passenden Auftakt zu dem, was sich nun filmhast abrollt. Wie der Titel des Geschreibsels sagt, spielten die Szenen im Jahre 1870. Zwei lothringische Bauern, die als Franktireurs Prussicns abge- schössen haben, kehren mit noch rauchender Flinte in ihre Be- hausung zurück und lassen sich zum wohlverdienten Schmause nieder. Plötzlich Lärm im Hof, Kommandoworte. Kolbenstampfen— deutsches Militär ist da. Aber Thomas und Frangois, die wackeren Franktireurs, brauchen nicht zu erschrecken; der Führer der feind- lichen Kompagnie ist ein Prinz Heinrich von Braun schweig, der die Preußen haßt, es ganz in der Ordnung findet, daß auch Zivilisten das Kriegshandwerk treiben, sich freut, daß ihm der kleine Sohn von Francis sein: Vive la France! ins Gesicht brüllt und sich schmausend am gedeckten Tisch niederläßt. Da aber tritt der einzige Preuße der Kompagnie, ein Leutnant mit dem bezeichnenden Namen Preutzkopf herein, und nun wendet sich das Blatt. Denn dieser Leutnant Preuhkopf ist die schurkischste, gemeinste, niederträchtigste Kreatur, von der man je Gelegenheit hatte, zu lesen. Der über- lieferte Bösewicht des Kolportageromans ist ein Tugendengel, Franz Moor strahlt im lichtesten Weiß neben diesem Urbild verworfenster Schlechtigkeit, dem Leutnant Preutzkopf. Er säuft sofort sämtlichen Wein aus, beleidigt Jeanne, die Tochter des braven Franeois, in der obszönsten Weise, strotzt von widerlichem Zynismus— Franeois sagt:„Das ist ein wahrer Dämon!" und Thomas unterstreicht: „TS ist ein echter Preuße!"— und sorgt schließlich dafür, daß Thomas und Franyois kurzerhand an der Gartenmauer erschossen werden. Als ein Soldat ihnen den Gnadenschutz geben will, heischt Preutzkopf:„Latz mir dieses Vergnügen. Sie haben'» wahrhaftig nicht mehr nötig, aber es macht mir Spatz, ihnen eine Kugel in den Kopf zu senden sschietzi). Da, alter Lump, das wird für immer den Lauf Deiner geschwollenen Phrasen hemmen, und Du, zahn- loser Schakal, bekommst eine doppelte Portion, obwohl eine Dosis Arsenik für ein Vieh, wie Du eins bist, besser gepatzt hätte, als die Pistolenkugel eines preußischen Offiziers.... Ein unerhörtes Vergnügen für mich, diese stinkenden Bestien umzubringen, etwas von dem Vergnügen, das Du, Max szu seinem Burschens, empfinden mutzt, wenn Du die Läuse in Deinem Barte zerdrückst.... Das Blut hat wahrhaftig einen köstlichen Duft." Dieser tobende Sadist ist für Espe de Metz nicht nur das Ur- bild des Preußen, sondern auch gewissermaßen ein Werkzeug der preußischen Vorsehung, denn im zweiten Akt finden wir ihn im vertraulichen Gespräch mit Bismarck , der hier nicht nur der Kanz- ler, sondern auch der allmächtige Heerführer ist(in Wirklichkeit stöhnte er darüber, daß die Militärs ihn vollkommen ausschalteten). Auch dieser Bismarck ist gottvoll gezeichnet. Zuerst unterhält er sich mit seinem Diener in einem Ton, wie Zuhälter ihn anzuschlagen sich schämten, dann feiert er ganz allein eine Bierorgie, prostet sich zu und spricht zu sich selber:„Ihm Bier wohnt eine Kraft, die den Gliedern zähe Ausdauer, dem Geist durchdringende Klarheit, dem Eharakter ruhige Geduld verleiht. Das Bier beseelt die Massen mit wuchtigem