Volkes spanischen Ursprunges. Nach amtlichen Tchähungen bestehtdie Aevslkerung aus 19 Proz. Weißen, 13 Proz. Mestizen(Misch-lhige pon Weißen und Indianern) sowie 38 Proz. Vollblujindianern.Der seit Jabren in mexikanischen Diensten stehende deutsche UcologeDr. Emil Böse schätzt aber nach eingehenden Forschungen den Anteilder Weißen noch weit geringer ein. nämlich auf 10 Proz. Weiß«,W) Proz. Mischlinge und 30 Proz. Vollblutindianer. Unter denAusländern spielen naturgemäß die Amerikaner die erste Rolle,doch gibt es dort auch 4000 bis 5000 Deutsche. Die Bevölkerung»-zusamniensetzimg ist deshalb von Bedeutung,»peil ste die sozialen undwirtschaftlichen Verhältnisse erklären hilft. Aus spanischer Zeit herheftehen auf dem Land« riesige Latifundien, die im Besitz der Ab-kömmlinge spanischer Kolonisten sind. Die spanisch-indianischeRischhevölkerung bildet das armselige, ruchloS ausgebeutete Prole-tqriat in'Ätabt und Land. Kleinhandel und Kleinbetriebe sindzwgx auch in den Händen dieser Mexikaner; aber die gesamtenGroßbetriebe, dex auswärtige Handel insbesondere, wird von denAmerikanern und neben� iyncn von Engländern, Franzosen undDeutschen beherrscht. Selbst wo einmal Mexikaner die Firmaabgeben, sind die Leiter des Betriebes, die technischen Angestelltenüberhaupt, solche Fremde.Die Latifundicnwirtschaft ist der volkswirtschaftliche Krebs-schaden Mexikos. Da der langjährige Diktator Porfirio D i a zzwar für Verkehrsanlagen und die industrielle EntWickelung vielgetan, aber die Großgrundbesitzer ungeschoren gelassen und das Volkpolitisch unterdrückt hatte, brach gegen ihn, unter der Führung vonMadero, eine Revolution aus, die mit der Parole:„Land fürdie Besitzlosen!" großen Erfolg hatte und im Mai 1911 Porfirio Diazzur Flucht nach Europa zwang. Madero wurde Präsident. Da eraber seine Versprechungen wegen Beseitigung des Latifundiensystems nicht zur Ausführung brachte, revoltierte ein Teil seinerAnhänger gegen ihn. Während der in der Stadt Mexiko aus-gebrochenen Kämpfe wurde er im Februar 1913 ermordet. SeinGegner Huerta wurde zum Präsidenten gewählt; doch bliebendie Anhänger MaderoS gegen ihn in Waffen. Der gegenwärtigeBürgerkrieg ist zu rein persönlichen Machtkämpfen ausgeartet. Obirgendeine der kämpfenden Parteien den Willen und die Kraft habenwürde, die notwendige Landbesitzreform durchzuführen, ist unbe-rechenbar. Ohne eine solche Reform ist aber eine wirtschaftlicheGesundung Mexikos unmöglich. Am wenigsten ist jedoch eine Land-besitzrevolution zu erwarten, wenn die Schützlinge der Yankee-kapitalisten ans Ruder kommen. Denn die Trustmagnaten brauchendie Latifundien selbst als bequemste Ausbeutungsmittel, und einGeier hackt bekanntlich dem anderen die Augen nicht aus.Naturgemäß spielt bei der Undichtigkeit der Bevölkerung dieLandwirtschaft die Hauptrolle, und zwar überwiegt infolgedcS Latifundiensystems die Viehzucht den Ackerbau. Dreiviertel derBevölkerung lebt von der ländlichen Urproduktion. Das Haupt-Produkt des Ackerbaues ist Mais. Es werden aber auch in denniedriger gelegenen Küstenbezirken tropische Produkte, wie Baum-wolle, Zuckerrohr, Kaffee, Tabak, Gummi, Sisalhanf und Vanille, �gewonnen. Was aber die auswärtigen Kapitalisten besonderslüstern macht aus mexikanische Gewinnchancen, ist der Bergbau. �Seit altersher wird in Mexiko Silber gewonnen. Noch jetztstammt etwa ein Drittel der gesamten Silberproduktion ausMexiko. Während