empor, wo er das Stückchen blauer Himmel durch die düsterenWolken gesehen hatte._Tie einsame Waldschmiede.Es ist nicht zu glauben! Da ist ein Filmdrama—edler Maler, edles Mädchen— verbrecherischer Zwillings-bruder— Detektive und Detektivin— Wilde Jagd— Selbstmord des armen Malers wegen elendem Bruder.„SeineLiebe ist niein Leben, deine Liebe ist mein Tod." Also, allesall right. Aber: jede Phase wird von hämmernden Schicksals-engeln in der einsamen Waldschmiede genau geregelt.Was früher die Jnschrifttafeln zwischen je zwei Bildernwaren, ist hier die rührende Einzelszene in der— einsamenWaldschmiede im rotglühenden Essenqualm. Das warmein erstes Sonntagsvergnügen im November 1913. DasPublikum lacht den Schmarrn aus— aber in die Theaterkann man ja nicht gehen, sie sind uns zu teuer. Zum Teufelnoch mal! Solche Films mag man in der einsamen Wald-schmiede verreißen, aber nicht im Albrechtshof in Steglitz.Aus der Fürsorgeerziehung der Stadt Berlin.Die Gcmcindewaisenräte Berlins haben jetzt wieder ihre all-jährlich einmal von der Waisenverwaltung einberufene Versamm-lung gehabt. Diesmal wurde ihnen vom Direktor des BerlinerFürsorgeerziehungswesen, Herrn K n a u t, ein Vortrag über diePraxis der Fürsorgeerziehung gehalten. An ihr sinddie Gemeindewarsenräte insofern interessiert, als sie in dem Ber-fahren auf Ueberweisung zur Fürsorgeerziehung und später beiAntrögen auf Entlassung aus der Fürsorgeerziehung um Ermitte-lungcn über die Verhältnisse der Familie des zu überweisendenbczw. zu entlassenden Kindes ersucht werden.Knaut wollte, wie er einleitend sagte, Vorurteil« zerstören,die gegen die Fürsorgeerziehung noch bestehen. Er wandte sich gegendie weitverbreitet« Ansicht, daß Fürsorgeerziehung lieber nicht zubefürworten sei, weil durch sie nichts gebessert werde; andererseitsaber auch gegen d i e Meinung, daß in Berlin die von den Gerichtenum Gutachten ersuchte Waisenverwaltung zu bereitwillig die Für-sorgeerziehung empfehle. Eher könne es scheinen, wie wenn manin Berlin in dieser Hinsicht allzu zurückhaltend sei und viel zulange warte. Hier seien nur 30 Proz. aller in Fürsorgeerziehungkommenden Kinder noch schulpflichtig, 70 Proz. bereits schulentlassen,während in den Provinzen sich meist das umgekehrte Verhältnisfinde. Die noch nicht verwahrlosten Kinder, die im Hinblick ausdie Verhältnisse der Familie wegen Gefahr der Verwahrlosung inFürsorgeerziehung genommen werden, seien in Berlin nur mitrund 4 Proz. an den Ueberweisungen beteiligt, dagegen in derProvinz Brandenburg mit 15 Proz. und z. B. in Kassel gar mit41 Proz. Wenn Kinder erst bei gänzlicher Verwahrlosung inFürsorgeerziehung kommen, dürfe man nicht der Fürsorgeerziehungvorwerfen, daß sie nichts nütze. An die Gemeindewaisenräte rich-tete Knaut den Appell, mit Befürwortung der Ueberweisung inFürsorgeerziehung nicht zu zögern, sobald sie sähen, daß keinanderes Mittel helfe.Ob es denn wirklich so schlimm um d i e Fürsorge-erziehung stehe, fragte Knaut. Er versuchte dann, einmal zuzeigen, was in der Fürsorgeerziehung„mit den Kindern gemacht"wird. Es war dem Vortragenden nicht zu verübeln, daß er dasFürsorgeerziehungswescn der Stadt Berlin, an dem in neuesterZeit manches gebessert worden ist und für das mau auch von ihmselber eine weitere Förderung erwartet, mit Wärm« und Eiferverteidigte. Uns will aber scheinen, daß er darin doch des Gutenzu viel tat. Mitunter verstieg er sich zu so übertreibendenSchilderungen, daß er das Gebiet der ungewollten Komik streifte.Wir bringen, so ungefähr führte er aus, die Zöglinge fürs erstein Verteilungsstationen. Tie Schulpflichtigen kommen zunächstins Waisenhaus, da haben