demnächst rfn gerichtNcheS Nachspiel haben. In etwazwanzig Artikeln hatte unser Waldenburger Parteiblatt den Prozeßkriiisiert. Ferner halte die Redaktion unseres Parteiblattes mitgeteilt, daß der konservative Chefredakteur, Herr L i p p o l d, ebensowie der Kronzeuge Köhler bei ihren eidlichen Vernehmungen vordem Schweidnitzer Schwurgericht nichts darüber gesagt hatten,daß Köhler von L. 7o M. erhalten habe, lange ehe Köhlerangestellt wurde. Dem Köhler wurde vor Gericht die Frage vor-gelegt, ob er durch die Denunziation der beiden Angeklagten irgendeinen Vorteil gehabt hätte. Er verneinte das und auch derZeuge Lippold schwieg auf diese Frage. Demgegenüber hatte derInseratenchef des konservativen Blattes zu anderen Angestellkenwiederholt geäußert, daß Köhler den oben genannten Betrag er-halten habe, der als„Vorschuß" zwar lange vor K.'s Anstellungquittiert wurde, aber niemals in die Bücher kam. Unser Walden-burger Parteiorgan legte nach mehreren Recherchen Herrn Lippoldöffentlich die Frage vor, wie es damit stehe. Die Antwort, die kam,war sehr verlegen und drückte sich um den Kern herum. Schließlichgab die Redaktion unseres PartciblatteS die Sache unter Angabe derZeugen an die Staatsanwaltschaft weiter. Jetzt wird nicht etwa aufGrund dieser Angaben gegen Lippold eine Untersuchung eingeleitet,sondern gegen die Gesamtredaktion der„Bergwacht" und gegen einigeVersammlungsredner. Unsere Waldenburger Genossen hoffen, bei demkommenden Prozeß noch manche dunkel gebliebene Frage aufklärenzu können.Verurteilt trotz alledem. Der verantwortliche Redakteur der„Reußischen Tribüne" in Gera, Genosse Drechsler, wurde vomSchöffengericht Gera wegen Beleidigung eines Lehrers zu 30 MarkGeldstrafe verurteilt. Die Beleidigung wurde in einer Kritik gesunden, welche der Angeklagte an einen Artikel der„Lehrerzeitung'über das Beschwerderecht der Mütter geübt hatte. Erst durch eineBeschwerde an die Oberstaatsanwaltschast hatte sich das Gericht ver-anlaßt gesehen, die öffentliche Klage anzunehmen. In der Begründung des Urteils wird ausgeführt, daß der Angeklagte mir denWorten„offener Zynismus" ungefähr das Richtige getroffen habeEs sei wegwerfend, wie der Lehrer Fugmann sich gegen das Be-schwerderecht der Eltern ausgesprochen habe. Hätte das Gericht inden Worten„offener Zynismus" an sich eine Beleidigung nicht er-blickt, so ergebe sich aber aus den übrigen Umständen die Absicht derBeleidigung.Zu 300 M. Geldstrafe wurde vom Landgericht Bautzen derVerantwortliche Redakteur unseres Z i t t a kl e r Parleiblaties, derGenosse Schnettler, verurteilt. Er hatte eine als ungeheuerlicherachtete Mißhandlung eines Kindes durch einen Lehrer scharf kritisiert.Für das Gericht lag jedoch keine übermäßige Züchtigung vor, undes kam zu der Verurteilung. Die Verurteilung erinnert an dieAeußerung des sächsischen Kultusministers Dr. v. Beck in der Schul-gesetzgebungs-Deputation bei einer Kritik der sozialdemokratischenLandtagSabgeordneten an Mißhandlungssällen:„Ja, meine Herren,toarum bringen Sie denn solche Fälle nicht an die Oeffentlichkeit?"Darauf antworteten unsere Genossen k„Dann werden unsere Re-dakteure bestraft." Wie recht unsere Genossen hatten, zeigt wiederder vorliegende Fall.Soziales.