Nr. 318. 30. IahrMg.1. ßfilnjf tos Jomärts" fiftlintt AllisMMittwoch, 3. Dezember 1913.1. Vierteljahr 1S12:2.„ 1912:3.. 1912:GewerKIcKaftUcKes.HrbeitcrcntlalTuiigcii und Lohnabzügeim Bergbau.Der Vorstand des Bergarbeiter-Verbandes sah sich, da inletzter Zeit auf zahlreichen Zechen sowohl Arbeiterentlassungenwie Lohnkürzungen vorgenommen wurden, veranlaßt, demVor stände des Zechenverbandes in Essen eineEingabe zu unterbreiten.In dieser Eingabe drückt der Vorstand des Bergarbeiter-Verbandes sein Erstaunen darüber aus, daß Kündigungen vor-kommen, trotzdem bis in die jüngste Zeil hinein in den denZechenverwaltungen nahestehenden Zeitungen über Arbeiter-mangel geklagt wurde und so der Zuzug von Arbeitern unddamit das Ueberangebot an Arbeitskräften gefördert werde.Trotzdem im letzten Vierteljahr 1912 schon ein Rückgang desKohlen- und Koksabsatzes zu konstatieren war, wurden immermehr Leute eingestellt. Dies beweisen folgende Ziffern:Zahl der befckästigten Arbeiter im niederrh.-westf.Steinkohlenbergbau:872 030 1. Vierteljahr 1913: 404 737379 235 2., 1913; 406 863834 746 3., 1918: 409 073Auch jetzt noch werden, obgleich schon Feierschichten ein-gelegt, noch Ueberschichten verfahren. Der Vorstand desZcchenverbandes wird deshalb ersucht, seinen Einfluß auf dieZechenverwaltungen dahin auszuüben, daß sie keineArbeiterentlassungen vornehmen, sondern,wenn es die Konjunkturlage absolut gebietet, allgemeinFeierschichten einlegen.Es wird weiter auf die alte Forderung der Bergarbeiter,den Achtstundentag, hingewiesen. Die Lohnverschlechterungenwerden als eine unbegründete Maßregel hingestellt und wirdbewiesen, daß keinerlei Anlaß dazu vorliegen kann.Nachdem auf die Steigerung der Kohlenpreise und dieLebensmittelteuerung hingewiesen ist, wird in der Eingabebetont, daß den Werkbesitzern die moralischeVerpflichtung erwach st, den unter denTeuerungsverhältnissen leidenden Arbe i t er-familien einen den gestiegenen Lebens-mittelpreisen angepaßten Lohn zu zahlen.Statt dessen werden die Löhne nochreduziert.Am Schluß der Eingabe heißt es:-.Wir dürfen wohl annehmen, daß der Vorstand de» Zechen-Verbandes nichi antwortet, er habe keinen Einfluß auf die Be-staltung der Arbeiterverhältnisse der einzelnen Zechen. Nach denVorgängen in den letzten Jahren darf das Gegenteil als erwiesengelten. Zum Ueberfluß erklärte in einer Polemik gegen die.Bergarbeiter- Zeitung' die.Deutsche Bergwerkszeitung' am26. September 1913, das Kohlensyndikat befasse sich nicht mitArbeiterangelegenheiten, dagegen hätten sich im.Zechen-verband'....die rheini.sch-westfälischen Berg-ti-Merke zur Wahrung g em eins a mer Int e r e s s« n in"Arbeiterfragen zusammengefunden.' Der be-lreffende Artikel stammte überdies offensichtlich aus dem Preß-buregu des Zechenverbandes. Somit hat der Zechenverband selbstseine Legitimation zu dem von dem Unterzeichneten vorgeschlagenenEingreifen zugunsten der Bergarbeiter anerkannt. Wir wünschen,daß dies Eingreifen alsbald erfolgt und zeichnenDer Verband der Bergardeiter Deutschland«.I. A.: Sachse.'Berlin und ümgegend.Maßregelungen bei Aschinger.Der Zentralverband der Handlungsgehilfen trat im Auftrageseiner in der Zentrale der Firma A s ch i n g e r in der SaarbrückerStraße angestellten Mitglieder mit dem höflichen Ersuchen an dieDirektion heran, sie möge wegen einger Verbesserungen im Arbeits-Verhältnis mit der Berbandsvertretung verhandeln. Als Antwortauf dies Ersuchen erfolgte