Einzelbild herunterladen
 
  
eine Leickie an das User brachten. Die Frauen, welche ihre Männer Nermitztein die Eltern, die ikire Töchter unter den Toten glaubten, drängten sich um die starren, triefenden Körper und juchten Opfer der furchtbaren Katastrophe zu rekognoszieren. Die Leichen wurden zunächst in die «pindlersche Fabrik und von dort nach der Köpenicker   Leichen- Halle gejchasst, wo sie vorläufig aufgebahrt werden. Die Schulöfrage. Ter Führer des Tampfcrs..Baut", Max Polzenhagen aus Hakensetdc. sowie sein Bootsmann, der IHjährige Karl Valentin  , wurden von der Köpcnickcr Polizei verhaftet und sofort vernommen. Polzenhagcn gab an, daß er in die Kajüte gegangen sei, um sein Abendbrot einzunehmen. Er sei erst in, letzten Augenblick an Deck gekommen, als die Katastrophe unvermeidlich war. Er habe Valentin zugerufen, links zu steuern, was dieser auch getan habe. Die eigentliche Schuld treffe nicht den Steuermann, sondern den Führer des Schleppkahnes, e r m a n n R i cht e r, der nicht dem Kielwasser des Dampfers gefolgt sei, sondern geradeaus weitergefahren-sei und so das kleine Boot übcrrailut habe. Die Polizei steht jedoch aus dem Stand- Punkt, dah Po lzcn Hagen die volle Schuld trifft. Er durfte als geprüfter Schisfsfnhrer seinen Posten am Steuer keinen Augen- blick verlassen und ist für dre HandlungStvcisc seines Bootsmannes voll verantwortlich.-_ politische Ueberflcht. Eine kurze Sitzung. In einer Sitzung von kaum l'/j Stunden erledigte der Reichstag   am Dieichtag die acht Punkte umfassende Tages­ordnung. Nach Beantwortung der Anfragen erfolgte die neulich ausgesetzte Abstimmung über den Antrag der Budget- ommission. eine scharfmacherische Petition für den Schutz gegen Boykott und S t r e i k a u s s ch r e i t u n g durch llebergang zur Tagesordnung zu erledigen. Herr Irl vom Zentrum hatte, wie man sich erimlert, die Uebcrweisung als Matertal beantragt. Der Kommission San trag wurde mit 150 gegen 02 Stimmen angenommen. Der Etat iür Kiautschou   wurde nach kurzen LobeSreden der Herren Nacken vom Zentrum und Dr. Paaschc von den National­liberalen angenommen. Ein heißerer Kampf entspann sich nur über die Festsetzung der Tagesordnung der nächsten Sitzung, da die Konservativen die Wahlprüsung ihres Freundes H.oesch hinausschieben wollten. Die Wahlprüfungskommisswn beantragt nämlich die UngültigleitSerklärung. Mit 122 gegen 101 Stimmen beschloß jedoch das Haus, dem Vorschlag des Präsidentrn entsprechend die W a h lp r ü f u n g e n zuerst zu behandeln, die also in der DonnerStagsitzung der erste Gegen- stand der Beratung sein lverdcn. Prcustischc Polcnpolitik. Das Abgeordnetenhaus setzte am Dienstag die zweite Lesung deS Etats bei der Beratung des Etats der AnjiedlungS« komnnssion in Verbindung mit der AnsiedlungSdenkschrift fort. Die Debatte beivegte sich ganz in den Gleisen, wie. alle Debatten über die preußische Polenpolitik. Die große Mehrheit deS Abgeordneten- Hauses, Konservative, Freikonservative und Nationalliberalo sind einer Meinung mit der Regierung, daß mit allen Mitteln der Aus- ogntung des.PolentumS entgegengetreten werden müsse. Umgekehrt stellten sich Zentrum, Polen   und Sozialdemokraten auf den Stand- puokt, daß die bisher zur Bekämpfung der.polnischen Gefahr' aufgewendeten Summen zum Fenster hinausgeworfen sind. Das Zentrum wandte sich, wie alljährlich, so auch diesmal dagegen, daß Ansiedler wegen ihrer katholischen Konfession als minderwertig be- rrachtel werden sollen. Besondere Beachtung verdient die Rede unseres Genossen Braun. Gestützt