Änmpf zwischen Aerzten und Krankenkassen.Der Leipziger Wirtschaftliche Aeyzteverband versendetan die bürgerliche Presse eine Zuschrift, in der er die Behaup-tung aufstellt, daß durch das mangelnde Entgegenkommen derKrankenkassen eine Einigung zwischen ihnen und den Aerztenzur Unmöglichkeit gemacht werde. Die Aerzte werden deshalbeinen Abschluß neuer Verträge über den 1. Januar 1914hinaus allgemein ablehnen. Tie Entscheidung soll einemDeutschen Aerztetag überlassen werden, der mit größter Be-schleunigung zusammentreten soll. Demgegenüber versendetder Verband zur Wahrung der Interessen der Deutschen Be-tricbskrankenkassen eine Erklärung, in der die Schuld amScheitern der Verhandlungen den Aerzten und zsvar in ersterLinie dem Leipziger Verbände zugeschoben wird. Beide Or-ganisationen sind davon überzeugt, daß eine allgemeineKriegserklärung der Aerzte an die Krankenkassen nicht inehrzu vermeiden ist. Die Kassen richten sich auch bereits daraufein, von dem Z 370 der Reichsversicherungsordnung Gebrauchzu machen, der ihnen gestattet, an Stelle der ärztlichen Be°Handlung ein höheres Llrankengeld zu bezahlen.Tiiis Induftric und Handel.Die Lage des deytschcn Arbcitsmarktes.Die»Lage des Arbcitsmarktes im Monat September d. I. kannzwar nicht durchweg als befriedigend bezeichnet werden, trotzdem istober nach den Berichten der Arbeitsnachweise im allgemeinen eineBesserung gegenüber dem Vormonat zu konstatieren. Dies gilt vorallem vom Arbeitsmarkt des platten Landes sowie der kleineren undmittleren Provinzslädte. Zwei Faktoren find es, die hier eine—allerdings meist nur vorübergehende— Zunahme derArbeitsgelegenheit bedingten: die günstigen Ernteergebnisse und dieaus der Heeresverstärlüng resultierenden Arbeiten. Die Land»Wirtschaft verlangte im Berichtsmonat noch zahlreiche Arbeits-kräfte für die Drescharbeiten und für die Einbringung derKartoffel- und Rübenernte. Auch der Beginn der Kampagnein den Zuckerfabriken brachte beachtenswerte Be-schäfiigung. Den stellenlosen Arbeitern in der Provinz botsich daher etwas reichlichere Arbeitsgelegenheit. Diese wurde vorallein von Bauarbeitern und Ungelernten gern ergriffen. Auch ausdenjenigen Betrieben der Metall- und Maschinen-i n d u st r i e, die eine Verkürzung der Arbeitszeit haben eintretenlassen, fanden vereinzelte Abwanderungen zum ländlichen Arbeits-markte statt. Die Metallindustrie ist mit wenigen Ausnahmen fastdurchweg noch gut beschäftigt. Im Baugewerbe zeigte sich ver-schiedentlich eine leichte Belebung, da die Kasernen für dienetigebildeteit Truppenteile im Oktober fertiggestellt werdensollen. Auch die privaten und staatlichen Waffen-f a b r i k e n stellten zahlreiche Arbeiter ein. Eine gc-ringe Besserung zeigt sich in.einigen Zweigen des Holz-g e w e r b e s. Wenig lebhaft ist die Beschäftigung in derTextilindustrie. In der Stickerei und Spitzenindustrie herrschtnach wie vor Depression. Fast übereinstimmend wird von denArbeitsnachweisen eine erhebliche Zunahme des Angebots weiblicherArbeitskräfte gemeldet, der eine zum Teil noch stärkere Steigerungder Nachfrage nach Fabrikarbeiterinnen gegenübersteht. Auch derBedarf an weiblichem HaiiS- und Dienstpersonal war der Jahres-zeit entsprechend recht groß. Besonders vermerkt wird von einigenArbeitsnachweisen die zunehmende Vcrmittelung von Lehr-mädchen. Von den Gcwerbezweigen. die lebhaft beschäftigt, seieneinige noch erwähnt: die optische Industrie, da? Tiefbau-, dasMaßrgewerbe, sowie teilweise das Bekleidungsgewerbe. In derMontanindustrie ist von einem allgemeinen Rückgang derBeschäftigung nichts zu spüren.