Belohnung von 10 M. und kein Vorgesetzter werde dagegenetwas einzuwenden haben. Mit dem Worte.WdikeS� sowird gesagt, wollte der Offizier keinen Elsässer beleidigen.Ein WackeS sei für ihn ein Rowdy. In Westfalennenne man z. B. diese Sorte von Menschen„Büttcher' nndin Ostpreusten.Lorbafi".— lieber die aus Zobern von gesternnnd vorgestern gemeldeten Ausschreitungen ist beim hiesigenGeneralkommando zur Stunde noch keine Meldung eingegangen.Wieweit diese offiziösen Angaben richtig sind, läßt sichzurzeit, da nähere, unparteiische Nachrichten fehlen, nicht be-urteilen. So viel muß aber schon jetzt gesagt werden, daßder Ausdruck„Wackes" keineswegs schlechtweg„Rowdy" bedeutet, sondern vielfach von den sich als Herrschende fühlendenpreußisch- chauvinistischen Elementen spöttisch auf die Ein-heimischen angewandt wird und in dieser Anwendung die Be-deutung von„Gesindel" hat. Zudem steht das heraus-fordernde Benehmen des Leutnants v. Forstner keinesivegsvereinzelt da— wir erinnern hier nur an das kürzlich vonuns gekennzeichnete Verhalten des Generals v. Deimling.Die Schuld liegt an der Militärbehörde, die die politisierendenOffiziere der verschiedenen Rangstufen längst daran hätte er-iinern sollen, daß ihre Aufgabe nicht in recht zweifelhasten,die einheimische Bevölkerung aufregenden Reden besteht!eine fozlaldtmokratisclse Aussprache.Aus Wien wird uns geschrieben:Debatten über die Taktik der Partei sind aus denParteitagen der deutsch- österreichischen Sozial-demokratie sehr selten. Nicht etwa, als ob es der Parteian sorgsamen Beobachtern des Parteilebens mangelte, undauch keineswegs aus einer inneren Abneigung gegen Partei-diskusswnen, ob sie vor der Gefahr auch nicht behütet sind,in einen leeren Wortstreit zu münden, sondern wohl Haupt-sächlich aus dem Grunde, daß der Partei in Oesterreich, in-folge der mannigfachen Rückstäildigkeit dieses Staatswesens,die Taktik so unwiderruflich vorgezeichnet ist, daß ein Ab-irren vom rechten Wege fast unmöglich ist. Daß es diesmalauf dem Parteitage doch zu einer lebhaften Diskussion ge-konimen ist und daß in den Reden auf dein Parteitage geradezuzwei Richtungen zu erkennen sind, das hat seine besonderenGründe. Und sie liegen weit mehr in den allgeinein-politi-scheu Tatsack>en, als in den Parteiauffassungen. Es ist dieTrostlosigkeit der allgeniein-österreichischen Verhältnisse, die.allgemeine Verdrossenheit und Verbitterung über diesenfaulenden Staat und über sein kraftloses Parlament, die aufdie Partei übergegriffen und zu dem Gedanken einer Ver-zweislungstaktik geführt hat. Indes hat die umfassende undtiefgreifende Diskussion auf dem Parteitag volle Klarheitgebracht, und die Partei geht aus ihr nur gekräftigt und ge-läutert hervor.Allerdings stehen die Vorstellungen, die man sich inOesterreich von der Wirksamkeit des reformierten Parlamentsmit der inimer ärger werdenden Ohnmächtigkeit nnd Arbeits-Unfähigkeit dieses Parlaments macht, in so schroffem Gegen-satz, daß man darüber die Besonnenheit wirklich verlierenkann. Jndeni das österreichische Proletariat gezwungenwar, seinen Kampf um das Wahlrecht gleichsam zu einerallgemeinen Volkssache zu gestalten, also auf der einen Seitedie Leidenschaft der Arbcitermassen zu entfesseln, auf deranderen alle widerstrebenden Schichten, bis zur Krone hinauf,von der Nützlichkeit der Reform zu überzeugen, mußte aufallen Seiten eine große U e b e r s ch ä tz u n g des Parlamentseintreten, eine