die sofortige Entlassung mehrerer Mit-glieder des Zentralverbandes der Handlungsgehilfen. Um zu dieserAngelegenheit Stellung zu nehmen, hatten sämtliche Gewerkschaften,die Mitglieder in den Betrieben der Firma Aschinger haben, amMontag eine Versammlung der Angestellten, Arbeiter und Arbeite-rinnen der Aschinger-Zentrale einberufen. Die Versammlung, dieunter dem Vorsitz des Genossen S ch l i ch t i n g vom Zentralver-band der Maschinisten und Heizer tagte, war sehr stark besucht.Der Referent Schmidt, Vertreter de« Zentralverbandes derHandlungsgehilfen führte aus:Die Handclsangestellten der Aschinger-Zentrale sind bei derFirma in Kost und Logis. Die Schlafräume sind insofern un-genügend, als sie viel zu stark besetzt sind. Den Angestellten stehenkeine ordentlichen Kleiderschränke zur Verfügung. Die Arbeitszeitbeginnt um 6 Uhr morgens, sie wird mittags durch eine einstiiirdigePause unterbrochen und währt dann mit einer zweiten kurzenPause bis 8 Uhr, auch bis 9 Uhr abends. Auch am Sonntag wirdungefähr ebenso lange gearbeitet, dafür wird nur ein halber Feier-tag in der Woche gewährt. Die denkbar höchste Arbeitsleistung wirdvon den Angestellten verlangt, sie werden gehetzt und angetrieben.Wer sich diesem System nicht fügt, wird entlassen. Wer vom Koa-litionsrecht Gebrauch macht, hat Unannehmlichkeiten zu befürchten.Im allgemeinen haben die Handelsangestellten— es sind Lage-rissen und Expedienten, die hier in Frag« kommen— eine Arbeits-zeit von 78 Stunden pro Woche. Sie bekommen außer Kost undLogis ein Monatgsehalt, welches früher 50 M. betrug, dann aber.auf 43 M. und neuerdings sogar auf 40 M. herabgesetzt wurde.Diese Entlohnung muß als völlig ungenügend bezeichnet werden.T-en in der Zentrale beschäftigten Mädchen wurde am Montag an-gedroht:„Wer heute abend die Versammlung besucht, wird morgenfrüh entlassen."— ES ist denn auch wirklich am Montagabendaufgepaßt worden, wer das Logis verläßt. So wird das Kost- undLogiswesen zur'Knebelung der Arbeiter und Angestellten henutzt.Diese Verhältnisse erscheinen den Handelsangestellten so unwürdigund unerträglich, daß sie ihren Verband beauftragten, die Firmaum Abschluß eines Tarifvertrages zu ersuchen, der eine Verbcsse-rung der Lohn- und Arbeitsbedingungen herbeiführen soll. Vorallem sollte die Abschaffung des Kost- und Logiswesens, sowie dieBeseitigung des im Betriebe bestehenden Spitzelsystems gefordertwerden.— Am 25. November hat der Zentralverband der Hand-lungsgehilfen der Firma einen Tarifentwurf übcrsandt mit demhöflichen Ersuchen, darüber zu berhandeln. Eine Antwort hatder Verband bis jetzt nicht erhalten! Dagegen hat dieFirma sofort nach Empfang des Schreibens des Verbandes eineAnzahl von Angestellten, die als„Rädelsführer" angesehen wurden,entlassen. Jedem wurde die sofortige Entlassung einzeln mitgeteiltund verfügt, daß er unverzüglich seine Sachen zu packen und denBetrieb zu verlassen Hab«. Auf die Frage, weshalb die Entlassungerfolge, wurde den Betreffenden geantwortet, die Firma habe eineandere Arbeitseinteilung vorgenommen, sie wolle die Stellen mitweiblichen Arbeitskrästen besetzen. Doch das ist, wie der Referentbetonte, eine leere Ausrede. Die Arbeiten stellen so hohe Anforde-rungen an die Körperkräfte, daß sie von weiblichen Angestelltennicht geleistet werden können. Nachdem die Entlassungen erfolgtwaren, hat der Zentralverband der Handlungsgehilfen der Firmamitgeteilt, daß-er die Entlassungen als Maßregelungen ansehe unddeshalb ein Berbandsvertreter mit dem zuständigen Direktorsprechen wolle. Die Besprechung hat stattgefunden. DireftorW o y d q erklärte dem VerbandSvertreter, eS handle sich nichi umMaßregelung, sondern um eine andere Arbeitseinteilung; übrigenssei die Existenz des ZeirtralverbandeS für die Firma gegenständ»-los.