Nr. 311. 30. Jahrgang.
4. Beilage des„ Vorwärts " Berliner Volksblatt. Mittwoch, 26. November 1913.
Ein Motichrei der wahrhaft Arbeitswilligen!
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Auch der große Saal im
Gewerkschaftshaus
von oft
der
Nach„ Schuk der Arbeitswilligen" rufen unsere| Milliarden steigere, als von einem Gut, das der Allgemeinheit ge- Fernstehenden das Mitwirken in Partei und Gewerkschaft nahe. Das Scharfmacher unausgesetzt. Wer das harmlos Itest, möchte höre. Statt dessen fammele sich diefer Reichtum in ganz wenigen wäre der befte Protest.( Lebhafter Beifall.) Mit einem brausenden meinen, es handele sich dabei um den Ausdruck einer milden Händen. Selbst wenn der Kampf um die Arbeitslosenunterstützung Hoch auf die Sozialdemokratie schloß die Versammlung. In aller Ruhe zerstreuten sich die Versammelten. Regung des Mitgefühls, das in den Herzen sozial empfindender Erfolg habe und damit eine Linderung der Not eintrete, so sei damit die Arbeitslosigkeit nicht aus der Welt geschafft, fie fönne nur Dicht gedrängt und jeden verfügbaren Platz in Anspruch nehmend Philantropen aufteimte. In Wirklichkeit ist das Schicksal der beseitigt werden dadurch, daß die Arbeiterklasse die politische Macht hatte sich das arbeitslose Proletariat der Schönhauser Borstadt in Arbeitswilligen denen, die nach Schutz für sie rufen, so gleich in Händen bekomme, denn wer die Macht habe, habe das Recht. dem großen Saale der gültig wie nur etwas. Braucht man die Arbeiter nicht, so Die Arbeitslosen müßten alle Pioniere des Sozialismus werden, um Brauerei Königstadt werden sie unbarmherzig auf die Straße geworfen ob durch Beseitigung der Wirtschaftsordnung das Uebel der Arbeits- eingefunden. Landtagsabgeordneter Genosse Heinri Ströbel arbeitswillig oder nicht! Nicht Schutz der Arbeitswilligen lofigfeit mit der Wurzel ausrotten zu helfen. Der Redner erntete verfocht hier in einstündiger, Herz und Hirn aufpeitschender Rede fordert man ja, sondern Schutz der Kapitalisten, Schuß der stürmischen Beifall. die Forderung des Proletariats auf Milderung des durch die Krise Kapitalisten davor, daß man ihnen bei wirtschaftlichen Kämpfen heraufbeschworenen Glends. In sarkastischer Form wies er auf die die Streitbrecher abwendig macht, indem man diese über die zweierlei Arten von Arbeitslosen hin: auf die, welche nicht arbeiten Ursache der Konflikte aufklärt und ihnen Klarzumachen sucht, war schon frühzeitig bis auf den letzten Blazz besetzt. Auf der Straße mögen, da andere für sie den Reichtum schaffen, mit dem fie all daß ihr Klaffeninteresse und ihre Arbeiterehre es berlangen, waren eine Anzahl Schußleute, darunter auch höhere Beamte zu sehen. ihren luxuriösen Leidenschaften frönen können, dann aber auf die auf die Seite der ausständigen Arbeitsbrüder zu treten. Desgleichen einige von jenen bekannten Zivilgestalten, die bei ähnlichen Unzahl derer, welche wohl gerne arbeiten möchten, aber durch die infolge der heutigen Wirtschaftsordnung herbeigeführten Krise Jett liegen Tausende und Abertausende wirklich Gelegenheiten immer vorhanden sind. Böste, als Vorfigender, richtete denn auch gleich zu Beginu als überflüffig erachtet werden und im Elend zu verfinken drohen. Arbeitswilliger auf der