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heiissucheuS zu eigener Ueöerzeugung zu gelangen. EmpfeUens� wert dürfte es aber doch sein, wenn der Rektor in seinen künftigen Ansprachen betonen würde, daß der Wahrheitsdrang den Etüden� ten nur in den polizeilich erlaubten Grenzen anzuraten ist. Dr. jur. von Iagows neuesterAkt der Staatshoheit" wird sicherlich in der ganzen Aulturwelt Kreundc werben für die prcutzft sche Pütativkultur. Abstimmungen, allgemeine ZonSs, Reichskommistariate. Tie A b st i m m u n g e n im Reichstage zu Beginn der Freitag- sitzung fielen aus. wie nach dem Verlauf der Aussprache an den beiden Tagen vorher zu erwasten war. Für die Verbesserungsanträge zum VercinSgesetz stimmten die S o z ia l d e in o kr a te n, daZ Zentrum, die Polen , die Elsag-Lothringer und der Däne. Demgemäß wurden die Anträge angenommen. Gegen die Anträge erhoben sich die Ä o n s e r v a t i v c ii und Nationalliberalen. Ein kläg- liches Bild bot die Fortschrittliche V o l l s p a r t e i. Abg. M v l l e r- Meiningen setzte besondere Abstimmung über jede einzelne Forderung der Anträge durch. Bei den Abstimmungen aber zeigte e-5 sich, daß die Herren meistens nicht wußten, wie sie zu stimme» haben: Die beantragten Aenderungen sind für ein wirklich liberales Gesetz unbedingt not- wendig und doch sollten die angeblich Liberalen dagegen stimmen aus Rücksicht auf die konservaliaen Mitväler des Gesetzes: das klappte aber nicht. Schließlich stimmten die Herren doch für die meisten Forderungen der Sozialdemokraten; nur das Verbot der Teilnahme jugendlicher Personen an politischen Vereinen und LZersarmnlungen wollten sis nicht ausheben aus Aerger darüber, daß von ihnen immer weitere Kreise nichts wissen wollen und sich uns anschließen. In der Ge>amtabstimmung erhob sich die'Fortschrittliche Bolkspartei für unseren Antrag, obgleich noch am Tage vorher Herr Dr. Müller sich so sehr bc- müht hatte, unsere Anträge als eine leere Demonstration hin- zustellen. Tie Auseinandersetzung hat also auch die Fortschrittliche Volksparteivo» der politischenNotwendigkeit unseres Antrags überzeugt. Für den Antrag des Grafen v. Westarp, der gar nichts früh genug ein n c u e S Z w a n g s g e s e tz gegen die streikenden Arbeiter und die Gewerkschaften bekommen kann, erklärten sich nur die Kon- s e r v a t i v e n; die Mehrheit gegen den Antrag ist daher noch großer als die im vorigen Jahre gegen den damaligen Antrag des Grafen ». Westarp, der noch die Zustimmung einiger anderer bürgerlicher Abge- ordneten gefunden hätte. Abge lehnt wurde ferner gegen die Stimmen der Konservativen und N a t i o n a l l i b e r a l e n der Antrag der Nalionalliberalen. der die von der Regierung vorbereitete D e n k s ch r i f t über de» nngeblichen Koalitionszwang der Arbeiter »baldigst" haben will und für deren Inhalt gute Lehren gibt. Angenommen wurden gegen die Stimmen der Kon- s e r v a t i v e n der Antrag des Abg. Bassermam», der eine Denkschrift über das Arbeits- und Rechtsverhältnis der Arbeiter in den Reichs» und Staatsbetrieben fordert, ferner der Antrag der Christlichen ", daß die Regierungsdenkfchrift über den KoalitionS- zwang der Arbeiter ausgedehnt werde auf den Koalitionszwang der Unternehmer, und schließlich der Antrag des Zentrums, die Entschließungen des Bundesrats, die nicht den Forderungen des Reichstags gerecht werden, an die LiidgetkoMniission zu verweisen. Dann erledigte der Reichstag den Rest der allgemeinen Fonds. Dabei wies Genosse Molken buhr nach, daß das ReichSamt des