— Der Verband hält seinerseits an der Auffassung fest, daßdie Entlassenen gemqßregelr sind. ES siege eine schwere Beein-trächtigung des Koalitionsrechts vor; die gesamte Arbeiterschaft habeein Interesse, diesen Schlag gegen da» Kaalitionscecht abzuwehren.In der lebhaften Diskussion wurden die Ausführungen desReferenten bestätigt und die unwürdigen Arbeitsverhältnisse derLageristen und Expedienten der Aschinger-Zentrale an zahlreichenEinzelheiten illustriert. Zur Beleuchtung der Logisverhältnisseführte ein Redner an: die Fenster der Schlafräume feien mitSchlössern versehen worden, um zu verhindern, daß dieAngestellten in ihrer freien Zeit zum Fenster hinaussehen.Die Versammlung beschloß, die bestehende Kommission der Gc-werffchaften, welche im Tarifverhältnis mit der Firma Aschingerstehen, soll bei der Direktion vorstellig werden und die Wieder-einstellung der Gemaßregelten fordernDifferenzen ia de« Musterbetriebswerkststten.Eine Versammlung der Herren- und Stapelkonfektion, sowie derZuschneider beschäftigte sich am Montag mit oben genannter Firma.Es kam dabei zum Ausdruck, daß die M. B. W. alles andere, alssolche seien. Am 15. Juli wurde diese Werlsiätte für eine größereAnzahl Arbeiter, die zum großen Teil au« sestenStellungen geholt wurden, eingerichtet. Den Arbeitern warenbessere Lohn- und Arbeitsbedingungen als anderwärts der-sprachen. Nach kurzer Zeit habe es sich jedoch herausgestellt, daß dieangefertigten Arbeiten nicht billiger kamen als früher in der Heim-induftrie. Die Betriebsleitung habe nun alles versucht, um dieWerkstätt« wieder los zu werden. Verhandlungen, die Mitte Sep-tember mit dem Schneiderverbande gepflogen worden waren,führten dahin, daß eine andere Arbeitsweise eingeführtwurde, womit die Inhaber zurechtkommen zu können er-klärten. Ende Oktober war dieses System auch nicht mehrbrauchbar und es sollte» wieder Leute entlassen werden.Neuerliche Verhandlungen hatten zur Folge, daß Vereinbarungengetroffen wurden, wonach die Werkftalt wenigstens bei verringerterÄrbeiierzahl bestehen bleiben sollte. Aber alle Versprechungen, diedie Betriebsleitung machte, seien nach kurzer Zeit nicht mehr aufrechtzu erhalten gewesen. Am Montag seien die letzten Konfektions-arbeiter aus dem Betrieb entlassen worden. Wenn man auch zu-geben wolle, daß bei der Krise nicht der Absatz eintrat, wie man ihnerhofft habe, so sei eS aber doch zu verurteilen, daß die Arbeiter nie- �mal« über den wirklichen Sachverhalt aufgeklärt worden sind.So seien die dort beschästigten Matz- und Maßkonfektions-schneider noch heute im Zweifel, ob sie in den nächsten Tagennoch Arbeit baben werden.Die Verbandsleitung wurde deshalb beauftragt, mit der FirmaRücksprache zu nehmen, um zu sehen, was denn eigentlich vorgehe.ES deute alles darauf hin, daß versucht werde, die Krise auszu-nützen und die Arbeit in der Heimindustrie zu billigeren Preisen.als die mit anderen Firmen abgeschlossenen Tarife sie vorschreiben,herstellen zu lassen.Es wurden Fälle angeführt, wonach Ulster, die nach dem Tarif 7,50bis 8,— M. Arbeitslohn kosten, für 4,50 M. angefertigt