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nun auseinander, daß dieser Vfli-Ä nun auch ein besonderes Recht gegenüber stehe, nämlich der Anspruch auf Ehre, der dem Soldaten allerseits zuerfannt werden müsse. Tann fährt er fort: Unter Ehre versteht man allgemein die Anerkennung Person- lichcn Werts durch andere, und unterscheidet je nachdem, ob diese Llnerkennung dem einzelnen als Mensch und Staatsbürger gezollt oder ob sie ihm als Mitglied einer bestimmten Sondergcmeinschast. z. B. StandeSgemciuschast oder Vereinsgemeinschaft zuerkannt wird, die allgemeine Bürgerehre und die Standes- oder Vereins- ehre. Es ist klar, daß den Angehörigen von Heer und Marine beide Ehren zustehen, sowohl die allgemeine Bürgerehrc als die des Soldaten- st a n d e s, daß mithin ehrenhafte Führung dem Soldaten An- spruch auf Anerkennung als guter Bürger als wie als ehrenhafter Soldat verleiht. Tiefer Gedanke wird dann noch weiter ausgeführt, und der Verfasser kommt zu dem Schluß, daß die Toppelehre des Soldatenstandes auch doppelten Schutz verlange, und daß der gegenwärtige schütz in keiner Weise genüge. Ta ist es also endlich einmal klar herausgearbeitet: Der Soldat besitzt zwei Ehren und hat demzufolge berechtigten Anspruch aus eine besonders zarte Behandlung. Wenn also jemand beispielsweise einen Rekruten einenWackes" nennt, oder wenn er ihn gar hinter die Ohren schlägt oder in das Gesäß tritt, so muß dieser Uebcltäter viel strenger bestraft werden, als wenn er sich gegen einen Menschen verginge, der kümmerlich genug ist. nur eine einzige Ehre sein eigen zu nennen. Aber nein, das ist Laienairsfassung. So meint der Konteradmiral es natürlich nicht. Von solchen Beispielen er- wähnt er gar nichts: er cremplifiziert vielmehr nur auf Ehren- kränkungen, die durch die Zivilisten in der Presse und aus andere Weise dem Militärstande angetan werden. Dabei denkt er wohl in erster Linie au die Behauptungen, die die Zei- tungen neuerdings wieder über Zaberner Offiziere'verbreitet haben: daß der Leutnant Schad in eine unangenehme Ohr» feigengeschichte verwickelt gelvesen sei. daß der Leutnant s�orstner ein vierzehnjähriges Mädchen verführt habe usw. Der Admiral muß sich in diesem Punkte nur noch etwas präziser ausdrücken, damit der ungebtldete Zivilist begreift, daß er den O f f i z i c r st a n d meint, wenn er vom Soldaten- stand spricht. Es wäre ja auch einfach unverständlich, wenn er dein gemeinen Soldaten das Doppelte der Ehre zuerkenntc, die ein Baron besitzt, der zufällig nicht Reserveoffizier ist. oder ein Korpsstudent, der noch nicht gedient hat. Aber auch in anderer Beziehung ist es dein Mitarbeiter derKreuzzeitung " trotz seiner anerkennenswerten Be> mühungen nicht gelungen, seinein Thema ganz gerecht zu werden. Zunächst ist es notwendig, die Soldatenelzre doch noch in Unterabteilungen einzuteilen. Die Ehre des Soldateit vom Leutnant aufwärts ist natürlich eine andere als die Ehre des Soldaten vom Feldwebel abwärts. Das ergibt sich schon daraus, daß die Ofsvziersehre weder von einem Angehörigen der Armee und der Marine noch von einem Zivilisten verletzt werdeil darf, während die Ehre des Musketiers und des Unteroffiziers nur von Trägern des bürgerlichen Rockes lädiert werden kann und gegenüber Angriffen von feiten des Vorgesetzten unempfindlich ist. Muß es so im Soldatenstande zum mindesten zwei der- schiedene Arten von Ehre geben, so ist es auch schlechterdings nicht möglich, alle N i ch t s o'I d a t