internationale Sozialdemokratie, in deren Reihen die deutsche So- zialdemokratie sich immer als Borkämpferin bewährt hat.(Leb- hafter Beifall.) Troelstra-Holland(mit lebh. Beifall begrüßt): Ich bringe herzliche Grüße des Proletariats der Niederlande . Ihre Parteitage sind für uns von besonderem Interesse, weil wir die immer wachsende Bedeutung der Weiterentwickelung der deut- schen Sozialdemokratie für die ganze Internationale anerkennen. Die deutsche Sozialdemokratie hat unbestritten die Führung der Internationale. Sie hat mehr als ein Drittel des deutschen Volkes um sich gesammelt und sich zu einer Macht ent- wickelt, auf die die stolzesten Hoffnungen des Proletariats aller Länder gebaut sind. Es gibt aber Länder, wo die Sozialdemokratie an Bedeutung der Ihrigen um vieles nachsteht. Aber wo ein kon- sequent durchgeführtes parlamentarisches System die Errungen- schaften unserer Wahlkämpfe zur Geltung kommen läßt, ist unsere Stellung der Regierung gegenüber mächtig. Bei Ihnen wird dieser Zustand als eine unerhörte Hemmung der sozialen Kräfte empfunden. Bedenkt man, daß eine kleine Gruppe von Grotzgrund- besitzern ihren Vorteil hat und daß der Gegensatz zwischen dem Friedenswillen der mächtigsten Partei und dem militaristischem Streben der herrschenden Klassen gerade in Teutschland so scharf zutage tritt, dann versteht man, wie ein Suchen nach neuen Kampfesmitteln neben den parlamentarischen sich mehr und mehr der Geister in Ihrer Partei bemächtigt. Eine so bedeutende Partei muß entweder in der Gesetzgebung zur Geltung kommen oder sie muß durch außerparlamentarische Aktionen das Bedürfnis, die wirklich gewonnene Macht zur Erreichung neuer Positionen zu be- tätigen, zu befriedigen suchen. In diesem Geiste begrüßen wir die Behandlung der Frage des politischen Massenstreiks auf diesem Parteitag als ein Ereignis von großer Bedeutung für die ganze Internationale. Nun ein kurzer Bericht über unsere Partei nach dem großen überraschenden Sieg bei den letzten Wahlen. Von ganzem Herzen Dank für die moralische und materielle Unter- stützung von Ihrer Seite. Die holländische Sozialdemo- kratie hat in den letzten Jahren die Frucht ihrer zähen Arbeit ge- erntet. In den letzten vier Jahren ist sie von 9000 auf 25 000 Mitglieder gestiegen, das Parteiorgan erhielt 6999 Abonnenten, die Zahl der Gemeinderatsmitglieder verdoppelte sich; bei den Kammer- Wahlen stieg die Stimmenzahl von 82 999 auf 14S 999, die Mandate von 7 auf 16 und die Zahl der gewerkschaftlich organisierten Arbei- ter von 36 999 auf 75 000. Unser Kampf für das allgemeine Wahl- recht hatte den Erfolg, daß den freisinnigen Parteien aller Schattie- rungen das allgemeine Wahl�cht als erster Programmpunkt auf- gedrängt, daß das Verbot des Frauenwahlrechts in der Verfassung unhaltbar geworden ist und daß der Versuch, durch eine Erweite- rung der Befugnis der Ersten Kammer die eventuelle Einführung des allgemeinen Wahlrechts für die Zweite Kammer zu einem Scheinmanöver zu gestalten, unwiderruflich gescheitert ist. Jetzt gilt es, diese Errungenschaften durch eine Verfassungsänderung festzulegen. Der Versuch der liberalen Parteien, unseren Charakter als rücksichtslose Kampfpartei dadurch zu schwächen, daß wir die Verantwortung in der Negierung mit übernehmen sollten, ist bekanntlich an unserer Weigerung ge- scheitert. Vandcrsmissen-Belgien , mit lebhaftem Beifall begrüßt, spricht in französischer Sprache. Klara Zetkin übersetzt seine Rede ins Deutsche. — Er ist der Träger der herzlichsten Begrüßungen und Beglückwünschungen der belgischen für die deutsche Sozialdemokratie zu den