werden.Die Erbitterung der Arbeiter gegen die Firma, die diese Werkstattangeblich aus reiner Arbeiterfreundlichkeit errichtet habe, ist sehr groß.Die Organisation wird darum alles aufbieten, um d» Interessen derArbeiter zu vertreten._____Tarifbewegung der Brauereiböttcher.Eine außerordentlich stark besuchte Versammlung der Böttcherbeschäftigte sich mit dem neuaufzustellenden Tarifverträge. DerVorsitzende Klapfchus führte aus. daß die Brauereiböttcher einekörperlich schwere und gesundheitsschädliche Arbeit zu leisten haben.Deswegen muß die Grundforderung der Achtstundentag sein; unterallen Umständen müsse bei diesem Tarifabschluß eine Verkürzungder Arbeitszeit eintreten. Auch die Löhne müßten wegen derherrschenden Teuerung aufgebessert werden. Die Forderung nachhöheren Löhnen ist um so mehr berechtigt, als die Brauereien be-strebst sind, nur junge, erstklassige Böttcher einzustellen. Die über40 Jahre alten werden von den meisten Brauereienzurückgewiesen. Ferner wird verlangt Einschränkung der Ueber-stunden- und Sonntagsarbeit. Unentgeltliche Lieferung vonKellerjacken. Handschuhen usw., da diese Kleidung beim Ein- uup,.Auslellern und beim Pichen gewissermaßen als Werkzeug zu be-trachten ist. Auch der Urlaub soll günstiger gestaltet werden. AyK,,eine Bierablösung soll eintreten, so daß das nicht getrunkene Frei-bier von den Brauereien in bar zurückvergütet wird.*In der Diskussion wurde» noch eine Reihe von Wünschen vor-getragen. In der Frage der Bierablösung gingen die Meinungenauseinander. Im allgemeinen erklärte sich die Versammlung abermit den aufgestellten Sätzen einverstanden. Am Schluß der Ver«sammlung erfolgte die Wahl der Lohnkommission.Achtung, Destillationsgehilfm! Herr Hermann Schulz,Beusselftr. 44(Ecke Siemcnsstraße), zahlt seinem verheiratetenGehilfen einen Lohn von 38 M. monatlich nebst freier Station.Das Ansuchen der Organisation auf Abschluß eines Vertrages lehntekleines feuiUeton.Das persönliche Regiment in der Kunst. ES gärt immer nochkräftig in der«rchitektenwelt wegen der neuesten Regungen deskaiserlichen Kunstabsolutismus(wenn auch noch niemand weiß, wasdabei an heilbringender Aktion berauskommen wird). Da erinnertdenn zur rechten Zeit die Fachzeitschrift„Der Profanbau" an daSEingreifen von S. M. in die Medaillenverteilung gelegentlich dergroßen ArchilcklurauSstelluiig am Lehrter Bahnhof im Laufedes letzten Sommers. Dabei war von den Juroren für diegroße goldene Medaille einstimmig Geheimrat Licht in Leipzig inAnerkennung des hohen Wertes seines künstlerischen Lebenswerkesvorgeschlagen, und niemand konnte in diesem besonderen Fallezweifeln, daß die kaiserliche Genehmigung erfolgen würde. Aber eskam ander«. Der Machtipruch des Kaiser» strich Gebeimrat Lichtvon der Liste. Dafür erhielten der für eine kleine goldene Medaillevorgeichlaaene Geh. Hofbaurat von Ihne die große und der garnicht vorgeschlagene Burgenbauer Professor Hugo Ebhardt die vonder Jury iiir Jbne vorgeschlagene kleine goldene Medaille. Ebensoerging es Professor Franz Stuck in München, der auch zur großengoldenen Medaille vorgeschlagen war. DaS Fachblatt resümiert:„Man begreift den Mißmut der Juroren und die Erregung der Künstler.Es wird eine völlige Diskreditierung de» Medaillen«wesenS nun nicht mehr befürchtet, sie ist bereits eingetreten."So lehr man dies System bekämpien und seine Opfer schützen muß,so hat doch auch dies Ergebnis etwa» sehr Erfreuliches: die