c n über einen Ehrenkamm zu scheren. Der Admiral hat sich die Sache da doch ein wenig zu leicht gemacht. Ist denn die Ehre des Arbeiters gleich- wertig mit der Ehre des Arbeitgebers oder irgendeines akademisch Gebildeten? Mehr als das. Die Frage drängt sich auf: Besitzt der Arbeiter in Deutschland überhaupt eine Ehre? Nehmen wir einmal an, ein Arbeiter begründe irgend- eine Forderung den: Unternehmer gegenüber mit der Rück» ficht auf seine Ehre. Der wird ihn auslachen und hinaus- werfen. Nehmen wir an, einem organisierten Arbeiter komme es bei. vor Gericht zu erklären, daß es mit seiner Ehre nicht vereinbar sei. einem Streikbrecher anders als mit Verachtung zu begegnen. Die Richter werden diesen anmaßenden Menschen mit einer besonders schweren Strafe belegen. Ge» meinhin hat der Proletarier also nicht den Anspruch auf eine Anerkennung seiner Ehre. Solcher Anspruch wird ihm erst in dem Falle, daß er sich entschließt. Arbeitswilliger zu ioerden. Dann hat er plötzlich sehr viel Ehre, beinah so viel Sittlichkeit unS Sinnlichkeit. Die dumpfige Stickluft der seligen Lex Heinze lagert wieder einmal in dicken Schwaden über Deutschland . Tie gesetzgeberischen Faktoren brüten über einer Novelle zur Gewerbeordnung, die sich angeblich gegen die Schundliteratur rich- tet, in Wirklichkeit aber wie der Gesetzentwurf des Jahres 1899/1!Z<X> ein Attentat auf die Kunst bedeutet. DerBund für Mutterschutz" wird mit dem Inhalt ganzer Jauchewagen Übergossen, weil er in Berlin einer freieren und sittlicheren Auffassung vom Zusammen- leben der jungen Leute zweierlei Geschlechts das Wort geredet hat. lind konfisziert wird wieder einmal von Polizei und Staatsanwalt aus der ganzen Linie: Rubens , Tizian . Giorgiene, B auch er; vor keinem großen Namen der Kunst gibt es einen Halt. Selbst Ansichtskarten, herausgegeben von staatlichen Kunst- galerien. sind vor den plump zutappcnden Amtsfäusten nicht sicher lustig ist die Aktjägcrci! Nun brauchten die Sittlichkcitsmarodeure, die der unbekleideten Kunst zu Leibe wollen, nicht einmal mit jenen trüben Gäuchen identisch zu sein, die alle Freiheit und alles Leben ersticken wollen, um gegen ihr lichtscheues Tun und Treiben den erbitterten Wider- stand der Sozialdemokratie herauszufordern. Die Partei der Ar- befterklajse kämpft nicht nur um wirtschaftliche Güter, sondern auch einen Kullurbau von unerhörter Pracht aufzurichten, ist ihres Strebens Ziel, und weil sie die Kunst allem Polte zugänglickz machen will, deshalb schlägt sie eine wackere Klinge für die unbedingte, die souveräne Freiheit der Kunst. Einer der besten Ruhmestitel in der Geschichte der deutschen Sozialdemokratie ist es, daß unter ihrer Führung jener Heerbann von fanatischen Dunkelmännern zersprengt wurde, die unter dem Banner der Lex Heinze die Kunst vergewaltigen wollten. Gerade die Sozialdemokratie von ihrem historisch sichtenden Standpunkt versteht ja am besten, was kein Geringerer als Goethe ausgesprochen hat: daß es nämlich gc- scheiter sei, der Kunst einen Mühlstein um den Hals zu hängen und sie zu ersäufen, als sie den allgemeinen Moralbegriffen unter­zuordnen. Denn gerade die Sozialdemokratie weiß Bescheid um die Bedingtheit der Moralbegriffe sie weiß, daß mit dem Wechsel und den Bedürfnissen der Gesellschaft sich mich die SittlichkeitS- wie ein Offizier. Sie wird durch die Gesetze und durch die Polizei ganz besonders geschützt, denn sie ist ganz besonders empfindlich. Und als Arbeitswilliger hat der