Schätzung der Wirksamkeitsmöglichkeiten desParlamentarismus überhaupt und der Wirksamkeit desParlaments des Nationalitätenstaates insbesondere, dergegenüber die ekelhafte österreichische Wirklichkeit freilich nurkurze Zeit standhielt. Die Reaktion war also unvermeidlich:jene Ueberschätzung wurde durch eine grenzenlose Enttäuschungverdrängt, die sich aller Volkskreise bemächtigt hat, aber beiden Arbeitern, derer Tatkraft das neue Parlament entstand,natürlich am intensivsten ist. Um als Oesterreicher existierenzu können, braucht nian viel Geduld; aber Ausdauer undBeharrlichkeit sind österreichische Tugenden gerade nicht. Esist die Erbitterung über das Parlament(dein„glorreichenSommer" des Glaubens des Parlaments an sich folgte sehrbald der„Winter unseres Mißvergnügens" über das Parla-ment, wie es nun eben ist), die den Gedanken entstehen ließ,ihm die Gewaltkur einer sozialdeni akratischenObstruktion zu applizieren. Aber da das, woran dasParlament krankt, eben die O b st r u k t i o n ist, die Ob-struktion, die es lähmt und zu einer geordneten, zielbewußtenArbeit nicht kommen läßt, so war die Vernunftwidrigkcitder Forderung nach der Obstruktionstaktik natürlich raschdurchschaut. Indes erhob sich die Diskussion bald über denäußeren Anlaß, der sie hervorgerufen, zu einer ebenso be-achtenswerten wie tiefgreifenden Untersuchung des G e s a m t-Verhältnisses des Proletariats zu dein gegen-wältigen Parlamentarismus, der überall undgar in Oesterreich ein bürgerlicher sein muß. Und ihrErgebnis kann an allen Orten bekräftigt werden: Das Parla-ment ist ein wichtiges Instrument des proletarischen Klassen-kampfes und steht unter den Mitteln dieses Kampfes anallererster Stelle; der Hebel, den Klassenstaat aus den Angelnzu heben, ist es aber keineswegs/ Gerade diese revisionistischeUeberschätzung des Parlaments und der Möglichkeiten derWirksamkeit und der Erfolge der Sozialdemokratie im Parla-ment hat der Parteitag abgewiesen, da er der Obstruktion,ganz abgesehen von ihrer taktischen Verfehltheit, die über-ragende Bedeutung, die ihre Verfechter beanspruchen, nicht zu-erkannt hat. Angesichts der Verworrenheit der Anschauungenüber das Parlament ist die sozialdemokratische Diskussionwirklich eine fruchtbare Tat.Und ihr weiterer Nutzen wird ohne Zweifel sein, daßdas eigentliche Sozialdemokratische in unserer Agitations-arbeit, die so leicht in oberflächlichen Wählerfang entartet,in den Vordergrund gerückt und überhaupt zum Wesenskcrnunserer Aufklärungsarbeit gestaltet werden wird. Wieempfänglich die Geister für diese Aufklärung sind— und mitder Zerrüttung des Staates und aller seiner Verhältnissewird diese Empfänglichkeit nur noch wachsen—, hat sich inhöchst erfreulicher Weise an dem Ergebnis der„Roten Woche"in Niederösterreich gezeigt: die Frucht dieser einwöchigenAgitation ist die Gewinnung von 14 000 neuen Partei-Mitgliedern in diesem einen Kronland, wodurch der kleineAusfall in der Parteimitgliederschaft, den der Bericht anden Parteitag konstatiert und der schon durch dje riesigenMobilisierungen ausreichend erklärt wird, viermal wett-gen, acht ist. Inden, der Parteitag Sinn und Willen derGenossen, die seit dem neuen Wahlrecht fast gänzlich vomParlament gefangen genommen sind, wieder auf die Parteilenkt, und die' Partei mit ihrem weiwerzweigten Leben inden Mittelpunkt ihrer gesamten Ideologie stellt, hat er fürdie Sozialdemokratie mehr geleistet und fruchtbarer