sie es ganz ausgezeichnet. Für dieschulentlassenen Knaben ist Lichtenberg VerteiluugSstation. Dasieht es sehr freundlich aus: im Zimmer ist der Tisch gedeckt, einBlumentopf steht darauf, ein Schrank ist da, eine Uhr hängt ander Wand, ganz wie bei Muttern. Für die schulentlassenenMädchen haben wir keine Verteilungsstation. Auf diesen Sta-tionen wollen wir die Kinder erst kennenlernen, denn in denAkten sieht ein Mensch oft ganz anders aus. Erst nach Beobachtungentscheiden wir, ob ein Kind in ein« Anstalt oder in eine Familiekommen soll. Dabei behandeln wir sie individuell, unterscheidenzwischen leicht und schwer Erziehbaren, bringen die Lungenkranken,Epileptischen, Schwachsinnigen in entsprechender Weise unter,wozu wir die verschiedensten Anstalten benutzen. Den Anstaltenwerden sie durch ihre Transporteure zugeführt. In den Zeitungenkiest man öfter, sie würden dabei gefesselt. Wir tun das nicht!Wenn Sie mal unsere Transporteure sähen, da würde Ihnen dasHerz im Leibe lachen. Die find so gutmütig, die vergießen eherTränen, als daß sie einem Zögling etwas antun. In den Anstaltenist es nicht so, wie es oft erzählt wird: 25 Hiebe zum Frühstück,25. zum Mittagessen, 25 zum Abendessen, Lattenarrest, schwereSchuhe an den Füßen, und so weiter. Gewiß ist noch vieles zubessern; aber wir haben Ivohl kaum eine Anstalt, irt der wir nichterhebliche Reformen durchgesetzt hätten. Die Kinder sollen dortmöglichst die Familie wiederfinden, sollen es gemütlich haben.Wir wollen Freiheit in der Erziehung, nicht immer Bewachung.Den Kindern wird Fachausbildung geboten, Unterweisung im Hand-werk, in der Landwirtschaft, in Haushaltung usw. Die Zöglingehaben alle das Beschtverderecht, das haben wir ihnen gewährt.Bessere Ausbildung der Erzieher erstreben wir. Wir suchen auchdie Eltern zu unseren Bundesgenossen zu machen. Mit altenVorurteilen haben wir gebrochen: wir benachrichtigen jetz! baldigstdie Eltern über den Derbleib des ihnen genommenen Kindes undbleiben mit ihnen in Verbindung. Der Bortragende schilderte dannweiter, wie nach kürzerem oder längerem AnftaltSaufenthalt dieSchulentlassenen bei entsprechender Führung in Lehre oder Dienstgegeben weichen und damit in Familienpslegc übergehen. Errühmte die Pflegeanstalten und pries die Kontrolle.Schließlich sprach Knaut noch über das Verfahren bei derEntlassung aus der Fürsorgeerziehung. Die Gemeindewaisen-räte ermahnte er: alle ihnen dabei übertragenen Ermittelungenmit größter Vorsicht auszuführen und z. B. nicht durch Anfragein der Arbeftsstelle den Zögling bloßzustellen. Er behauptet«, daßselbst in Arbeiterkreisen noch ein Vorurteil gegen Fürsorgezöglingebestehe und Arbeiter sich geweigert hätten, mit einen» Fürsorge-zögling zusammenzuarbeiten. Den Erfolg der Fürsorgeerziehungsuchte Ztnaut mit Zahlen zu belegen. Er schloß: Wir sind weitweg von der Einbildung, schon etwas geleistet zu haben; aber wirwollen still und entschlossen arbeiten, um unser Ziel zu erreichen.Die an den Vortrag sich anschließende Diskussion brachtebeider nicht die Ergänzungen, die wir den Ausführungen desDirektors Knaut gewünscht hättet». Breiten Raum nahm die Klageein, daß Gemeindewaise»»räte sich manchmal von der Waisenvcr-'waltung zurückgesetzt fühlen. Zu Knauts mehrfachen Angriffengegen die Presse»ourde der Wunsch geäußert, daß auf irrige Mit-, teiliingen aufklärende Antworten der Waisenverwaltung erfolgensollten.Wir selber müssen gestehen, daß diese Angriffe uns das Verwunderlichste an dem Vorttag Knauts zu sein schienen. Glaubter denn, daß ohne die Presse jemals das Elend derFürsorgeerziehung aufgedeckt worden wäre? Beidiesen Bemühungen hat, wir dürfen