Straße, Leute, die nichts verbrochen der Versammlung an die Anwesenden die dringende Mahnung, sich Mit Hohn und Spott wies der Redner die Ratschläge unserer Agrarier haben, als daß sie in dem Heere des schaffenden Proletariats jeder Aeußerung zu enthalten, die den auch im Saale vor- zurück, die den städtischen Arbeitern empfehlen, auf das platte Land überflüssig geworden und in die industrielle Reservearmee ber- bandenen Ehrenmännern Gelegenheit zum„ Arbeiten" geben fönnte. au gehen, wo ihnen Arbeit in Hülle und Fülle winke. Die Agrarier fegt wurden. Auch diese Arbeitswilligen, die wahrhaft Wie groß das Interesse der Behörde an diesen Veranstaltungen für feien ja gerade die, welche mit ihrem Lebensmittelwucher die Schreden Arbeitswilligen, die Arbeitslosen, rufen nach Schuß. Und sie die Arbeitslosen war, bewies die Tatsache, daß sie nicht nur einen der Arbeitslosigkeit noch vermehren. Das Kunststüd, mit den zu berdienen die Sympathie aller sozial Denkenden wirklich in Offizier als überwachenden Beamten entsandte, sondern auch noch Hunderttausenden importierten, rechtlos gemachten ausländischen anderem Maße, als die Hingeschen Siebenmonatsfinder, die einen Stenographen in Zivil, die beide fleißig zu Papier brachten, Arbeitern zu konkurrieren, brächte wohl kaum ein anderer Arbeiter Mörder von Magdeburg , Stettin usw. Aber Scharfmacher was der Referent Landtagsabgeordneter Genosse aeniidh aus fertig. Aber die Hilfe, die ihnen, den beutelüfternen Agrariern, führte. Und das war allerdings nicht rühmlich für den christlichdeutschen Regierung Regierung geboten worden und Behörden, die sich einig sind in der Forderung nach beutichen Staat. In einer fünftigen sozialistischen Gesellschaft, fagte fei, müßten die Proletarier mit noch größerem Rechte einem erhöhten Schutz der bei Streits den Unternehmern so der Redner, wird die Tatsache, daß sich in der jegigen Zeit täglich verlangen können. Mit dem Schimpfen auf die herrschende Un" nüßlichen Elemente", sie Lehnen ein Eingreifen für die wirt Menschen aus Hunger das Leben nehmen mußten, während Lebens- gerechtigkeit und die schlechten Zeiten fei aber nichts getan. lich arbeitswillige, brotlose Arbeiterschaft entweder rundweg mittel in Hülle und Fülle vorhanden waren, wie ein graufiges Organisieren! fei die Parole, die freien Gewerkschaften und die politische Partei der Arbeiter, die Sozialdemokratie, stärken, das ab oder antworten auf das Verlangen danach mit verlegenen Märchen erscheinen. Ausflüchten. Wir verlassen uns aber nicht nur auf die Zukunft, sondern for- müsse der Leitgedanke jedes einzelnen Arbeiters sein, dann erst wird Als gestern Tausende Arbeitsloser in sechs der größten bern jezt und zwar unverzüglich ausreichende Fürforge für die es möglich sein, pochend auf die Macht der allumfassenden Drganisationen des Proletariats, den herrschenden Klassen die berechtigten Berliner Säle bersammelt waren, um ihren Schrei nach Brot Hunderttausende hungernder Arbeiter. Mit dem Rufe Herweghs: Forderungen abzutrozen. Brot ist Freiheit, und Arbeit zu bereinen, da wußten die Berliner Behörden Freiheit Brot! nichts Besseres zu tun, als ein gewaltiges Polizeiaufgebot zum Schutz der bedrohten Interessen nicht etwa dieser schloß der Referent unter dem