Nr. 60.

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B

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Vorwärts

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Telegramm- Abreffe: ., Sozialdemokrat Berlin  ".

Zentralorgan der fozialdemokratischen Partei Deutschlands  .

Redaktion: S. 68, Lindenstraße 69. Fernsprecher: Amt Morikplay, Mr. 1983.

Montag, den 2. März 1914.

alles zusammen! Nach ihren fabelhaften Schilderungen müßte

Expedition: S. 68, Lindenftraße 69.

Wernfbrecher: Amt Morinvlak, Nr. 1984.

man meinen, daß jeder Arbeitswillige" von den Streikenden Noch ein Griff ins Wespennest. den Streit- malos beschimpit, mißhandelt und aufs Blut gequält werde.

Mordfreiheit für den Streik­brecherlieferanten.

"

Und wie sind die streikenden Arbeiter dem von auswärts und In den Nummern vom 5., 7., 19. und 24. Januar des durch jenen berufsmäßigen Lumpen importierten Streit Vorwärts" veröffentlichten wir zur Kennzeichnung der Zu­brecher begegnet? Der Streifpoften hat ihm zugerufen: stände im Berliner   Hauptquartier der konservativen Partei „ Herr Kollega  , kommen Sie doch mit uns!" Das war, nach allerlei nähere Mitteilungen aus dem Leben und Treiben des der eigenen Aussage des Streitbrechers, alles, war die ganze allgewaltigen konservativen Generalsekretärs und gestrengen Aus Wien   wird uns vom 27. Februar geschrieben: Der Haß gegen die Arbeiter hat keine Grenze und kennt Belästigung"! Und doch hatte der Streit schon wochenlang Oberregisseurs der ehrsamen Kreuzzeitung", des Herrn feine Grenzen: und so haben sich die nordböhmischen Ge- gedauert, und die Verbitterung der Arbeiter war natürlich Bruno Schroeter, feines lieben Busenfreundes, des Re­schworenen der Volksrichter", die so oft im Reiche den gewachsen. Nicht ein ungeschliffenes Wort ist dem Streit- dakteurs Ludwig Kühl, des ebenfalls als Generalsekretär Morden an streifenden Arbeitern Straflosigkeit zuerkannt brecher gesagt worden. Er hat auch nur, wie er selbst erklärt, der konservativen Partei fungierenden Herrn Richard haben, würdig gezeigt. Die Freisprechung des Lumpen Furcht vor dem geladenen Revolver des Keiling gehabt. Und Kunze und des früheren Geschäftsführers der Staats­Seiling ist ein Aft von Klassenjustia schlimmster Art. Denn auf der anderen Seite: die Unternehmer scheuen nicht, fich eines bürger- Zeitung", Herrn Joh. Herm. Wilfe. Alle vier haben uns darauf mit sogenannten„ Be­die Freisprechung vom Mord und die Zubilligung der Not- Menschen wie dieses Keilings, eines Kerls, den ein anständiger wehr gegen einen Angriff auf das Leben steht mit den Er- Mann nur mit der Feuerzange anrühren wird, zu bedienen, richtigungen" bedacht, in denen sie sich möglichst reinzu­gebnissen des Beweisverfahrens im schroffen und eben deshalb mit ihm feste Verträge zu schließen, ihn als ihr kostbares waschen suchten, tatsächlich aber nur durch die Art ihrer fich Werkzeug zu ehren! Auch daß der vielbewährte Buchthäusler mehrfach selbstvidersprechenden Ausreden die Richtigkeit im bewußten Gegensaz. sich rühmen konnte, im Dienste der Polizei zu stehen, legt