Arbeiter auch das Recht, wenn das mit den Gesetzen und der Polizei zu lange dauern würde, die Verteidigung seiner Spezialehre selbst in die Hand zu nehmen. Vergießt der Streikbrecher dabei Blut, so hat er in Notwehr gehandelt oder doch im Stande der sogenannten Putativnotwehr. Beinahe wie der Offizier. Im übrigen besitzen Ehre nur solch« Zivilpersonen, die ein Einkommen über 600Ö M. jährlich haben oder nach Rang, Stand und Herkunft in der Lage sind, unter Umständen die Ramponierung ihrer Ehre mit Hilfe eines langen Messers oder eines Schießeisens in Vergessenheit zu bringen. Wir geben uns der angenehmen Hoffnung hin. daß diese Bemerkungen den Konteradmiral Hoffmann veranlassen werden, seine Ausführungen in derKreuzzeitung " zu er- gänzen. Wir wissen ja, daß wir ihm nichts Neues sagen. Zwischen den Zeilen ist alles zu lesen, was wir hier dargelegt haben. Aber es gibt ja immer Minderbegabte, und kommt der Herr Admiral unseren bescheidenen Wünschen nach, so wird seine Abhandlung eine wahrhafte Zierde sener Sammlung sein, zu der wir uns gestatteten, der Redaktion derKreuz- zeitung" eine Anregung zu geben. R. L-d. politische Ueberficht. Die neuen Herren von Elsasi-Lothringen. I Nachdem am Sonnabend noch in später Stunde der Reichs- k an zier dem Kaiser Vortrag über die Lage in Elsaß-Lothringen gehalten hatte, meldete, wie wir noch in der Sonntagsnummer mitzuteilen vermochten, das offiziöse Wolsssche Telegraphenbureau um Mitternacht, daß der Kaiser das Entlassungsgesuch des Statt- Halters von Elfaß-Lothringen, Graf v. e d e l, sowie des Staatssekretärs Freiherrn Zorn von Bulach und der Unter- staatssekretö.re P e t r i und Mandel genehmigt hat. Während aber Graf v. Wedel aus Wunsch des Kaisers noch einige Monate auf seinem Posten bleibt, sollen Zorn von Bulach und Mandel als­bald durch den Obcrpräsidialrai Graf v. Reedern in Potsdam und den Geh. OberregierungSrai Freiherrn v. Stein ersetzt werden. Beide Neuernannte haben, soviel bekannt geworden ist, sich bisher nie eingehender mit den reichsländischen Verhältnissen be­schäftigt; aber sie sind als gute Vertreter des echtenPreußen- geistes" bekannt, und Graf v. Roedcrn ist außerdem auch noch durch die praktische Schule des ostelbischen Landraituins gegangen das genügt in ausreichendstem Maße zum Beweis ihrer Quali- fikation für die neue Stellung; ist es doch der dringende Wunsch der Echtpreutzen, daß in den Reichslanden Beamte die Zügel führen, die sich durch keine Rücksichten auf die Eigentümlichkeiten des Landes beeinflussen lassen, sondern die Eigenheiten der oft- elbischen Regierungsweise voll zur Geltung bringen. Graf v. Rocdern, der neue Staatssekretär, steht im 44. Lebens- jähre. Er wurde in Marburg am 27. Juli 1870 geboren, widmete sich juristischen Studien und wurde im Dezember 1893 als Rcfe- rendar beim Oberlandesgericht in Frankfurt a. M. verpflichtet. 1896 ging er zur allgemeinen Staatsverwaltung über, war zuerst in Düsseldorf als Regierungsreferendar tätig und seit Anfang 1399 dort als Regierungsassefsor. Nachdem er beim Landratsamt des Kreises Oberbarnim und beim Oberpräsidium in Posen per- schiedentlich beschäftigt worden war, erhielt er 1903 eine Berufung in das Finanzministerium als Hilfsarbeiter. Hier blieb er nur zwei Jahre, um als Nachfolger des Herrn v. Tresckow Landrat des Kreises Niederbarnim zu werden. Anfang 1911 wurde er in die Regierung von Potsdam als Oberpräsidialrat berufen. Er vertrat sehr oft den unlängst dahingeschiedenen Oberpräsidenten v. Conrad ivi Zweckverbande Groß-Berlin. Freiherr v. Stein, der zum Unterstaatssekretär ernannt wurde, mit aus dem fränkischen Geschlecht der Stein zu Nord- und Ostheim. Er ist am 28. Februar 1867 geboren, steht also im 47. Lebensjahre. Er war ursprünglich im baherischen Staatsdienst tätig, zuletzt als BezirkSamtsassessor bei der Regierung von Unter- franken in Würzburg . 