auf die Angaben der amtlichen Denk- schrift konnte Braun nachweisen, daß trotz der großen Auf- Wendungen aus staatlichen Mitteln daS Ziel der Polenpolitik, das der Regierung vor'Augen schwebt, nicht erreicht, sondern höchstens der Gütsrhandel ganz außerordentlich belebt ist. Mit Recht konnte er die Behauptung aufstellen, daß, wenn man die Summen ohne arteipolitische Zwecke verwendet hätte, lediglich um Posen und Testpreutzen kulturell zu heben, etwas erreicht worden wäre. So der sei das Gegenteil bewirkt worden. Die ganze Polenpolitik tlle nur eine Vergeudung von Staatsgeldern zu kulturwidrigen wecken dar, die die gesetzgebenden Körperschaften schon im Interesse ihres eigenen Ansehens verweigern müßten. Die Mißerfolge der Polenpolitik hinderte» die LandtagSmehr- . natürlich nicht, den Etat zu bewilligen und sich dadurch zu Nuschuldigen der auSnahmegcsetzlichen Behandlung der polnischen Staatsbürger zu machen. Die nächste Sitzung findet am Donnerstag statt. Auf der Tagesordnung stehen wieder kleine Etats. Der deutsche Adel im Spiegel. Die Herreit vom Adel deutscher   Nation waren übel be- raten, als sie vor 32 Jahren daSDeutsche Adelsblatt", eine Wochenschrift des christlichen Adels", dasOrgan der deutschen Adelsgenossenschast" gründeten. Denn einen schlagenderen sseweis für die geistige Minderwertigkeit, und bemitleidcns- »ertc kulturelle Nückstandigkeit des Durchschnitts dieser Kaste ann es gar nicht geben, als die naiven Bekenntnisse, die die weiten dieses AdelsblatteS füllen. Wer glaubt, daß Frau . Nathusius mit ihrer Schilderung unseres Junkertums mdcnziöö übertrieben und Karikaturen gezeichnet habe, braucht iür etliche Nummern desDeutschen Adslsblattes" zu lesen, um die vernichtenden Schilderungen dieser Frau für lebenS  - echteste Kulturdokumente zu halten. Die Lektüre dieses von Junkern für Junker geschriebenen Blattes beweist uns, daß der arrogante Hohlschädel, den uns die Witzpresse als Repräsentanten.unsererEdelsten und Besten" vorführt, nichts iveniger als eiye boshafte Erfindung ist, sa nicht einmal eine Ausnahme, sondern ein. weitverbreiteter Typ. Ein Junker dieses Schlages beginnt in der neuesten Nummer des unfreiwilligen Witzblattes eine Untersuchung über die Frage:Sind Sozialdemokraten in öffentliche Körperschaften wählbar:" Selbstverständlich verneint der Wackere diese Frage, denn:Wer in offenen Widerspruch mit der Verfassung tritt und es sich zur Aufgabe macht, die Massen der Kirchengemeinschaft zu entfremden, wer sich auflehnt gegen jede menschliche und göttliche Autorität, der hat die seelische Fühlung mit deni heimischen Boden und Empfinden verloren und jedes Anrecht verwirkt, im Rahmen des christlich-monarchischen Staates einen Platz zu finden." Hübscher kann die christlich-monarchische Weltanschauung cineS KSckeritz oder Jtzenplitz auch imSimPlicissimuS" nicht ver- ulkt werden. Aber der christliche Adelsmensch kommt uns nicht nur staatsphilofophisch, sondern auchethisch". Er zetert über den brutalen Sinn des waschechten Sozialismus",dem jegliches Verständnis für den Begriff der Ehrfurcht verschlossen" sei. Beweis: die Weigerung der sozialdemokratischen Parla­mentarier, daß übliche Anhochen mitzumachen. Und wirklich, über den Begriff derEhrfurcht" werden wir uns mit dem Verfechter adliger Sitte ebensowenig verständigen, wie über die Begriffe des simpelsten Anstandes. Daß das moralisierende Junkerlein Äoseworte wiePöbelhaft"',bubenhast",roh und albern",verlogen" usw. nur so heraussprudelt, mag eine Kaserncnhoserinnerung sein; aber wenn er einem Bebel gegenüber in den rüden Schimpferguß ausbricht:Ein unerreichter Meister auf diesem Gebiete lügenhafter Verdächti- g u n g war bekanntlich der verstorbene Bebel", so übersteigt das doch selbst die Grenzen dessen, was man einem erblich Belasteten nachsehen kann. Doch bedarsS solcher Leistung gegenüber keiner Brand- markung und so wollen wir denn nur noch feststellen, daß dieser Artikel nach ausdrücklichem VermerkUnter Ver- antwortung der deutschen   Adelsgenosscn- s ch a f t e n" erschienen ist.