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Aus dem Gewerbegericht.

Gesellschaftlicher Boykott eines Arztes. Wirkung entbehrenden Strafbemeffung auch noch die Langweilig. I aus Neukölln eine Rolle spielte. Angeflagt wegen Diebstahls tarp Der praktische Arzt Dr. G., der seit 1903 in Annweiler prakti­teit des Strafverfahrens nachteilig. In einem Fall, in welchem der Maler Paul Wendt und der frühere Polizeibeamte Hörnigk aus die täglich zwölfstündige Beschäftigung eines Jugendlichen be- Neukölln. Der Angeklagte Wendt war vom Schöffengericht Neukölln zierte, verpflichtete sich im Herbst 1905, auf 3% Jahre als Militär­anstandet worden war, zog sich das Verfahren 3 Jahre hinaus; zu 1 Jahr Gefängnis verurteilt, der Angeklagte Hörnigk freige- arzt der Schußtruppe tätig zu sein. Er übertrug deshalb seine kein Wunder, daß dieses dann, weil der vormals Jugendliche selbst sprochen worden und zwar unter Zugrundelegung folgenden Sach- Praris in Annweiler dem Arzt Dr. K. und schloß mit diesem am die verbotene Beschäftigung bestritt, mit Freispruch endete." verhalts: Als eines Tages der in Neukölln angestellte Beamte J. 21. Oktober 1905 einen Vertrag, worin er erklärt, daß er auf seine dort wieder auszuüben. Als Gegenleistung zahlte Dr. K. dem Daß die gelinden Strafen für Verfehlungen gegen den Ar- nach Hause kam, fand er seine Wohnung völlig ausgeräumt. Alles, Bragis in Annweiler verzichtet und sich verpflichtet, feine Braris beiterschutz oft als Prämien auf Gesetzesübertretungen wirken was irgendwie an Wertsachen vorhanden war, war von den Dieben Dr. G. 2000 M. Im Jahre 1909 ist Dr. G. für den Tropendienst mitgenommen worden. Als Täter wurde der Angeklagte Wendt untauglich befunden und deshalb pensioniert worden. Er machte können, ist von uns wiederholt dargetan. ermittelt, bei dem auch der größte Teil der gestohlenen Sachen vor- nun verschiedene vergebliche Versuche, an anderen Orten Deutsch­ lands ein Unterkommen als Arzt zu finden. Sm Herbst 1909 gefunden wurde. hörte er, daß viele Einwohner von Annweiler die Niederlassung eines weiteren Arztes für nötig hielten; das Bürgermeisteramt des Ortes erließ auch später eine entsprechende Bekanntmachung in den Zeitungen. Dr. G. bot daraufhin dem Dr. K. wiederholt die Rückzahlung der im Jahre 1905 erhaltenen 2000 M. an und suchte diesen zu bewegen, mit seiner Rückkehr nach Annweiler einver­standen zu sein. Dr. K. lehnte aber ab. Trotzdem ließ sich Dr. G. im Januar 1910 in Annweiler als praktischer Arzt nieder. Dr. K. flagte nun zunächst gegen Dr. G. auf Schadenersatz wegen des ihm aus der Konkurrenz des Dr. G. entstehenden Verlustes. Klage ist abgewiesen worden. Dann beantragte Dr. K. bei dein ärztlichen Bezirksverein Landau , den Dr. G. vom kollegialen Ver­kehr auszuschließen. Es handelt sich also um einen gesellschaft­lichen Boykott. Der Bezirksverein gab dem Antrag des Dr. K. statt und teilte den Ausschluß des Dr. G. den in Betracht kommen­den Bürgermeistereien und Krankenkassenvorständen mit. Beschwerde des Dr. G. an die Aerztekammer blieb erfolglos. Nun erhob Dr. G. gegen den ärztlichen Bezirksverein Landau eine Klage auf Aufhebung des Beschlusses.

bon 1304,28 M.