Außer-kursietzung der Medaillenwirtschaft. Inder Tat, wenn nur noch Leutedieses überflüssige Zeug bekommen, die die Anerkennung weder derOessentlichkeit noch der Fachwelt genießen, so wird ja wohl baldder ursprüngliche Sinn der Auszeichnung in fein Gegenteil ver-kehrt sein.Tbeater.Deutsches Theater. S h a ke sp eare-ZykluS: Haml et.Vor vier Jabren ging daS Werk mit Moissi zum ersten Male Überdie Reinhardtbühne. Der Künstler, damals schon bewunderungS-würdig in der Rolle, ist seither noch gewachsen,«in Zug launischerKnabciibastigto'l bcftemdele damals. Jetzt ist die letzte Spur voniolckien Zwiespältigkeiten ausgelösckfl. Die einzigartige Grazie, mitder er den jungen Dänenprinzcn sck-mückt, verschmilzt aufs innigstemit der Ge lalt, hat alles Spielerisch-Kokeve von sich abgesireift.Di- Uebersevung der dramatischen Figur in» Sinnlich-Körperltch-gibt vielen ÄestaltungSmöglichkeit-n Raum; da» läßt sich schwerlicheine denken die wie die Moisstsche Wiedergabe zum MiterlebenZwingt und' so menschlich-siarke Sympathien weckt. Da« Melan-cholisch.Patboloaische erscheint hier weniger als eingeborenekrankhafte Anlaac wie als Reaktion eines unendlich sensiblen.iringeisligen Naturells auf furchtbare Erlebnisse. I» jenemsiimc. �(«nct&e den Charakter Hamlet« deutet. Motsirüberrascht fortwährend durÄ unerwartete Nüancen, doch ohne daßdem jähen Sturm der Leidenschaft, erhob sich seine Darstellung inder Szene, in der Hamlet dem schuldigen König das Spiegelbildseine« Verbrechens im Schauspiel vorführt, zur stärksten Bühnen-Wirksamkeit. Er schleicht sich zu ihm, peitscht mit Blicken und Wortenvon unwiderstehlich suggestiver Gewalt den Heuchler vom Sitze auf,drängt ihn zur Bühne und bricht, als die Gesellschaft voll Entsetzenauseinanderstiebt, auf des Königs Sessel springend, in triumphierendesGelächter aus.Die von dem Dichter nur im allgemeinsten Umrisse gezeichneteFigur der Königin, wurde durch eine Künstlerin vom Rang der RosaBerten? trefflich repräsentiert. Leider fehlte der ebenbürtigePartner. An Stelle Paul WegenerS, der früher den König gab,war ein auswärtiger Gast, Herr Werner Krauß, getreten. Erunterstrich, nach Hamlets Worten, das„ewige Lächeln", aber ausdieser Maske schaute kein gefährlich ungezähmteS Raubtier hervor.Such den Geist des Herrn Dannegger, der zu leise sprach, unddie Ophelia de» Fräulein Eckersberg, die anfangs viel ver-sprechend in den WahnsinnSszenen künstelte, hätte man anderswünschen mögen. Mit um so größerer Freude sah man den prächtigenPolonius Viktor Arnolds wieder. Vorzüglich bewährte sich dieauf jeden unnützen Delorationspomp verzichtende Inszenierung, durchdie trotz der massenhaften Verwandlungen der ungestörte Fluß derVorstellung ermöglicht wurde. ckt.Mnffk.Deutsches Opernhaus Charlottenburg: ManonL e S c a u t, Lyrisches Drama von P u c c i n i. In der 1723 ver-öffentlichleil„Geschichte des Manon Lescaut und des ChevalierDe» Grieux", einem der vielen Werke des französischen AbbesPrevost hat die Wellliteratur den klassischen Urtypus allerGrisetten empfangen. Manon ist nach einem Ausspruch MaupassantS„die Frau an und für sich, wahrhaftiger Frau, als alle anderen,die gefährliche und entzückende Verführerin, wie sie gewesen istund immer sein wird." Um deswillen ist aber auch kaum eineandere Romangestalt öfter auf die Bühne gezogen worden alsdie ihre.Zuletzt hat sich nun Puccini an diesen Stoff gemacht; und zwar istManon Lescaut, eins seiner Jugendwerke, daß