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Dr. 75. 31. ZehrMg. 3. Sfilaot des Jontiärts" Sttlinet Wldsblalt. Jifnstuj, 17. Mir, 1911 /Zbgeorönetenhaus. 60. Sitzung. Montag, den 16. März 1914. vormittags 11 Uhr. Llm Ministertisch: Breitenbach. Lentze. Der Eisenbahnetat. Allgemeine Besprechung über die Einnahmen und den Ausgleichsfonds. Abg. Graf v. d. Groeben(k.) erklärt sich dafür, das vor fünf Jahren gesiblosiene Abkommen über die Errichtung und Stärkung des AusgleichsfondS um zwei Jahre zu verlängern und lehnt den Zentrumsantrag, der nur die ein» jährige Verlängerung will, ab. Eine allgemeine Ermähigung der Gütertarife wünschen wir nicht, denn das würde zu viel kosten. Die Ver» einheillichung der deutschen   Eisenbahnen darf nicht zu einer Ab- hängigkeit der preußischen Verwaltung von irgend welcher anderen führen, sonst aber wünschen wir weitestes Entgegenkommen. Bei dem ungeheueren Personal unserer Eisenbahnen ist straffe Disziplin aber auch Wohlwollen nötig, lieber die Petitionen zur E r w e i t e- rung der Vororttarife müssen wir zur Tagesordnung übergehen, denn in Berlin   müssen für den Vorortverkehr große Zu- schüsse geleistet werden.(Beifall rechts.) Minister v. Breitenbach: Der Etat ist nicht zu vorsichtig aufgestellt, der Personenverkehr hat um Afil Proz. zugenommen, der Güterverkehr aber nur um 1,71 Proz. Es ist nicht zu vermuten, daß die veranschlagten Ein- nahmen 1914 auch erreicht werden. Wir haben im Bedarfsfall Ausnahmetarife eingeführt, aber eine allgemeine Aenderung des Tarifsystems ist ausgeschlossen. Ueber die Frage der ein- oder zweijährigen Verlängerung des AusgleichSfondSabkommenS wird sich in erster Linie der Finanzminister äußern. Abg. Cchmedding(Z.) begründet den Antrag, das Abkommen nur auf ein Jahr zu ver- längern, da man besonders bei schlechter Konjunktur die zukünftige Entwi-kelung nicht voraussehen könne. Erfreulich ist, daß trotz der Verschlechterung der. wirtschaftlichen Lage kein« Arbeiter- entlassungen erfolgt sind. Der Personenverkehr muß ver- bessert und Schlafwagen 3. Klasse müssen eingeführt werden. Die Verspätungen der belgischen Eisenbahnen stören den Verkehr, man niüßte eventuell von Herbesthal Vorzüge ablassen.  (Beifall im Zentrum.) Finanzminister Dr. Lentze verbreitet sich über die Beziehungen zwischen Eisenbahnübcrschüssen und Staatsfinanzen. Wir müssen damit rechnen, daß der sehr notwendige Ausgleichsfonds in Zukunft nicht mehr mit so starken Summen gespeist wird wie bisher. Zu Tarifherabsetzungen kann der Ausglcichsfonds nicht verwendet werden, denn er muß für schlechte Zeiten bleiben. Die Steuerzuschläge kann ich nicht ent- hehren, sie bringen 70 Millionen. Der Ausgleichsfonds muß auch deshalb erhalten bleiben, weil es unmöglich ist, noch höhere Eisen- bahnausgaben auf Anleihe zu übernehmen. Abg. Macco(natl.) wünscht, daß da? Abkommen vorläufig auf zwei Jahre weiter ver- längert werde. Ter AusgleichsfondS muß stets genügend dotiert werden. Minister v. Brciteubach: Aus der EntWickelung unseres Wirtschaftslebens hat sich ergeben, daß wir mit unserer Tarifpolitik in der Hauptsache auf dem richtigen Wege sind. Zum ersten Male hatten wir im Jahre ISIS ein Ueberwiegen des Exports gegenüber dem Import konstatieren können. Tie außerordentlicye Vermehrung des Verkehrs hat leider im Jahre 1912 zu einer Erhöhung der Unfallziffer geführt. Im allgemeinen aber ist unsere Unfallziffer niedriger als diejenige aller übrigen Staaten und eine allgemeine Verschlechterung unserer Unfallzisfer wird hoffentlich nicht eintreten. Es wird alles getan werden, um die Ursachen von Unfällen zu beseitigen. Abg. Graf M-Itke(fk.): Wir