bevorstehenden Beratun- gen. Er ist auch in gleicher Weise der Träger der Versicherung tiefster Anteilnahme der belgischen Arbeiterklasse an dem schweren Verlust, den die deutsche Sozialdemokratie durch den Tod August Bebels erlitten hat. Die belgische Sozialdemokratie verehrt in Bebel auch die Hervoragende führende Gestalt in den Reihen des internationalen Proletariats. Die Bestrebungen der deutschen So- zialdemokratie werden in Belgien mit lebhaftestem Interesse ver- folgt, ganz besonders die Bildungsbestrebungen, in denen die deutsche Sozialdemokratie in den letzten Jahren die riefen- haftesten Anstrengungen gemacht hat, um einen Ausgleich herbeizu- führen mit dem, was die bürgerliche Gesellschaft an Bildung und Kultur den breiten Massen schuldig bleibt. In Belgien bemüht man sich, diesem Beispiel nach Möglichkeit zu folgen. Man hat seit ungefähr zw eh Jahren einen Zentralbildungsausschuß konstituiert und in der nächsten Zeit sollen 79 Bildungsanstalten eingerichtet werden, um die sozialdemokratische Erziehung in die weitesten Kreise der Arbeiterklassen hineinzutragen.(Beifall.) Seit vielen Jahren steht das belgische Proletariat unter der Führung der So- zialdemokratie im Kampfe um die Eroberung der politi- schen Gleichberechtigung. Der belgischen Sozialdemokratie war es im Vorjahre eine Ermutigung und Herzensstärkung, als in Chemnitz die belgischen Delegierten die Versicherung mit nach Hause nehmen konnten, daß die deutschen Arbeiterklassen, mit herz- licker Sympathie und zu tatkräftiger Hilfe bereit, neben dem bel- gischen Proletariat bei der Vorbereitung zum General- str e i k standen. In Uebereinstimmung mit den befragten deutschen, belgischen und danischen Genossen haben wir das Angebot von drei Ministerportefeuilles abgewiesen und uns bereit erklärt, eine Regierung der verbündeten Liberalen, solange und insoweit sie die Verfassungsänderung in kurzer Zeit zustande bringen will, gegenüber den Klerikalen zu u n t e r st ü tz e n. Diese Unterstützung war, soweit es sich um das militärische Budget hau- delie, an die Bedingung geknüpft, daß dem Volke keine neuen L a st e n auferlegt werden dürfen. Wegen dieser Bedingung haben die Liberalen auf eine parlamentarische Regierung ver- zichtet und die Bildung eines außerparlamentarischen Ministeriums gefordert, das gleichfalls durch das Wahl- Programm gebunden ist, demgegenüber wir frei und seih- ständig dastehen. Um nun zu verhindern, daß eine Kabinetts. krise herbergeführt wird und die Klerikalen als einzig re- gierungsfähige ans Ruder gebracht werden, habe ich mich für eine Resolution erklärt, die für den Notfall die Bildung einer sozial- demvkratrsch-freisinnigen Regierung als notwendig erklärt.(Hört! bort!) Die Resolution ist einmütig angenommen worden. D i e Frage des politischen Massen st reiks ist jetzt auch für unsere Partei von aktueller Bedeutung. Es ist jetzt 29 Jahre her, daß ich zum erstenmal einem Parteitag in Teutschland beiwohnte. Damals, 1893 in Köln , stand Ihr Partei- tag unter dem überwältigenden Einfluß der großen Heroen des Sozialismus, Liebknecht, Auer, Singer und des größten von Ihnen, Bebel . Wie groß ist das kämpfende Proletariat Deutschlands geworden, wie stolz schreitet diese Bewegung daher, die Tragerin der geistigen und kulturellen EntWickelung der Millionen, das große Heer, dessen dröhnender Tritt wie ein schallender Siegcschor die letzten Stadien des überlebenden Kapi- talismus durchschreitet, der neuen Zeit, dem Sieg des Sozialismus entgegen. Tie deutsche, die internationale Sozialdemokratie, sie leben hoch!