allseitigen Beifall der Anwesenden. Arbeitswilligen, sondern des Staates auf die Beine zu bringen, wie groß das Elend unter den Massen ist. Ein Redner forderte Die Distusfion brachte in erschütternder Weise zum Ausdrud, der durch seine verkehrte Wirtschaftspolitik nicht wenig zur zum verschärften Kampf auf. Mit Resolutionen sei nichts getan. Entwickelung der gegenwärtigen Strise und des daraus resul- Bruns vom Fabritarbeiterverband bestätigte, daß wir selbsttierenden Elends beigetragen hat. In der Panoramastraße, in verständlich fämpfen wollen um unsere Forderungen, aber nur der dem stillen Winkel hinter dem Tiekschen Warenhause, unweit organisierte Stampf tomme hier in Betracht. Besser daran als die der Kaiser- Wilhelm- Straße, wo eine der Versammlungen tagte, unorganisierten sind immer noch die Organisierten, die in ihrer standen in Reih und Glied unter Aufsicht eines behelmten Be- Organisation eine Stüße haben. Wenn unsere Genossen im Stadt amten zehn Schuhmannspferde. So bereit, wie hier auf parlament noch nicht mehr erreicht haben, so liege das an dem um eventuelle Attacken, war die Polizei in dem ganzen Bezirt, ständlichen bureaukratischen Betrieb, der dort herrsche. Bum Stampf gehören gewerkschaftliche und politische Organisationen. der nach den Brücken zu liegt, allwo man zum Schloß geBöste erklärte rundweg, daß die Kommune die Pflicht habe, langt. Nur trat es nicht so sehr zutage, wie im stillen für die Hungernden zu sorgen. Er warne aber alle, gewissen Streifen Winkel zwischen Alexanderbahnhof und Alexanderstraße. die erwünschte Gelegenheit zu geben, die Hungernden mit blauen Auf der Kaiser Wilhelm- Straße waren nur vereinzelta Bohnen zu füttern. Es wäre auch nicht so schlimm bestellt, wenn Beamte, die Pistole im Gurt, als die Arbeitslosen zu ihrer die Arbeiter alle organisiert wären. Versammlung in den Musikersälen eilten. Aber wenn man Mit einem dreifachen Hoch auf die Sozialdemokratie schloß die auch nichts von einem tonzentrierten Aufgebot der Polizei sah, Versammlung. Der Abmarsch verlief ohne Zwischenfall. so bemerkte man doch überall zerstreut spazierende SchuhLeute mit dem Browning im Gütel und verschiedene, die Posten verbindende Vertreter der Polizeiradfahrerkompagnie, den Säbel griffbereit vorn am Rade.
In
Kellers Saal in der Koppenstraße
Schweigend und ernst war die Versammlung, fast ausschließlich von Männern besucht, den Darlegungen des Referenten gefolgt. Ab und zu Beifallsbezeugungen und Zustimmungsäußerungen, auch scharfmacherischer Unternehmer und deren Drgane, sowie die abheftige Protestkundgebungen, wenn der Redner die abfälligen Urteile lehnende Haltung der Regierung gegenüber den Forderungen auf Linderung der Arbeitslosennot erwähnte. Wie ein Wald streckten sich die Hände aller Anwesenden bei der Abstimmung über die Refolution empor. Schweigend und ruhig entfernten sich auch die Verfammelten. Die zahlreich aufgebotene Polizeimannschaft, die sich revolverumgürtet auf der Straße vor dem Versammlungslokal bes wegte, bekam nichts zu tun.
Schon lange vor Beginn der Versammlung waren die Eingänge wegen Ueberfülung gesperrt. Aber immer von neuem wurde Plaz geschaffen, bis Saal und Galerien aufs äußerste besegt waren. Dennoch fanden viele feinen Einlaß.