sind mit der Verlängerung dcZ Abkommens betreffend den Ausgleichsfonds auf zwei Jahre einverstanden. Ter Aus- gleichsfonds ist geeignet, die Schwankungen der Konjunktur aus- zuglcichen. Eine Ermäßigung der Tarife darf nur mit großer Vorsicht vorgeiwmmen werden. Vergleichen wir den Ausbau des französischen   Eisenbahnnetzes mit dem des deutschen   seit 1876, so können wir mit Befriedigung eine stärkere Entwickclung in unseren: Baterlande feststellen. Auf eine Anfrage des Präsidenten Grafen Schwerin- Läwitz beschließt das Haus, einem Antrage des Abg. v. H e y d e- brand(k.) folgend, die Verhandlung über das gewöhnliche Maß hinaus zu verlängern und die erste Reihe der Fraktionsredner zu Ende anzuhören. Abg. Dr. Pachnicke(Vp.): Wir erkennen die Tüchtigkeit unserer Beamten an und hoffen ihnen bei der Besoldungsvorlage unseren Dank abzutragen. Unsere Eisenbahnen sind vorzüglich verwaltet. Wir sind nicht für eine Ver- längerung des Abkommens von 1969 betreffend den Ausgleichs- fonds, sondern für eine Veränderung dieses Abkommens. Da uns bei der Besoldungsvorlage neue große Ausgaben bevor- stehen, müssen wir die Eisenbahnfinanzen neu regeln und sie von den Staatsfinanzen trennen. Der Redner wünscht die Einführung von Schlafwagen 8. Klasse und von Tagesschlafwagen und bedauert das Scheitern der Reform der Fahrkartensteuer. Die weiblichen Beamten an den Schaltern der Berliner   Bahnhöfe lassen es an liebenswürdiger Behandlung des Publikums sehr fehlen. Weiterhin wünscht der Redner eine Ermäßigung der Tarife und die Ausdehnung der Gültigkeit der Fahrkarten für die Landtags- abgeordneten auf die Legislaturperiode und den ganzen preußischen Staat.(Beifall bei der Volkspartei.) Abg. Ströbel(Soz.): Zunächst muß ich darauf hinweisen, daß die Verlängerung der heutigen Sitzung, wie sie vorhin von der rechten Mehrheit des Hauses beschlossen wurde, eine Rücksichtslosigkeit gegen- über den Parlamentariern und den Regierungsvertretern bedeutet, weil die Regierung den Beginn der Sitzung des Landtags zu spät angesetzt hat, so müssen wir jetzt solche langen und ermüdenden Sitzungen haben. Sie beklagen sich immer, daß von sozialdemo- kratischer Seite zu lange Reden gehalten werden und gelegentlich der Rede meines Freundes Adolf Hoffmann   haben Sie die Legende verbreitet, daß die Herren Stenographen durch diese Rede in ungebührlicher Weise in Anspruch genommen worden seien. Heute, wo das gleiche geschieht, beklagen Sie sich nicht. Außerdem mache ich darauf aufmerksam, daß die Abgeordneten Macco und Moltke   in ihren 1>i stündigen Reden einen ausgiebigen Gebrauch von der Redefreiheit gemacht haben. Also sind die Klagen über die langen sozialdemokratischen Reden unaufrichtig. Jetzt scheint das Haus sich selbst dafür züchtigen zu wollen, daß der Etat so spät eingebracht worden ist. Tie technische Verwaltung unseres Eisenbahnwesens wird auch von uns Sozialdemokraten dankbar anerkannt und wir wünschen, daß dieser Dank beim Besoldungsgesetz seinen tatkräftigen Aus- druck findet. ES wäre freilich besser gewesen, wenn man bereit» vor fünf Jahren die Gehälter der Unterbeamten erhöht hätte, eine Forderung, die schon damals von einigen Parteien gestellt, dann aber wieder fallen gelassen wurde. Unser Dank für die Leistungen der Eisenbahnbeamten darf nicht nur in Worten, son- dern er muh auch in Taten seinen Ausdruck finden. Die Dar- stellungen über die Eisenbahnverwaltungen, die wir heute einerseits vom Finanz- und Eisenbahnminister, andererseits vom Abg. Dr. Pachnicke gehört haben, zeigten wesentliche Unterschiede. Auf der einen Seite Pessimismus, auf der anderen Optimismus. Ich meinerseits