Jimeru sich bei der Begründung der ReichSversicherungSordnltng auf falsche Zahlen gestützt, und dadurch die Hinterbliebenen der Ver- sicherten schwer geschädigt habe. Der arme Regierungsvertreter, der unserem Genossen antworten mußte, kam über ollgemeine Redewendungen nicht hinaus. Genosse Rauch trat für eine höhere Unterstützung der Familien ein. deren Ernährer zu Friedens- Übungen einberufen sind. Genosse T h ö n e forderte, daß in zweckmäßigerer Weise die Aufwandsentschädigungen an solche Familien ausgezahlt werden, von denen Söhne durch Leistung ihrer Dienstp'licht' eins Gelamidiensizeit von wenigstens sechs Jahren zurückgelegt haben. Genosse Bender schloß sich dem Wunsche der Abgeordneten Dr. Dahle m und Bassermann an, daß endlich die Nacht- und Sonntagsruhe in der Binnenschiff- fahrt gesichert werde. Hierauf hatte Ministerialdirektor Caspar erklärt, daß die Erhebungen noch immer schweben. Daher ant- wortcte Gen. Bender dem Herrn, daß die Erhebungen bei gutem Willen auf allen Seiten. schon längst hätten abgeschlossen sein müssen. Schließlich trat der Reichstag in die Beratung des Haushalts- Plans der R e i ch S k o ui m i s s a r i a t e ein. Bei der Reichs- i ch u l I o m m i s s i o n entspann sich eine ausgedehnte Aussprache. Dies ist, wie unser Redner. Gen. Schulz, mit Recht hervorhob, ein großer Fortschritt gegen den Zustand vor 2 Jahren, als zuerst die Sozial- demokraten die Aufmerksamkeit deS Reichstags auf das lenkten, was «in selbständiges ReichSamt für das Schul- und BildungSwesen leisten sollte. In diesem Jahr lag außer dem sozialdemokratischen Antrag für die Umwandlung der ReichSschulkommission auch ein AiW trag der Färlschrittlichen Volkspartei vor, der zwar auch ein Reichs- schulamt fordert, ihm aber die wichtigsten'Aufgaben versagen will. Genosse Schulz wieS nach, daß dieser Antrag nur eine Halbheit auf dem Wege zu unserer Forderung ist. Tie Herren S i v l o v i ch und Dr. K e r s ch e n st e i n e r von der Fortschrittlichen Volkspartei und der Nationalliberale Dr. O r t m a n n ver- leidigien den fortschrittlichen Antrag. Abg. Dr. Marx dagegen bekämpfte beide Anträge, da das Zentrum leine schwarzen Schulpläne am besten unter den jetzigen Verhältnissen iördern kann. Der sozialdemokratische Antrag wurde gegen die Stimmen der Sozialdemokraten abgelehnt, dann aber, der fort- schrittliche Autrag von de» Sozialdemokraten, Fortschrittlern und Nationalliberalen angenommen. Zum Bundesamt für Heimatswesen hatten die Nationalliberalen den Ausbau dieses Amts zu einem ReichSamt für da« HeimatS- und Finanzwesen gefordert, da« als letzte Instanz die Rechtsstreitigkeften au» dem Wehrbeitragsgesetze und dem Besitz» stenergesetze entscheiden soll. Von den Antragstellern legte Abg. Schiffer dar, daß jene Rechtsstreitigkeiten häufig große Bedeutung haben. Abg. Dave bestätigte dies. Graf h. W e st a r p und Erz- berger bekämpften den Antrag, weil sie. wie unser Redner, Ge« nosse Dr. Frank, feststellte, befürchten, daß sich aus dem geforderten Reichsamt schließlich ein ReichSverwaltungSgericht herausbilden könne. Demgegenüber betonte Genosse Dr. Frank, daß diese Entwicke- lung notwendig sei. Der Antrag wurde dann auch von de» Sozial« demokraten. Fortschrittlern und Nationalliberalen angenommen. Sonnabend Fortsetzung�__ Um öas koalitionsrecht. ' In Fürstenwalde nahm eine von mehr als Perlonen besuchte, wegen Ueberiüllung abgesperrte Versamm- lung zum Koalitionsrecht Stellung. Nach einem Referat des Reichstagsabgeordneten Spiegel wurde einstimmig eine