkung nur auftrete, wo Kultur und Wohlhabenheit seien. Soweit man in der Geschichte zurückgehe, finde man eine künstliche Beschränkung. fKindertötung, Aborte, Vorbeugung, zum Teil rohcster Art.) Die künstliche Beschränkung der Kinderzahl trete unter allen geschicht- lichen Verhältnissen dann auf, wenn die Produktionsweise und die sich auf ihr aufbauende Gesellschaftsordnung in eine Sackgasse ge- raten sind, wo es sich nicht mehr möglich erweise, allen Gliedern, namentlich allen werktätigen Gliedern, ein erträgliches Auskommen. zu sichern. So sei auch in der kapitalistischen   Ordnung der Ge- burtenrückgang ein Symptom, daß die kapitalistische Gesellschafts- ordnung mit Riesenschritten ihrem Untergange entgegengehe. Jetzt schleppe man nun die letzton Endes bürgerliche Beweis- führung in die Kreis« des Proletariats und erklare den Gebär- streik als proletarische Waffe, die die kapitalistische Ordnung wirtschaftlich und politisch an der Wurzel ihrer Macht treffen solle. Man erklärte den Gebärstreik als Mittel, um die wirtschaftliche Ausbeutungsfähigkeit des Kapi- talisinus zu mindern und um den Militarismus zu schwächen. (Zwischenrufe: Sehr richtig.) Warten Sie ab: sehen wir uns näher an, wie es damit sieht. Es werde gesagt, wenn man dem KapitaliS- mus weniger Maschinenfutter zur VerfÜMng stell«, dann müßten die Löhne in die Höhe gehen, weil das Angebot von Ar- beitskräften sinke. Ach der Kapitalismus sei so frei gewesen, nicht erst abzuwarten, bis die Gebärstrcitler dafür sorgen, daß eine ge- ringere Zahl von Kräften zur Verfügung stehe. Der Kapitalismus sorge dafür, daß das Angebot von Kräften steige, auch ohne daß die Zahl der Geburten zunehme, indem er durch die Vervollkomm- nung der Technik fortwährend überflüssige Kräfte schaffe. Ferner durch die Vervollkommung der Verkehrsmittel, welche eS erlaube, aus andern Ländern, auch sehr entfernten, Schmutzkonkur. r en ten heranzuziehen. Finde er sie nicht in Europa  , dann iverde selbst der Patriotischste Arbeitgeber sich nicht scheuen, sie aus China  und Indien   zu holen. Es sei auch noch etwas ganz anderes, ob aus rückständigen Ländern diese Reservearmee komme, oder ob sie sich rekrutiere, wo die Arbeiterklasse schon ein Maß von Bildung und Kraft habe. Aber wir hätten schon Beispiele, daß ein Gebärstreik nichts nütze. In Frankreich   sei trotz des längern Geburtenrückganges die Lage der Arbeiter nicht rosiger geworden, wie bei uns. Weiter steht fest, wie ohnmächtig sich derGebärstreik" in England erwiesen habe, die Löhne im Verhältnis zur Steigerung der Lebensbedürfnisse in die Höhe zu treiben. Der Gebärstreik sei nicht das Mittel, die Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt und ihre Wirkungen zu beseitigen. Für einzelne möge er von Vorteil sein; für uns sei aber nicht der Egoismus des einzelnen maßgebend, sondern das Interesse der ganzen Klasse. Wie stehe es nun mit der Empfehlung des Gebärstreiks unter der Devise: Wir geben dem Militarismus keine Solda- ten mehr.(Zurufe: Sehr richtig.) Das klinge ja sehr schön. Vergesse man aber nicht, daß man damit auch aufhöre, für die Revolution Soldaten zu gebären. Für den gegenwärtigen Kampf gegen den Militarismus nütze der.Gebärstreik ohnehin nichts. Aber vergesse man nicht, daß der Militarismus der kapitalisfischen Ord- nung so unentbehrlich sei, daß, wenn die Zahl gesunder Nachkömm- linge nicht groß genug sei, man dann die Tauglichkeits- grenze einfach herabsetze und noch mehr, wie jetzt, Leute mit Schönheits- und anderen Fehlern einstelle, die außerordentlich dar- unter zu leiden hätten. Ein anderes Beispiel: In Frankreich   sei die Geburtenziffer sehr zurückgegangen. Der Militarismus könne sich dort nicht mehr auf so breite Massen stützen. Was tue er?l Er kehre zur dreijährigen Dien st zeit zurück! Meine man etwa, daß sich der deutsche Kapitalistenstaat hindern lassen werde, das Gleiche zu tun! Und dann: Seit wann kämpfen wir gegen