gewirkt,als K mit Wahlsiegen und Mandaten jemals hätte leistenkönnen. Die Mehrung der inneren Kraft und Geschlossen-heit der Partei ist allzeit das wichtigste, und daß es so ist,werden am Schlüsse auch die Gegner erfahren.Sie Arbeitslosigkeit.Die oracu Kapitalisten.Weil daS Kapital die Last nicht tragen könnie, darum will dieReichsregierung von einer Arpeitslosenversicherung mit Beitrags-leistung der Unternehmer nichts wissen..Zurzeit' wenigstens nicht!So hört man's immer:.Jetzt nicht, später I' Ist die Konjunktur gut,dann eilt die Sache nicht; ist sie schlecht, dann läßt sich's nichtmachen. Zurzeit schon deshalb nicht, weil die Erweiterung derReichsverficherungSordnung und die Angestelltenverficherung neuegroße Lasten für das Unternehmertum gebracht hätten. Die Sorgeum daS Wohl der Kapitalisten ist geradezu rührend. Aber sie findetin den tatsächlichen Verhältnissen keine Berechtigung. Trotz der an-geblich gewaltig angeschwollenen sozialen Lasten macht die Ver-mögensbildung riesige Fortschritte. Obwohl große Summen verschleiert werden, obwohl die Vermögensstatistik alle Vermögenunter 6000 M. unberücksichtigt läßt, ferner solche bis 20000 M.,deren Besitzer keine 2000 M. Einkommen versteuert, schwilltdas steuerpflichtige Vermögen in Preußen ganz gewaltig an. ESstieg von63 578 Millionen Mark im Jahr- 1896 auf82 410.».. 1905 und auf104 067,... 1912.BiS zum Jahre 1905 nahm das Gesamtvermögen jährlich umrund 2000 Millionen Mark zu. Von 1905 bis 1908 ergab derjährliche Zuwachs rund 8000 Millionen Mark, seit 1908 aberschon 4468 Millionen Mark. Während angeblich die sozialen Lastenimmer drückender werden, die Industrie an den Rand des Zusammen-bruchs führen, wächst daS Vermögen der Besitzenden schneller undschneller. Die Forderung nach Einführung einer Arbeitslosen-Versicherung soll trotzdem, weil zu hohe Ansprüche an daS Kapitalstellend, zurückgewiesen werden.Einen anderen Maßstab dafür, ob die Kapitakisten noch die„Last" einer Arbeitslosenversicherung auf sich nehmen können, mögendie industriellen Profite geben, so weit sie in der Statistik derdeutschen Aktiengesellschaften zutage treten. Ein klares vollkommenesBild gibt diese Statistik von den GeschäftSergebnisien und Gewinnenbekanntlich nicht. Hohe Gewinnmnimen kommen in den Ueber-schüfien nicht in Erscheinung, da sie durch verdeckte Kanäle in dieTaschen der Tantieme- und Dividendcnberechligten fließen. Nach derStatistik erzielten:Zahl der Reingewinn DividendeGe'ellschaften Millionen Mark Millionen Vi. in Proz�1907/08 4578 1230 1022 8.071908/09 4579 114-1 9,30 7,381909/10 4607 1287 1044 7,761910/11 4680 1394 1133 8,091911/12 4712 1470 1221 8,39In den letzten Jahren ist die DuribschnittSdividende beträchtlichgestiegen, obwohl die Industrie angeblich unter der Last der un-aufhörlich wachsenden sozialen Lasten und steigenden Löhnezusammenbrechen muß. Wer soll denn nun glauben, daß dieIndustrie nicht mehr rentabel sei, wenn von den über1200 Millionen Marl Dividende 100 Millionen für eine Arbeits-losenversicherung Verwendung fänden? Em solch kleiner Aderlaßschmerzte das Kapital wenig, aber es wäre ein Mittel, um au« ungezählten Proletarierfamilien Not, Elend und Verzweiflung. Zerrüttungder Gesundheit, Siechtum und vorzeitiges Sterben zu bannen. Nichtnur daS l Eine ordentlich ausgebaute ArbeitSlosenversichetung ersparteden Gemeinden viele Millionen Mark Armenlasten, den Krankenkaflenund der