Reso- lution angenommen, die die Fortentwickelung und Sicherung des KoalitionsrechtS der Arbeiter fordert. Es wurde bs- schlössen, die Resolution den gesetzgebenden Körperschaften zu übermitteln. Ter Landarbeiterverband und das Koalttionsrecht. Vor einiger Zeit konnten wir berichten, wie die Caffeler Land- wirtschastSkammer zum frisch-fröhlichen Krieg gegen den Land- arbeiterverband mobil machte. Sie gab die Parole heran», die den Agrariern so verhaßte Arbeiterorganisation skrupellos mit allen Mitteln zu bekämpfen. Ein Äandrat und Kammerherr v. Ditfurth war mit der Hanptrufer im Streit.' Jener Gesetze sz Verächter sprach auch davon, daß untersucht werden müsse, pv hier cevntuell eine gcsetzeswidrige Koalition vorliege. Heute können wir mitteilen, daß dieses Vorgehen der Agrarier. die natürlich mit den haloamtlichen Institutionen, den LandwirtschastSkammern und den Landräten Arm in Arm gehen. auf eine Hetze des Bundes der Landwirte zurückzuführen ist. Ter Bund der Land- Wirte vertritt scheinbar mit allem Ernst den kuriosen Standpunkt, daß auf dem Lande keine Älassanintcresscn gibt. Unternehmer und Arbeiter seien eine harmonische Familie. Rur dieHetzer" wollten den Frieden'stören. Daher soll jede selbständige Arbeiter- organisation unterdrückt werden. Achch von christlichen Gewerk­schaften wollen die Agrarier nichts Hüffen. Um die ländliche Arbeiterfrage zu untersuchen, hat vor einigen Jahren der Bund der Landwirte seinen Syndikus Dr. König mil dem Studium der Landarberter- organisation en des In- und Auslands beauf- tragt. Dieser Syndikus hat alles Mögliche und Unmögliche in einem Gutachten von mehreren Foliofeiten zusammengetragen und diesen Bericht im Jahre 1311 dem sogenannten Direktorium des Bundes der Landwirte vorgelegt. Nach einer oberflächlichen Schil- derung der ausländischen Landarbeiterorganisationen wird ebenso oberflächlich die Tätigkeit der deutschen sozialdemokratischen Partei auf dem Lande geschildert, Tann kommt die Gründung des Land- arbeiterverbandes an die Reihe. Dabei wird natürlich einfach be- hauptet. daß der Verband eine Gründung der sozialdemokratischen Partei ist. Gelegentliche Aeutzerungeu sozialdemokratischer Führer werden angeführt, um den politischen Charakter deS Landarbeiter- Verbandes zu beweisen. Ten besten Beweis für die politische Tätigkeit des Land- arbeiterverbandes versucht jedoch der Herr Syndikus durch die Ber- oandszeitungTer Landarbeiter" zu erbringen. Diese veröfsent- liche politische Artikel. Alle Nummern der Zeitung muß der ge- wiffenhaste Gutachter durchgeschnüffelt haben nach denschreck- lichen Aeußerungen. die den Geist der Unbotmäßigkeit und des Aufruhrs auf das Land tragen", um sie im Bericht wörtlich an- zuführen. Sogar Gedichte, die veröffentlicht sind, mußten dem Dr. König dazu dienen, einen langen Bericht zusammenzubringen. Nachdem dies alles in behaglicher Breite ausgeführt ist, kommt der Mann zu folgendem Schluß: Nach alledem steht fest, daß der Land. arbeiterverband ein politischer Verein ist. nämlich ein Verein, der eine Einwirkung aus politische An- gelegenheiten bezweckt, wie der K 3 deS Rcichsvereinsgesetzes diesen Begriff bestimmt. Es muß also zunächst verlangt werden, daß die zustän- digc Polizeibehörde dem Vorstand E i n r e i ch u n g der Satzung und eines Verzeichnisses der Mitglie- der des Vorstandes aufgibt lK 3 des Vereinsgesetzes). Ferner aber ist es ohne weiteres klar, daß die Versamm- lung eines BereinS. dessen Organ in der geschilderten Weise arbeitet, aus die gleiche Tonart getrimmt