den Kapitalismus, gegen seine Anschauungen und Einrichtungen, indem wir sagen, sie seien für uns nicht mehr da?! Lassen wir uns durch ein Shein« Schlagwort nicht irreführen. Halten wir daran fest, daß der Gebär» streik keine Waffe sei, die kapitalistische Ausbeutung und den Mili- tarismus zu bekämpfen, sondern eine ganz reaktionäre Utopie, weiter nichts. Nun gebe es andere, die dem Gebärstreik keine so große Be- deutung beilegten, sondern erklärten, sie wollten die Verminderung der Fruchtbarkeit nur eintreten sehen, damit die La st ender Ar- beiterfamilie gemindert und die Wohlfahrt und die Er» ziehungsmöglichkeiten für die Kinder der Arbeiter gebessert würden. Bestechend klinge das ja; es sei aber nicht stichhaltig. Zweifellos sei doch die Zahl der Kinder nicht die Hauptursache des Elends in oer Arbeiterfamilie. Die Hauptursache sei die kapitalistische Aus- beutung. Gewiß werde die Zahl der Kinder die Lasten in der Ar- beiterfamilie vergrößern. Aber es frage sich, ob der Weg der Be- schränkung der sei, die Lasten zu mindern. Nein. Das Mittel sei, von der kapitalistischen   Gesellschaft, von der Beute, die eine kleine Minderheit einsacke, genügend zu fordern. Für die proletarische Frau handele es sich nicht darum, die Zahl der Kinder zu beschränken, sondern in der kapitalistischen   Gesellschaft alles das zu erringen, was nötig sei in bezug auf den Haushalt, die Besorgung der Kinder usw. Daß die proletarische Frau überbürder werde durch die Kinder- zahl, daran sei nicht oie Kinderzahl an sich schuld, son- dern der Umstand, daß der Kapitalismus   ihr nicht genügend gebe von dem, was die faulenzenden Weiber der Bourgeoisie verschwende- risch hätten. Es sei auch nicht ganz richtig, daß viele Kinder die Arbeiterfrau von wirksamer Teilnahme an der Arbeiterbewegung abhielten. Das hänge viel von dem Charakter, von� geistiger Reg- samkeit und auch von ihrer Gesundheit ab. Die Schwierigkeiten, w-lche eine große Zahl Kinder machten, leugne Rednerin natürlich nicht. Die müßten aber überwunden werden. Dabei könne viel helfen, daß der Mann nicht an der Spietzergewohnheit hängen bleibe, sich von der Frau nach allen Richtungen bedienen zu lassen.(Leb- hafte Zustimmung.) Auch müßten Einrichtungen weiter ausgebaut werden, wie die der Kinderschutzkom Missionen, die immer mehr auch dazu übergingen, für Kinder, die ohne Aufsicht seien- für die schulfreie Zeit Vorkehrungen zu treffen. Rednerin erörterte dann die Frage der Kinder st erblich- k e i t im Zusammenhang mit der Geburtenbeschränkung und sucht festzustellen, daß in verschiedenen großen Städten innerhalb eines Zeitraums von 20 Jahren trotz erheblichen Rückganges der ehelichen Geburten die Säuglingssterblichkeit in die Höhe gegagngen sei. ES sei nun die Forderung erhoben worden, daß die Beschränkung der Kinderzahl eintreten solle bei den Frauen, die in besonders gesund» heitsschädlichen Betrieben arbeiteten. Tatsache sei ja, daß zum Bei- spiel die Tabakarbeiterinnen mit der Muttermilch ihren Kinder« das Nikotingift eingäben. Aber wenn dem so sei, so liege doch das Heilmittel nicht darin, daß die Tabakarbeiter und-Arbeiterinnen ihre Kinder verminderten, denn auch eine verminderte Zahl von vergifteten Kindern sollte man nicht haben. Es sei auch nicht be- wiesen, daß, wenn in einer Familie nur ein Kind oder nur zwei Kinder vorhanden wären, diese geistig und körperlich höher ständen, wie andere. Die Arbeiterfrau werde ja vielfach nicht imstaiche sein, gesunde Kinder auszutragen. Das seien aber Fälle des persönlichen Lebens, für die sich die einzelne mit ihrem Arzt als einer� Art Beichtvater auseinandersetzen, es aber nicht auf die Klasse über- tragen möge. Wie schön auch die Redensarten sein mögen, womit man die vorbeugende Kinderbeschränkung rechtfertige, es sei weiter nicht? als ein Ausweichen vor dem Kampf mit dem Leben. Gewiß, wer sich zu schwach fiihle, möge sich nicht viel Kinder aufhalsen. Aber