Sigung vom 1. Oktober. 1. Belohnter Vertragsbruch. Der Kolonnenführer Schmidt lagte gegen die Aktien gesellschaft für Beton- und Monierbau auf Zahlung Dem Kläger war vertraglich die Ausführung der Massivdecken in einem Neubau in Ruhleben übertragen worden. Eines Tages wurden die Steine knapp, so daß nur ein Teil der Kolonne arbeiten konnte. Als dann der Bauführer Laube tam, redete Schmidt des­wegen mit ihm und auch darüber, daß seine Leute nicht mit dem Preis zurechtkämen. Laube soll darauf gesagt haben, daß er das schon von den Affordmaurern fenne, fie möchten sich vom Bau scheren. Laube will das nicht so ernst gemeint haben, gibt aber zu, die Abrechnung fertiggestellt und die Arbeiten bereits zehn Mi­nuten später einem anderen übertragen zu haben. Als der Kläger dann auf seinem Vertrag bestand, wurde ihm eine andere Arbeit in Aussicht gestellt; diese erhielt er aber nicht. Die Arbeit hätte etwa noch 14 Tage in Anspruch genommen; es waren sechs Mann in der stolonne und jeder hatte zwei Silfs

arbeiter. Daraus erklärt sich die Höhe der Forderung.

Das Gericht unter Vorsiz Dr. Löwensteins sprach jedem der in Betracht kommenden Arbeiter eine Entschädigung nur für einen Tag, insgesamt 139 Mart, zu, mit der Mehr­forderung wurde Kläger abgewiesen.

Die Entscheidung geht fehl. Der Arbeitgeber kommt in Verzug, wenn er( gleichviel ob ein Verschulden ihn trifft) die ihm angebotene Arbeitsleistung nicht annimmt. Er ist verpflichtet, die Arbeitsmittel bereit zu stellen. Tut er dies nicht, so liegt Verzug auf seiner Seite vor und er hat nach§§ 293 und 615 B. G.-B. den Lohn so zu zahlen, als ob die Arbeit geleistet wäre. Im vorliegenden Falle verpflichte überdies die unberechtigte Entlassung zur Lohnzahlung. Die Klage war also in vollem Umfange berechtigt. Ihre Abweisung ist mit dem Gesetz unvereinbar.

2. Zwei Kolonnenführer.

Der Puzzer Lendefeld flagte gegen den Kolonnenführer Riedel der Firma Held u. France, nachdem seine Klage gegen die Firma felbst abgewiesen worden war.

Riedel wendet zeitliche Unauständigkeit ein, da im Arbeitsvertrag festgelegt sei, bei Streitigkeiten müsse zunächst die Schiedskommission angerufen werden.

Diese

Schon vor dem Schöffengericht hatte W. behauptet, daß es sich nur um einen fingierten Einbruchsdiebstahl handelt, den er im Auftrage der eigenen Ehefrau des J. inszeniert habe. Diese habe die Absicht gehabt, ihrem Manne auszurüden und mit ihm, Wendt, zusammenzuziehen. Sie habe ihm auch zu diesem Zwecke den Korri­dorschlüssel ausgehändigt und sich absichtlich aus der Wohnung ent­fernt. Da die Frau J. diese Behauptungen eidlich in Abrede stellte, tam das Schöffengericht zu dem mitgeteilten Urteil. Gegen dieses legte Wendt Berufung ein, ebenso aber auch die Staats­anwaltschaft bezüglich der Freisprechung des Hörnigt. Vor Gericht blieb Wendt dabei, daß er im Auftrage der Frau J. die Tat verübt habe. Er habe zu der Frau J. auch seit längerer Beit schon in intimen Beziehungen gestanden. Da die Zeugin 3. dies in höchster Entrüstung bestritt, rückte W. mit allen möglichen Details, unter denen u. a. auch eine große Warze eine Rolle spielte, heraus, so daß das Gericht gezwungen war, die Oeffentlichkeit aus zuschließen. Um die Richtigkeit der Angaben des Angeklagten nach­suprüfen, wurde im Einverständnis mit der Frau J. der Gefängnis- Beschluß auf Ausschlug bes Klägers vom follegialen Berkehr auf­arzt Dr. Dyhrenfurth herbeizitiert, der dann in dem Aerztezimmer des Gerichtsgebäudes eine hochnotpeinliche Untersuchung vornahm, bei der die Warze auch tatsächlich entdeckt wurde.

Trotz dieser Feststellung kam das Gericht zu der Ansicht, daß die Angaben des W. bezüglich des Diebstahls nicht der Wahrheit entsprächen, da Frau J., als sie von dem Diebstahl erfuhr, in Tränen ausbrach und offensichtlich völlig überrascht war. Einen derartigen Diebstahl zu fingieren, hätte ja auch logischerweise gar keinen Zweck gehabt, da die Frau J., wenn sie ihren Mann verlassen wollte, die Wertsachen einfach selbst hätte mitnehmen können. Der im Besitze des Angeklagten befindliche Korridorschlüssel könne auch ebensogut anderen Zweden gedient haben. Das Gericht verwarf die Berufung des W. und kam auch zu einer Verurteilung des Hörnigk, gegen den auf 3 Monate Gefängnis erkannt wurde.