find und sich nicht etwa auf die Besprechung gewerkschaftlicher Fragen beschränken. Die Versammlungen sind also zur Erörterung politischer An. gelegenheiten veranstaltet, es sind politische Ver- a m m l u n g e n s§ ö des VereinSgesetzes), und sie unterliegen er Anmeldepflicht und der polizeilichen Ueber- wachung. Nur ganz vereinzelt weiß derLandarbeiter' da- von zu berichten, daß Polizeibehörden, denen daS VereinSgesetz unbekannt gewesen, fich erdreistet hätten, die Anmeldung zu ver- langen und die Versammlungen überwachen zu laffen." Dieses Gutachten wurde natürlich vom Bund der Landwirte den Regierungen unterbreitet. E» ist bezeichnend, daß fast zu gleicher Zeit schle fische Gerichte mit genau derselben Begründung den Landarbeiter- verband für eine politische Organisation erklärt haben. Anscheinend hat der obengenannte Landrat v. Ditfurth im Regierungsbezirk Kassel diesen Wink des Bundes der Landwirte verstanden. Bei den engen familiären und sonstigen Beziehungen der Landräte und AmtSvorsteber zu den führenden Landbündlern in ihren Verwaltungsbezirken ist dies für Kenner der Verhältniffa nicht mehr verwunderlich. Im Verein mit den industriellen Schapftnachern, den Groß. industriellen und den Mittelständlern arbeiten also auch die Agrarier und Landräie auf die Untergrabung des KoalitionKrechtes der Arbeiter hin. Die Arbeiter haben sich durch die fortgesetzten kecken Frontangrisfe dieser vereinigten feindlichen Macht beim Kampf um das Koalitionsrecht viel zu sehr in die Defensive drängen lassen. Tie Offensive zu ergreifen, um für eine Ver- besserung und Erweiterung des geschändeten Äoalitionsrechts ein. zuschreiten, muß allgemeine Pflicht aller organisierten Arbeiler sein. politische Ueberficht. Krupp-Vcrteidiger und Kulturkampfpauker. Im preußischen Abgeordnetenhaus fängt man bereits wieder an, die klägliche Taktik des WortabschneidcnS gegen- über der Sozialdemokratie zu praktizieren. In der General- debatte über den Justizetat ließ man die Redner sämtlicher bürger- licher Parteien, der Konservativen, Freikonservatlven, des Zen- trum», der Nationalliberalen und der Fortschrittler. in zwei Serien zu Worte kommen. Dem zweiten sozialdemokratischen Redner hin- gegen schnitt man dqS Wort ad, obgleich sich sämtliche Redner der zweiten Garnitur in der Hauptsache gegen die Ausführungen un- fereS Genossen Liebknecht gewendet hatten. Um dem unfairen Akte ein Mäntelchen umzuhängen, hatte man noch einen dritten frcikonservativen und nationalliberalen Redner vor den zweiten sozialdemokratischen Radner geschoben, denen das Fallbeil gleich­falls das Wort abschnitt. Wenn man fortfahren sollte, die Rechte der Sozialdemokratie derart zu verkürzen, wird man sich auf den energischen Widerstand und die rücksichtsloseste Brandmarkung dieses Systems gefaßt machen müssen! Wie wir bereit» bemerkten, suchten sich sämtliche bürgerliche Redner am Freitag mehr oder minder geschickt mit den schweren Anklagen Liebknechts auSeincknderzusetzen. Herr Bell vom Zen- trum suchte die Zahlen über die konfessionelle Kriminalität anzu- fechten, um dann ein Langes und Breites über den reichlich breit- getretenen Fall Knfttel zu behandeln und sich schließlich über die prozessuale und publizistische Behandlung von Sensationsprozeffen i U Hedwig Müller zu verbreiten. Der Konservative Delbrück, OberlandeSgerichtsrat und Bruder deS Staatssekretärs Delbrück , bestritt natürlich hartnäckig die Existenz einer Klassenjustiz. Wi? wenig aber dieser Herr selbst aus feiner Haut heraus kann, bewies seine