Der Referent, Landtagsabgeordneter Hirsch, fand vortreffliche Worte zur Kennzeichnung der Situation und lebhaften Widerhall bei den Tausenden der Versammelten. Oft wurden die Säße, die der Redner prägte, nachhaltig durch Beifall unterstrichen. Bon dem Recht der freien Aussprache wurde ausgiebig Gebrauch gemacht. Die schlichten, mitunter recht drastischen Worte ergänzten durch hatten sich einige tausend Arbeitslose eingefunden. Dicht gedrängt Einzelepiſoden und betonten das Gehörte. Es waren Ausführungen, faßen und standen sie im Parterre und auf den Galerien. Reine die bei jedem denkenden und fühlenden Menschen volles Verständnis gruppenweise Unterhaltung, fein Gespräch von Nachbar zu Nachbar, fanden und anscheinend nur den überwachenden Bolizeibeamten in In der Nähe des bekannten großen Versammlungslokals wie fie fonft vor Eröffnung großer Versammlungen gepflogen werden eine unbegreifliche Erregung bersetzten, so daß er wie ein Berserker in der Koppenstraße veranstaltete die Polizei eine wahrhafte und mit einem Durcheinander menschlischer Stimmen den Saal er von feinem Siß aufiprang und von dem betreffenden Diskussions Massendemonstration. In den Nachbarhäusern des Versamm füllen. Fast lautlos faßen die Taufende da. Gebrüdte Stimmung, rebner die Personalien mitten in dessen Ausführungen lungslokals waren fliegende Polizeiwachen etabliert. So waren hervorgerufen durch das Bewußtsein: Du bist arbeitslos und haft feststellen zu müssen glaubte, weil er gemeint hatte, in dem Hause des Parfümeriefabrikanten E. Hamel in der eine trübe Zukunft vor Dir, lastete auf den Massen. Doch als der es möchte der Sache der Arbeitslosen förderlich sein, wenn durch Stoppenstraße 71 nicht weniger als 40 Schuhleute auf Treppen, Referent, Reichstagsabgeordneter Büchner, sprach, als er den un- Straßendemonstrationen auch jenen Leuten ein Bild vom Umfange Hausflur und Hof untergebracht. Radfahrende Ordonnanzen gebeuren Umfang der Arbeitslosigkeit aufwies, als er die Not der ber Not gegeben werde, die nicht in unsere Versammlungen kommen, in großer Zahl waren auf der Straße verteilt. Polizeioffiziere Arbeitslosen schilderte und ihnen zeigte, daß es die kapitalistische die aber die Herrschaft noch in den Händen haben und leider bisher Wirtschaftsweise ist, welche all das Glend über Hunderttausende recht wenig Verständnis für die soziale Lage der Arbeitslosen ges gingen mit Feldherrnmiene umher. Sobald die Versammlung von Arbeitern und Arbeiterinnen heraufbeschworen hat, zu Ende war, wurde die Frankfurter Straße in der Richtung zeigten zustimmende Aeußerungen und Beifallskundgebungen, daß einbilden, daß sich die Arbeiterschaft abhalten lassen würde, zu ge da zeigt haben. Der übereifrige Polizeimann wird sich hoffentlich nicht nach dem Stadtinnern durch eine dichte Schuhmannskette ab- der Redner dem Ausdrud gegeben hatte, was die Massen bewegt. gebener Beit von ihrem Recht auf die Straße Gebrauch zu machen. gesperrt. Doch die Versammlungsbesucher hatten nur ein Mit entrüsteten Bornrufen wurden die vom Referenten zitierten Aus- So töricht war natürlich feiner, sich nach Schluß der Versammlung überlegenes Lächeln für die Polizeidemonstration, die nicht laffungen gewiffer bürgerlicher Blätter, welche die Arbeitslosen in zu Unbesonnenheiten hinreißen zu lassen. verhüten konnte, daß etwa 20 000 Arbeitslose in Berlin sich ihrem Elend noch verhöhnen, aufgenommen. Als der Redner unsere bersammelten zur gemeinsamen Aufstellung ihrer Forderungen Forderungen zur Linderung des Elends der Arbeitslosen an Reich, Staat und Gemeinde vertrat und als er die Proletarier aufrief zum an Reich, Staat und Gemeinde. gemeinsamen Kampf gegen Ausbeutung und Entrechtung der Arbeiter, da durchbrauste ein Sturm des Beifalls den weiten Raum. Die vom Dem Vortrag folgte eine längere Diskussion. Referenten vertretenen Gedanken wurden von mehreren Rednern weitergesponnen und ergänzt. Es herrschte allseitiges Einverständnis mit den Grundgedanken des Sozialismus sowie besonders mit der Forderung. daß Reich, Staat und Gemeinde helfend eingreifen müffen, um dem Elend der Arbeitslosigkeit zu steuern.
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Die Versammlung bei
Kliems in der Hafenheide
war überfüllt. Obwohl die Tische aus dem Versammlungsfaal entfernt waren, auch die Bühne mit Versammlungsbesuchern vollkommen besezt war, mußten doch eine ganze Anzahl umfehren, weil sie in den Saal nicht mehr hineinkonnten.