Elan, während der Wein die leichtsinnigen und um- stürzlerischen Gedanken aufschießen läßt und den Gehorsam unter- gräbt. Sauf Bier, Bismarck , sauf Bier! Das Bier ist die Milch der Teutonen, und weil sie Bier sausen, haben die Teu- tonen die Franzosen besiegt.... Wir werden sie ohne Schwäche- anwandlung abschlachten; wir werden sie mit Wonne abschlachten. lind während ihre Frauen wie geängstigte Hündinnen sich in den Kellern vergraben, werden wir unsere Begeisterung an dem Flammenherd der brennenden Städte erhitzen." So Bismarck , dessen gelehriger Schüler Preutzkopf ist. Denn im dritten Aufzug hat er Gelegenheit, Bismarcks Theorie wieder in die Praxis umzusetzen. Ein paar gefangenen Frankti- reurs läßt er Stricke unter den Armen durchziehen, sie an Bäume hängen und unter ihren Füßen einen Scheiterhaufen entzünden. So ersticken sie halb, halb verbrennen sie, aber immer, wenn die Besinnung sie verlassen will, werden sie zur Verlängerung der Marter auf Befehl Preutzkopfs an dem Baume hochgezogen, auf und ab. So nebenbei erschießt Preutzkopf auch noch den edel- mütigen, humanen und franzosenfreundlichcn Prinzen von Braun- schweig. Auch die bayerischen Offiziere des vierten Aufzugs sind vollendete Edelleute, die sich vor Abscheu schütteln, wenn sie nur an Preußen denken, und von denen man nicht begreift, warum sie nicht auf der französischen Seite fechten. Zum Kontrast taucht der Teufel Preutzkopf wieder auf und krönt seine eigenen Schandtaten und das ganze Werk, indem er die arme Jeanne des ersten Aufzugs, die inzwischen über den hereingebrochenen Schrecknissen den Verstand verloren hat, aus niedriger Nachsucht zusammenschießen läßt. Während sie unter den preußischen Kugeln zusammenbricht, wendet| die Kreuzerstücke auf dem Tisch und zeterte:„Do leiht d'r Dreck — kee Kreizer mehr hot's aide Luder!" Der Wirt empfand es unbequem, Steckelberg ins Gesicht zu sehen, denn von der Brust des Invaliden blinkte noch von der Nacht her die silberne Tapferkeitsmedaille. „No Anton," sagte Steckelberg gemütlich,„wos is denn mit'n Werkel?" „Nischte is— dablei'm dutsl" eiferte die Wirtin. Der Wirt schielte nach der Medaille und wackelte unschlüssig mit dem Kopf, dann blinzte er nach dem Geld auf dem Tische und sagte gemütlich:„No Kamarad— woS Host denn da?" „Verz'ch Heller," schrie die Wirtin anklagend. Der Wirt zog ein bedenkliches Gesicht und simulierte lange. Steckelberg, der seine gute Laune noch immer nicht verloren hatte, puffte ihm ins Kreuz und sagte:„Geh Anton, Du werscht m'r doch ni's Werkel dabehalten wull'n— alber Kriegskamarad?" Auf dem Gesicht des Wirtes malte sich ein harter Seelenkampf; endlich sagte er mit einem Ruck:„Kamarad— weil Du's bist— ich geb' D'rsch Werkel!" Steckelberg nickte nur vergnügt und drückte die Brust mit der Medaille noch kräftiger durch; die Frau hingegen brach in laute Jammertöne aus. Nach einer Weile fuhr der Wirt fast feierlich fort:„Ich geb' D'rsch Werkel un mir gihn beisamm' von Haus ze Haus." „Beisamm— wie meenst enn des?" fragte Steckelberg ver- wundert. „Nu eefach su— Du werkelscht'n Radetzkymarsch un ich sammel's Geld su lang, bis de Schuld bezahlt