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Vom Jahrmarkt des Lebens.

Halbgott v. forstner.

Pflichtgemäß hat dann das Schöffengericht über eine Stunde verhandelt, die Beleidigung als erwiesen festgestellt und schließlich die Jungen freigesprochen, weil sie die zur Erkenntnis der Strafbarkeit erforderliche Einsicht nicht besessen hätten.

Dem so arg mitgenommenen jungen Leutnant v. Forstner ist ein Retter erstanden. Ein geschäftskundiger Nationalist, der sich Und da sage noch einer, daß wir in Preußen mit den vollendetsten in unangebrachter Scham hinter dem bieberen Namen Frib Lebe- Rechtsgarantien behaftet seien. Graf v. We starp hat bereits rect verbirgt, hat die Zaberner Konjunktur benutzt, um in einer einen Antrag vorbereitet, wonach die Lücke im Gesez, daß die schnell zusammengestoppelten Broschüre 3abern und des erforderliche Einsicht bei Begehung einer strafbaren Handlang vor­Königs Rod" dem so arg verkannten jungen Führer" beizu handen sein muß, um zu einer Berurteilung zu kommen, beseitigt springen. Schimpfworte innerhalb der Armee gehören nach Friz Leberechts Ansicht gewissermaßen aunt eisernen Bestand, ohne den eine Armee berweichlicht und verkommt.

Frizz Leberecht schreibt darüber:

" Wir können uns bei dieser Gelegenheit die Bemerkung nicht versagen, daß im allgemeinen die gesteigerte Empfind Iich feit gegenüber Kasernenhofausdrücken" nicht ein Zeichen bon gesteigertem Ehrgefühl ist, sondern von Verweiblichung unseres ganzen Zeitalters. Beim Militär muß die Willenskraft auch bei unerhörten Anstrengungen Wunder voll bringen; auch ein veritables Schimpfwort ist dann manchmal nur sozusagen das Schnalzen mit der Zunge, auf das hin ein edles Pferd das Hindernis noch ener gischer nimmt."

Als echter Patriot und guter Christ weiß Friß Leberecht, was er seinem Christentum schuldig ist. Er kann daher dem Herrn von Forstner zwar keine göttlichen Eigenschaften beilegen, aber ihn doch wenigstens zum Halbgott avancieren lassen. Und darum sagt er:

Das erschütterte Preußen.

Die weise Vorsorge der Polizei hat unser geliebtes Preußen wieder einmal vor dem Umiturz bewahrt. Wie wir bereits meldeten, wurde in Hagen   die Aufführung eines Märchenspieles tönig Nußknader" berboten, weil in dem Stüd eine Knaderhymne die Nationalhymne profanierte. Sieben Verse haben das Mißfallen und den Argwohn der Obrigkeit erregt. Hier sind sie: Heil dir, du Knupperhans! Hölzern in Pracht und Glang!

Heil Knacker dir! Beißen, wie du, wer kanns? Nüsse des Vaterlands

Läßt du gewiß nicht ganz!

Heil Knader dir!

Hoffentlich wird gegen den schamlosen Majestätsbeleidiger An­klage erhoben, denn sonst bliebe ja das schwarz- weiße Kulturbild

" Wir wollen es, selbst auf die Gefahr hin, gründlich miß­berstanden zu werden, sagen, daß der Offizier in des Königs unvollständig. Rock bei den Soldaten ein Halbgott sein muß."

Braunfchweiger Regierungsarbeit.

Frize ist ein fluger Mann und hat darum die für die An= betung seines neuen Halbgottes nötigen. Reliquien schon in Petto: Der durch seine Heirat mit der Kaisertochter wieder zu Solange einer des Königs Rod trägt, ist die Amtstrach Ehren gekommene angestammte Landesvater von Braunschweig  zu achten, die Achtung muß nötigenfalls, wenn sie gröblich ver- Ernst August   hat zu regieren begonnen. Er entdeckte, daz lekt wird, auch gröblich erzwungen werden. Es kommt seinem Herzogtume immer noch etwas fehle beileibe nicht etwa dabei gar nicht darauf an, ob der, der in des ein anständiges Wahlrecht, sondern ein National­Königs Rod stedt, würdig ist, ihn zu tragen. festtag. Um dieſem bitter empfundenen Uebelstande abzuhelfen, Das kann das Publikum nicht entscheiden.

Gut gebrüllt Löwe Leberecht! Der große Bengel Publikum hat das Maul zu halten, Steuern zu zahlen, sich den Degen durch den Leib rennen zu lassen und allenfalls noch den berühmten Forstnerschen Hosen Verehrung zu zollen.

Ungefübnter Frevel.

Mit einem furchtbaren Verbrechen haben in Bassum   in Hannover   zwei Schüler im Alter von 12 und 13 Jahren ihre jugendliche Seele beladen, ohne daß die Schandtat gesetzliche Sühne gefunden hat. Ein Lehrer in Bassum   hatte die beiden Rüpel bei der Staatsanwaltschaft wegen öffentlicher Beleidigung angezeigt, weil sie ihn und seine Frau nicht genügend gegrüßt hätten. Die Staatsanwaltschaft hat pflichtgemäß dem Strafantrage stattgegeben und Anklage gegen die Schüler erhoben. Pflichtgemäß hat das Landgericht Verden   das Hauptverfahren gegen die beiden Jungen eröffnet, weil sie hinreichend verdächtig erschienen, den Lehrer und seine Frau öffent­lich beleidigt zu haben, indem sie zu wiederholten Malen, wenn sie den Lehrer auf der Straße zu Gesicht befamen, sich gegen. seitig anstießen, den Lehrer und seine Frau frech angrinsten und anlachten, ohne zu grüßen."

-

wird in Zukunft der 22. Dezember auf Verordnung des Herzogs Ernst August   als nationaler Festtag betrachtet werden. An diesem Tage hielt Herzog Wilhelm nach Beseitigung der franzö fischen Fremdherrschaft seinen Einzug in die Residenz Braunschweig  . Nun wird wohl den etwa 48 000 braunschweiger Republikanern, die nach Volksrechten schreien, der Mund gründlich gestopft sein.

...

Helden.

Warum bestritten Sie die Wendung, daß auf des Erbfeinds Fahne man soll sch( berschweigen wir die Endung), Warum, v. Forstner, junger Mann? Bedurft' es wirklich all der Wochen, verhandlungsvoll und voll Verhör, bis nun die Wahrheit durchgebrochen und recht behielt der Redakteur? Und mußten wirklich die Rekruten gleich reihenweis' ins Sittchen gehn, weil der Herr Leutnant nicht geruhten, für seine Worte einzustehn?

Nar bis Weihnachten.

Wie ist es doch so sehr verschieden,

ob einer mutig fich bezeigt,

Wenn er den Säbel schwingt( im Frieden), ob, wenn die Wahrheit er verschweigt! Doch freilich ist ja manchen Helden, bis zum Major und General, wie oft die Zeitungen uns melden, der Mut zum eignen Wort fatal. Sie drehn und winden sich nach Noten

und geben ihre Seele hir

um zu verdreh'n, wenn es geboten, der eignen Worte Sinn.

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Berantwortlicher Redakteur: Paul John, Berlin  . Für den Inseratenteil verantw.: Th. Glode, Berlin  . Drud u. Verlag. Borwärts Buchdruderet u. Verlagsanstalt Paul Singer u. Co., Berlin   SW