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Pistolenspielerei.

Gine

Das Landgericht Landau verurteilte den Bezirksverein, den zuheben und die Aufhebung denjenigen Behörden und Kassenvor­ständen, denen er früher den Ausschluß mitgeteilt hatte, bekannt­zugeben. Dagegen hat das Oberlandesgericht Zweibrücken die Alage, soweit sie auf Aufhebung des Ausschlusses des Klägers ge­richtet ist, abgewiesen und den Beklagten nur verurteilt, die Be­kanntgabe dieses Ausschlusses, soweit sie über den Kreis der Mit­glieder des Vereins hinausgeht, zurückzunehmen.

Der

Das Reichsgericht hat am Sonnabend dieses Urteil bestätigt und die Revision des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung ourde bemerkt: Nach§ 826 des Bürgerlichen Gesetzbuchs war zu Ausschluß des Klägers, nach dem Anstandsgefühl aller billig und fragen, ob man sagen kann, daß die Maßnahme des Vereins, der gerecht Denkenden verwerflich ist. Beklagte hat gehandelt in Erfüllung seiner Pflicht, zu der er vom Staat berufen ist. Er ging dabei von der Ansicht aus, daß das Verhalten des Klägers mit der ärztlichen Standesehre nicht ver­einbar sei. Es ist hierbei das unkollegiale und wenig schonungs­bolle Verhalten des Klägers gewürdigt worden, mit dem er wieder in die Praxis hineinzukommen suchte. Ein Verstoß gegen die guten Sitten ist dem Beklagten aus seiner Maßnahme nicht zum Borwurf zu machen.( VI. 267/13.)

Verfammlungen.

Eine wenig aufgeklärte nächtliche Schießaffäre, bei der das 20 jährige Dienstmädchen Anna Müller aus Charlottenburg den Tod gefunden hatte, beschäftigte gestern unter Vorsitz des Land­Das Gericht, Vorsigender Dr. Löwenstein, erklärte gerichtsrats Neumann die 3. Straftammer des Landgerichts I . Wegen fahrlässiger Tötung und Uebertretung der Polizeiver­fich jedoch für zuständig. Die betreffende Klausel beziehe sich nur auf Streitigkeiten zwischen der Firma und Arbeiter resp. Kolonnen- ordnung betr. die Pflicht zur Führung von Waffenscheinen war der führer, nicht aber auf solche zwischen letzteren beiden. aus Ungarn stammende Student der Handelshochschule Adalbert Der Angeklagte hatte am Abend des 22. Juli Erklärung. Genoffe Schwarzburger belehrt mich, daß Mitglieder Der Klageanspruch in Höhe von 41,92 m. gründete sich auf Grosz angeklagt. folgenden Sachverhalt. Die Firma Held u. Frande hatte der d. J. in Begleitung des aus Budapest stammenden Studenten Ivo einer Korporation verpflichtet sind, für deren gefaßte Beschlüsse ein­Kolonne die Buzerarbeiten an einem Gebäude zu einem bestimmten Grünfeld einen Spaziergang durch den Tiergarten unternommen, zutreten. Er hätte seine Belehrung an eine andere Adresse richten Preise übertragen. Anstatt des einfachen Puzes wurde dann aber bei dem er die Bekanntschaft des Dienstmädchens Anna Müller ge- follen. Deshalb will ich bemerken: Wenn ich mir zugunsten eines Stammput verlangt, der erheblich mehr Arbeitsaufwand erfordert. macht hatte. In ziemlich später Stunde brachten die beiden jungen Genossen aus Achtung vor Korporationsbeschlüssen Beschränkungen Die Buger bekamen jede Woche eine Abschlagszahlung, der 9 M. Leute die M., die in der Gutenbergstraße in Charlottenburg im des Willens auferlegen soll, muß jener solche Verpflichtungen für sich Tagelohn zugrunde gelegt war. Als eines Tages aufgemessen Dienst war, nach Hause. Bei dem zärtlichen Abschied zog sich Grün- ebenfalls anerkennen. Das ist aber hier nicht der Fall. Sonst hätte wurde, ergab sich nur noch ein Rest vom vereinbarten Preis, der feld diskret zurüd, während Grosz mit der M. vor der Haustür der Betreffende als Parteivorstandsmitglied nicht gegen die vom Im übrigen dem Kläger sowie den anderen Beteiligten für 5 Tage Arbeit nur stehen blieb. Wie der Angeklagte behauptet, habe die M. bei einer Parteivorstand vorgelegte Resolution stimmen lönnen. 9,60 M. übrig ließ. Der Beklagte soll nun nicht nur dem Kläger , Umarmung zufällig gegen seine Gesäßtasche gestoßen, in der er war das seine Sache einzig und allein, wie es Sache des Parteitags sondern, wie einwandfreie Zeugen befundeten, auch ständig eine Browningpiftole trug, die er sich angeschafft hatte, da war, wen er wählte. Was dem Einen recht, ist dem Andern billig. ihnen den normalen Tagelohn zugesichert haben. Die Firma fein Vater in einer etwas entlegenen und gefährlichen Gegend hat auch schon öfter Nachschüsse bewilligt. Beklagter bestreitet jedoch Ungarns ein Gut besaß, wo fast jeder Mensch mit dem Revolver Damit ist für mich die Sache einstweilen erledigt. die bestimmte Zusicherung gegeben zu haben, will vielmehr nur in der Tasche herumlaufe. Wie Grosz weiter behauptet, habe die für den Fall weitere Zahlung in Anssicht gestellt haben, daß die M. aus Neugierde in die Tasche hineingefaßt und die Pistole hervor­Firma etwas nachbewillige. Durch die Klage sei aber die Firma geholt. The er dem Mädchen die gefährliche Waffe entreißen fonnte, abgehalten worden mehr zu zahlen. Er beeidete seine Angaben. habe die M. wohl versehentlich die Sicherung gelöst. Im nächsten Der Kläger wurde darauf abgewiesen. Dr. Löwen Moment habe ein Schuß gekracht und die M. sei leblos zu Boden stein begründet das begründet das Urteil damit, Urteil damit, daß die drei Zeugen gestürzt. des Klägers als Zeugen nicht eigentlich in Betracht kämen,