__Zur Preispolitik des Kohleiisyndikats. Während die„Rheinisch-Westsälische Zeitung" vor einigen Tagen meldete, daß das Kohlen-syndikat eine Erhöhung der Kokspreise zum 1. Januar 1914 plane,veröffentlicht das Syndikat jetzt eine Darlegung, die von der Wahr-scheinlichkeit einer Ermäßigung spricht. Das Syndikat verteidigt zu-gleich seinen Beschluß, von einer Ermäßigung bis zum Januar ab-zusehen.„Im vorigen Monat war noch nicht bekannt, wie diePreisbildung des Roheisenverbandes sich für die erste Hälfte desnächsten Jahres gestalten werde. Inzwischen hat nun der Roheisen-verband beschlossen, für diesen Zeitraum eine Preisermäßigung vonrund 3 M. für die Tonne eintreien zu lassen. Dieser Beschluß wirdsicherlich nicht ohne Einfluß auf die demnächstigen Entscheidungen desKohlensyndikates bleibe». Die letzte Preisfestsetzung des Kohlensyndi-katcS für Hochofenkoks und Kokskohlen bat, da sie nur für ein Viertel-jähr erfolgte, bei den nächsten Verbrauchern wenig Widerspruchhervorgerufen, weil auch in den anderen großen KohlenbezirkenDeutschlands in Oberschlesieu und an der Saar die Kohlenpreiseebenfalls bis zum Ende dieses Jahres unverändert blieben. InObcrschlesien sind sogar die Preiie für das Winterhalbjahr noch indie Höhe gegangen, weil die für den Sommer gewährten Rabattlätzeam 1. November aufgehoben worden sind." Die Angabe desSyndikats, die Eisenindustrie nähme die jetzige Preispolitik desSyndikats ohne Widerspruch hin, ist völlig unzutreffend. Vielmehrhat die Eisenindustrie fortgesetzt die Tatsache kritisiert, daß dasSyndikat die Hochkonjunkturpreise bestehen läßt, obgleick sich dieKonjunktur bereits seit dem Winter dieses Jahres im Rückgangebefindet.Die Berliner Elektrizitätswerke verteilen wie im Vorjahre eineDividende von 12 Proz. auf 44,1 Millionen M. Stammaktien undvon 4Vi Proz. auf 20 Millionen M. Vorzugsaktien. Da die Ein-nahmen sich günstig entwickelten, konnten zugleich die Abschreibungenvon 4 78 auf 5,05 Millionen M. erhöht werden. Die Stromabgabestieg von 223 auf 252 Millionen Kilowatlstuuden.Ein mis'glückter Feldzug gegen Konsumvereine.Auf Treibereien der Mittelstandsvereinigung gegen die Konsum-und Produktivgenossenschaft Halle-Trotha erließ der Amtsvorstehergegen die Austrägerinnen von Backwaren an NichtMitglieder Straf-Mandate. Das Schöffengericht bestätigte auch dieselben. DieStrafkammer gelangte jetzt zu einer Freisprechung. Diese Frei-sprechung war durch die Rechtslage geboten. In§ 8 des Genossenschaftsgesetzes heißt es:„Konsumvereine(§ 1 Nr. 5) dürfen imregelmäßigen Geschäftsverkehr Waren nur in ihre Mitglieder oderderen Vertreter verkaufen." Konsumvereine sind nach dem zitiertenK 1 Ziffer 5„Vereine zum gemeinschaftlichen Einkaufe von Lebensoder Wirtschaftsbedürfnissen im Großen und Ablaß im Kleinen"Von solchen Konsumvereinen verschieden sind nach dem Gesetz<§ 1Ziffer 4) Produktivgenossenschaften, das sind„Vereine zur Her-stellung von Gegenständen und zum Verkauf derselben auf gemeinschaftliche Rechnung". Auf solche Vereine bezieht sich das Verbotdes§ 8 nicht. Danach können Konsumvereine, die zugleich produ-zieren, z. B. Brot backen, Vieh ausschlachten, selbst gewonnene Warenan jedermann verkaufen.._Prämien für Unterschlagungen gegen ArbeiterWiederholt haben wir Urteile niedriger hängen müssen, dieSchädigungen von Arbeitern, Krankenkassen und Vcrsicherungskassendurch Unterschlagung von Versicherungsbeiträgen so �niedrig be-straften, daß solche Urteile sehr wohl als Aufmunterung zu ähn-lichen Unterschlagungen aufgefaßt werden konnten. Eine erfreu-liche Abkehr von dieser auch vom Kammergericht und der Regie-rung mißbilligten Milde am unrechten Platz konnten wir