JnvaliditätSverficherung unberechenbare Ausgaben, die nunfür Kranke und Invaliden erforderlich werden, die nur da« Opferandauernder Arbeitslosigkeit und Unterernährung sind. Gegenüberden wirklichen Verhältnissen, angesichts der raschen Vermögens-zunähme, der steigenden RentabilitätSzisiern kann die Regierung denangegebenen Grund für ihr ablehnendes Verhalten nicht verteidigen.Die Ausrede von der zu schweren Last und der zu schwachen In-dustrie muß sie preisgeben. Nicht weil man nicht kann, sondern, weilman nicht will, weil man die Arbeitslosigkeit als Mittel de» Lohn-drucks gebraucht, darum sträubt man sich gegen die Forderung derArbeiterschaft.Grober Unfug.In der„Magdeburgischen Zeitung" schreibt Herr ArturBix:.Wenn unter dem Druck der Sozialdemokratie der Kommunal-freisinn die Steuerzahler durchaus mit der Last einer städtischenArbeilslosenversicherung bepacken will, so haben wir gegen der-artige Selb st mordgedanken parteipolitisch durckauS nichtseinzuwenden. Unter nationalwirtschaftlichen GefichtSpunklen freilichwürden wir auch eine großstädtische Arbeitslosenversicherung unterden heute obwaltenden Berhältnisien zum.Groben Unfug'rechnen; und wir halten eS für ausgeschlossen, daß die Regierungsich drängen läßt, unter Ablehnung einer ReichS-ArbettSlosen-Versicherung die Städte gesetzlich zur Arbeitslosenversicherung zuzwingen.'Die in- und ausländischen Städte, die bisher eine Arbeits-losenversicherung eingeführt haben, befinden sich sehr wohldabei. Aber grober Unfug ist es, wenn Herr A. Bix, sich einUrteil über die Absichten dieser Städte erlaubt, obgleich eroffenbar von deren Erfahrungen mit dieser Versicherung keineAhnung hat.Absolute Berständuislofigkeit.Die Handelskammer für den Regierungsbezirk Düsseldorfhat sich vor kurzem mit der Arbeitslosenversicherung be-schäfttgt. Zunächst hat sie dabei die Ansicht zum Ausdruck gebracht,daß von einer Arbeitslosigkeit im Handwerk nicht die Rede seinkönne. Die Handwerker beklagten sogar übereinstimmend denMangel an Gesellen und Gehilsen, weshalb cS nicht möglich wäre,alle verfügbaren Stellen zu besetzen. Grundsätzlich hat sich dannnoch die Handwerkskammer einem früheren Beschluß des DeutschenHandwerks« und GewerbekammertageS angeschlosien, der lautet:.Der Deutsche Handwerks- und Gewerbekammertag verwirftgrundsätzlich jede Arbeitslosenversicherung, die auf einer anderenGrundlage als der der Selbsthilfe beruht. Er hält insbesonderedie Verwendung gemeindlicher Mittel für eine Ungerechtig-keit gegen die Stände, die, wie der Handwerker und derKleingewerbetreibende, noch schwerer um ihre Existenz ringenals der gewerbliche gelernte Arbeiter. Im besonderen verwirft derKammertag die Anwendung des sogenannten G« n t e r Systems, dasnicht nur ein« einseitige Bevorzugung der organisierten Arbeiter be-deutet, sondern auch eine unmittelbare Förderung der den Arbeit»gebern schroff gegenüberstehenden Organisationen der Arbeitnehmermit sich bringt. Den Schutz gegen Arbeitslosigkeit und die Fürsorgefür die Arbeitslosen sieht das deutsche Handwerk in anderen Matz-nahmen, die einen borbeugenden Charakter tragen und das Hebel ander Wurzel fasten. Hierher gehört vor allem eine sorgfällige Pflegeund ein systematischer Ausbau des Arbeitsnachweises sowie die Be-reitstellung öffentlicher Mittel zu Nolstandsarbeiten.'