schließe mich den O p t i m i st e n an. Trotz der Krise sind die Ergebnisse der Eisenbahnverwaltung zufriedenstellend. Ter Ausgleichsfonds, der dazu bestimmt ist, alle Schwankungen der Konjunktur auszugleichen und eine Stetigkeit in den Finanzen herbeizuführen, wird im Jahre 1914 über 466 Millionen Mark be- tragen. Schon jetzt hat er eine Höhe von 366 Millionen erreicht. Wenn man sich das vergegenwärtigt, so kann man geradezu von einem glänzenden Stande der Eisenbahnfinanzen sprechen. Wer hätte vor 5 Jahren daran denken können, daß der- artige Summen dem Ausgleichsfonds zufließen würden? Der Redner zeigt dann im einzelnen, daß das Anlagekapital sogar in den gegenwärtigen Krisenjahren eine hohe Verzinsung gebracht hat. An diesem glänzenden Geschäft unserer Eisenbahnverwaltung möchte nun die besitzende Klaffe partizipieren und die Forderungen, die der Abg. Dr. Pachnicke, heute nicht zum erstenmal, vor- brachte, zeigen, in welcher Weise sie sich diese Teilnahme an den Geschäften der Eisenbahnverwaltung denkt. Die Steuerlasten sollen herabgesetzt werden. Und dazu soll der Ausgleichsfonds und das Extraordinarium vermindert werden. Die Kapitalisten er- wärmen sich nur dann für die Eisenbahnanleihen, wenn ein hoher Zinsfuß gezahlt wird. Das ist die Ursache des Erfolges der letzten Staatsanleihen gegenüber den vorigen. Man bot mehr und deswegen wurde diese Anleihe überzeichnet. Aber während so das Interesse der Kapitalisten gefördert wurde, hat der Staat dadurch nicht unerhebliche Opfer zu tragen gehabt. Ja, wenn immer solche Bedingungen gewährt würden, da würden die Herren Kapitalisten zugreifen! Die Aufhebung der Steuerzuschläge, wie sie heute der Abg. Dr. Pachnicke gefordert hat, bedeutet nicht? anderes, als ein Geschenk, das sich die Kapitalistenklasse selber macht. Wtr sind durchaus für Steuererleichterung, und wenn die Steuerpflicht für Einkommen von 3666 bis 6666 M. aufgehoben werden sollte, sind wir auch dafür zu haben, sogar bis zu 15 666 M. Aber Sie denken nicht daran, die Eisenbahnüberschüsse dazu zu verwenden und den nichtbesitzenden Klassen Steuererleichte- rungen zu gewähren. Der Herr Finanzminister hat in der Kom- Mission erklärt, daß man die Finanzlage nicht allzu günstig an- sehen dürfe, daß durch die Deklaration bei der Wehrsteuer wohl nicht außerordentlich höhere Vermögen ans Tageslicht kommen würden. Aber der Herr Finanzminister unterschätzt doch-die Sum­men, die bisher durch die Wehrsteuerdeklaration ans Tageslicht gekommen sind; denn höchstwahrscheinlich werden 166 Millionen Mark mehr versteuert werden. Der Herr Finanzminister hat auch darauf hingewiesen, daß im Jahre löl3 567 Millionen Mark Anleihe für die Eisenbahn notwendig waren, und daß 1914 die Anleihe ungefähr 566 Millionen Mark betragen dürfte. Ich halte aber trotzdem an meiner Auffassung fest, daß die preußischen Eisen- bahnfinanzen günstig sind, und daß man, selbst wenn die Krise länger andauert, allen Anforderungen, die durch den Ausbau der Verkehrsstrecken erforderlich sind, nachkommen kann und den Wün» schen des Personals ebenfalls. Ich bin auch der Meinung, daß den Arbeitern durchaus anständige Löhne gezahlt werden kön- nen.