des letzten Jahrzehnts hat aber auch die:Goldproduttion einen gewaltigen Umfang angenommen. An Wertbleibt sie nur noch um ein Drittel hinter dem Silber zurück.Ebenso sind neuerdings große Kupferbergwerke erschlossen. Außer-dem wird noch Blei, Antimon, Zink und Quecksilber gewonnen.Aber Eisen findet sich nur wenig, und die im Staate C o a h u i l ageförderte Kohle deckt gleichfalls bei weitem nicht den Landes-bedarf.Hauptsächlich handelt es sich aber um die seit 10 Jahren er-schlossencn Petroleumquellen. Sie finden sich meist ander Äolffüste in der Nachbarschaft von Tampico und liegen daherfür die Ausfuhr äußerst günstig. Wie weit sich die Felder er-strecken, weiß man noch nicht genau, doch schätzen Fachleute dasmexikanische Petroleumgebict jetzt schon als das reichste der Welt.Amerikaner und Engländer haben fich den Besitz der meistenQuellen gesichert. Die eine den Engländern gehörige QuelleLlano del Potrcro ergab anfänglich täglich 160 000 Faß.Jetzt, nach drei Jahren, liefert sie noch immer 50000 Faß den Tag.E« liegt auf der Hand, daß die Herrscher deS amerikanischen Oel-trustS alles aufbieten, um diese Quellen in ihre Hand zu be-kommen oder doch dem Trust anzugliedern. So wird es erklärlich,daß gerade zu der Zeit, da der mexikanische Bürgerkrieg sich denPctroleumfeldern nähert, unterirdische Kräfte die Regierung vonWashington zum Einschreiten gedrängt haben. ES ist ein sym»bolischer Akt, daß der Zwischenfall, der als KriegSanlatz herhaltenmuß, sich in Tampico abgespielt hat, in der Nachbarschaft der ver-lockenden Oelfelder.Außer der Herrschaft über die mexikanische Oclprodukiionspielt bei d«N imperialistischen Plänen Oer Yankees auch die rnög-lichste M onopol isierung des mexikanischen Außen-Handels ein« bedeutende Rolle. Gegenwärtig überwiegt be-reits der Handel mit den Veretnigten Staaten den gesamtenÜbrigen Außenhandel RexikoS. Da» geht aus folgenden Zahlenhervor:Mexiko«Einfuhr AusfuhrPelos�) Proz. PekoS Proz.Verein. Staate».. 113 088 625 54 94 224 496 899 76.43Großbriiannien.. 23 979 991 lt.65 35 882 852 12,22Deuiichlond... 25 561 974 12.42 8 708 344 2,97Frankreich.... 18672989 9,07 9 30987» 3.t4Spanien.... 5682 IL9 2.76 1 584 809 0,55Andere Länder.. 18 350 076 9,16 18 770 427 4.69') D«r Peso« gilt etwa IVv Mark.Die deherrschende Stellung der Vereinigten Staaten m mexikanischen Handel tritt besonders in der Ausfuhr zutage, von oerder nördliche Aachbar mehr als drei Viertel absorbiert. Auf di«Einfuhr Mexikos könnte es nun aber noch einen höchst ungünstigenEinfluß für die andern Länder ausüben, wenn es den ameri-kanischen Geschäftspolitikern gelingen sollte, Mexiko mit den Ver-einigten Staaten, wenn auch nicht politisch, so doch wenigstenszo l l p o l t t i s ch zu vereinen. Deshalb haben di« andern Länder,besonders die meist interessierten Deutschland, England und Frank-reich, ihren ganzen Einfluß aufzubieten, daß bei der Neugestaltungder Dinge»n Mexiko der Grundsatz der offenen Türfür den ges a mt en Welthandel unterschiedslosgewahrt bleibt._politische Ueberflcht.Polendebatten.Im Abgeordnetenhause ging es am Freitag etlvaslebhafter her als an den vergangenen Tagen. Um etwasAbwechselung in das Haus zu tragen, unterbrach man dieerste Lesung der Sekundärbahnanlage, um sich wieder mitdem Etat zu beschäftigen.In erster Reihe erledigte das Haus den Etat desFinanzministeriums, der unter anderem die ver-schiedenen