is!" Die Wirtin nickte beifällig. Der Invalide stutzte und über- legte, dann sagte er:„Nu, wenn de meenst, das m'rsch zesamm' bring'?" „Gieb ocks. Werkel, Albe," sagte der Wirt und langte seine Mütze vom Nagel. Steckelberg und der Wirt gingen gewissenhaft von einem Haus zum andern, wobei sie zwischendurch ihre Erinnerungen an die Tage von Königgrätz wieder aufnahmen und manchem Ereignis neue ergreifende Seiten abgewannen. Immer wenn der Invalide ein Stück gewerkelt hatte und der Kopf eines Bauern oder einer Frau am Fenster erschien, schrie der Wirt hinauf:„Leiht ock noch een Kreizer druff—'s ist ja mei Kamarad von Sechsensechz'ch." Bei diesen Worten hob der Invalide jedesmal die Münze hoch und nickte bestätigend mit dem Kopf. Wo aber die Medaille nicht ge- nügte, wies der erzürnte Wirt auf Steckelbergs gerettete Kanone Kin und darauf mehrten sich die Kreuzer ziemlich rasch. sie sich, die Revanche heraufbeschwörend, eine zweite Jungfrau von Orleans, mahnend ans Publikum:„8ouviens-toi!"(„Denk daran!"). Auf Gemüter, denen sich die Klarheit des Denkens leicht ver- wirrt, mutz dieses Machwerk wirken wie Kantharidin auf den Ero- tiker, trotz oder wegen der Plumpheit und Kraßheit seiner Effekte mutz es die allerübelsten Instinkte aufpeitschen und in naive Seelen die Saat eines furchtbaren Hasses ausstreuen. Aber das Be- schämendste ist, daß diese Ausgeburt des chauvinistischen Wahnsinns von großen Pariser Blättern nicht etwa mit Ekel zurückgewiesen, sondern lobend angezeigt wurde. Unsere französischen Partei- freunde haben wahrhaftig noch viel mühevolle Arbeit zu leisten! Vom Jahrmarkt äes Gebens. Die(Habirticfcl. Eine Freiburger Moritat. Zu Frciburg, der getreuen Stadt, Ein Faktum sich ereignet hat, Das jeder brave Zentrumsmann Kopfschüttelnd nur vernehmen kann. Ein Weib, im Stillen klerikal, Das bat zur letzten Landtagswahl Dem Mann versteckt der Stiefel zween, Daß er nicht könnt' zur Urne geh'n. Verlosten hat sie drauf das Haus, Der Mann lief bald die Wunde nauS—- Umsonst! limsonst! Rings war ein: Halt! Und barfuß war's ihm doch zu kalt. Da schleicht's die Treppe still heran. Wer ist's? Em braver Zentrumsmann l Zur Urne holen will er ab Den, der noch nicht die Stimme gab. TaS ist ein Retter in der Not! Vom Fuß zieht gleich der Patriot Sich ab die Stiefel alle beid'— Das hat den Wähler sehr gefreut. Er schlupft hinein ins Stiefelpaar, Stürmt fort zur Urne, wie er war, Der andre aber harrt indes, Daß der zurücke kehrt expretz. Die Zeit vergeht, die Zeit verflitzt, Der Schlepper wie auf Kohlen sitzt. Wo»ur der dumme Wähler bleibt? Am End' hat er sich f e st g e k n e i p tl Derweilen kommt die Frau nach HauS, Die sieht den„fremden Kerl", o Graus, Doch schnell hat der sie, ehrenwert, Ob seines Hierseins aufgeklärt. Da spricht im Zorn zu ihm die Frau! „Du Esel, das war wenig schlau! Bracht'st Deine Sache selbst in Not, Denn, ach, mein Alter wählt ja— rot!" Daraus ergibt sich diese Lehr': Pump ' sorglos uicht die Stiebeln her, Damit ein andrer wählen kann, Sonst— geht Dir'S wie dem ZentrumSmann! Ke. Oer k)!jlfen-k)ro2eK. Der Herausgeber eines„nationalen" Berliner Montagsblattes ist wegen Beleidigung des Intendanten Graf Hülsen zu einem Jahr Gefängnis verurteilt loorden. Er hatte ihm homosexuelle Neigungen nachgesagt.