kürzlichaus Berlin melden. An anderen Orten, so dieser Tage in München,hat wieder die Praxis der Begünstigung von Unterschlagungen vonArbeitergroschen betätigt.Ein als Scharfmacher bekannter Baumeister Julius Christophalaus Schleifstein bei München hatte den von ihm beschäftigten Ar-beitern Beiträge ftir die Krankenkasse und die Invalidenversicherungabgezogen, die Beiträge aber nicht abgeführt. Er hatte dadurchdie Krankenkasse um 500 M., die Versicherungsanstalt um 1150 M.geschädigt. Beizutreiben war von ihm nichts. Dieser Tage wegendieser Unterschlagungen auf Grund des§ 1492 der Reichsversiche-rungsordnung angeklagt, wurde er zu insgesamt— 399 M. Geld-strafe verurteilt. Ein profitables Geschäft:1650 Mark unterschlagenab 300„ Strafebleibt 1350 Mark Gewinn.Das Gesetz läßt Gefängnis und Ehrverlust für solche Räube-reien zu. Hätte ein Arbeiter einem Baulöwen 1650 M. unter-schlagen, so würde er schwerlich mit Geldstrafe davonkommen. Wes-halb soll, chenn Arbeitergroschen von einem Unternehmerschlagen werden, die Strafe so niedrig sein, daß sich dieschlagung als rentables Geschäft im Endeffekt darstellt?unter-Unter-SrolZtst eines deutschen fliegen.Viktor Stöffler hat seine Absicht, einen Dauerflugvon mindestens 2000 Kilometer auszuführen und damit einenneuen Weltrekord aufzustellen, in bravourösester Weise ver-»virklicht. Erst um 12 Uhr 42 Minuten in der Nacht zumMittwoch entstieg er seinem Flugzeug, nachdem er in einerFlug zeit von 22 Stunden 47 Minuten 2100 Kilometerzurückgelegt hatte. Er hat damit den bisherigen WeltrekordB r i n d e'j o n c s, den dieser mit dem 1382 Kilometer langenFluge Paris— Warschau aufgestellt hatte, weit hinter sich ge-lassen.Stöfflers Flug ging von Mitternacht zu Mitternacht,also ungefähr zur Hälfte der gesamten Flugzeit durch Nachtund Nebel,>vcnn auch der Mondschein das verwegene Unter-nehmen begünstigte. Kein Wunder, daß der Flieger am Endeseiner Ricsentour völlig'erschöpft war, zumal er in den letztenStunden auch gegen heftigen Wind anzukämpfen hatte.In Frankreich würde eine solche Leistung durch stürmischeOvationen gefeiert worden sein. Bei uns wird sich Stöfflerwohl mit dem dritten Teil des 100000 Mark-Preises begnügenmüssen, der von der Nationalflugspende für die Schaffungeines deutschen Weltrekords im Weitfluge ausgesetztworden ist.Die enorme Leistung Stöfflers und seines Flugzeuges,eines Aviatik-Doppeldeckers, springt deshalb sofort ins Auge,weil Stöfflers Fluglinie sich lediglich innerhalb der deutschenGrenzen bewegte, während Brindejoncs Fluglinie drei intcr-nationale Hauptstädte verband. Aber Stöfflers Leistung istdaruni nicht geringer anzuschlagen, weil er verschiedene Teileseiner Flugstrecke Posen— Berlin—(Darmstadt)— Mühlhausenmehrere Male durchmaß, nämlich Posen— Berlin zweimal unddie Strecke Darmstadt— Mühlhausen gar viermal. Im Gegen-teil, da Stöffler sich unter diesen Umständen eine günstigeLuftströmung nicht zunutze machen konnte, vollbrachte er erstrecht eine staunensiverte Großtat.Um einen Begriff davon zu erhalten, welche StreckeStöffler innerhalb der Gesamtzeit von 24 Stunden 30 Minuten— die reine Flugzeit haben wir oben erwähnt— zurückgelegthat, muß man sich die Entfernung in gerader Linie vorstellen.Dann reicht diese Strecke von Berlin aus bis nach Porto inPortugal oder nach Biskra in Algier oder nach Archangelskam Weißen Meer, bis nach Hammerfest im nördlichen Nor-wegen oder gar bis zur Küste von Island.Niemals zuvor ist eine so gewaltige Entfernung in sokurzer