(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Sollte der Aus- gleichsfonds die Höhe von einer halben Milliarde Mark erreicht haben, so kann auch an die Schaffung eines Witwenfonds herangetreten werden. Man hat auch darauf hingewiesen, daß der Betriebskoeffizient' gestiegen ist, aber das ist doch auch nichts Neues, und es ist nicht richtig, wenn man dieser Steigerung halber versucht, an Personal zu sparen. Das Personal wird durch den Wagcnmangel außerordentlich überanstrengt, und es sollte ein nobile olkicium der Eisenbahnverwaltung sein, Beamten, und Ar- beiter reichlich anzustellen und die Zahl nicht zu vermindern. Preußen arbeitet vergleichsweise mit den niedrigsten Ausgaben für Personal. Im Jahre 1916 kamen z. B. auf 166 666 Bahnachsen- kilometer in Preußen 3385 M., in Baden 4387 M., in Sachsen 5587 Mark an Ausgaben für das Personal. Deshalb wäre es doppelt beklagenswert, wenn durch den Erlaß des Ministers etwa A r- beiterentlassungen vorgenommen würden. Der Herr Mi- nister hat allerdings erklärt, es hätten nur Zurückversetzungen von Hilfsarbeitern stattgefunden, aber keinerlei Entlassungen von Ar- beitskräften. Von anderer Seite wird jedoch das Gegenteil be- hauptet. Tatsächlich sollen Arbeiterentlassungen vorgekommen sein. Jedenfalls ist es besser, wenn wir etwaS mehr Arbeitspersonal haben, damit eS auch gesundheitlich geschont und nicht über anstrengt wird. Es ist hier betont worden, daß eine allgemeine Herabsetzung der Tarife nicht in Aussicht stehe, daß aber den Wünschen in bezug auf Ausnahmetarifcn entgegengekommen würde. Der Abg. Ma c c o hat gesagt, daS Entgegenkommen sei zu gering gewesen. Wir sind auch der Meinung, daß. wo ein wirtschaftliches Bedürfnis vorhanden ist, Tarifermäßigungen eintreten sollen, aber es will mir scheinen, als ob die Klagen des Herrn Macco unbegründet sind. Es sind nämlich den Gruben- Herren im lliuhrrebier AuSnahmetarife gewährt worden, z. B. auch für die Ausfuhr von Kohlen nach dem A u s l a n d e, trotzdem dieS sicherlich nicht im Interesse des Staates liegt. Noch im Jahre 1968 haben sich die Vertreter aller Parteien natürlich nicht die nationalliberalen Abgeordneten gegen eine solche Mahnahme erklärt. Ter Abg. Schmeddig war auch dabei, auch die Vertreter der Konservativen. Damals standen allerdings die Eisenbahnfinanzen außerordentlich schlecht, aber inzwischen haben sich die Einnahmen gehoben, so daß eS diesen Parteien wohl nicht so sehr auf d:e Gewährung ankommt, und vielleicht stehen das Jen- trum und die Konservativen auf dem Standpunkt, daß man den Grubenherren freundlicher entgegenkommen mühte. Vielleicht, um die Nationalliberalen für den Zolltarif zu gewinnen. Es ist möglich, daß in diesem Falle hier eine Art LiebcSgabenpolitik vorliegt. Aber weshalb hat man nicht auch die Herabsetzung der Personentarife inS Auge gefaßt? Der Abg. Macco hat zwar gesagt, daß auf diesem Gebiete die Eisenbahnverwaltung etwas Glänzendes geleistet habe. Wenn aber für Kohlen, Erze usw. Er- Mäßigungen verlangt werden, bin ich der Meinung, daß man solche Ermäßigungen auch den Passagieren zukommen lassen sollte. Aller- dings, wenn man den Nichtbesitzenden Ermäßigungen gewähren will, muß man auf der anderen Seite sparen, und dazu ist es notwendig, daß die 1. Klasse fällt. Die Zahl der Passagiere, die die 1. Klasse benutzen, ist 1/m der gesamten Passagierzahl. Von allen Eisen- bahnpraktikern ist nachgewiesen worden, daß bei der 1. Klasse d i e Betriebskosten nicht die Einnahmekosten decken. (Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Dazu kommt, daß fast 46 Proz. der Passagiere der 1. Klasse Ausländer sind. Es wäre uns interessant, wenn die Regierung nachweisen würde, wie hoch die Beförderungskosten der Passagiere der 1., der 2. und der 8. Klasse sind. Bis zetzt fehlen derartige Angaben, wie denn über- Haupt die Eisenbahnpolitik sich wenig von sozialen Prinzipien leiten läßt. ES sollten überhaut nur zwei Wagenklasjen existieren, wie bei den Berliner   städtischen Bahnen. Man sollte dafür sorgen, daß die Wagen 4. Klasse auch an Eilzüge n angehängt werden. Man hat kürzlich gesagt, al» man sich über daS zu schnelle Tempo der Automobile aufhielt» eS müßte ein schnelles Tempo an- geschlagen werden, denn Zeit sei Geld. Aber gerade für daS Prole­tariat heißt es: Zeit ist Geld!