Dispositionsfonds zur Gewährung von Zulagen anBeamte in den. ehemals polnischen Landesteilen enthält. Daßdiese Fonds wirtschaftlich in keiner Weise begründet sind,sondern nur korrumpierend wirken, ist ebenso bekannt wie diesonstigen Maßnahmen der Regierung im Kampfe gegen diePolen. Man weiß, daß die preußische Regierung neben derVernichtung der Sozialdemokratie die Ausrottung der Dänenund Polen auf ihre Fahne geschrieben hat, aber obwohl siein diesem Kampfe kein Mittel unversucht läßt, mußte sie sichdoch von Herrn v. Kardorff den Vorwurf machen lassen, daß sie esan der nötigen Schneidiakeit fehlen läßt, einen Vorwurf, den derFinanzminister Dr. L e n tz e mit ungewöhnlicher Schärfezurückwies. Namens der Sozialdemokraten protestierte H u egegen die Kardorffsche Scharfmacherei, um gleichzeitig auf diegehässige Tendenz eines von verschiedenen Abgeordneten,darunter der Fortschrittler A r o n s o h n, eingebrachten An-träges auf Gewährung von Staatskredit an die PosenerKreditanstalt zur Hergabe von zweiten Hypotheken aufmerk-sam zu machen. Die einer Entschuldigung gleichkommendeErividerung des Herrn A r o n s o h n veranlaßte unseren Ge-nosscn Braun, in die Debatte einzugreifen und nach ge-bührender Abfertigung dieses sonderbaren FortschrtttlerS demfreikonservativen Graf M o l t k e, der sich wie stets in albernenAusfällen gegen die Sozialdemokratie erging, die Wahrheit zugeigen. Daß alle Posittonen, die zur Bekämpfung der Polendienen sollen, mit großer Mehrheit angenommen wurden.versteht sich bei der Zusammensetzung deS Dreiklassenparlamentsvon selbst.Nach Erledigung des Etats der Staatsschulden-Verwaltung und Zustimmung zu der von der Regierunggeforderten stärkeren Schuldentilgung beriet das Haus dannden zum Etat des Abgeordnetenhauses gestellten Antrag aufGewährung von Freifahrtkarten. Obwohl der MinisterbesJznnein��jjib�J��llwitzodei�Der Herr Surgermeister.Nein, er gefällt mir nicht, der neue Bürgermeister.Goethe, Faust, I. Teil.AlS Otto E r n st in seinem flachen und deshalb erfolgreichenBühnenstück„FlachSmann als Erzieher" einen Schulrettor auf zweikrumme Beine stellte, der sich seine Stellung durch gefälschte Zeug-nisse erschlichen hat, standen gleich die Neunnialweisen auf, um dar-zutun, daß„so etwas" in einem geordneten Beamtenstaat wiePreußen unmöglich sei. Inzwischen haben wir ganz andere Dingeerlebt, von dem in Zuchthaus und Ehrverlust grau gewordenenSchustergesellen, der in Köpenick als Hauptmann des 1. Garde-regiments zu Fuß auftrat, bis zu dem aller juristischen Kenntnissebaren Handlungsgehilfen, der vor kurzem noch vor den Gerichteneine erfolgreiche Tätigkeit als Rechtsanwalt entfaltete. Jetzt wirddie Sammlung durch einen Bürgermeister bereichert, der keinerist, und auch er hat feine Verdienste um die Entwicklung, denn justda der preußische Polizeiminister aus dem Amt scheidet, tut er dar,der Herr zweite Bürgermeister von Köslin, was im Mandarinen-staate DaHwitzens alles möglich ist.Man mag sagen, was man will: zweierlei mußte deremeritierte Bureauschreiber haben, als er seine neue Laufbahneinschlug, Talent und Glück, und zwar— es handelt sich um einenBeamten— mehr Glück als Talent. Hätte er beides nicht, sokönnte er als ein lebender Beweis dafür angesprochen werden, daßnicht nur das Ewig-Weibliche, sondern auch daS Gefängnis denMenschen hinanzieht. Denn als er die gastliche Zelle verlassenhatte, die ihn wegen Unterschlagung