Erklärung, daß zwar im Prinzip der Eid der Konfessions- losen nicht geringer gewertei werden dürfe, als der positiv Glau- biger, daß indes das Mißtrauen gegen solche Leute, die durch einen Protest gegen die konfessionelle Eidesformel an Gerichtsstatt mit ibrer Ungläubigkett- förmlich renommierten, keineswegs unbegründet fei. Mit Nachdruck protestierte der Fortschrittler Cassel später gegen diese unbegreifliche Auffassung. Herr Delbrück meinte übri- genS auch, daß die Sozialdemokratie mit ihrer Kritik der Klaffen- justiz nur den Zweck verfolge, die Richter einzuschüchtern. Das werde ihr aber nicht gelingen. Denn wenn die Sozialdemokratie einmal das Heft der Rechtspflege in den Händen habe, wie werde f i e dann erst ihre politische» Gegner behandeln. Eine überaus böse Entgleisung hatte damit Herr Delbrück doch selbst bekap.u, daß auch er die Rechtsfragen letzten Endes als Machtsragen be- trachtete. Er wird es der Sozialdemokratie nicht verübeln können, wenn sie das Mißtrauen, das er selbst dem Proletariat entgegen- bringt, den.Repräsentanten der besitzenden Klaffe niit Zinsen zurückgiebt. Mit possierlicher Emphase legte sich der nationalliberale Natur- bursch Haar mann, ein abgetakelter Staatsanwalt, für die Firma Krupp ins Zeug. Liebknecht habe von allen Prozeßvetei- ligten bei den Krupp-Prozessen am schlechtesten abgeschnitten. Zum Beweise dafür berief er sich auf einen Unparteiischen, nämlich seinen Fraktionskollegen Schifter-Magdeburg l Dafür ging er auch nicht mit einem Worte aus die Krupp-Äffäre und ihre prozessualen Ergebniffe selbst ein. Der Redner schloß seine Ausführungen mit der ebenso neuen wie geistvollen Pointe:Ich komme nunwehr zu den Fragen, die ich nicht behandeln will, und mache daher Schluß." Auch der Freikonservative B r e d t konnte sich nickst enthalten, wenigstens im Borübergehen für den ehemaligen Krupp - Direktor Landrat a. D. Rötlger eine Lanze zu brechen. Er fei in dem Krupp-Prozeß vor der Moabiter Strafkammer wegen Ver­dachts der Mitschuld nicht vereidigt worden. Das möge vom Stand- punkt des Gerichts mit Recht geschehen sein. Jedoch habe in- zwischen die Berufungsverhandlung gegen die Zeugleutnants vor dem Oberkriegsgericht den Beweis der Unschuld des Ange- klagten Tilian ergeben, für dessen Tätigkeit Herr Nötiger ollein als Mitschuldiger in Frage kommen könne. Diese Behauptung ist total falsch! Erstens wurde Tilian nicht freigesprochen, weil er unschuldig sei, sondern weil man seine Verfehlungen als ver- jährt betrachtete, und zweitens nahm die Straffammer in Moabit hauptsächlich deshalb von der Vereidigung des Herrn Röft- ger Abstand, weil die Anstellung des Brandt hauptsächlich mit ihm durchgesprochen worden war und in dem an Landrat Nötiger ge- richteten Briefe unter anderem die Stelle vorkam,d i r e k te Ge­schenke mache Brandt nicht". Durch den Schlußantrag syrgtc daZ HauS dafür, daß auch diese völlig schiefe Darstellung gleich allen anderen Schiefheiten nicht sofort richtiggestellt werden konnte. Den Schluß der Debatte bildete eine Kulturkampfpaukerei, die in der mutwilligsten Weise von den Herren Bell und G r o- nowski heraufbeschworen wurde.'Genosse H a e ni s ch hatte ganz mit Recht der Schnellfeuerjustiz im Ruhrrevier die Zcmdck- taktik gegenübergestellt, die die Staatsanwaltschaft in einem Falle bekundete, wo nach den Behauptungen eines evangelischen Pfarrer? und eines Rektors ein Kaplan ein sechzehnjähriges, geistig defektes Mädchen protestantischer Eltern unter allerhand erschwerenden Umständen, wie der Entführung, der