(Lebhafter Beifall.) Dieser Kampf hat noch nicht unmittlebar zu dem er- st r« b t e n Ziel geführt. Aber er ist nicht u m s o n st ge- Wesen. Er hat eine Bresche in das Bollwerk derRcak- t i o n gelegt und die belgische Sozialdemokratie ist fest entschlossen. diese Bresche immer mehr zu erweitern, bis die politische Gleich- berechtlgung erreicht ist. Der Kampf hat die Idee des Sozialis. muz in weit« Kreise getragen. Er hat die Organisation befestigt und auch die sozialistische Presse hat ganz bedeutend an Verbreitung gewonnen. So gefestigt steht die Partei nach dem Kampfe da, daß das Unternehmertum es nicht wagt, Rache zu nehmen an den entschlossenen Wahlrechtskämpfern. Das ist darauf zurückzuführen, daß man vor dem Kampf und während des Kampfes nach dem Beispiel der deutschen Sozialdemokratie die Massen zur Selbstzucht erzog. Der Erfolg war andererseits zurückzuführen «rf den sozialistischen Geist, der die Gewerkschaften, Genossenschaften und politischen Organisationen erfüllt« und sie eng zusammen- arbeiten ließ. Das belgische Proletariat ist durch den relativ kleinen politischen Erfolg nicht entmutigt, sondern steht auf dem Plan, neue Opfer zu bringen und wieder in den Kampf einzutreten für den Ruf: Es lebe das allgemeine Wahlrecht, es lebe die deutsche, die internationale Sozialdemokratie!(Lebh. Beifall.) Buchinger-Budapest überbringt die Grüße der ungarländischen Sozialdemokratie: Wir nehmen an dem großen Schmerz, den Sie durch das Ableben Bebels erlitten haben, tiefsten Anteil. Wir werden es August Bebel nie vergessen, daß er für die ganze Internationale und so auch für die ungarländische Arbeiterschaft Rat und Hilfe in Zeiten der Bedrängnis zuteil werden ließ. Leider kann ich nicht viel Erfreuliches aus Ungarn berichten. Wenn das Proletariat schon in anderen Ländern allen Grund hat, auf die letzte Zeit mit einer gewissen Traurigkeit zurückzublicken, so hatte das Proletariat unseres Landes unter den schrecklichen Ereignissen auf dem Balkan zu leiden und mußte jeden Augenblick befürchten, die Folgen der frevelhasten Dummheit der österreichisch-ungarischen Diplomatie tragen zu müssen. Wir haben weiter erleben müssen, daß bei uns auf den Regierungsbänken notorische Diebe sitzen. Wurde doch vor einigen Wochen der frühere Minister- Präsident Ungarns von einem königlichen Gericht als der größte Panamist Europas gebrandmarkt und hat doch der berüchtigte Tisza aus den gestohlenen Geldern nahezu eine Million für die Zwecke der Wahl seiner eigenen Person verschwendet.(Hört! hört!) Dieser„Ehrenmann", dessen Großvater schon eine Opposition aus- peitschen ließ, dessen Vater als gewesener Ministerpräsident der eigentliche Begründer der ungarischen Regierungskorruption ist, ist also in jeder �Beziehung der legitimierte Vater der jetzigen Vor- kommnisse.(Sehr gut!) Er ist der Vertrauensmann der Wiener Kamarilla und so ist es zu verstehen, wenn in Ungarn auch der letzte Schein eines parlamentarischen Zustandes vernichtet und wenn das Volk um die Wahlreform betrogen worden ist, die ihm in verschiedenen Thronreden heilig versprochen wurde.(Zuruf: Ganz wie in Preußen!) Ist es nicht unerhört, wenn man jetzt nach 49 Jahren die Altersgrenze der Wähler erhöht und das Wahlrecht der Arbeiter noch verkümmert! In Budapest haben schon im September Riesenversammlungen von Arbeitslosen stattgefunden und trotz des erhöhten RdnUew- kontingents kommt nicht einmal die alte Zahl der Rekruten zu sammen, weil die Flucht nach Amerika so ungeheuer groß ist. Eine solche Situation fordert revolutionäre Mittel geradezu heraus. Auch wir wünschen Ihnen einen ersteulichen Verlauf Ihres Partettages.