1903 trat er als Hilfsarbeiter beim Reichs- amt des Innern ein und erhielt im Mai 1905 die Ernennung zum kaiserlichen Geheimen RcgierungSrat und vortragenden Rat im Neichsamt des Innern. 1910 wurde er zum Geheimen Ober- rcgierungSrat befördert. anschauungen in Geschlechtsdingen, ja! sogar die Betätigungen des Geschlechtslebens wandeln wie der Flugsand am Meer. Wer ein so heilloser Tropf ist, bei einer der angenehmsten menschlichen Hand- langen, dem Kuß, an die ökonomische Bedingtheit dieser Beschäfti- gung zu denken, der verdiente für ewige Zeiten die Verdammnis, weibliche Rundungen nur mehr, wie gewisse besonders wilde Un- sittlichkeitsschnüffler, durch das Astloch von Badeanstalten betrachten zu dürfen. Und doch ist auch der Kuß oder wenigstens seine Unter- lassung wirtschaftlich bedingt! Wir küssen allen Griechengöttern und-göttinen Preis und Dank!, aber die Eskimos reiben zum Zeichen überfließender Neigung die' platten Nasen aneinander und halten den Kuh für eine Unsittlichkeit, ja! schlimmer! für eine Verrücktheit. Warum? Die Eskimos stehen aus einer derart niederen Stufe der wirtschaftlichen und technischen EntWickelung, daß die Schneidezähne eines ihrer wichtigsten Werkzeuge sind. Mit den Zähnen schneiden, hobeln und hämmern sie, mit den Zähnen zieht die Eskimofrau dem von der Jagd heimkehrenden Gatten und Gebieter die nasse Seehundssußbekleidung von den Füßen. Früh schon entarten darum bei diesem Volk, daö sonst beschaulich im zagen Schein des Nordlichts dahinlebt, die Zähne zu abgebissenen, schwarzen Hauern und der Mund wird eine gleichfalls schwarze übelriechende Höhle. Selbst einem Großmeister aller Perversitäten könnte es nicht beikommen, in der Berührung zweier solcher Werk- zeuge eine Quelle der Lust zu sehen, und so küssen die Eskimos eben nicht, sondern reiben die Nasen aneinander. Ter eindringende Kapitalismus, die Maschine wird auch sie daS Küssen lehren! Unser historischer Blick macht uns sogar so duldsam, zu ver- stehen, wie Polizei- und StaatSanwaltSseelcn leicht geneigt sind, in jedem Bild, das unbekleidel« Menschen zeigt, eine Schweinerei zu wittern. Wer seine sittliche Erziehung als Unteroffizier in der Wachtstube oder als Korpsstudent auf der Couleurkneipe genoffen hat, kommt mühelos dazu, im Weibe nur das Geschlechtswesen und im Geschlechtlichen nur das Säuische zu sehen. Und so entstehen klassische Anklageschriften wie jene, die den Inhalt eines der herrlichsten Bilder von Rubens ausschöpft, alseine mit einem Mantel dürftig bekleidete Frauensperson(!!), die mit dem ge- krümmk gehaltenen rechten Arm die Brüste nach oben zusammen« preßt" und deshalb von Rechts wegen unter Sittenlontrollc gestellt werden müßte. Armer Anwalt eine» armen Staate»! Aber nicht minder verhängnisvoll ist der Tozententon gewisser an sich sehr braver Vorkämpfer einer freien Kunst, die da ver- sichern: nur rettungslose Lüstlinge könnten beim Anblick eines Graf Oppersdorff und die Bachemiten. Wer geglaubt hat. der Herausgeber der sogenannten ..integral-katholischen" WochenschriftKlarheit und Wahrheit" würde