Um 1 Uhr mittags waren Saal und Galerien im Musiker- Vereinshaus
Das Referat hielt Genosse Gustav Bauer . Er kam zu dem Refultat, daß es ein folches Heer von Arbeitslosen wie jezt, in Deutschland überhaupt noch nicht gegeben habe. Für den Dezember völlig besetzt, und die jetzt noch aus verschiedenen Arbeitsnachweisen fei mit 5 Proz. Arbeitslosen von sämtlichen in Industrie und Handel Herankommenden mußten sich mit Stehplägen begnügen. Beschäftigten zu rechnen; das bedeute, da wir in diefen Erwerbs- Vor der zahlreichen Zuhörerschaft iprach Reichstagsabgeordneter zweigen rund 10 Millionen Beschäftigte baben, 525 000 Arbeits- Giebel. Wie richtig er das Grauen der ungeheueren und meist lose, mit ihren Familienangehörigen eine Menschenmenge von mehr fehr ausgedehnten Arbeitslosigkeit, wie sie durch die bekannten als einer Million, die zum Hungern verurteilt fei. Da aber Bahlen festgestellt ist, zu würdigen verstand, bewies der immer in der Arbeitslosenstatistik die Landarbeiter und die Bergarbeiter wiederkehrende spontane Beifall der versammelten Arbeitslosen. Befehlen, könne man diese Anzahl auf das Mehrfache schäzen. In fonders lebbaft stimmte man ihm darin zu, daß es unter diesen Groß- Berlin ergebe fich für die 360 000 gewerkschaftlich Organisierten Umständen ein Gebot der Selbsterhaltung sei, Forderungen, eine Arbeitslosenziffer von 8,2 Proz., das find mehr als 25 000 Ar- nicht Bitten, an Reich, Staat und Kommune zu stellen. Von einer beitslose. Rechne man das Prozentverhältnis aber um auf die ge- Disfuffion nahm man Abstand.
unter
famten Beichäftigten, so ergebe sich eine Arbeitslosenziffer von Der Vorsitzende, Genosse Zucht, teilte dann mit, welche Vormehr als 80 000 in Groß- Berlin, das bedeute, wenn man bereitungen die Polizei getroffen habe und daß auch die Achtgroschendie Familienangehörigen zurechne, daß mehr als eine Viertel- jungens nicht fehlten. Er bitte, sich nicht provozieren zu lassen, million Menschen der Arbeitslosigkeit in Berlin leide. sondern ruhig feines Weges zu gehen. Nach einer Darstellung der Zum Schluß bob Bauer hervor, daß die Gegenfäge in der fapita- Ablehnung der als Arbeitslofenbeihilfe geforderten 50 000 m. durch listischen Gesellschaft sich ungeheuer verschärfen. Man spreche oft mit den betreffenden Unterausschuß im Berliner Rathause, welche Abprahlenden Worten vom Nationalreichtum, der sich alljährlich um lehnung Pfuirufe der Arbeitsloien auslöfte, legte er den bisher noch
Jugendbewegung.
Erziehungsfünden rächen sich.
〃
Dieser Toge wurde im Stadttheater zu Bonn vor Mitgliedern fatholischer genbvereine& rinh" von Theodor Körner aufgeführt, ein Stüd, für das man bei religiös und patriotisch erzogenen jungen Leuten immerhin Interesse vorausseßen fönnte. Aber der Verfuch, der katholischen Jugend ein ernſtes Theaterstück zu bieten, ift mißlungen. Der Theaterreferent des Bonner Bentrumsblattes ( Deutsche Reichszeitung") spricht den Mitgliedern der Katholischen Jugendvereine jede Befähigung ab, ernste Theaterstücke zu genießen, folange bei der Jugend der seelische Kontakt zu der Dichtung nicht vorhanden ist, sollte sie nicht ins Theater geführt werden. Denn der Zwed, den man mit Sondervorstellungen für die Jugend anstrebt, wird dann illusorisch. Die Zuhörer fönnen vielleicht vielleicht den Gang der Handlung nacherzählen.