__ Schneid und Humor. Auf einer Tagung des Bundes der Landwirte in Kiel   hat Diederich Hahn   als Repräsentant des alldeutsch  -agrarischen MaulheldentumS wieder einmal nach den Kürassierstieseln für die deutsche Politik geschrien..Deutsche Politik muß getrieben werden mit Blut und Eisen!" Aber so ganz fest scheint er selbst nicht von der absoluten Unfehlbarkeit diese» Rezepte» überzeugt zu sein, denn ein paar Sätze später heißt es:Mit Schneid und Humor müssen wir Politik treiben." Wie kommt Herr Hahn zu dieser bei einem Mann seines Schlage» verwunderlichen Einschränkung? Nun, eS war ihm in- zwischen dieWackeS"- Geschichte in den Weg geraten, und er fand eS höchst überflüssig, daß Bethmann Hollwog daS Schimpfwort des Leutnants so ernst genommen habe. Bismarck   hätte die Sache nach seiner Meinung zweifellos mit Humor abgetan, denn wir seien doch kein Volk von höheren Töchtern. ES ist noch nicht lange her, daß der ObervcrwaltungSgerichtSrat Blüh er in Dresden  , einer der eifrigsten Befürworter polizeilichen Vorgehens gegen die Streikposten, in einer juristischen Zeitschrift gerade die.höheren Töchter" zum Vergleich heranzog, um die Notwendigkeit eines besonderen polizeilichen Schutzes der Arbeits  - willigen zu beweisen. Wie die Polizei das Recht habe, aus verkehrspolizeilichen Gründen Studenten zu verbieten, sich vor einem Mädchenpenstonat zur Zeit der täglichen Ausführung aufzu- stellen, so dürfe sie auch die lästige Beobachtung der Arbeits- willige»! durch Streikposten untersagen. Wir möchten an den Agrarierhäuptling die Frage richten, ob er auch Herrn Blüher gegenüber an seiner These, daß wir kein Voll von höheren Töchtern sind, festhalten will, und ob er ganz allgemein der Meinung ist, daß harte Worte, die ein Arbeiter an die Adresse eines Streikbrechers richtet, mit demselben Humor beurteilt werden sollen, den er bei der Bewertung der Schimpfreden eines Leutnants für selbstverständlich erachtet. Aber wir kennen die Antwort im voraus: Humor und Schneid ist die Devise der deutschen   Politik, das beißt: Humor« volles Verstehen für die Ueberheblichkeiteu und Gesetzwidrigkeiten der Angehörigen der Herr- schenden Klassen, Schneid gegen da» Ausland. gegen die Demokratie und gegen die Arbeiter- sch a ft_ Zur bevorstehenden neuen Marinevorlage. Die.Münchener Post" beschäftigt sich am DtenSlag mit den Angriffen des Generals Keim gegen den bayerischen Minister- Präsidenten wegen seiner Warnung vor weiteren Rüstungen. Unser Parteiblatt bemerkt dazu auf Grund zuverlässiger Information: .Daß eine neue große Forderung für die Marine kommen wird, steht ziemlich fest. Dann wird Herr v. Hertling zeigen können, was er von der ReichSverfossung versteht und daß er den Willen und den Mut hat, in; Bundesrat eine Ruhepause zu vertreten. Zurzeit hat er dafür auch die Meinung deS Königs von Bayern   für sich, der kurz vor Weihnachten ISIS beim Besuch eines hiesigen Vereins sich sehr energisch gegen die ihm als durchaus unnötig erscheinenden fortgesetzten Rüstungen und die neuen Wehrsteuern