— Das Urteil scheint hoch, ist's aber nicht. Walter Steinthal ist der Typ der Journalisten, wie wir sie im Prozeß um die„Wahrheit" massenweise auftauchen sahen: junge Burschen, die von der Politik nur soviel wußten, daß Diplomaten nicht inserieren würden und daß man sie darum ruhig angreifen dürfte. Denn bei dieser Gattung Blätter ist meist ein Zusammenhang zwischen Redaktion Gegen Mittag hatten sie den größten Teil des Ortes absolviert. An einem Wiesenrain gingen sie daran, das Geld zu zählen. Da schoß auch schon die Wirtin, die ihnen vorsichtig hinter den Aeckern nachgeschlichen war, unversehens hervor und gesellte sich zu ihnen. Nach eingehender Berechnung ergab sich ein Ueberschutz von zwanzig Kreuzern. Der Wirt hielt diese Summe zögernd in der Hand. „Kamarad," sagte er mit bewegter Stimme und mit ehr- furchtsvollen Blicken auf die Tapferkeitsmedaille,„Kamarad— ich geb' d'rsch gerne!" Und Steckelberg umklammerte die Hand mit den Kupferstücken und schüttelte sie kräftig. „Alder Kriegskamarad," sagte er, schluckte hastig und ließ die Kreuzer in den zusammengelegten hohlen Händen rasseln. Der Wirt hieb ihm vergnügt auf die Schulter:„Da kenn' m'r ja noch een uff Sechsensechz'ch drinken!" t)cr„gelernte" Dickter. Da haben wir unheilbaren Idioten uns immer eingebildet, ein Dichter werde geboren, komme mit einer inneren Berufung zur Welt, trage die Flamme des Genius von Uranfang in der Brust. Unzeitgemäße Romantik! Im zwanzigsten Jahrhundert lernt das Dichten, wer will, so wie man Tennis uno Tango, Klavier und Gitarre lernt. Wer Mit- und Nachwelt durch ver- blüffcnde Dichtungen erschüttern will, aber seiner Phantasie weder einen einzigen Satz abzuquetschen vermag, noch Sonne auf Wonne zu reimen weiß, nun, der nimmt eben Dichtstunden, wie sie in den„Frankfurter Nachrichten" wie folgt angezeigt werden: Unterricht in der Dichtkunst wird erteilt an reif. Damen. S t d. L M. u n t. E r- f o l g. Off.u R17la.Fil.Schillerplatz3 Hier tut nicht Ben Akiba , sondern Hoffriseur Haby den Mund auf, hier heißt es nicht: Alles schon dagewesen!, sondern: Es ist erreicht! Nun strömt herbei, Müller, Schulze, Lehmann, Schmidt und Piefke, nehmt Unterricht in der Dichtkunst, dichtet darauflos, stürmt in die Saiten! Armer Goethe! Armer Schiller! Armer Heine! Es waren ganz talentierte Leute, aber sie nahmen leider keinen Unterricht in der Dichtkunst,„Stunde 2 M. unter Erfolg" und Habens darum auch zu nichts Rechtem gebracht. Aber dem„gelernten" Dichter gehört die Zukunft. Fünfzig Stunden zu 2 M.(„unter Erfolg") und einen Faust schüttelt er nur so aus dem Handgelenk. Freiwillige vor! und Jnseratenannahme nicht vorhanden, weil beides dasselbe ist. Gut: das ließe sich für die Opfer allenfalls durch Geldzahlung ab- wenden. Aber viel schlimmer war und ist die Neigung dieser „Journalisten ", die schmutzige Wäsche gleich abzuholen und sie auf offenem Marktplatz zu waschen.„Ist Fräulein Paula B... noch Jungfrau?!"— Hoho: da waren sie dabei!