den unserer Angaben bestätigten. Jest erhalten wir von einem Nach dem österreichischen Gesetz wird die Tat nicht bestraft, wenn sie in Ausübung gerechter Notwehr zusammenhang des Scharfmachertums mit dem Verbrechertum der von dem Generalsekretär Kunze Hereingelegten", dem so bloß, daß einem die Augen übergehen In dem Keiling früheren Mitbesitzer der Staatsbürger- Beitung", Herrn Hans erfolgte". Gerechte Notwehr ist aber nur dann anzunehmen, haben die zurückgebliebenen" Desterreicher ein Stick preußi- Sertwig, eine verspätete Buschrist, die einige weitere recht ,, wenn sich mit Grund schließen läßt, daß sich der Täter nur der nötigen Verteidigung bedient habe, einen rechtswidrigen scher Kultur, preußischer Autorität kennen gelernt, das sie nie niedliche Beiträge zur Charakteristik des konservativen Ge­Angriff auf Leben... von sich abzuwehren". Nun hat das mehr erblicken möchten. Die österreichische Sozialdemokratie neralstäblers Stunze liefert, und da wir nun einmal in unserer Beweisverfahren lückenlos ergeben, daß von einem Angriff wird dafür sorgen, daß dem Gesindel, das in Streifbruch unmoralischen Verstocktheit weder vor der reinen Tugend der überhaupt oder gar von einem Angriff auf Leben keine Rede macht der Zugang nach Desterreich fortan versperrt wird, Kapazitäten des fonservativen Hauptquartiers, noch des ehe­war. Dem Kerl ist überhaupt gar nichts geschehen; nicht ein- und daß die Keilings der Polizei in der Heimat ungekürzt maligen Hammersteinschen Leiborgans den geringsten Respekt mal, daß man ihn so genannt hätte, wie er nach seiner Ver- erhalten bleiben. Der Tod des braven Genossen wird wenig haben, wollen wir unseren Lesern diese Zuschrift nicht vor­gangenheit und Gegenwart zu bezeichnen wäre. Dieser Be- stens die Wirkung zeitigen, daß man mit dem Geschrei von enthalten. Sie lautet: dem Terrorismus der Streifenden niemanden mehr in Angst Unter der Ueberschrift.Noch ein Griff ins Wespennest" erschien weis ist, wie gesagt, lückenlos erbracht worden. Denn über den und Schrecken versetzen wird. Den Unternehmern, die den in Nr. 23 des„ Vorwärts" ein Auffah über Vorgänge, die die angeblichen Schuß zielt auf drei Schritte Entfernung auf Stopf und Hals, recht. Abschaum der Menschheit gegen ihre" Arbeiter mobilisieren, Staatsbürger- Zeitung" betreffen und von dem ich erst jetzt deren Einschüchterungsmittel nicht Worte, sondern Revolver- Renntnis erhalte. Da ich durch den Abdrud meiner für ganz sondern fertigen foll, ist von gar keinem Zeugen auch nicht die beschüsse scheidenste Angabe gemacht worden. Wohl aber bestätigen Schüsse sind, die haben das Recht verloren, Klage über Ter- andere Zwecke bestimmten eidesstattlichen Versicherung über die ganz unbefangene Zeugen, wie die Köchin, der Schankburich, rorismus zu führen. Als Gönner des Keiling stehen sie am Geldaffäre zwischen dem Generalfekretär Richard Kunze   und mir der Kellnerlehrling, daß die Streitenden den Sterl nicht be­Drängt haben, ihn weder angegriffen hatten, noch Miene machten, ihn anzugreifen. Wo der Angriff fehlt, kann es aber auch keine Notwehr geben.