ausgesprochen hat." Tic Reichstagswahl in BreSlan-Land. Die Wahlprüfungskommission deS Reichstags beschäftigte sich am Dienstag mit der Wahl des konservativen Rittergutsbesitzers Grafen   v. Carmer-Zieserwitz. der in BreSlau  -Land in der Stichwahl mit 17 069 Stimmen gegen den Genossen Scholich gewählt wurde, auf den 12 649 Stimmen entsielen. Die Mehrheit des Gewählten ist so groß, daß sie durch den vorliegenden sozialdemokratischen Protest nicht erschüttert werden konnte. Erstmalig lag der Kom- Mission der Fall vor, daß sich die zuständige Behörde in diesem Falle der Landrat von Neumarkt   trotz Beschwerbe weigerte. die Wahllokale bekanntzugeben. Die Kommisston be- chloß, dem Unterlegenen die Zahl der NichtWähler im Kreise Neu- markt, das sind 1550 Stimmen, zuzuzählen.'In einer größeren Zahl von Orten bedurfte es erst der Beschwerde beim RegierungS« Präsidenten, um bei der Stichwahl die Zulassung der sozialdemo- kratischen Wahlkontrolleure zu erreichen. Bei der Hauptwahl waren die Kontrolleure aus den Wahllokalen ausgewiesen worden, wa§ zur Folge" hatte, daß die Kommission die in diesen Orten auf den Ge- wählten entfallenen Stimmen in Abzug brachte. ES wurde weiter 'estgestellt, daß in BreSlau  -Land trotz cineS bestehenden Verbots de» Kriegs Ministeriums am Stichwahllage eine Kantrollversammlung der Schiffer staltgefunden hat. Da die Mehrheit jedoch nicht zu er- 'chüttern war, wurde die Wahl für gültig erklärt. Eine Stäupung des Geheimrats Dr. Porsch. Graf Oppersdorff   holt im letzten Heft seiner Wochenschrift Klarheit und Wahrheit" wieder zum Schlag gegen den Zentrums- jührer Geheimrat Dr. Porsch aus und versetzt diesem eine klatschende Ohrfeige. Dr. Porsch hatte behauptet, daß die Kardinäle Kopp und Fischer durchaus nicht, wie Graf OpperSdorff   vor kurzem erzählt hatte, gegen die amtliche ZentrnmSerklärung vom 23. November 1909 über den interkonfessionellen Charakter deS Zentrums Einsprache erhoben hätten. Gegen diese dreiste Ableugnung spielt Graf OpperSdorff   folgende Stelle auS einem Briefe des verstorbenen Kardinal Kapp vom 10. Januar 1910 au»: .In der Charakterisierung des Zentrum» brachte vor einigen Tagen dieKöln  . Zeitung" euren Anikel, der die Auffassung der Gegenseite deutlich beleuchtet. Ich habe ihn dem Herrn Geheim- rat Porsch gegeben, dem ich derzeit riet, daS Zentrum möge sich überhaupt auf eine Erklärung nichl einlassen. DaS war nicht allein die Ansicht des Kardinals Fischer, sondern deS gesamten Episkopats." Zugleich erhält auch die ehrsame Berliner.Germania  " einen Nasenstüber. Graf OpperSdorff   druckt nämlich eine Stelle aus einem an ihn gerichteten Brief deZ Kardinals Kopp vom 16. April 1911 ab, in dem es heißt: .Euer Hochgeboren... gestatten, daß ich auch zugleich auf dieGermania  "-Angelegenhen einige Worte erwidere. Ich teile mit Ihnen die Besorgnis, d a ß die.Germania" immer mehr in Abhängigkeit der Richtung der.Köln  . BolkSzeitung" geraten wird; ich habe dieses wiederholt dem Geheimrat Porsch bereits gesagt und werde ihm diese-5. sobald ich Gelegen- heit finden sollte, mit noch stärkerer Betonung sagen und auf die Unabhängigkeit der.Germania" drmgen. Sind diese Mahnungen vergeblich, so werde icki. wie ich mich schon- jetzt von derGermania  " zurück- gezogen habe, mich auch meines Aktienbesitze»'enl äußern und Euer Hochgeboren sollen die Vorhand zum Erwerb derselben haben... Euer Hochgeboren sehen, daß ich keine freudige Ostern habe; Ihnen aber und Ihrer teuren Familie wünsche ich sie von Herzen nnd bleibe in treuer Verehrung Euer