Aus aller Welt. Aus dem Reiche des Fusels.

Wels.

sjat

Der amtliche Bericht über die Ergebnisse des russischen staat. Wie die Verhandlung ergab, war G. völlig kopflos davongestürzt, lichen Branntweinmonopols im Jahre 1912 verkündet die inter­denn sie seien beteiligt und deshalb liege nur der Eid um einen Arzt zu suchen; am anderen Tage hatte er sich dann bor. Es sei auch bei derartigen Arbeiten üblich, daß Ueberschüsse freiwillig der Polizei gestellt. Nach mehrtägiger Untersuchungshaft unter die Kolonne verteilt würden. Wenn dann einmal ein Defizit wurde er gegen Stellung einer Kaution wieder auf freien Fuß sei, müsse das auch gleichmäßig getragen werden.

Auch das Urteil wirkt befremdend. Der Kolonnenführer ist Arbeiter", die Schiedskommissionsklausel fand daher auf ihn An­wendung. Unerfindlich ist, wie trotz dreier Zeugenaussagen das Gericht dem Beklagten statt dem Kläger den Eid anvertrauen konnte. 3. Eine Klage gegen Berlin .

Der Techniker Klafehn flagte gegen die Stadtgemeinde Berlin auf Zahlung von 302,50 M. restlichen Gehaltes und Ge­halt für einen weiteren Monat wegen fündigungsloser Entlassung. Kläger war in der Wasserwertsabteilung angestellt, blieb vom 7. bis 30. April dem Dienst fern, war daraufhin entlassen und bekam nur bis 7. April bezahlt. Seine Angabe, er sei frant gewesen, fonnte er nicht beweisen. Die Zeugenaussagen fielen zu feinen Ungunsten aus. Er wurde deshalb abgewiesen.

In den Anstellungsverhältnissen hieß es: Kläger sei als Techniter auf Privatdienstvertrag eingestellt und es träfen für ihn die entsprechenden Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches zu. Das, so führte der Vorsitzende aus, wider spreche den gesetzlichen Bestimmungen. Seläger sei vielmehr als Techniker gewerblicher Angestellter und der Gewerbeordnung unter­stellt und aus§ 183c dieses Gesezes abzuweisen.

Die Auffaffung des Vorsitzenden übersieht, daß durch Privat­bertrag statt der Vorschriften der Gewerbeordnung die des B. G.-B. bereinbart werden können, soweit diese dem Angestellten günſtiger sind und soweit nicht etwa Vorschriften zwingender Natur durch den Vertrag beeinträchtigt werden.