aufnahm, dachte der HerrKreissparkassenbureauassistent nicht etwa daran, unter seinensozialen Stand hinabzugehen, sondern strebte nach oben. Undda er nicht gerade auf den Kopf gefallen war, bediente er sich einerkurzen Metamorphose: eine Bedürfnisanstalt betrat er als hoff-nungSloser, mit Gefängnis bestrafter Bureauschreiber a. D. Hein-rich Thormann und verließ sie auf der anderen Seite alshoffnungsvoller, unbescholtener Dr. jur. Heinrich Thoinann.Jetzt lag die Well vor ihm und das Glück lächelte ihm. Denn dieGemeindeverwaltung Schmargendorf nahm den Herrn Doktor jurisals Volontär an, und nachdem er sich hier hinreichend umgetanhatte, wurde er, auf Grund feines guten Schmargendorfer Zeug-nisse», in der Rixdorfer Stadtverwaltung zur informatorischen Be-schäftigung zugelassen. Das glänzende Zeugnis, das ihm derBürgermeister ausstellte— T Hamann hatte Glück undTalent!—, verschaffte ihm flugs eine Stelle als juristischer Hilfs-arbcitcr mit festem Gehalt beim Magisttat in Brandenburg a. H.Pwar besaß Thomann alias Thormann keine weiterenjuristischen Kenntnisse«l» die persönliche Erfahrung, daß manwegen Unterschlagung im Amt eingesperrt wird. Tat nichts, auchin dieser verantwortungsvollen Stellung bewährte er sich höchstköniglich. Aber es wächst der Mensch mit seinen höheren Zwecken!Da der Staatsanwalt nach dem Thormann Erkundigungeneinzog, der dem Staat den Rest seiner Strafe wegen Unterschlagunggeschenkt hatte, verschwand der Dr. jur. Thomann jählings vonder Bildfläche. Bald danach tauchte beim Magistrat zu Weißen-fels a. S. ein Dr. jur. Eduard Alexander auf— ein äußersttüchtiger Beamter, wie man sich in den Honoratiorenkreisen derSchuhmacherstadt zuflüsterte. Von Weißenfels ging der Weg nachBromberg: hier im preußischen Osten erwarb sich der MagisttatS-assessor Dr. jur. Eduard Alexander alia» Dr. jur. Hein-rich Thomann alias Bureauassistent a. D. Heinrich Thor-mann als tüchtiger strebsamer Bureauassistent in noch höheremMatze daS Wohlwollen seiner Mitmenschen. Strammer Arbeiter!sagten die Vorgesetzten, flotter Tänzer! flöteten die jungen Damen.scharmanter Mensch mit guten Aussichten! äußerten die Mütterheiratsfähiger Töchter, und ein höherer Staatsbeamter—schonungsvoll verschweigt man Nam' und Art— schloß den HerrnAssessor als Schwiegersohn an sein Herz. Jetzt hatte der HerrDr. Alexander nicht nur einen Titel, ein Amt. eine Mitgift.eine Frau, sondern durch seinen Schwiegervater auch Verbindungen.Und Verbindungen sind, wenn man seine Examina gemacht hat,in einem Mandarinenstaat wie Preußen alle». Nun hatte zwarHeinrichThor— Pardon! Herr Dr. Alexander außer demEinjährigen keine Examina gemacht, aber das hatte nicht viel zusagen. Die Stadt Köslin schrieb den ehrenvollen Posten eineszweiten Bürgermeisters aus, 700 Bewerber meldeten sich, 699 be-saßen echte Zeugnisse und hatten eine vorschriftsmäßige Beamtenlauf-bahn hinter fich, aber dank seiner Verbindungen erhielt der Sieben-hundertste, der mit den gefälschten Papieren und der Schwindler.laufbahn, die Stelle, eben unser Dr. Alexander. Und das warkein so übler Griff, denn als Stadtoberhaupt machte HeinrichThor— nun ja! Heinrich Thormann eine famose Figur,bewies Umsicht und Scharsblick in kommunalen Dingen, war fleißigund geschickt und zeigte sich vor allem riesig leutselig im Verkehrmit der Bevölkerung. Köslin hatte nie zuvor ein ähnlich beliebtesStadtoberhaupt, und der