Hochgeboren ergebenster G. Kard. Kopp." Die Prinzipienfestigkeit der altjüngferlichenGermania  " scheint demnach der Verstorbeire Kardinal Kopp recht gering veranschlagt zu haben und er hat sich nicht getäuscht. Sofort nach seinem Tode hat dieGermania  " eine Schwenkung vollzogen. Ausweisungen aus Nordschleswig. E» ist eine ganz respektable Leistung, wenn im Laufe kaum eine« Monats in einem einzigen Kreise ein ganzes Dutzendvolitische" Ausweisungen vorgekommen sind. Auf diese ansehnliche Höbe.haben die schneidigen zun, sehr großen Teil kommissarischen Amts- Vorsteher den nördlichsten Kreis Preußen«, HadcrSlebon, ge- bracht. Bis auf den letzten Fall waren es lauter Dienstboten, die sich schlimmsten Falls einen Baiar in einem dänischen Beriam�lungS- hause angesehen hatten dieselben dänischen Dienstboten, die gerade die größten Scharfmacher mit Vorliebe in ihren Dienst zu nehmen pflegen, wobei ihnen sogar gelegentlich ausdrücklichGarantie gegen Ausweisung" geleistet wird. DaS Dutzend voll gemacht hat aber ein dänischer Lehrer an einer der verhaßten Volkshochschulen, ein Herr O v e r g a a r d auS Wester-Wested, unmittelbar an der Grenze. Herr Overgaard gibt selbst folgende amüsante Schilderung von seiner Ausweisung: Ich besuchte Thomas Möller drüben in Rastede  . Mit ihm und semer Frau fuhr ich nach BrönS, wo die Tochter eine Turn- abteilung leiten sollte. Nach den Vorführungen wurde Kaffeetisch gemacht und während der Tisch gedeckt wurde, sprach ich mit einigen Turnen:. Aber unterdessen waren zwei Gendarmen in den Saal gekommen, und es war nicht schwer zu entdecken, daß ich eS war, dem der Besuch galt. Man riet mir darum, hinaus- gehen, was ich auch tat. Aber kaum war ich draußen, als der eine Gendarm an meiner Seite war, um Auskunft zu verlangen über meinen Namen, Wohn- ort usw., worauf er sogleich den anderen Gendarmen herbeirief. Sie führten mich nach dem Postamt, wo sie nach dem Amts- Vorsteher in Scherrebek   telephonieren wollten, daß ihnen das Glück hold gewesen nnd sie einen sehr verdächtig aussehenden Burschen gefangen hätten. Der arme Telephonmann lag schon im süßesten Schlaf, aber er wurde herausgeholt und mußte den Apparat bereitstellen ja, die Gerechtigkeit muß ihren Gang gehen, selbst nach Bettzeit. Der AmtSvorsteher antwortete, ich sollte nach Scherrebeck ge- führt werden. Ich wurde für verhaftet erklärt und, nachdem ich mich geweigert hatte, nach Scherrebek   zu gehen oder zu radeln. nach dem Kruge in BrönS geführt, wo em Wagen verlangt wurde. Wir standen in der Durchfahrt, bis der Wagen vorgespannt wurde, und um die Füße warm zu halten ging ich auf und ab; der eine Gendarm hat aber vermutlich geglaubt, es seien einleitende Hebungen zur Flucht denn er schloß sorgfältig daS Tor. Auf der Fahrt nach Scherrebek   wurde ich von einem Gendarm zu Pferde neben dem Wagen und einem zweiten auf einem Fahrrad dahinter eskortiert, so daß ich mich vollständig sicher fühlte. Der AmtSvorsteher in Scherrebek   war schnell mit sich darüber im klaren, daß ich nicht zu den Guten gehörte, und die Ausweisung wurde schnellstens bewerkstelligt. Ich war in einem dänischen BersammlungShauie gewesen und war dänischer Staatsangehöriger, die Sache war klipp und klar, keine mildernden Umstände, ich sollte sofort das preußische Staatsgebiet verlassen. Di« AuS- weisungSorder auf deutsch   verlesen und auf dänisch   übersetzt. Durch die Uebersetzung bekam ich zu wissen, daß ich.lästig" ge­worden war, waS mir dahin verdolmetscht wurde, daß ich.zur Last gefallen' sei. Der vorsichtige Gendarm, der