— Kein Brief, der nicht frech veröffentlicht wurde, kein gestammeltes Liebeswort, das der Reporter, der gleich neben anderen nützlichen Gegenständen unterm Bett gelegen haben mußte, nicht fleißig aufnotiert hatte und nun berichtete. Revolverjournalisten hats immer gegeben. Aber wohl nie ein so zahlreiches Publikum, eine so begierige Menge, die mit wonnigem Behagen das Geschlechtsleben des Kommerzienrats T. durch- schnüffelte. Und der Leser wurde fein bedient, das kann man sagen. „Etwas Sadismus gefällig?— Eine kleine Notzucht?— Ein gefallenes Mädchen aus bester Familie?"— Man hatte alles vorrätig, und man darf ja nicht etwa glauben, daß die Redaktion immer Inserate ködern wollte. Pfui! So unsauber waren ihre Ab- sichten nicht. Abonnenten und Leser wollte man doch auch haben, schließlich... Es war eine ideale Freude am Dreck. Dieser Fall ist besonders widerwärtig, weil kein, aber auch gar kein Material vorlag, das die schmierigen Andeutungen, das ekel- hafte Augenblinzeln gerechtfertigt hätte. Das Papier beabsichtigte einfach, seine Leser aufzukitzeln. Nachher kneift der Herr Redakteur, weiß von nichts, und schickt seine Frau zu dem Beleidigten, er möge ein Gnadengesuch befürworten. Der Graf war nicht abgeneigt, und das ist nett. Er ist einer der wenigen, die so einen Menschen ein- mal gefaßt haben. Wir andern aber haben allen Grund, weniger schonend zu sein. DaS Pack, das die Macht, die die Druckerschwärze immerhin doch darstellt, so infam ausnutzt, gehört nicht unter anständige Menschen. Das war kein Pressedelikt, ja nicht! das war eine entehrende Strafe. Sie wurde gerecht dosiert, aber falsch begründet. Nicht weil es die Homosexualität war, Herr Staatsanwalt, sondern weil es eine Schweinerei ist, im Privatleben fremder Menschen ohne Not zu wühlen. Hände weg! Es geht euch nichts an! Was wäre denn, wenn Graf Hülsen wirklich homosexuell ist?— Man hätte ihn in einen Meineid hineingehetzt, Steinthal wäre billiger davonge- kommen, aber verdient hätte er genau so viel, wenn nicht mehr. Hände weg! Wir interessieren uns nicht für fremde Betten, in dem man— nach Hebbel — seinen Gegner nicht aufsuchen soll. Dieser hatS getan, ist bestraft worden,— nur sein Publikum läuft frei herum und suchet, wen es verschlänge. Die hohe Schule war Harden. Wahrlich: hier ist nur ein Unterschied zwischen damals und heute, das ist der Preis der Zeit- schriften. Es ist nur dieser eine Unterschied: 45 Pfennig. Der Bund der DeutTchen. Ein neues Bollwerk wider den Umsturz und die Fremdkörper in deutschen Landen ist erstanden. Die großen Tage der Erinnc- rung an das Jahr 1813 haben einigen Professoren, Gymnasial- lehrern und Lokomotivführern a. D. den Anstoß gegeben zu einer neuen teutsch-völkischen Organisation. Die diversen vorhandenen Spielarten des Teutschtums erfüllten ihren Zweck nur mangelhaft, dem neugegründeten Bunde bleibt der Sieg über die Fremdherr- schaft in Deutschland vorbehalten.