das ohne Rühmen sagen, der„Vorwärts" an der Spitze gestanden, und zwar zu einer Zeit.in welcher die Greuel von Miellschin von der Waisenverwaltungeinfach glatt geleugnet wurden. Soweit die FürsorgeerziehungBerlins in Frage kommt, hat überhaupt keine andere Zeitungals der„Vorwärts" sich um Aufdeckung von Mißständen und An-regung von Reformen bemüht.Grundstücksverkäufe des Militärfiskus in Berlin.Der Reichsmilitärfiskus besitzt in Berlin eine Reihe von Grund-stücken, die im Laufe der Jahre für die Bedürfnisse der Heeres-Verwaltung entbehrlich geworden sind oder in nächster Zeit entbehr-lich werden. Zu diesen Grundstücken gehören in erster Reihe dieKasernements des 1. Garde-Dragonerregiments in der Bellealliance-straße S. Das Regiment soll, wie jetzt feststeht, nach Ruhlebenhinaus verlegt werden und im nächsten HeereSetat dürfte bereits dieerste Rate für den Neubau der Kasernen verlangt werden. DieKasernen sollen an der Grenze des Grunewalds auf RuhlebenerGebiet errichtet werden und der Forstfiskus hat sich bereit-S zumAustausch des erforderlichen Geländes bereit erklärt. Ehe dieseNeubauten fertiggestellt sind, dürften noch mehrere Jahre vergehen.Ein Abbruch der Kaserne ist erst in etwa vier bis fünfJahren zu erwarten, wenn Beschlüsse über de» Verkauf diesesRiesengrundstücks, das 50 000 Quadratmeter umfaßt, vorliegen. DerWert des Geländes ist auf weit über 12 Millionen Mark geschätzt;daS tiefe Grundstück wird noch dadurch besonders wertvoll, daß dieneue VerbindungSstraße zwischen der Großbeeren- und Lankwitz-straße an. der Rückseite eine neue Straßenfront schafft.Durch die Verlegung der 1. Garde-Dragoner wird auch dasGrundstück Alexandrinenstr. 12/13, in dem gegenwärtig die 3. Eskadrondes Regiments untergebracht ist. frei. Ferner find zum Berkauf inAussicht genom»nen: Die alle Reitbahn an der Ecke der Ritter- undAlten Jakobsttaße, das.Schinkelhaus" an der Ecke der Linden- undFeilnerstraße, dessen Hinterland schon an den Postfiskus verkaustworden ist, dessen Vorderbau aber im baugeschichtlichen InteresseBerlins erhalten werden sollte, und das Grundstück Hollmannstr. 3-5,Ecke Alexandrinenstraße, mit den Baulichkeiten der allen Husaren-kaserne, auf dem sich jetzt die Inspektion der Feldtelegraphie be-findet. Auch mit dem Verkauf des tiefen, bis zur Alten Jakobstraßedurchgehenden militärfiskalischen Grundstücks Linden str. 4, auf demsich des älteste Haus'der Lindensttaße erhebt, ist umsomehr zurechnen, als auch diese« Terrain durch den von der Stadt Berlingeplanten neuen Straßenzug von der Ecke der Linden- und Hollmann-straße nach der Neuenburger Straße und der Ecke der Gitschinerund Alten Jakobsttaße eine nicht unbeträchtliche Wertsteigerung er-fahren dürste. Der Militärfiskus hat sich bereits mit dem Anschnittseine« Geländes durch die neue VerbindungSstraße einverstandenerklärt.___Warnung vor Photographieschwindleru.Ein Photographieschwindler sucht zurzeit Berliner Hausfrauenund Dienstmädchen auf, um Bestellungen auf Vergrößerungen undSchlnucksachen mit Photographie zu sammeln. Er nimmt die Bor-lagebilder in Empfang, läßt sich eine Anzahlung geben, die 1 M.bis 15 M. beträgt, gibt dann als seine Adresse ein Atelier in derBlücherstraße an und wird nicht mehr gesehen. Er ist von großer,hagerer Figur, hat schlechte Zähne und verfügt auch über eineweibliche Person, die dann in Aktion tritt, wenn er selber nichts zuerreichen vermag. Außer der Anzahlung nimmt er auch Goldwarenund Schmucksachen zur Reparatur. Wer ihm solche oder baresGeld aushändigt, ist darum betrogen. Mitteilungen über diesenSchwindler nimmt entgegen die Photographeninnung(Zwangsinnung)zu Berlin, Wilhelmstr. S.