(Lebh. Beifall.) Platten-Schweiz : Wir Proletarier der Schweiz , die vor vier Wochen zum Krematorium geleiteten, was sterblich war an August Bebel , verdanken der deutschen Sozialdemokratie die Führung und die Methode. Wir brauchen uns dessen nicht zu schämen, denn unsere weniger entwickelten Verhältnisse mutzten die Erkenntnis des Sozialismus erschweren. Jetzt erst wachsen die Massen bei uns unter starkem politischen und ökonomischen Druck heran, was Ihnen der spontan ausgebrochene Züricher General st reik bewiesen hat. Wir haben deshalb besonderes Interesse für Ihre Debatten über den Generalstreik und hoffen, daß das deutsche Proletariat auch fernerhin der Internationale bahnbrechend voran- schreiten möchte.(Lebhafter Beifall.) Ole O'Lian-Norwegen spricht das Beileid der skandinavischen Arbeiter zu Bebels Tode aus und wünscht den Parteitagsverhandlungen guten Erfolg. Pcluso-Portugal : Wenn auch die portugiesische Sozialdemokratie heute zum erstenmal auf Ihrem Kongreß vertreten ist, so ist doch die deutsche Sozialdemokratie für uns immer ein Vorbild gewesen. In Portugal hatten die 5lämpfe um die Republik im Volke große Hoffnungen geweckt. Aber die Enttäuschung ist nicht ausgeblieben. In diesem Augenblick sind in den Gefängnissen der Republik bei- nahe 299 Arbeiter wegen politischer Vergehen eingesperrt.(Pfui- rufe.) Alle Tatsachen haben uns bestätigt, daß das Hauptübel nicht die politische Verfassung, sondern die Klassenherrschaft ist. Wir werden die Republik gegen die tückischen Manöver der Monarchisten und die verzweifelten Versuche der Anarchisten ver- teidigen. Unsere Organisation zählt 4999 Mitglieder und 12 wöchentliche Zeitungen, welche in immer wachsendem Matze die Arbeiter darüber aufklären, daß sie von allen bürgerlichen Parteien nichts zu erwarten haben.(Beisall.) Huhsmans-Brüssel überbringt die Grüße des Internationalen Sozialist?- schen Bureaus: Vandersmissen und ich wollten in Berlin den Genossen einen objektiven Bericht geben über den Ver- lauf unseres Generalstreiks. Man hat uns ausgewiesen und wir haben schriftlich gesagt, was wir lnündlich nicht sagen durften. Aber wenn man uns Sozialdemokraten hier als unerwünschten Gästen die Tür weist, so holt man uns anderswo als Ratgeber ins Königsschloß. Im nächsten Jahr in Wien �wird hoffentlich die Einigung aller sozialistischen Kräfte in Eng- land erreicht sein und damit auch in Kanada , Südafrika und Australien . Unsere Proteste gegen den Krieg in den letzten Jahren haben unser nroralisches Gewicht bedeutend erhöht. In Wien werden wir für das Selbsibestimmungsrecht auch der Völker in Persien und China eintreten müssen, wo die junge Demokratie vom europäischen Geld erwürgt zu werden droht. Die Trauer um Bebels Tod soll uns ein Ansporn sein, den Kampf mit alle? Kraft weiterzuführen.(Lebhafter Beifall.) Ebert dankt immens des Parteitages den ausländischen Genossen und versichert, daß die deutsche Partei in die tatkräftige Erfüllung ihrer internationalen Pflichten weiter ihren Stolz setzen wird. Bcgrüßungstelegramme sind eingegangen von der italienischen, schwedischen und dänischen Sozialdemokratie, vom Kongreß des schweizerischen Gewerkschaftsbundes und von zahlreichen russischen Parteiorganisationen. Die weitere Beratung wird auf Montag früh 9 Uhr vertagt. Schluß 9�j Uhr._ politi lebe Qeberlicbt Herr Arthur Kirchhoff und das Auswärtige Amt. Ein Teil der„gutgesinnten" Presse bemüht sich noch immer mit großem Eifer, aber dürftigem Verstände, unsere Enthüllungen des imperialistischen Zeitungsplanes des viel- gewandten Herrn Arthur Kirchhoff zu bekritteln und sich von sogenannter