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gefeßt. In seiner ersten Vernehmung vor dem Kriminalkommissar Werner in Charlottenburg soll G. angegeben haben, daß er dem Mädchen die Waffe gezeigt und diese sich dabei entladen habe. In der gestrigen Verhandlung bestritt der Angeklagte dies und behaup­tete, daß ihm die W. die Pistole selbst aus der Tasche gezogen habe. Wie die Verhandlung ergab, hatten die Eltern des er­schossenen Mädchens von dem sehr vermögenden Vater des Ange­flagten 500 M. gefordert. Ohne damit anerkennen zu wollen, daß der Tod der M. durch eine Schuld seines Sohnes herbeigeführt sei, zahlte der Vater freiwillig 2000 m.- Der Staatsanwalt beantragte eine Gefängnisstrafe von 4 Monaten und 200 M. Geldstrafe. Das Gericht kam zu einer Freisprechung des Angeklagten von der An­flage der fahrlässigen Tötung, da nicht festgestellt werden könne, ob der Grosz der M. die Waffe gegeben oder ob diese sie ihm aus der Tasche genommen hatte. Wegen der Uebertretung wurde G. zu 30 M. Geldstrafe verurteilt.

berg.

Um ein Linsengericht.

effante Tatsache, daß ungefähr eine Milliarde Rubel, oder über 2 Milliarden Mark im verflossenen Jahr in Rußland für den Suff draufgegangen sind. Die Nuznießerin der Trunksucht, die zarische Regierung, hat im Bereich des staatlichen Branntwein­monopols( 65 Gouvernements und 10 Gebiete) für den Verkauf des Branntweins 824 Millionen Rubel vereinnahmt. Fügt man den Schnapsverbrauch in den kaukasischen, mittelasia­tischen und ostsibirischen Provinzen, wo das Monopol noch nicht eingeführt ist, hinzu, so kann man den Schnapsverbrauch im ganzen Reiche getrost mit einer Milliarde Rubel berechnen.

Die absoluten wie die relativen Zahlen weisen auf einen starken Zuwachs des Alkoholverbrauchs in Rußland hin. Während 1910 im Gebiete des Branntweinmonopols 89,5 mill. Eimer ver­tauft wurden, ist diese Zahl 1912 auf 96,5 oder um zirka 8 Proz. gestiegen. Die Zunahme des Alkoholverbrauchs übersteigt die Bevölkerungszunahme um das Sechsfache. Rechnet man bloß die trinkfähige" Levölkerung, so entfällt auf jede Person Eimer Branntwein im

Jahr. Daß unter diesen Umständen die Degeneration der Volks­maffen rafend zunehmen muß, versteht sich von selbst.

Dafür blüht aber der Weizen der Regierung, die ihr Budget auf der Trunksucht des Volkes aufgebaut hat. Ungefähr ein Drittel des Etats wird von den Einnahmen aus dem Brannt­weinverkauf gebildet. Bei einer Ausgabe von 197 Millionen Rubel hat die Regierung einen Reingewinnbon 626 Millionen Rubel im Jahr. Ein glattes, nettes Wuchergeschäft!

Schreckenstat eines Fünfzehnjährigen.