Schließlich hat der Lump die Behauptung der Notwehr felbst fallen lassen und die Sache als einen ihm unerklärlichen Zufall hinstellen wollen. Deshalb hat sich ja der Staatsanwalt gegen die Eventualfrage auf Notwehr gewehrt und wegen der Zulassung die Nichtigkeitsbeschwerde angemeldet. Daß aber die Streikenden dem Menschen in die Küche nachgegangen

Schandpfahl.

" 1

Riesendemonstration

im Londoner   Hydepark.

London  , 1. März.( Privattelegramm des Vorwärts".) Heute nachmittag fand im Hydepark eine gewaltige De­sind, ist natürlich nicht unerklärlich. Ein Mensch, der ununter- monstration gegen die Gewalttaten der südafrikanischen Re­brochen mit dem Revolver herumfuchtelt und mit dem Schießen droht, zwingt ja die Leute geradezu, ihn zu„ ver- gierung statt. Es war die größte Demonstration, die die gegen folgen". Aber schon das, daß der Mörder die Schließung wärtige Generation der Londoner   Bevölkerung gesehen hat. Der Küchentür verhindert hat, wodurch er in volle Sicherheit Das Ende des Demonstrationszuges, der sich vom Embank­gebracht worden wäre, schließt Notwehr völlig aus. ment nach dem Hydepark bewegte, war noch nicht angekommen, Die Geschworenen wollten einfach den Schuft frei- als die Versammlungen im Park schon längst vorbei waren. sprechen: weil er eben Lieferant von Streitbrechern ist, und An der Spike des Zuges ritt ein Häuflein Hufschmiede. Die fie diese Schandtätigkeit von ihrem Klassenstandpunkt aus als Banner der Gewerkschaften zählten nach Hunderten, und gegen eine der bürgerlichen Welt ungemein nügliche Leistung er- 30 Musikkapellen marschierten im Zuge. Necht schmuck nahm achten. Das ist keine jener Freisprechungen aus Sen- sich ein Fähnlein Neiter aus. Es waren Automobilführer, die timentalität, aus dem Hang, möglichste Milde walten zu lassen, wie sie in Desterreich nicht selten sind: das ist ein beden Burenkrieg mitgemacht haben, und nun in der Uniform lassen, wie sie in Oesterreich   nicht selten sind: das ist ein be- ihrer Regimenter demonstrierten. Im Park selbst war es wußtes Klassenurteil. Sympathisch konnte selbst den Herren von Leitmeriß der Elende nicht sein, der die ganze unmöglich, an eine der neun Rednertribünen in Hörweite Laufbahn des Verbrechertums durchmessen hat, und dessen heranzukommen. Die Zahl der Teilnehmer zu schätzen, ist Leben voll der erbärmlichsten und gemeinsten Handlungen ist. schwer. Ein Polizeioffizier erklärte uns, daß im Zuge 70 000 Aber so wertvoll dünkt dem„ aufrechten Bürgertum" von heute bis 80 000 Personen marschierten und im. Part sicherlich die Organisierung des Streifbruchs, daß die Geschworenen mehrere Hunderttausend Demonstranten anwesend seien. über das Vorleben des Mörders hinwegsahen und nicht Die von den Versammelten einstimmig angenommene schwankten, für den feigen Mord die Entschuldigung beizu- Resolution verurteilt das Vorgehen der südafrikanischen Re­stellen. In Desterreich ist ein derart offener, alle Ver­hüllungen aufgebender Art der Klassenjuftig noch nicht erlebt gierung und heißt die Deportierten in England willkommen. Sie verlangt deren Zurückschickung und fordert die Regierung auf, der südafrikanischen demnitätsbill ihre Zustimmung zu verweigern.

worden.

Eine gewisse Erleichterung kann man vielleicht darin finden, daß wenigstens die staatliche Justiz ihrer Pflicht ein­gedent blieb. Man kann nicht fagen, daß der Staatsanwalt die Verfolgung nur zum Scheine, nur um der Form zu ge­nügen, erhoben hätte; er hat in der Anklageschrift das Rügen­gewebe des Lumpen in Feßen zerrissen, die Fabeln von den terroristischen Angriffen der Streifenden in nichts aufgelöst und hat in der Verhandlung die Anklage mit Nachdruck vertreten. Auch dem Gerichtshofe kann nicht nachgesagt werden, daß er etwa auf die Freisprechung hingewirkt hätte. Daß er die Frage auf Notwehr zuiieß, war vielleicht Vorsicht, weil der Kerl sonst am Ende ganz frei gekommen wäre. Wir glauben auch nicht, daß ein so bösartiger Geschworenenspruch innerhalb Desterreichs an anderen Orten als gerade in Deutschböhmen möglich wäre; so schamlos lassen auch bürger­liche Geschworene ihren bürgerlichen Klasseninstinkten sonst nicht freien Lauf. In Deutschböhmen allerdings wird das brutale Klassenempfinden des Unternehmertums noch durch den blindwütigen Haß der Deutschnationalen gegen die Sozial­demokraten verschärft. Hier versagt jeder Appell an Gerechtig­teit. In Deutschböhmen ist die Luft von Miasmen erfüllt.

Im übrigen ist freilich diese Mordtat und war diese Ge­richtsverhandlung eine regelrechte Brandmarkung des Scharf­machertums und seiner erbärmlichen Schildknappen. Was schwagen und liigen sie über den„ Terrorismus der Arbeiter"

in die Presseerörterungen mit hineingezogen worden bin, bitte ich, nun auch mir vor der Oeffentlichkeit Gelegenheit zu geben, grobe Unrichtigkeiten der Kunzeichen Inspiration ins rechte Licht zu rücken und meinen bereits vor Gericht vertretenen Standpunkt dar­legen zu können.

Ich vertrete demgemäß nach wie vor folgendes:

Kunze hat sich von dem mir zurückzuzahlenden Darlehen von 3500 M. die Hälfte abgezogen, und zwar als Lohn für diese Rückzahlung, nicht als Provision für die Beschaffung von 50 000 m. Betriebskapital. Auch stimmt es, daß er, seinem start ausgeprägten Erwerbssinne folgend, eigentlich auf mehr bedacht war und mich veranlassen wollte, 5000 M. Darlehen in Anrechnung zu bringen, von denen er dann wohl auch die Hälfte beansprucht

batte.

hätte. Dadurch widerspricht sich auch meines Erachtens die ungesche Behauptung, die 1750 m. seien die Provision für die beschafften 50 000 m. gewefen; denn Provisionen pflegen sich nach in Zahlen abwälzbaren Leistungen zu richten, nicht nach einem dehnbaren Gewissen, wie Kunze es in diesem Falle bei mir voraus­

jetzte.