__Zu dem Leichenfund an der Waiseubrucke.Nach dem ergebnislosen Ausgang der bisherigen Nachsor schungenunternahm die Kriminalpolizei gestern eine neue große Streife.Mittags sandte sie 100 Patrouillenbeamte, 60 Beamte der Sitten-Polizei und eine besondere Patrouille mit den Spürhunden aus.Es werden jetzt in den Vierteln, die mutmaßlich für das Verbrechenin Bettacht kommen, alle Winkel durchsucht. Auch die Kneipen, indenen die Kreise der Erstochenen zu verkehren pflegen. Mit Hilfeder Fischerinnung werden auch die Wasserläuse nach den ver-chwundenen Leichenteilen abgesucht. Gestern vormittag scharrte indem bewaldeten Teil der Hasenheide ein Hund, der dort umherlief,Gedärme aus. Diese wurden der Polizei übergeben und werden jetztnäher untersucht.Die Durchsuchung der Wohnung, die der GerichtschemikerDr. Brüning gestern vornahm, förderte nichts zutage, was mich nureinen Anhalt dafür bieten lötmte, daß die Tat etwa in einem derRäume verübt worden wäre. Man muß also nach wie vor an derAnnahme festhalten, daß das Mädchen irgendloo in einem Stall,Schuppen oder Lagerraum erstochen worden ist. Eine Tötung aufder Slraße ist wohl ausgeschlossen, ebenso auf einem Kahn. Indem einen Fall hätte der Täter die Leiche wohl liegen lassen undin dem anderen sie kurzerhand über Bord geworfen, ohne sie erstzu zerstückeln. Weil an der Auffindung des fehlenden Unterkörpersehr viel gelegen ist, so werden diejenigen, die zu seiner Ermittelungbeitragen, einen erheblichen Teil der Belohnung von 2000 M. er-halten.__Der falsche Oberregierungsrat.Ein Vorfall, der lebhaft an den genialen Streich deS Haupt-manns von Köpenick erinnert, hat sich kürzlich in Neuendorf an derNordbahn abgespielt. Allerdings mit einem Mißerfolg für denGauner. Auf dem Oberbruchbahnhof in Neuendorf traf, als derletzte Zug abgefahren war ein Fuhrwerk ein, dem ein elegant ge-kleideter Herr entstieg. Er begab sich in das Stationsgebäude undtellte sich dem Bahnhofsvorsteher als Oberregierungs- und BauratThieme von der Eisenbahndirektion vor und erklätte. daß er aufeiner außerordentliche» Inspektionsreise begriffen sei. Kurz undbündig verlangte dann der Herr Oberregiernngsral die Aushändigungder Kassenbestände zwecks Prüfung. Der Stationsvorsteher schöpftejedoch Verdacht und weigerte sich, der Aufforderung nachzukommen.Als der Beamte auch dann nicht das Geld aushändigte, als ihm derVorgesetzte mit Entlassung drohte, entfernte sich der angebliche Ober»regierungSrat schleunigst, zumal ein zweiter Beamter hinzukam,sprang in den Wagen und fuhr davon. Der Stationsvorsteher hatsofort bei seiner vorgesetzten Behörde Anzeige erstattet. Die Nach-sorschungen nach den, Schwindler haben aber bisher zu keinem Er-gebnis geführt._Im Friedrichshain-Kraukenhaushat nach dem Tod eines Patienten die Direttion sich zueiner Untersuchung gegen einen Wärter veranlaßt ge-sehen, gegen den andere Patienten schwere Beschuldigungen erhoben.Ueber die Angelegenheit find auch uns Mitteilungen vorgetragenworden, die in recht bestimmter Weise die Ansicht aussprechen, daßder Wärter durch rücksichtslose Behandlung des Patienten diese» anseiner Gesundheit geschädigt habe. Nach den uns gemachten An-gaben, die»nöglichcrweise nicht in allen Punkten richtigfind, war der Verstorbene, der Lehmann hieß, 62 Jahrealt und verheirattt und hatte zum Schwager einenDrogeriebefitzer in der Greifswalder Straße(die Nummerist nicht bekannt). Lehmann, der wohl nervenleidend Wattbeschmutzte sich einige Male im Bett, weil er den Kot nichthalten konnte. Eines Morgens soll ein Wärter ihn im Hemd ausdem Bett herausgeholt und ihn barfuß über die Fliesen des