— Man kannvon selbständigen Handwerkern und Jnnungskrautern, die ja nochimmer nicht begriffen haben, daß die wirtschaftliche EntWickelungüber sie hinwegschreitet, nicht verlangen, daß sie ein Verständnis fürdie Bedürfnisse der modernen Arbeiterschaft haben. Dieser Haß gegendie tatsächliche Entwickelung läßt ihr Urteil von vornherein be-deutungslos erscheinen.Städtische Arbeitsloseuversicheruug.Im Regensburger Gemeindekollegium reichte ein Ver«treter der Sozialdemokratie einen Anrrag ein, es möge der Ma-gistrat um tunlichst schnelle Ausarbeitung einer Vorlage zur Durch-führung der Arbeitslofenversickierung im Sinne des vonder bayerischen Regierung im Jahre 1909 aufgestellten Musterstatutsersucht werden. Gleichzeitig wolle das Gemeindekollegium demMagistrat in Vorschlag bringen, für den genannten Zweck vorläufigdie Summe von 10000 M. bereit zu stellen. Da für die bürger-lichen Parteien die Ausrede, daß die Gemeinden erst vorgehenkönnten, wenn der Staat borgegangen sei, nicht mehr gangbar ist,weil inzwischen der Landtag eine Summe zur Beihilfe sür solcheGemeinden, die Arbeitslosenunterstützung gewähren, ausgesetzt hat,konnte gegen den Antrag nicht mehr viel eingewendet werden.Nur wollten die Liberalen die Sache möglichst billig machen, auchhätten sie gern den Versicherungszwang für die Arbeiter ein-geführt. Das Genter System ist ihnen nicht recht genehm. Auchdie Schwarzen mußten die Dringlichkeit eines Vorgehens an-erkennen. Der Antrag wurde schließlich mit Einstimmigkeit grund-sätzlich angenommen.Auch der Schweinfurter Stadtmagistrat hatte sich mit derFrage zu befassen infolge eines Antrages des Gewerkschaftskartells,in der eine Arbeitslosenversicherung gefordert wird, insbesondere fürjene Berufe, deren sonstige Tätigkeit eine Beschäftigung im Frerenunratsam erscheinen läßt. Es wurde mit dem Antrag ein Satzungs-entwurf eingereicht, der die Forderung aufstellt,.für verheirateteArbeitslose eine tägliche Entschädigung von 1 M.. sür Ledige 70 Pf.auf die Dauer von jährlich 60 Tagen; für Arbeiter der Bauberufedagegen Beschäftigung mit Notstandsarbeiten und nur im Falle derUnmöglichkeit einer solchen die Geldunterstützungen.' Die Stadt hatseit 1909 eine Einrichtung getroffen, wonach sie an verheiratete Ar«beitslose 80 Pf., an ledige 50 Pf. täglich bezahlt; eine wirklicheArbeitslosenversicherung ist aber nichl eingeführt. Auch diesmalsträubte man sich energisch dagegen und beschloß lediglich, diebisherigen Sätze auf 90 resp. 60 Pf. zu erhöhen, im übrigen esaber beim alten zu belasse». Weiter soll ein städtischer Steinbruchin Betrieb gesetzt werden, um Arbeitslose zu beschäftigen.In der Stadtverordnetenversammlung Detmold wurde vonsozialdemokratischer Seite beantrag!:Der Magistrat möge ersucht werden, zur Linderung der Arbeits-loflgkeil und ihrer Folgen in diesem Winter 1. in größerem Umiangeals bis jetzt vorgesehen ist. Notstandsarbeiten vorzubereiten, um ins«besondere auch nichtgelernten Arbeitern Arbeitsgelegenheit zu geben;2. beim Hofmarschallamte vorstellig zu werden, daß mit dem Baudes Hoftheaters sofort begonnen wird, um den arbeitslosen Hand-werkern und Maurern Arbeitsgelegenheit zu geben; S. eine Vorlageauszuarbeiten, wonach in den verschiedenen Stadtteilen für dieWinlermonate heizbare Holzbaracken errichtet werden, damit denArbeitern Gelegenheit gegeben ist, ihr Mittagessen in waimenRäumen zu verzebren; 4. die Regierung zu eriuchen, ihren Vertreter im Bundesrat anzuweisen, dort einen Antrag aus Einführungeiner ReichsarbeitSlosenversicherung zu stellen.poUttlche Qebcrficht.Zur