Wahr ist ferner auch, daß, wie Sie schreiben, Hertwig und führerposten niederzulegen, weil seine Vergangenheit es

Wilte dem Kunze erklärt haben, sie ersuchten ihn, seinen Geschäfts= ihnen unmöglich mache, mit ihm zusammenzuarbeiten". Um diese Beit war neben allem anderen auch der Schatten eines Schöneberger Buch bruders" aufgetaucht, dessen Schicjal uns in hellfte Empörung versezte. Dies alles geschah, nachdem der von der Redaktion mit Kunze geführte Kampf, der bis dahin mehr im paffiven Widerstande bestanden hatte, zu voller Lohe ausgebrochen war. Die Ursachen waren folgende: Kunze, der in Schöneberg   bereits bis zum Eingreifen anderer Personen nahe daran gewesen war, ein Zeitungsunternehmen zu­grunde au richten, wollte in der Staatsbürger- Zeitung", nachdem er dort Fuß gefaßt hatte, alle Macht an sich reißen. Die psycho­logisch leicht erklärliche Eucht, mit fremden Gelde den Dittator zu spielen, wäre ja schließlich noch erträglich ge­wesen, wenn hinter dem Willen wenigstens Erfahrung, Umsicht und Uneigennüßigkeit gestanden hätten. Kunzes Maßnahmen jedoch waren dilettantisch und schwankend. Einesteils mußte an „ Diese Versammlung, die die Gewerkschaften, die Arbeiter- der unrechten Stelle gespart werden, während andererseits das und die sozialistische Bewegung sowie viele britische   Bürger ver- Geld, z. B. durch planlose und unzeitgemäße Propaganda, zum tritt, heißt die aus Südafrika   deportierten Gewerkschafter herz- Fenster hinausgeworfen wurde. Anständig besoldete Redakteure lich willkommen und begrüßt sie. Sie erhebt energischen Protest waren nicht nach seinem Gefchmad; er brauchte, wie er sich aus­gegen den Versuch der südafrikanischen Regierung, die Gewerk- drückte, Beute, benen das Wasser bis zum Halse schaften zu unterdrücken, wie deutlich hervorgeht aus der unber- fte ht", weil die seiner Meinung nach die Hungerpeitsche besser antwortlichen Proklamierung des Kriegsrechts zum Zwecke der fühlten. Er drückte die Zeilenhonorare der ohnedies schon beschei­Bermalmung eines vollständig verfassungsmäßigen Streite, aus denen Mitarbeiter aufs Minimum herab. Die Theaterbilletts zu der Verhaftung von Gewerkschaftern ohne Befehl, aus ihrer Ein­sperrung, ohne daß sie sich eines Verbrechens oder einer Gefeßs­übertretung schuldig gemacht hätten, aus ihrer Deportation ohne Verhör, der das ungesetzliche Edikt der dauernden Verbannung folgte.

Die Resolution hat folgenden Wortlaut:

den Premieren galten nicht der Abfassung fachgemäßer Kritiken, sondern Herrn Kunzes Amüsement, erhöht durch interessante Ab­wechselung in der weiblichen Begleitung ins Theater. Mit den Passepartouts, die Kunze an seinen Anhang weitergab und deren rücksichtslos verspätetes Zurüdfommen unsere Belegerlisten über Da sie diese Vorgänge als ein Attentat auf die Freiheit der ben Haufen warf, renommierten, wie uns berichtet wurde, ganz Arbeiterklasse und auf die bürgerlichen und verfassungsmäßigen fernabstehende Elemente. Kunze beanspruchte ferner sämtliche Freiheiten betrachtet, verpflichtet sich diese Versammlung, den Büchereingänge zur Besprechung", mit dem Ergebnis, daß deportierten Führern und der Arbeiterbewegung in Südafrika   sie sich auftürmten. Dann wiederum ging Kunze auf Agitations­mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln beizustehen, damit die Verbannten frei zurückkehren können, um weiterhin für die or­ganisterte Arbeiterbewegung zu wirken, und damit eine ähnliche Tyrannei in Zukunft unmöglich gemacht werde."

reisen, ohne Gelder für die notwendige Begleichung der Druck­rechnungen anzuweisen, so daß wir mit der Druckerei viele Unzu­träglichkeiten hatten, weil man die Schuld bei uns vermutete. Kamen dann noch die Ansprüche hinzu, redaktionell den Zensor