Saalesnach den, Baderaum geführt haben, wo er ihn dann reinigte. Amnächsten Morgen soll er die wieder erforderlich gewordene Reinigungsogleich im Saal vorgenommen haben, indem er den nackt dastehende»Mann»nit einer langgestieltcn Bürste abrieb. Das erzählenPatienten, die es beobachtet zu haben meinen, und es wird geglaubtauch von solchen, die es nicht beobachten konnten. Lehmann sollbald daraus von einer Erkältungskrankheit ergriffen worden sein.die ihn in wenigen Tagen hingerafft habe. Der ganze Vorgangliegt schon um einige Wochen zurück, aber die Erregung darüberist noch nicht geschwunden. DaS ist begreiflich angesichts des lande«-üblichen Verfahrens, Beschwerdeführern keine klare Auskunftüber das Ergebnis der Untersuchung zu erteilen.Patienten sind durch einen Arzt über ihre Wahrnehnmngen befragtworden, aber sie wissen nicht, wie die Sache geendet hat. Ver»wunderung erregte eS, daß der beschuldigte Wärter seinen Dienstweiter versehen durste. Wir stellen diesen Umstand öffentlich fest,weil die Kunde von jenen Beschuldigungen nicht innerhalb derMauern des Krankenhauses geblieben ist. Sie ist hinausgetragenworden durch Besucher, die im Krankenhause davon hörten. Schondeshalb sollte auch die Direktion des Krankenhauses in bestimmterForm bekanntgeben, wie sie über die Beschuldigungen denkt.Die Polizeizensur am Totensonntag und in der Karwoche. Durchein offiziöses Telegraphenbureau läßt der Polizeipräsident nachstehendeBekanntmachung an die hiesige Presse verbreiten:„Zusammen-st e l l u n g e n von Musikstücken ernsten Charakters, die zur Auf-führung am Totensonntag sowie am Donnerstag und Sonnabendder Karwoche geeignet sind(Polizeiverordnung vom 15. Mai 1913,§ 10) werden auf dem Polizeibezirksamt. Molkenmarkt 1, an die imBereiche des Amtes belegenen Konzertlokale, Kinotheater, Schank-wirtschaften usw. unentgeltlich verabfolgt. Programme, welche aus-schließlich Nummern dieser Zusammenstellung' enthalten, sind zurAufführung an den genannten Tagen ohne weiteres zulässig undbrauchen nicht erst zur polizeilichen Genehmigung eingereicht zuwerden."— Wir sind neugierig, was für Musilstücke in dieser Zu-sammenstellung enthalten sind. Ob die Belehrung, die Herr v. Jagowin dieser Hinsicht jüngst empfangen hat, auch hierin einen Ausdruckfindet?Ueber die Schwarzfuß-Judiauer»es uordamcrikauischen Felsen-gebirgeS hielt am Donnerstagabend im wisienschaftlichen Theaterder Urania, Taubensttatze 43/49, der amerikanische EthnologeWalter Mac Clintock, der seit 15 Jahren wiederholt diesen Zweigdes großen Algonkin-Volksstammes besucht hat, einen interesiantenVortrag. Er schilderte seine erste und letzte Reis« durch die Tal-schluchten und über die schneebedeckten Bergpässe des Felsengebirgesin die Reservation der südlichen Schwarzfuß-Jndianer und erzähltedann im zweiten Teil seines Vortrages von dem Lagerleben derIndianer, ihrer Häuslichkeit, ihrcit Tänzen, Gesängen und densonderbaren Zeremonien, die bei seiner Adoption durch den Häupt-ling„Toller Wolf" stattgefunden haben. Unterstützt wurde diemündliche Schilderung durch die Borführung einer langen Reihefarbiger Lichtbilder und kinematographischer Aufnahmen der wild-romantischen Szenerien des Felsengebirges sowie des Indianer-lebens.Arbciter-Bildungsschule. Sonntag, den 9. November, abends7 Uhr, in den Jndustrie-Festsälen, Beuthstr. 