das Tor ge- schlössen hatte, war sa weitschauend, dieTür hinter wir ab- zuschließen: aber als ich ihm anvertraute, daß ich nicht daran denke, ihn meiner Gesellschaft zu bernuben, ließ der AmtSvorsteher die Tür wieder aufschließen... Vom Amtsvorsteher wurde ich zur Bahn geführt, natürlich in Begleitung eines Gendarmen, der mich das preußische Staats- gebiet sollte verlassen sehen. Mit meinen Freunden aus BrönS. die zum Teil mit demselben Zuge fuhren, durfte ich nicht sprechen. Um Mitternacht kamen wir nach Wested, und erst als wir an die dänische Grenze kamen, wurde ich meinen Reise- genossen loS." Ein bayerischer Landtagsabgeordneter verhaftet. In Mannheim   wurde der bayerische   LandtagSabgeordnele Eugen Abreich verhaftet. Er war mit der Verwaltung deS mehrere Millionen betragenden Vermögens der Tochter Ilse des Mannheimer  Rechtsanwalts v. Härder betraut worden, geriet aber mit Herrn v. Härder später in Streiligkeiten wegen der Vermögensverwaltung. Der Senior der Familie v. Härder, Professor Dr. Böthlingk-Harder. der bereits gegen verschiedene geschäftliche Abmachungen deS Ab­geordneten Abresch mit Fräulein Ilse v. Härder protestiert hatte, reilt nun in einer öffentlichen Erklärung mit, daß Fräulein v. Härder vorläufig entmündigt und er zu ihrem Vormund bestellt worden ist. Er habe, um Fräulein v. Harber und ihr Vermögen aus den Händen des Abgeordneten Abresch zu retten, die Vollmachten Fräulein v. Härders an Abresch annulliert und die getroffenen Vereinbarungen für nichtig erklärt. AuS München   wird unS noch gemeldet: Die Verhaftung des bayerischen Abgeordneten Abresch wird im Landtage, wenigstens auf der linken Seite des Hauses, mit heiterer Gelassenheit aufgenommen. denn Herr Abresch ist längst als ein Abenteurer zweifelhaftester Art bekannt. �Seine persönlichen Angelegenheiten find wiederholt in der Presse erörtert worden. Die Liberalen haben sich denn auch schon seit Jahren von Herrn Abresch getrennt. Er wurde bei den letzten LandtagSwahlen gegen die Liberalen mit Hilfe des Zentrums ge- wählt. Herr Abresch machte sich zuletzt noch im Landtage dadurch verdient, daß er eine der wenigen Stimmen aufbrachte, durch die für die Erhöhung der Zivillistc eine Mehrheit zustande lam. Die Turnstunde eine politische Versammlung. Der Kampf gegen die Arbeiterturnvererne zeugt immer he- denklichere Erscheinungen. So hat die Strafkammer des Land­gerichts in Frankfurt   a. M. jetzt einen Jugendlichen unter 18 Jahren zu 6 M. Strafe verurteilt, weil er sich an einer Turnstunde des ArbeiterturnvereinS beteiligte. Das Schöffengericht hatte unter Aufhebung eines Strasbefehls auf Freisprechung erkannt, weil es in dem Turnen keine politische Veranstaltung erblickte. Festgestellt wurde durch die Beweisaufnahme, daß der Angeklagte wie die anderen jungen Leute unter 18 Jahren sich ganz nach eigenem Gutdünken und Belieben in der Turnstunde betätigten. Sie unter- standen weder einer Aufficht, noch wurde ihnen Anweisung gegeben oder eine Kontrolle geübt. Sie konnten turnen, spielen, tun und lassen, was sie wollten. Eine politische Betätigung der Mitglieder des Turnvereins wurde nicht bewiesen und folglich auch keine poli- tische Beeinflussung der Jugendlichen. Angesichts dieser Tatsachen kam das Schöffengericht zu einer Freisprechung. Aus Berufung der Staatsanwaltschaft kassierte die Strafkammer das Urteil des Schöffengerichts und erkannte auf 6 M. Geldstrafe. Zur Begründung dieses unverständlichen Urteils wurde aus- geführt, daß alle Betätigungen eines politischen Lereins politische