aber erst 1893 gleich-zeitig in Turin und Hamburg zur Aufführung gelangt ist. D,ctextliche Bearbeitung des Prövostschen Roman« unterscheidet sich vonallen andern. Während Prövost ein Spiegelbild der anS-»elassenen verwilderten Moral der damaligen Gesellschaft inrankretch mit allen Fmessen des persönlichen Erleben»entworfen hat, wird hier Manon als ein Ausbund von zärtlichhingegebener Lieb« und Treue hingestellt. Nur eine Episode ausihrem Pariser Abenteurerleben wird herausgegriffen, nämlich ibr.Verhältnis' mit dem reichen Generalpächier. Im zweiten Aktvollzieht sich Manon« Verhängnis. Des Grieux rst heimlich insHaus des alten Liebhabers gekommen; dieser überrascht dasPaar— und da« Ende vom Lieds ist, daß Manon inS Gefängnisgeschleppt wird zu anderen Dirnen, um später mit ihnen gemeinsamnach Amerika verschickt zu werden. Des Grieux geht mit ihr unddrüben stirbt sie einen vierten Akt lang inmitten einer felsigenEinöde.Für Puccini ist die Betonung de« lyrischen Moment« charakte-ristisch. Und auch darin erkennen wir schon seine spätere Art,daß er gern exotische Schauplätze hineinbezieht, um seinePhantasie am Kontrast zu entzünden. In seiner Musik erinnert nichtviel aber doch manches an den späteren„Beristen' und kühnen Neu-romantiker, obwohl sie sich überwiegenderweise noch in älterenHarmonieformen mit vereinzelten Reminiszenzen an Wagners, Lohen-grin, selbst an Verdi und Mascagni bewegt. Das melodische Element,die Wärme seiner überquellenden Lyrik, die Originalität seiner Ton-malerei und Akzentuierung, sind bei aller jugendhaften Ekstase dochnicht zu verkennen. Das Orchester-Jntermezzo vor dem dritten Aktzeichnet meisterlich, mit einem Cellosolo anhebend und boi� da zugewaltiger Polyphonie emporwachsend, die Trauer über den. Verlustder Geliebten. Ueber die Tanzszene im zweiten Akt hat Puccinieinen Charm von feinster Art gegossen. Die Gestaltung de«Tragischen gelingt ihm weniger. Ziemlich leblos verläuft der Schluß-akt mit seiner mehr psychologtsch als dramatisch interessierenden Ton-spräche.Dem liebenswürdigen LhrismuS des Werkes und nicht zuletztauch der durchgängig guten Aufführung ist die warme Aufnahme desManon-Dramas zuzuschreiben. Herta Stolzenberg in derTitelrolle, Alexander Kirchner(Chevalier Des Grieux) ihr Partner,entfaltete glänzende Gesangskunst wie eindringliche darstellerischeKraft. Jacques Bilk, Eduard Kandl und Joseph Plaut ver-sorgten ihre Chargen mit Geschick. Die Studenten- und Mädchen-szenq im ersten Akt könnte lebensvoller, sagen wir französischer sein.An der Inszenierung wie flüssigen musikalischen Aufführung habenDireltor Hartmann und Kapellmeister Jgnaz Wag Halterihren rühmlichen Anteil.«k.Humor und Satire.Der Held von Zabern.Ein„Mann' mit einem langen Messer,und zwanzig Jahr—ein Held, ein HeroS und Schokladenesser,und noch kein einzig Schnurrbarthaar.Das stelzt in ZabernS langen Gaffenund lräht Sopran—Wird ,naii das Kind noch lange ohne Aussicht lassen?—Es ist die allerhöchste Eisenbahn!--Da« ist so einer, wie wir viele brauchen!—Er führt daS Korps IUnd tief bewegt sieht man die Seinen tauchennach Feinden tief in jedes Abtrittsrohr.Denn schließlich macht man dabei seine Beute—wer wagt, gewinnt IEin lahmer Schuster ist es heute,und morgen ist'S ein Waisenlind.Kurz: er hat Mut, Kuhrasche oder besser:ein ganzer Mann!—Denn wehrt sich jemand, sticht er gleich mit'S Messer,schon, weil der andere sich mcht wehren kann.Theobald.