18/19: LustigerAbend unter Mitwirkung von Frau Helene Lachmanski-Schaul,Lieder mit eigener Begleitung am Flügel(Ibach) und Herr RickiardGoltz-Frankfurt a. M., Rezitationen. U. a.: Rezitationen unttr Be-Nutzung von Lichtbildern Wilh. Busch:„Max und Moritz."Der Brand einer Automobilwerkstatt alarmierte gestern Freitagmorgen kurz nach 3'/z Uhr die Feuerwehr nach der NeuenGrün-st r a ß e 16. Als die Löschzüge eintrafen, standen die EinrichtungS-gegenstände und Holzmaterialien in hellen Flammen. Der Lösch-angriff erfolgte über einem Stickleitergang und es mußte längereZeit Waffer gegeben werden, um die Gefahr zu beseitigen.— Eingrößerer Kcllerbrand beschäftigte die Wehr außerdem in derMeyerbeer st r. 7. Hier war die Rauchentwickelung so stark, daßzwei Sappeure mit Rauchschutzapparaten ausgerüstet werden mußten.Die Ursache beider Brände ist nicht ermittelt.Zeugen gesucht! Personen, welche gesehen haben, wte der14jährige Knabe am Mittwoch, vormittags zwischen 11 und 12 Uhr,an der Waldemar-, Ecke der Manteuffelstraße, vom Auto der A. E.-G.totgefahren wurde, werden gebeten, ihre Adresse bei P. Theuerkauff,Pücklerstt. 26, abzugeben.Kleine Stachrichten. Durch einen Sprung aus dem Fenster de«dritten Stocks hat sich gestern früh der 50 Jahre alte ArbeitsinvalidePaul Steffen aus der Georgenkirchstraße 37a das Leben genommen.Steffen war seit Jahren erwerbsunfähiA.— Vor der Räumungerhängt Hai sich der 44 Jahre alte Drechsler Friedrich Reimann ausder Palisadenstraße 61. Reimann hatte aus erster Ehe einen jetzt16 Jahre alten Sohn und aus der zweiten ein vier Jahre altesMädchen. Vor vier Wochen starb auch die zweite Frau. Mit derMiete war R. im Rückstände und sollte exmittiett werden.— MitLeuchtgas seinem Leben ein Ende gemacht hat der MalermeisterNisselmeyer, Gropiusstraße 4. während seine Frau eine Aufivartestellebesorgte.___Soziales»Bertrag gegen die guten Sitten.Bor der 5. Kammer des Berliner Kaufmannsgerichts ttat alsKläger ein älterer Mann aus, der früher selber ein eigenes Ge-schäst betrieb, durch die Ungunst der Verhältnisse aber alles ver-loren hatte. So bot er sich dem Beklagten, der Türschließerfabrikvon Sperling, als Reisender an und wurde schließlich auch von demChef der Firma unter folgenden Bedingungen angestellt: K. erhält 4 M. Spesen für den Reisetag und Provision von seinen Auf-trägen. Die Firma ist jederzeit berechtigt, K. von der Tour zurück-zurufen, in welchem Falle auch die Spesen fortsallen. Wenn beiVerkäufen die Spesen nicht durch' den Nutzen gedeckt werden, fallengleichfalls die Spesen fort. K. verpflichtet sich bei einer Konventionalstrafe von 106 M., sich jeglicher anderen Tätigkeit zu enthalten.Der Vorsitzende, Magistratsassessor Dr. Hentschel, erklärte—unter Zustimmung der Beisitzer—, es sei zweifellos, daß der mitdem Kläger geschlossene Vertrag gegen die guten Sitten verstoße.Der Angestellte sei in diesem Falle nach dem Berttage der Firmavollständig ausgeliefert. Auf der einen Seite werde er ihr ganz indie Hände gegeben, auf der anderen Seite würde ihm nicht einmalein Existenzminimum gewährleistet. Als daraus der Inhaber derFirma hervorhob, daß der Kläger mit dieser Fassung des Vertrageseinverstanden war, erwiderte der Vorsitzende, daß das unerheblich sei.Um der Verurteilung zu entgehen, zahlte der Beklagte 100 M.Damit gab sich der Kläger zufrieden.Gewerbliche Rechtsprechung.Obwohl sich die gewerbliche Rechtsprechung durch Gewerbe- undKaufmannsgerichte längst als unentbehrlich erwiesen bat, find dieSondergerichte immer noch heftigen Angriffen mit borniert-scharf-macherischer Tendenz ausgesetzt. Auch besteht in juristischen Kreisendie Neigung, in die Gewerbegerichte einzudringen. Ueber alle dieseFragen hat die Geschäftsstelle deS Deutschen Handwerkskammertagesaus Veranlassung von der letztgenannten Seite eine Umfrage ver-anstaltet. Ueber die von 39 Handwerks- und Gewerbekammernerhaltenen Gutachten berichtet das.Deutsche Handwerksblatt'. Da-