dem Ansturm der klerikalen Blätter bachemitischer Richtung weichen und den Kapazitäten des Augustinusvereins das Feld überlassen, wird sich durch die soeben erschienene Nr. 5 vonWahrheit und Klarheit" sehr enttäuscht fühlen. Tie neue Nummer ist eine richtige Kampfnummer, in der Graf Oppersdorfs nicht nur mit den Leitern derKöln . VolkSztg." und dem Gernegroß Steger- Wald ins Gericht geht, sondern auch denhochwürdigsten" Herrn Biichof Dr. Schulte von Paderborn von oben herab ab- fertigt. Wie scharf sich die Gegensätze im klerikalen Lager bereits zugespitzt haben, zeigt folgende Oppersdorffsche Er- klärung: Soweit meine Person dabei in Frage kommt, mag die Sache auf sich beruhen. Die Zeiten sind vorbei, wo ich der t i n t e n» klexenden Gesellschaft, die ihreallgemein christlich" geschminkten Spalten durch persönliche Angriffe gegen mich interessant zu machen versucht, noch konzedierte, daß die Pro- dukte ihres Hasses mir bis an die Knöchel reichen.Ich wußte," kann ich mit Lagarde wiederholen,als ich mich mit meiner Politik hervorwagte, von vornherein, daß ihr auch lebhafte Ab- neigung entgegentreten werde: daß ab und zu diese Abneigung dahin geführt hat, mit Schmutz zu werfen, war nicht unerwartet, da ich stets begriffen habe, daß jedem zu der Waffe zu greifen verstattet sein müsse, welche ihm am nächsten liegt." Nur ein Punkt, ein sachlicher, sei hier herausgegriffen. DieKölnische Volkszeitung"(in ihrer Nr. 79 vom 27. Januar) hat erneut die Frechheit, von dem uns von hoher geistlicher Stelle zugegangenen und in Nr. 2 vonKlarheit und Wahrheit" veröffentlichten Artikel als von einemunerhörten Angriff" zu faseln, der gegen den Herrn Erzbischof von Köln erfolgt sein soll. Demgegenüber stellen wir einfach fest: Ter Artikel in Nr. 2 vonKlarheit und Wahrheit" enthält nicht ein einziges unsachliches Wort und beschränkt sich in strengster Form auf die Feststellung objektiv gegebener Tatbestände. Wer das Gegenteil behauptet, lügt; lügt bewußt, zu bestimmten taktischen Zwecken, also schamlos.(Ich bedaure, aber man muß den Herren mit den Münzen dienen, die sie selber prägen.) Wichtiger und für die Beurteilung derKölnischen Volks- zeitung" wertvoller sind folgende Sätze auö ihrem Artikelüber die Achtung vor der kirchlichen Autorität": Tie Anmaßung in der Erklärung deS Grafen Oppers­dorfs, die Geistlichen der� Erzdiözese Köln , welche sich nach der Weisung vom 18. Dezember richten,- kommen mit der päpstlichen Enzyklika und somit mit ihrem Gewissen in Kon- flikt", kann gar nicht entschieden genug zurückgeiviesen werden, lieber diese Frage hat für die Erzdiözese Köln nicht der Herausgeber vonKlarheit und Wahrheit", hat auch nicht der Fürstbischof von Breslau zu entscheiden, sondern der Erzbischof von Köln ". Falsch. Die Entscheidung steht, wie ja auch Herr Kar. dinal Kopp in seinem Schreiben vom 21. Januar ausführt lediglich beim Papst. Die von derKölnischen VolkSzeitung" hier grundsätzlich vertretene Behauptung bedeutet eine glatte Häresie(und es wäre interessant, wenn der Ver- fasser derselben, in Anerkennung der Ausführungen deS BolkSzcitung'-RedakteurS Höber. sich offen bekennen wollte). Immer gemütvoll. Wie bekannt, hat Herr Dr. jur. v. I a g o w, Berlins geist. voller Polizeipräsident, wegen seines kuriosen juristischen Zeitung»» artikelS über das Zaberner Strafverfahren gegen die Offiziere v. Reuter und v. Forstner vom Minister v. Dallwitz einen Verweis erhalten freilich, wie es sich in Anbetracht