Eröffnung des sächsische« Landtages.Heute, am 11. November, tritt in Sachsen der Landtag wiederzusammen. Da seit der letzten Tagung Neuwahlen nicht erfolgtsind, ist das Verhältnis der Parteistärken dasselbe wie bei derletzten Tagung. Von den 91 Abgeordneten entfallen auf die Konser-vativen, der relativ stärksten Partei, 27, auf die Nationalliberalcn26, die Sozialdemokraten ebenfalls 26 und die Fortschrittler 8.Außerdem sind noch 2 Reformer vorhanden, die Hospitanten derkonservativen Fraktion sind, und zwei Wilde, die früher dernationalliberalcn Partei angehörten, jetzt aber ungefähr zwischenFortschrittlcrn und Nationalliberalen stehen.Aus der fast gleichen Stärke der beiden größten bürgerlichenFraktionen entspringt der Streit um das Präsidium.Die Konservativen erheben auf den ersten Präsidenten Anspruch,weil sie die größte Fraktion seien; dagegen betonen die National-liberalen, die liberale Richtung sei, wenn man die 8 Fortschrittlernnd 2 Wildliberalen in Betracht ziehe, weit stärker wie die konser-vative. Tatsächlich gingen bislang alle Liberalen bei den Präsiden-wählen zusammen und stellten auf diese Weise 36 Stimmen, so daßdie Konservativen mit 29 in der Minderheit blieben, wahrend unsereGenossen weiße Stimmzettel abgaben. Auf diese Weis« wurde imletzten Landtage der nationallilerale Präsident Dr. Vogel gewählt.Diesem Streit um den Präsidenten ist es größtenteils zuzu-schreiben, daß das Verhältnis zwischen den beiden stärksten bänger-lichen Parteien ein recht verzanktes geblieben ist. Die Konser-vativen blieben auf allen parlamentarischen Bierabenden fern, dieder nationalliberale Präsident gab.Mit diesem ordnungsbrüderlichen Familicnzank hängt es auchzusammen, daß im letzten Landtage Genosse Fräßdorf alserster Vizepräsident gewählt wurde. Die Konser-vativen lehnten nämlich den Sitz eines Vizepräsidenten ab undgaben bei den Wahlen für diesen Posten weiße Zettel ab. DieNationalliberalen, die unseren Genossen einen Vizepräsidentensitzversagen, weil sie nicht zur feierlichen Eröffnung des Landtageserscheinen, schlugen nun den Freisinnigen Bier und einen anderenLiberalen als Vizepräsidenten vor. Da die Fortschrittler jedochmit den Sozialdemokraten stimmten, erhielt Genosse Fräßdorf 36(26 sozialdemokratische, 8 fortschrittliehe und 2 wildliberale Stim-men), während auf den nationalliberalen Kandidaten nur 26 Stim-men entfielen. So wurde Genosse Frätzdorf gewählt.Auch diesmal wird der Streit um den Präsidenten-i tz die LanbtagStagung einleiten. Doch haben sich die Verhältnissejetzt etwas geändert. Die Konservativen haben ihren An»pruch auf den Sitz de- ersten Präsidenten fallen lassen. Sie wollensich mit dem ersten Vizepräsidenten und einem Sekretär begnügen,stellen aber den Nationalliberalen die Bedingung, ein s o z i a-listenreines Direktorium zu schassen, das heißt also nichtnur den sozialdemokratischen Vizepräsidenten.bndern auch unseren Sekretär zu beseittgen. Sollten die National-liberalen, was zurzeit noch ungswiß ist. darauf eingehen, würdeda» der Anfang einer kar teil brüderlichen Herr-chaft im jetzigen Landtage, aber auch zugleich eineSelbstentmannung der Nationalliberalen sein.Aber auch wenn diese Koalition nicht eintritt, ist die Wiederwahldes sozialdemokratischen Vizepräsidenten wenig wahrscheinlich. Sieist nur möglich, wenn die Konservativen wiederum weiße Stimm-zettel abgeben, denn die Rationalliberalen sind nach wie vor der An-