Zeit, in kaum mehr als 24 Stunden zurückgelegtworden. Gebrauchen doch die schnell st e n Züge der Pacific-bahn 08 Stunden. um die zirka 4000 Kilometer zwischenNew Z)ork und San Francisco zu durcheilen.Nach solchen Leistungen ist die Ueberquerung der5000 Kilonictcr des Atlantischen Ozeans im Flugzeug wirklichkeine Utopie mehr. Man brauchte nur ein Riesenflugzeugdes Typs, wie deren die russische Armee bereits mehrerebesitzt, eine Maschine mit mehreren Motoren und derTragfähigkeit für mehrere Piloten und die nötige MengeBetriebsstoff) für ein solches Experiment einzusetzen und dieUeberfliegung des Atlantik in 48 Stunden wäre keineswegsein Ding der Unmöglichkeit. Vielleicht dauert es keine dreiJahre mehr, und auch dieser Traum ist Wirklichkeit geworden!»Auch Robert Thelen, einer der ältesten deutschen Flieger,hat am Dienstag auf einem Albatros-Doppeldecker eine schöne Flug-leistung vollbracht. Er flog, noch zur Nachtzeit, von Berlin nachKönigsberg, von dort nach Stettin und von da wiederzurück nach Königsberg, eine Gesamtstrecke von mehr als1300 Kilometern. Thelen hat damit die Anwartschaft auf den60 000 Mark-Preis der Nationalflugspende erworben, die ihm aller-dings noch lebhaft bestritten werden dürste.Hus aller Alelt.Der Untergang des„Yoltumo".Der Kapitän I n ch, Führer des untergegangenen Dampfers„Volturno" gibt über den Brand und Untergang seinesDampfers folgende Darstellung:Am 9. Oktober früh 6 lihr 50 Minuten, als wir un§ unter49 Grad 2 Minuten nördlicher Breite und 34 Grad 51 Minutenwestlicher Länge befanden, meldete der erste Offizier Feuer imLaderaum Nr. 1. Um 6 Uhr 55 Minuten brachen die Flammendurch die Luken von Raum Nr. 1 und setzten das Vordeck und dieganze Ausrüstung auf Deck in Brand. Die Flammen griffen schnellum sich und erreichten das Licht auf dem Fockmast. Die Wache unterDeck war eingeschlossen und kam in den Flammen um. ImVordeck erfolgte nun eine Reihe von Explosionen, dieden Salon und das Hospital in der Miite des Schiffeszerstörten. Ich ließ durch drahtlose Tclegraphie sofort um Hilfebitten, als die Flarumen die Luken ergriffen. Kapitän Jnch schildertnun das Herablassen der Boote und fährt dann fort: Inzwischenkämpften der erste Ingenieur, zwei Matrosen und ich mit dem Feuer,und da wir anscheinend die Flammen gedämpft hatten, ließ ich keineBoote mehr abgehen, da die„Carmania" Nackricht gegeben hatte,sie würde uns uin 11 Uhr ftüh erreichen. Rettungsgürtel wurdenverteilt und jedem Passagier angelegt. Die Passagiere wurden jetztruhiger. Um 3 Uhr stellte sich heraus, daß die Bunker in Flammenstanden. Da eS dort wegen der Gase unmöglich war, die Flammenzu löschen, wurden die wasserdichten Tore geschlossen und Wasserdurch Luke Nr. 2 in das Feuer gepumpt, daS sich aber die ganzeZeit immer mehr ausbreitete. Um 11 Uhr kam die„Carmania"an und ließ ein Boot herab, das daS Schiff wegen des hohen See-ganges nicht erreichte. Dann kam der„ S e y d l i tz" an undließ ein Boot herab, das aber nicht zu uns herankommen konnte.Gegen abend waren mehrere Dampfer angekommen. Die Bootedes„ K r o o n l a n d" machten vier Versuche, zu uns zu gelangen,wurden aber jedesmal weggeschwemmt. Um 9 Uhr 30 Min.befanden sich die erste Kajüte und der Navigationsraum in Flammen-Das Heck und die Kommandobrücke und alles vor den Schornsteinenbrannte nun lichterloh. Die Dynamomaschine für die Pumpeversagte aus Mangel an Dampf.Die Marconitelegraphisten arbeiteten mit Akku»mulatoren bis 11 Uhr. wo die Maschine auf der