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Alle Versammlungen nahmen einstimmig die nachfolgende Re solution an: Die wirtschaftliche Krise, verschärft durch die unsinnige Zollpolitik und die Rüstungs- und Kriegstreibereien, hat hundert tausende Arbeiter der Grundlage ihrer Existenz beraubt. Längere Arbeitslosigkeit ist für die Arbeiterfamilie gleichbedeutend mit Not und Elend. Nicht wenige Arbeiter versinken während der Arbeitslosigkeit in den Sumpf des Lumpenproletariats oder werden auf die Bahn des Verbrechens getrieben.
Diesem Uebel entgegenzuwirken, ist eine der dringendsten Aufgaben von Reich, Staat und Gemeinde. Die beste Hilfe für den Arbeitslosen ist, lohnende Arbeit zu erhalten.
Die Versammlung fordert daher, daß die Arbeiten, die in nächster Zeit für Reich, Staat und Gemeinde ausgeführt werden müssen, unverzüglich in Angriff genommen werden.
Ferner find die Arbeitslosen, für die Arbeit nicht zu erlangen ist, zu unterstützen.
Die Versammlung fordert die Schaffung eines Reichsgefehes zur Durchführung einer Arbeitslosenversicherung mit voller Selbstverwaltung durch die Versicherten.
Die Versammlung fordert ferner, daß die Gemeinben ohne Verzug ausreichende Mittel zur Verfügung stellen, von denen Arbeitslose für die Zeit Unterstüßung erhalten, bis eine gefek liche Regelung durch die Arbeitslosenversicherung herbeigeführt ift. Diese Unterstüßung darf aber unter keinen Umständen ben Cha rafter einer Armenunterstütung annehmen.
Die Handlung ist aber nie Selbstzwed einer großen Bühnen- Der Herr mag die klerikale Jugend richtig einschäzen, aber er dichtung, sie ist nur das Gefäß für den Inhalt der dichterischen irrt sich, wenn er glaubt, die Jugend im Alter von 14 bis 18 Jahren Absichten. Und dieses Wertvollste eines Stunstwerkes der Bühne habe an sich nicht die Fähigkeit, eine ernste Vorstellung in fich gebt den jungen Zuhörern vollständig verloren. aufzunehmen. Diese Befähigung geht den Mitgliedern fatholischer Man fah und hörte es gestern ja. Der Diener, der dem türkischen Jugendvereine nur deshalb ab, weil man fich durch ihre Vereins. Kaiser Soliman die Botschaft bringt, gring", der seine weinende bühne an die traurigsten Machwerke einer Afterkunst gewöhnt. So Tochter beim Abschied in den Krieg tröstet, der Heißiporn lange in katholischen Jugendvereinen Werte" aufgeführt werden Juranitich, der seiner Braut Worte der Liebe und der Be- wie: Schneidermeister Zwirn, Der Mord in der Zwiebelsgaffe, geisterung für sein Vaterland sagt, und noch manche andere Die Heilung der vier Budligen, Zeppelin in Zwiebelsdorf und ähn Szene ging durch Lachen und lautes Schwägen, liche geistige Erkremente tatholischer Klassiter", fann sich natürlich Husten und Unruhe im Zuschauerraum ganz verfeine Teilnahme für wahre Kunst entwickeln. Die Art wie sich das loren. Sogar der Eindruck der erschütternden Theaterspielen in der katholischen Jugendbewegung ausbreitet, ist Sterbeszene des Löwen Soliman( Soliman war unser überhaupt ein Unfug, der schon viele junge Leute verdorben hat. erster Bühnenfünstler Eugen Klöpfer ) mußte unter der Ver- Das Theater ist kein Spiel, sondern eine Kunst. Für junge Leute ständnislosigkeit des theaterunerfahrenen Publikums leiden. aber, die jahraus jahrein nur ihre eigenen Kameraden auf der Bühne Es ist immerhin begreiflich, daß unter solchen Umständen bei den mehr oder minder komische Figuren haben darstellen sehen, wird Darstellern eine Gleichgültigkeit und Teilnahmslosigkeit einreißt, die natürlich auch das ernsteste Theaterstück zu einer Bosse. für den ernsten Besucher furz gesagt beleidigend ist."