(Sehr richtig! bei den Sozialdemo- krateu.) Der Eisenbahnminister hat die Auffassung vertreten, die Einlegung von Wagen 4. Klasse in Eilzüge sei ganz unmöglich, denn die Relsendcn 4. Klasse legten ja-nur kleine Strecken zurück. Das ist ein merkwürdiger Standpunkt. Der Minister hat nämlich selbst erklärt, daß von den Reisenden der 3. Klasse durchschnittlich 36 Kilometer zurückgelegt werden, bei der 4. Klasse fast dieselbe Ziffer. Die finanzielle Moglicbkcit, die der Ausgleichsfonds gewährt, sollte man für Verkehrserleichternngen im Interesse der großen Massen benutzen. Gegen die Schlafwagen 3. Klasse haben wir natürlich auch nichts. Wenn die Berliner Stadtbahn elektrisch wird, sollte der 16-Pf.-Tarif beibehalten werden. Das beste wäre» es käme zu einer Verwaltung der Eisenbahnen durch das Reich. Davon will man natürlich im Drciklassenhause nichts wissen. Da- bei war selbst Bismarck   für eine Verwaltung durch das Reich. Aber das Junkerparlament will sich seinen Einfluß auf die Tarif-« gestaltung nicht nehmen lassen.(Sehr wahr! bei den Sozialdemo- traten.) Herr Macco meinte, die Interessen der Industrie würden vom Reichstag dann nicht genügend gewahrt werden. Seine Freunde im Reichstag stehen bekanntlich auf einem anderen Standpunkt. Weiter fürchtet man, daß eine Reichseisen- bahnver waltung nicht den scharfmacherischen Standpunkt einnehmen könnte, wie die preußische Verwaltung.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Wenn Sie die Uebernahme der Eisenbahn durch das Reich nicht wollen, dann sorgen Sie aber wenigstens dafür, daß unsere Eisenbahnen keine Karikatur auf ein wirklich modernes� Verkehrsunters nehmen werden.(Lebhafter Beifall bei den Sozialdemokraten.) Die Weiterberatung wird vertagt auf Dienstag 11 Uhr. Schluß 6?L Uhr._ Wirtschaftlicher Wochenbericht. Deutsch  -ausländische Wirtschaftsvereine und deutscher Außenhandel. Die Häufung von Gründimgen deutscher Vereine zur Pflege ausländischer Handelsbeziehungen in den letzten Wochen verliert ihre Auffälligkeit angesichts der EntWickelung des deutschen   Außenhandels und der bevorstehenden Erneuerung der Handelsverträge. Aus- und Einsuhr haben in den letzten Jahren eine fo rasche Ausdehnung ge« Wonnen, daß die Bestrebungen verständlich werden, diese Be» mühungen einzelner Industrieller und Exporteure zu organisieren und zu zentralisieren. Neben der Vereinigung von Handel und Industrie zu Vereinen, die der Förderung der wirtschaftlichen Be« ziehungen zu einem bestimmten Lande dienen sollen, mußte gegen» wärtig noch der Wunsch hinzukommen, diese einzelnen Vereine zusammen« zuschließen, um gemeinsam auf die Gestaltung der Handelsverträge und der Zolltarife für das gesamte Ausland einzuwirken. So ist vor kurzem zu dem deutsch  -französischen, deutsch  -österreichischen, deutsch  -russischen u. a. Verbänden derDeutsch-Amerikanische Wirt« schaftsverband', eine Deutsche   Handelskammer in Genua  , daS »Deutsche China-Institut" und dieDeutsch-Türkische Vereinigung" getreten. Die Mehrzahl der schon bestehenden oder neu gegründeten Vereine hat sich dann wieder dem ebenfalls neu ins Leben gerufenen »Verband deutfch-ausländifcher Wirtschaftsvereine" angeschlossen und daneben wurde noch zur wissenschaftlichen Förderung deS deutschen  Welthandels dieDeutsche Weltwirtschaftliche Gesellschaft" gegründet. Wäre nicht, offenbar an dem Widerspruch auS den Kreisen der Fertigsabrikat- Industrie, der Plan einer Deutschen Gesellschaft' für