unterrichteter oder bestens unterrichteter Seite bestätigen zu lassen, daß diese oder jene unserer Angaben nicht stinimt. Auf alle solche Notizen zu antworten, lohnt sich nicht der Mühe: ersieht doch jeder, der auch nur einigermaßen die Mache kennt, sofort, daß teils nach bekanntem Rezept be- richtigt wird, was wir gar nicht behauptet haben, teils die kuriosen Dementis der betreffenden Blätter schon deshalb nicht richtig sein können, weil sie zu den von Herrn Kirchhoff selbst öffentlich abgegebenen Erklärungen durchaus nicht stimmen. Wenn unsere Angaben unrichtig sind, weshalb schweigen dann das Auswärtige Amt sowie die von uns ge- nannten Gönner des Projekts und überlassen das Demen - tieren Zeitungen dritten, vierten Ranges. Wieviel diese Dementis wert sind, dafür nur ein Beispiel: Vor einigen Tagen brachte die„Nürnberger Ztg." fol- gende, sofort von einer Anzahl patriotischer Blätter nach- gedruckte Notiz: „Die Eingabe, die der„Vorwärts" in Sachen„Zeitung der Zeitungen" veröffentlicht hat und die von Bassermann und Stresemann ausgehen sollte, existiert gar nicht. Die Sache liegt so: Herr Kirchhoff hat seinerzeit dem Abgeordneten Bassermann einen Entwurf und eine Schilderung des ganzen Unternehmens zur Begutachtung eingereicht und gleichzeitig auch eine Liste derjenigen Abgeordneten, die eventuell diese Eingabe unterzeichnen sollten. Herr Bassermann hat diesen Entwurf und alles Dazugehörige in ein Kuvert gesteckt und dieses an das Auswärtige Amt gesandt mit der Frage, ob sich das Auswärtige Amt dafür interessiere. Darauf wurde vom Auswär - tigen Amt im verneinenden Sinne geantwor- t c t. Dies ist der Sachverhalt." Also die„Vorwärts-Nachncht" ist unrichtig. Herr Bassermann hat im Auswärtigen Anit angefragt, ob es sich für Herrn Kirchhoffs Zeitungsprojekt interessiert— und das Auswärtige Amt hat ablehnend geantwortet. Aber, wie stimmt damit überein, daß— wie schon die„Freist Ztg." her- vorgehoben hat— das Auswärtige Amt zur Deckung der Vorbereitungsarbeiten 1000 M. hergegeben hat? Die Sache verhält sich ganz anders. Möglich, daß Herr Basserniann einen Bricfentwurs Kirchhoffs oder irgendeinen anderen Entwurf an das Auswärtige Amt eingesandt hat— wir wissen es nicht. Wohl aber haben auch andere Herren sich zugunsten des Kirchhoffschen Zeitungsplanes bemüht, und vor allein ist Herr.Kirchhofs selbst für sich tätig gewesen. Das Auswärtige Amt hat auch keineswegs abgelehnt! Es hat vielinehr die oben erwähnten 1000 M. hergegeben und nur abgelehnt, Herrn Kirchhoff amtliche Empfehlungen zum Zwecke der Flüssig in achung neuer Geld- quellen auszustellen. Der folgende Brief beweist das: Auswärtiges Amt . Aul. Berlin , den 1. April 1913.• Vertraulich. Sehr geehrter Herr Kirchhoff! Im Anschluß an mein Schreiben vom 24. v. Mts. beehre ich mich, auf Ihre gefälligen Zuschriften vom 11., 26. und 28. v. Mts. zu erwidern, daß bei aller persönlichen Bereitwilligkeit, Ihnen förderlich zu sein, ich es mir versagen muß, das Aus- wältige Amt für Unternehmungen, deren Durchführbarkeit prak- tisch nicht erprobt ist, durch Erteilung amtlicher Empfehlungen zu verpflichten. Wohl aber will ich Ihrem Wunsche nach eine,?? Beitrag zu den Kosten Ihrer Vorarbeiten entsprechen und stelle Ihnen hierfür den Betrag von tausend Mark einliegend zur Verfügung. Die Anlagen der gefälligen Schreiben vom 29. und 26. v. Mts. sind wieder beigefügt. Mit vorzüglicher Hochachtung? Ihr ergebener gez. Zimmermann. Das im fast freundschaftlichen Tone gehaltene Schreiben mag vorläufig genügen. Es zeigt deutlich genug, was von den Faseleien der„Nürnberger Ztg." zu halten