„Der Sieg" heißt darum auch das„Amtsblatt des Bundes der Deutschen ". Und wie die Germanen mit einem Schlachtrufe in das Feld zogen, so tritt auch der Bund der Deutschen mit detn Schlachtrufe„Für Kaiser und Reich" in die Arena. Wohl des Glaubens, daß mit diesem einen' Schlachtruf der Sieg nicht zu erringen sei, haben die professoralenn, Gründer noch zwei andere KriegSrufe in petto:„Hilfe in Rot und Gefahr!" und„Deutschland für die Deutschen !". DaS wird ein nettes Schlachtefest werden. Wer aber glaubt, daß es jedem Deutschen möglich sei, nun Bundesmitglied zu werden, der irrt gewaltig.„Ausgestoßen ist, wer gegen den Thron ist, und dem Zerstörer hilft, aus unserer Gemeinschaft der Deutschen !" Und darum wird beim Ein- tritt von Mitgliedern der folgende Rüttlischwur verlangt: Eidesstattliche Versicherung. Ich versichere hiermit nach bestem Wissen und Gewissen, daß ich blutsdeutscher Herkunft bin und(für den Fall der Verheiratung) daß auch meine Frau blutsdeutscher Herkunft ist. Meineidig wird keiner, denn mikroskopische Untersuchung de? Blutes ist nicht Bedingung. Sollte aber ein Deutschbündler ver- früklingsluft im Ukeaterbetrieb. Man sollte eS verschwören, daß in der gegenwärtigen theatra- lischen Verwesung von Frühlingsluft überhaupt die Rede sein könnte. Den Frühling kann man sich im gegenwärtigen Theater- treiben nur denken, wenn etwa Herr Frank Wedekind ein geschlecht- liches Frühlingsmotiv in seiner besonderen Art behandelt. Wie sollte auch sonst der Frühling mit diesem Dunstkreis von Verfall, vergifteter Erotik und schlechten Geschäftsinstinkten in Berührung kommen? Und doch ist dem Verfasser dieser Zeilen ein wunderbar be- lebender FrühlingShauch aus einer Theaterzeitschrtft ent- gegengeschlagcn! Es handelt sich nicht um ein neues wertvolles Drama, es handelt sich nicht um die Gründung einer soliden künstlerischen Bühne, es handelt sich nicht um ein neu erstandenes schauspiele- risches Genie— es handelt sich ganz schlicht und einfach um eine Annonce, in der aber mehr zukünftiges Leben steckt, als in den meisten Berliner Premieren zusammengenommen. An der Spitze des„Neuen Weg s", des Fachorgan» der ge- werkschaftlich organisierten Schauspieler, fand sich in der letzten Nummer folgende Bekanntmachung des Präsidiums: „Die Sperre über das Stadttheater tn Bautzen ist durch Beschluß des Generalausschusses des Kartells aufgehoben worden. Die Ursachen, die seinerzeit zur Verhängung der Sperre An- laß gaben, sind durch den Magistrat der Stadt Bautzen beseitigt worden. Das Kartell hat also einen vollen Sieg mit der Ver- hängung der Sperre errungen und bringen wir dieses zur Kennt- nis unserer Leser." Mit Ausnahme der schlechten Wortstellung„und bringen wir dieses" im letzten Satz ist an dieser Annonce alles erfteulich und alles Frühlingsluft. Wer zu ermessen vermag, was die Befreiung der geistigen Arbeit aus den Banden des Kapitals bedeutet, wird jeden solchen Sieg als eine Garantie der Zukunft begrüßen. Noch vor zvenigen Jahren hätten selbst Optimisten einen wirklichen gewerkschaftlichen Kampf der Schauspieler für unmöglich gehalten. Heute ist er nicht nur vorhanden, sondern hat auch die Kinderkrankheit der ersten infamen kapitalistischen Hetze glücklich überstanden. Sperre und Streik sind die äußersten Mittel des gewerkschast» lichen Kampfes, die aber, wie man sieht, bereits mit Erfolg aiw gewendet werden.
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