Brückeexplodierte. Verschiedene Passagiere sprangen über Bord undwurden von Booten, die nahe beilagen, gerettet. Um Mitternachtbewölkte sich der Himmel, das Wetter wurde böig und die Rcttungs-arbeiten wurden eingestellt, da die Leute auf den Booten nicht mehrsehen konnten. Das Feuer hatte mittlerweile durch den Zwischendecks-räum für Frauen das Hinterteil des Schiffes ergriffen,was aber vor den Passagieren geheimgehalten wurde, damitsie sich die Nacht hindurch ruhig verhielten. Der erste Ingenieur,die Maschinisten, Telegraphisten und ich selbst verbrachten dieNacht mit der Herstellung kleiner Flöße, für den Fall,daß das Feuer vor Tagesanbruch das Deck durchbrechen sollte.Um 5 Uhr 15 Minuten erschien das erste kleine Boot längsdes Schiffes. Das Wetter und die See hatten sich beruhigt und er-möglichten es nun, die Passagiere schnell auszuschiffen. Alle Dampf-schiffe setzten Boote aus und es konnten sich sofort drei mit Passa-gieren füllen. Die Passagiere verließen das Schiff in guter Ordnung.Es herrschte keine Panik. Frauen begannen erst zu weinen,als Hilfe da war. Gegen 8 Uhr früh waren alle, insgesamt vier»hundert Passagiere, vom Schiff fort. Ich seihst durchsuchte das Schiffund fand niemand mehr an Bord, und so entschloß ich mich, dasSchiff zu verlassen und schiffte mich mit dem Siest der Mannschaftauf der„Kroonland" ein. Von den zwei vermißte» Booten haben wirnichts n, ehr gehört.Der dritte Offizier des„Volturno", der sich unter den an Borddes„Großen Kurfürst" genommenen Schiffbrüchigen befindet, sagtaus, die Explosion am Donnerstagmorgen habe 80 bis 90 Passa-giere des Zwischendecks völlig überrascht, diese seien entweder so-fort getötet worden oder lebendigen Leibes ver-b r a n n t.Eisenbahnkatastrophe in Liverpool.Ein schweres Eisenbahnunglück, dem eine Reihe von Per-sonen zum Opfer gefallen sind, hat sich am Mittwochnachmittagauf dem St. James- Bahn Hof in Liverpool zuge-tragen. Der nach Manchester fahrende Expreßzug fuhrauf dem Bahnhofe mit einem anderen Zuge zusammen. Beidem Unglück sollen zehn Menschen uinS Leben ge-kommen sein. Bisher wurden sechs Leichen geborgen. Zahlreiche Personen erlitten mehr oder wenigerschwere Verletzungen.Der Zusammenstoß erfolgte dadurch, daß ein in die Halleeinlaufender Zua aus den Zug nach Manchester, der auf demBahnhof hielt, auflief. D�c r l e tz t e W a g e n d c s M a n-ckiester-Zuges wurde zertrümmert. Er war nachHull bestimmt und zum größten Teil von Relsenden nach demKontinent besetzt. Von den Insassen der übrigen Wagen istniemand getötet._Kleine Notizen.Schwerer Gruben»»fall. Auf dem Kalischacht der Gewerkschaft.Reichskrone" bei L o s s a wurden Mittwoch früh der ZimmermannPaul Hecht aus Wiehe und der Bergmann Schaumburg ausOstramondra beim Zusammenbruch einer Buhne ge»tötet. Beide Verunglückten waren jung v e r h e r r a t e t.Automobilkatastrophe. Am Dienstagabend suhr das Automobildes Architeklen Kaiser aus Stuttgart bei H u, e l b a ch auf einenHolzwagen auf. Architekt Kaiser wurde, o f o r t g e t ö l e i. Ober-baurath N a i b l e und seine Tochter wurden verletzt. letzteschwer am Kopf._Lähmungsepidemie in Nürnberg. Seit einigen Togen ist st,Nürnberg eine Epidemie von Kinderlähmung aufgetreten. Bishersind 43 Kinder erkrankt. In drei Fällen ist die Krankheittödlich verlaufen._verantwortlicher'Redatteur: Alfred Wielrpp. Neukölln. Für den Lnjeratenteilveianuv.:TH. Glocke. Berlin. Druck u. Verlag: Vorwärt» Luchdruckerei u. BerlagSanstalt Paul Singer u.Co.. Berlin 8«