ist. Hinter den Kulissen des Metzer Katholikentages. Daß dem Metzer Katholikentag allerlei heftige Ausein- andersetzungen zwischen der sogenannten Kölner und Her Berlin -Breslauer Richtung des klerikalen Heerbanns vorauf- gegangen sind, ist bekannt. Ebenso, daß das„kölnisch" ge- gesinnte Metzer Lokalkomitee sich dem Bischof Korum von Trier gegenüber zu allerlei Zugeständnissen hat verstehen müssen, damit dieser der Metzer Tagung nicht unbequeme Hindernisse in den Weg legte. Jetzt bringen die katholischen „Historisch-Politischen Blätter" folgende med- liche Enthüllung über diese schöne Ouvertüre zum Metzer Kirmestreiben: „Seit vielen Jahren u?nschließt das Programm des Katho- likentages' bekanntlich auch einen Arbeiterfestzug, der des Sonn» tags nachmittags zu Beginn der Tagung abgehalten zu werden pflegt. Die Lage von Metz brachte es naturgemäß mit sich, daß die benachbarte Diözese Trier, speziell auch das Saarrevier, das H a u p t ko n t i n g e n t zu die- sem Zuge zu stellen hatten. Dort dominieren aber die Arbeitervereine„Berliner " Richtung. Mit Rücksicht nun auf die Erfahrungen bei früheren Katholikentagen, bei denen nach ihrer Anschauung die an den Festzug sich anschließenden Arbeiter- Versammlungen zur Propagierung der christlichen Gewerkschafts- idee benützt worden waren, hatten sich der Diözesanpräses der katholischen Arbeitervereine der Diözese Trier . Domkapitular Stein-Trier. und Dechant Hansen-Illingen, der Vorsitzende des Bezirksverbandes Saar , an das Metzer Lokalkomitee gewandt und demselben ewige Wünsche vorgetragen, von deren Er- füllung sie die Beteiligung der Arbeiter- vereine des Diözesanverbandes an dem Fest- zug abhängig machten. Es handelt sich dabei vor allem um die Forderung, daß es den„Berliner " Arbeitervereinen ge- stattet werde, nach dem Festtag eine eigene Versamm- lung mit einem von ihnc?? ge st eilten Redner abzuhalten. Diese Wünsche wurden vom Metzer Lokal- komitee abgelehnt. Taraufhin beschlossen die„Berliner " Ver- eine, v o n einer offenen Beteiligung am Festzug abzusehen. Das Metzer Lokalkomitee wurde von dieser Stellungnahme verständigt, und es braucht wohl nicht betont zu werden, daß diese in Metz recht unangenehm empfunden wurde. Von Metz aus wurden da>?n neue Verhandlungen angeknüpft, die schließlich zu einer Audienz des Generalvikars der Diözese Metz , Dr. Pelt, Vorsitzenden der Redncrkommission und des Vorsitzenden des Lokalkomitecs, Professor Kinzinger, beim Hochwürdigen Bischof Dr. Korum von Trier führten. Der Audienz wohnte auch Dom, kapitular Stein bei. Das Resultat dieser Besprechungen war, daß den katholischen Arbeitervereinen ein eigene» Lokal zur Verfügung gestellt und die Nominierung der Redner der V e r ba n d s l e? t u n g überlassen wurde. Auch erklärte man sich bereit, einen Antrag des Diözesanpräses Herrn Kanonikus Stein über die Arbeiterfrage und Enziklyka Linxulari quadam der Generalversammlung vor, zulegen." Die„Kölner " gaben also nach, und Herr Bischof Korum, das große Licht von Trier , triumphierte. Wer die Kölner rächten sich, ungeachtet der Bibelworte:„Die Rache ist mein, spricht der Herr!" Und ihre Rache war höchst grausam. Sie ignorierten die salbungsvolle Rede, die Herr Korum in Trier gehalten hckt und brachten über sie nur wenige Zeilen. Das Hauptblatt der Kölner , die„Köln . Volksztg.", begnügte sich in seiner bekannten Bescheidenheit sogar mit vier Zeilen. Verbot des freien Waffenverkanfs. Die„Braunschweigische Landeszeitung" will auS zuverlässiger Quelle erfahren haben, angesichts der Vorgänge der letzten Wochen
Einzelbild herunterladen
verfügbare Breiten