Wellhandel gescheitert, so hätte die unter diesem Namen be» absichtigte Verbindung des»Zentralverbandes Deutscher Industrieller" und der»Bund Deutscher Industrieller" die dritte zentrale Neu» gründuiifp dargestellt. Die Gesellschaft für Welthandel sollte nach Absicht der Gründer dazu dienen, ein wirtschaftliches und inner» politisches Zusammengehen von Schwer- und BerfeinerungSindustri« in die Wege zu leiten. Wenn diese Gründung zurzeit auch nicht zustande gekommen ist, so beweisen die Bestrebungen doch, daß alle deutschen   Industrien sich in dem Wunsche nähern, durch Hochhaltung der Preise aus dem inneren Markt den Weltmarkt zu erobern. Nicht mehr der»Schutz der nationalen Arbeil" steht im Mittelpunkt der bürgerlichen Volkswirtschaftslehre, sondern die neue Weltwirtschafts» lehre, die angeblich rein wissen ichafttich die imperialistischen Neigungen unseres Bürgertums zu begründen und zu verleidigen hat. Gerade das vergangene Jahr 1913 hat einen ganz gewaltigen Aufschwung deS deutschen   Außenhandels gebracht. So stieg der Menge nach(gegen 1912) die Einfuhr von 711,6 aus 728,2 Millionen Doppelzentner, die Ausfuhr von 656,6 auf 737,5 Millionen Doppelzentner. Besonders die AuSfuhrsteigcrung um 81,6 Millionen ist be­merkenswert. Sie zeigt, wie sehr in einem Jahre die Interessen der demschen Industrie an dem Auslandsabsatz gewachsen sind. Ein ähnliches Bild gibt auch die Handclsstatistik nach Werten, ob» gleich hier die Zahle» weniger genau sind, da für die Statistik die Wertsestsitzung nach aufgestellten Schemata für Warengruppen er« folgt, die oft mit der tatsächlichen Preisbewegung nicht in Einklang stehen. Dem Werte nach wuchs die Einfuhr von 11617 auf 11127 Millionen Mark, die Ausfuhr von 9166 auf 16182 Millionen Mark. Um mehr als eine Milliarde ist also innerhalb eines JahreS die Ausfuhr Deulschlands gestiegen auch das wieder ein Beweis für die Stärkung deutscher Interessen im Auslände. Von besonderem Werte ist natürlich die Beantwortung der Frage, auf welche einzelnen Gebiete sich die Handelsbeziehungen verteilen. Für da? Jahr 1913 liegen hier die amtlichen Zahlen überhaupt nicht,' für das Jahr 1912 noch nicht vollständig zusammengestellt vor. Wir folgen daher einer Aufstellung deS Geschäftsführers im HandelsvertragS-Verein für den Jahresdurchschnitt 1909 bis 1911. Danach steht unter den Einfuhrländern an der Spitze Rußland  (mit 1461 Millionen Mark oder 16,4 Pro« zenl der Gesamteinfuhr); dann folgen die Vereinigte» Staaten von Nordamerika  (14 Prozent), Großbritannien  (8,5 Pro- zent), Oesterreich-Ungarn  (8,3), Frankreich  (5,6), Argentinien  (43). Britisch Indien(4.2), Belgien  (3,5), Italien  (3,1). Brasilien  (3). Niederlande  (3), Australien  (2.8). Da Deutschland   hauptsächlich Roh- stoffe beziehen muß. steht neben Rußland tGetreide- und Holzeinsuhr) Nord- und Südamerika(Einfuhr von Baumwolle) an der Spitze der Einfuhrländer. Nach Oesterreich-Ungarn   und Frankreich   folgen dann wieder Kolonialgebiete als Haupieinfuhrländer. WaS die A u S f u h r anbetrifft, so steht hier als Absatzgebiet Großbritannien  (mit 1686 Millionen Mark oder 14,7 Proz. der Gesamtausfuhr) voran. Dann folgen Oesterreich-Ungarn  (11,3), die Vereinigten Staaten  (8,5), Nußland(7.2), Frankreich  (7,2), Niederlande  (6,7), Schweiz  (6,1), Belgien  (5,2), Italien  (4,4), Argentinien  (8), Dänemark  (2,9) und Schweden  (2,4). Hier behaupten also außer Nordamerika  , daS die dritte Stelle innehat, die alten europäischen   Kulturstaaten durch» auS die Führung. Erst an zehnter Stelle erscheint Argentinien  . Diese Statistik ist zugleich ein Beweis dafür, daß Deutschland   in