dagegen müßten wir uns wehren, daß die bittere Not der einen zu einer Tugend der ganzen Klasse erhoben werden solle. Die Arbeiterklasse dürfe nicht vergessen, daß für ihren Be­freiungskampf die große Masse von ausschlaggebend«! Bedeu­tung sei. Ein Blick in die Geschichte zeige, daß die aufstrebenden Klaffen nicht durch ihre Qualität, sondern durch ihre Masse gesiegt hätten. Es sei der Kinderreichtum ein gesunder Reichwm gewesen. Gewiß, wir brauchten nicht von Klasscnselbst- mord zu reden, wenn die Geburtenzahl zurückgehe. Wir dürften uns aber nicht täuschen darüber, daß die künstliche Verhinderung' der Geburten durch Prävcntivmittel kein Kampfesmittel sei, um die Lage der Arbeiterklasse zu heben. Der Kampf werd« nicht erleichtert, indem man der Natur hinterrücks eine Nase drehe, sondern indem man mit aller Energie den Kampf als Klasse auf» nehme. Für die Arbeiterklasse könne es sich nicht darum handeln, den einzelnen auf dem Boden der bürgerlichen Klassenordnung durch eine etwas andere Gestaltung seiner Lebensverhältnisse heimisch zu machen, sondern für das Proletariat müsse eS� sich darum handeln, die einzelnen von diesem Boden ganz loszulösen und den Klassenkampf zu führen. Das Präventivmitlel in daS Erfurter Programm aufzunehmen, könne nicht unsere Losung sein. Die Losung sei nicht solche Art der persönlichen Selbsthilfe, sondern die K l a s s e n a k t i o n auf gewerkschaftliche« und politischem Gebiet. Natürlich wollten wir nicht,, daß die prole- tarische Frau Schmerzen und Leiden in großer Zahl aushalt«. Indessen vergesse man nicht, daß, wo man die größten Opfer von uns verlange, sich da auch aufs schönste unsere Kraft entfalte. Wir wollten nicht Feigheit und Kleinmut ein Ruhebett be- reiten. K l a s se n a k t i o n. das sei die Losung! Und wenn eS schwer sei für den einzelnen, dann wollten wir um so inbrünstiger kämpfen für die Herbeiführung des Sozialismus, unter dem stolze» Wort, das uns einst Bebel zugerufen habe: Durch!(Lebhafter Beifall.) Genosse Dr. Moses, den ein Teil der Versammelten� mit demon- strativem Beifall empfängt, führte als erster Diskussionsredner auS: Er dürfe in gewissem Sinne das Verdienst in Anspruch nehmen, die Frage des allzureichen Kindersegen» in Berlin   ins Rollen gebracht zu haben. Er sei also der geistige Urheber der heutigen Protest» Versammlung. DaS Thema heiß«:Gegen den Gebärstreik*. Die Parteileitung hätte richtiger getan, zu sagen:Für oder gegen den Gebärstreik?" und auch einen Korreferenten zu bestimmen. Er hoffe sogar, daß auch einer der nächsten Parteitage sich mit der Frage beschäftigen werde. Hier in der Versammlung habe Protest eingelegt werden sollen gegen die Propaganda, die angeblich für den Gebärstreik gemacht werde. Die eigentlichen Angeklagten seien aber die vielen Versammelten, die schon seit einem Jahrzehnt den Ge» bärstreik praktisch übten. Es frage sich: Solle der Arbeiter diesem Staat noch weiter den Tribut zahlen in Gestalt von vielen Kinidern, die drefsiert werden, eventuell auf Vater und Mutter zu schießen? Die Arbeiter werden die Lehre, die Genossin Zetkin   und andere predigten, hier und da verstehen, sie würden aber nicht gewillt sein, sie zu befolgen. Namentlich in den großen Städte» befänden wir uns schon seit einigen Jahrzehnten im Gebärstreik. Berlin   habe 1875 bei 900 000 Einwohnern mehr Geburten gehckl't, als 1912, wo es über zwei Millionen Einwohner hatte. Wir sehen bei den Arbeitern selber interessante Unterschiede. Es zeige sich, daß die gelernten, sogenannten qualifizierten Arbeiter in ihren Familien weit geringere Geburtenzahlen aufwiesen, als die nicht qualifizierten Arbeiter. Nun habe die Referentin Professor Wolf erwähnt, der sagt, daß besonders da, wo die Sozialdemokratie Fuß fasse, die Geburtenziffer herabginge. Dem sei Rednerin enh» gegengetreten. Das brauchten wir aber durchaus nicht zu be» streiten. Denn, je geringer da» Niveau, je mehr Kinder. Kr ßchz