Das berühmte Gericht, um das Esau sein Erstgeburtsrecht hin­gegeben haben soll, hat indirekt die Veranlassung zu einer Antlage wegen versuchter Erpressung gegeben, welche unter Vorsitz des Land­gerichtsdirektors Jacob die 2. Strafkammer des Landgerichts II be­schäftigte. Angeklagt war der Privatdetektiv Hasso Günther aus Schöne­Bei dem Gastwirt Karl Meyer in Schöneberg war bis zum Mai d. J. die Köchin Kleinert angestellt gewesen. Als sie eines Tages ein Linsengericht schlecht gefocht hatte, wurde sie von Meyer Wie Wahlen auf dem Lande angesetzt werden. Knall und Fall entlassen. Die Köchin verklagte ihren früheren In dem Dorfe Landreau bei Nantes hat der Für den Kreis Neumarkt in Schlesien sollen am 4. November Arbeitgeber vor dem Gewerbegericht auf Zahlung von 16 M. rück­die Wahlen zum Ausschuß der Allgemeinen Ortsfrankenkasse statt ständigen Lohn. Meher wurde auch zur Zahlung dieses Betrages 15jährige Dienstknecht Radureau mit einer Art die ge­finden. Zu dieser Wahl werden sämtliche Wähler, faft 8000, in dem Lokal des M. verkehrte, vor Gericht bekundete, habe sich Meyer wohnerschaft des Hauses seines Arbeitgebers mit an seine ehemalige Köchin verurteilt. Wie der Angeklagte, der in famte aus sieben Personen bestehende Be ein einziges Wahllokal nach Neumarkt in Schlesien eingeladen. Für über den verlorenen Prozeß sehr geärgert und mit ihm beratschlagt, einer Art erschlagen. Ueber die Einzelheiten der das Wahlgeschäft selbst stehen nur ganze zwei Stunden, nämlich wie er sich von der Zahlung der 16 M. befreien könne. Wie Günther von 6-8 Uhr abends, zur Verfügung. Dadurch, daß zum Wahl- behauptet, von Meher aber entschieden bestritten wird, sollte als gräßlichen Untat wird berichtet: Der Gutsbesizer Mabit bezirke zwei Städte und 122 Dörfer gehören, wovon fast alle ohne Handhabe hierzu die von ihnen erlangte Kenntnis dienen, daß die felterte am Dienstagabend um 10 Uhr mit Rabureau Trauben, jede Bahnverbindung sind und Tausende von Wählern meilenweite R. ein uneheliches Kind hatte, dessen Vater, wie sie ermittelt haben als ein Streit zwischen ihnen ausbrach. Radureau bemächtigte Wege zum Wahllokal haben, mit Verlust eines ganzen Tagesver- wollen, ein in Schöneberg wohnhafter verheirateter Kellner sein sich einer großen Art und durchhieb dem Guts­soll. Der Angeklagte behauptet, daß er an die K. auf Anstiften des befizer die Gurgel. Darauf brang er in die Küche, dienstes, ferner durch die spätgelegten Wahlstunden absolut keine Meher einen Brief geschrieben habe, in welchem er ihr ganz un- wo er Frau Mabit, die Dienstmagd, dann die in Möglichkeit mehr haben, noch am gleichen Tage nach Hause zu verblümt drohte, daß gegen sie Anzeige wegen Ghebruchs, welcher einem benachbarten Zimmer schlafende utter des kommen, ist die große Mehrzahl der Wähler ohne weiteres ihres mit Gefängnis nicht unter 6 Monaten bestraft werde, erstattet würde, Gutsbesizers und drei in einem anderen Wahlrechts beraubt. Vielleicht hat man mit dieser Tatsache schon wenn sie die Sache mit Meher nicht auf sich beruhen lassen oder gerechnet und deshalb nur ein Wahllofal für den räumlich sehr versuchen würde, die 16 M. zwangsweise beizutreiben. Er habe 8immer schlafende Kinder Mabits im Alter großen Wahlbezirk in Aussicht genommen. Wie unter solchen Um eine Waffe in den Händen, die im Gebrauchsfalle sehr nachteilig von 2, 7 und 8 Jahren ermordete. Radureau legte sich werden könne. Die A. richtete nun an Meher direkt einen Brief, dann ruhig schlafen. Mittwoch morgen wurde er ver­ständen die Wahl ausfallen wird, darüber besteht kein Zweifel. der von dem Angeklagten mit einem zweiten Erpresserbrief beant- haftet; er hat alles eingestanden. wortet wurde, in dem er noch deutlicher wurde.- Vor Gericht ver­suchte der Angeklagte die Hauptschuld auf Meher abzuschieben.- Der Staatsanwalt beantragte mit Rücksicht darauf, daß der An­getlagte in einer recht niederträchtigen Weise versucht habe, die Beugin A. zu zwingen, auf ihre berechtigten Ansprüche zu ver- nacht auf der Strecke Köln- Bonn der Rheinuferbahn in der un­zichten, eine Gefängnisstrafe von 6 Monaten. Das Gericht erkannte mittelbaren Nähe der Station Bonn - Ellerstraße. Der um 12 Uhr aber mit Rücksicht auf die bisherige Unbescholtenheit des Angeklagten von Köln abfahrende und aus zwei Wagen bestehende Schnellzug, auf nur einen Monat Gefängnis. 1 ber fahrplanmäßig 12 Uhr 40 Minuten in Bonn - Ellerstraße eintrifft,

Gerichts- Zeitung.

Die Warze.

Ginen etwas peinlichen Verlauf nahm eine Verhandlung vor bem Strafrichter, in welcher die Ehefrau eines städtischen Beamten

Eisenbahnunglück in Bonn .

Ein folgenschweres Eisenbahnunglüd ereignete sich Mittwoch