katholischen Kirche zuzuführen versucht habe. Statt die Richtigkeit dieser Darlegung anzufechten oder von dem Kaplan abzurücken, inszenierten die genannten ZentrnmSklopffechter eine Kulturkampf rauferei, mit der sie aller- Vings gründlich abblitzten, da die.Genossen Liebknecht und Adolf Hoffmann die- klägliche Demagogie der Herren dem Gelächter preisgaben. Am Sonnabend: Fortsetzung der zweiten Beratung des Justiz- etat?. Sie erinner« noch daran! Bekanntlich ist im vorigen Jahre unser verantwortlicher Redakteur, Genosse Wachs. zusechsWochen Gesang- n i ä verurteilt worden, weil er durcki den Artikel:Eine reaktionäre Affenkomödie" das vreußische A b geordnctenhaus beleidigt haben sollte. Im Urteil war dem Abgeordnetenhause auch die Publikationsbefugnis -ugssprochen worden. Die Geschäftsordnungskommission de- schaftigte sich am Freitag mit der Frage, ob das neugewählte Abgeordnetenhaus auf der Veröffenttichung des Urteils be- stehen soll, da es sich auf die Beleidigung des verflossenen Abgeordnetenhauses'bezieht. Natürlich beschloß die Kom- Mission, daß die Veröffentlichung des Urteils imVorwärts" zu erfolgen habe. Nur die. Vertreter der Polen und der Fort- schrittler stimmten dagegen. Der Fortschrittler erklärte, schon deswegen dagegen zu stimmen, weil seine Partei seinerzeit gegen die Einleitung des Strafverfahrens war. Wir hätten einen anderen Beschluß bedauert und er- warten vom Plenum, daß es dem Beschluß seiner Kommission beitreten wird. Wir werden mit Vergnügen jenes Urteil ab- drucken, das die Erinnerung daran weckt, wie die Erkorenen der Treiklassenichmach gegen die politische Kritik ihre Staats- anwälte und Gerichte in Bewegung setzen. Die Erinnerung komint besonders gelegen zu einer Zeit, wo die Preußen- b ü n d l e r sich nicht genug tun konnten in Beschimpfungen des Reichstags. Trotzdem hat man nichts davon gehört, daß ein Staatsanwalt etwa gegen den General v. W r och e m ein Verfahren eingeleitet hätte oder gar, daß der R e i ch s t a g ein solches angeregt hätte. Vielmehr ist es sicher, daß der Reichstag einem Strafantrag seine Zustimmung n i ck> t erteilen würde. Aber ein P r i v i I e g i e n Parlament braucht freilich den Schutz des Strafgesetzes. Denn nur so kann es sich vor �ivahrheitsgemäßer Charakteristik einigermaßen wahren. Daß es aber immer wieder daraus besteht, diese Tatsache aller Welt zu verkünden, zeigt allerdings, daß es weiß, daß es im Volke nichtsmehrzuverlieren hat. Drückeberger. Der Generolpardon bei Abgabe der Vermögenserklärungen zur Wehrsteuer veranlaßt einen Teil der steuerlicken Drückeberger zu Wahrheitsgemäßeren Angaben. Allenthalben ergeben sich daher für die Kommunen recht erhebliche Mehrbeträge an Steuern, die man bisher hintergangen hatte. So erfährt unser Parteiblatt in Hannover zuverlässig, daß in dieser Stadt bisher bereits 200 Millionen Mark mehr Vermögen eingeschätzt worden sind. Die abschließende Feststellung wird vermutlich noch mehr ergeben. Eine Herabsetzung der kommunalen Steuerlätze soll daher ins Auge ge- faßt werden. Auch in der Provinz Hannover hat die Wehrsteuer- erklärung nach Meldung des.Courier»" überraschende Ergebnisse gebracht._ Mir den Gemüsezoll. DaS königl. Üandesökonomie-Kollegium beschäftigte fich gestern mit dem Äemüsezoll und faßte nach längerer Erörte- rung einen Beschluß, in dem der Landwirtschaftsminifter in grundsätzlicher Uebereinstimmung mit den gärtnerischen Fach- verbänden aufgefordert wird, für einenausgleichenden" Zoll» schütz der gärtnerischen Produkte Sorge zu tragen.