der enormen Ver» dienste des Herrn v. Jagow um die echtpreutzische Kultur von selbst versteht, nur einen ganz gelinden Verweis gewissermaßen so eine Art Rüge in homöopathischer Verdünnung. Nach Aussage derTägl. Rundschau" scheint es bei dieser Rügeerteilung sogar mehr als gemütvoll hergegangen zu sein, denn dieses Blatt berichtet höchst befriedigt: Entgegen anderen Meldungen ist man an Herrn v. Jagow niemals mit dem Ersuchen herangetreten, eine RechtfertigungS» schrift für sein Vorgehen dem StaatSministerium vorzulegen. Die Austragung der Angelegenheit erfolgte vielmehr in einer mündlichen Aussprache zwischen dem Minister v. Dall- witz und dem Polizeipräsidenten, der ein Meinungsaustausch,. zwischen dem Reichskanzler und dem Minister des Innern vor- ausgegangen war. Es wurde dem Polizeipräsidenten vom Mi- nister des Innern eröffnet, daß man sein Vorgehen nicht gemalten nackten WeibeS von menschlichen Regungen gepackt werden. Wer sich so auf den Markt hinstellt und verkündet, bei allen nackten Frauengestalten von Rubens und R c m b r a n d t bis zu RoPS und R e z n i c e k empfinde er nur diereine" Freude an dem reinen" Kunstwerk, der ist ein Heuchler oder ein Eunuch! Kunst ist an sich Sinnlichkeit, und ein Kunstwerk, das in dem Beschauer erotische Regungen weckt, hat genau so seine Berechtigung wie ein anderes, das etwa melancholisch stimmt. Wer deshalb dafür eifert, daß man sich beim Anblick wirklicher oder gemalter weiblicher Reizenichts denken" dürfe, tritt Seite an Seite mit den im Grunde so unsauberen Fanatikern der Prüderie; denn, um ein christlich-konservativ-agrarischeS Blatt zu zitieren, auch in ihren Augenkann das Bild eines unbekleideten weiblichen Wesens, mag es auch sehr realistisch sein und wirken, in einer Kunstsammlung durchaus keinen unsittlichen Eindruck machen und in dem Durch- schnittSmenschen keinen unzüchtigen Gedanken wecken". Hier also ist das Sinnliche dem Unzüchtigen gleichgestellt. Aber nur im Bannkreis jener Religion, die eine biologische Unmöglichkeit! eine jungfräuliche Mutter in den Mittelpunkt ihres Kult» rückte, ist Sinnlichkeit dasselbe wie Unzüchtigkeit. In gewisse», bis zur Degeneration vornehmen Kreisen gilt c» schon alsunfein", das Gefühl de» Hungers zu äußern; aber weit verbreiteter ist die Ansicht, daß die Betonung der Sinnlichkeit der Sittlichkeit wider- spreche. Und doch gibt kaum größeren Unsinn und Unfug. Die Sinnlichkeit ist so natürlich und sittlich wie der Hunger, und wir müßten keine Menschen von Fleisch und Blut und Temperament sein, wenn eines Weibe» blühende Brüste und stramme Schenkel nicht die naheliegendsten Wünsche in un» weckten und uns eine mit allem Feuer der Sinnlichkeit gemalte Antiope Corregios oder Benuo Tizians oder Susanna T i n t o r c t t o» oder Danae Rembrandto nicht auf den Gedanken brächte, es müsse süß sein, just mit dieser Dame unter dem Baldachin eines Himmel- bettes zu spielen.. So ist eS, und darüber wollen wir un» gar nicht» vormachen. Und wenn man denn schon Sinnlichkeit und Sfttkichleft gegenein» anderstellen will, so ist die Sinnlichkeit das Höhere; denn die Sitt- lichkeit bleibt und muh bleiben, denn sie ist der zur Erhaltung des Menschengeschlechts unentbehrlichste Faktor. Aber all das wird einem engen Polizeihirn nicht einleuchten, denn was uns pracht­vollste Skatürlichkeit und gesteigertste Daseinsfreude ist. das spiegelt sich an seinen Wandungen nur alseine mit einem Mantel dürftig bekleidete Frauensperson".