erste Bürgermeister war ordentlich neidischauf den jüngeren Kollegen.Bi» mit langem Schritt daS Schicksal an Herrn Dr. jur.Alexander herantrat. Bei der Staatsanwaltschaft Köslin liefnämlich eine Anzeige wegen Erpressung gegen Heinrich Thor-mann ein. der jetzt zweiter Bürgermeister in Köslin sei. Vor-geladen, antwortete Herr Dr. Eduard Alexander mit derkräftigen Formel, mit der in Goethes Stück(3. Aufzug.17. Szene) Götz von Berlichingen das Fenster zuwirft. Run sindStaatsanwalt« merkwürdige Menschen. In dem Prozeh gegen denAmtsrichter Knittel in Rtzbnik erklärt« der Staatsanwalt aus-nicht— durch seinen Kommissar erklären ließ, daß er bei demMinisterium die Gewährung freier Fahrtkarten nicht befür-warten könne, sondern in Verbindung damit eine ander-weitige Regelung der Diäten unter Einführung des Systemsder Anwesenhoitsgelder fordern müßte, nahm das Haus denAntrag, für den sich unter anderem auch Genosse Hirschaussprach, mit überwältigender Mehrheit an. Warten wir ab,ob die Regierung dem Wunsche nun endlich Folge leistenwird!Sonnabend: Nachtragsetat und Sekundärbabnvorloge.Ter Bischof von Luxemburg vor Gericht.In der zweiten öffentlichen Persammlung deS MetzerKatholikentages(17.— 21. August 1913) hielt BischofKoppes von Luxemburg eine Ansprache. Der gcist-liche Oberhirt aus dem Nachbarlandchen ist eine auffallendeErscheinung— auffallend allerdings nicht nach der vorteil-hasten Seite hin. Die deutschen Bischöfe sind Diplomaten, inihrer Gestalt, in ihrem Auftreten und in ihren Reden— magauch ihr oratorisches Geschick und Temperament verschiedensein. Bischof Koppes hat von alledem nichts. Eine un-geschlachtc Gestalt, eine grobe, fast rohe Ausdrucksweise, dazuohne jedes Verständnis für die Taktik. Er benutzte denn auchdie Gelegenheit, seinem Groll gegen die liberal-sozialistischeKammermehrheit seines Landes, die er als eine freimaurcrischeVerschwörerbande betrachtet, Lust zu machen. Nun wird auchsonst auf Katholikentagen reichlich und heftig gegen anti-klerikale Gegner zu Felde gezogen, aber es geschieht immerin allgemeinen und nicht gegen einzelne Personen oderPersonengruppen gerichteten Wendungen. Zum ersten Malegeschah es, daß ein Bischof einen heftigen Angriff gegen einenkleinen Kreis von leicht erkennbaren Personen richtete undihnen Vorwürfe ehrenrührigster Art machte. Nach dem BerichtvonWolffsBureau, dessen Vertreter der Versammlungbeiwohnte und der die Rede des Luxemburger Bischofsstenographisch aufnahm, sagte Koppes:„Die Luxemburger können ein trauriges Liedchen singen, wiedie Loge tätig ist. Liberale Dunkelmänner und sozialistischeStteber und Revolutionäre haben fich zusammengetan zu einemBlock. Sie fanden eine gute Veranlassung, um ihr Unwesen zutreiben. Die Regierung war noch Besitzerin von etwa 600 HektarMinetta. Das hätten jene gern ergattert— zu einem billigenPreise natürlich. Um dieses Streben unbemertt durchführen zukönnen, haben sie so etwa» wie einen Kulturkampf in« Leben ge-rufen in dem Gedanken, daß daS Volk nicht so recht achtgebe unddaß sie selbst, während sie vorn den Kultnrkampf durchführten,hinten ihre Taschen füllen könnten."Diese Verleumdungen bewogen 21 Beschuldigte, gegen denHerrn Bischof die Zivilklage anzustrengen. In den Verhand-lungen vor dem Luxemburger Gericht am 24. März bequemte sich Herr Koppes zu einem wehleidigen Rückzug. Erversicherte, daß er die Rechtschafienhett der Kammcrmitgliedernicht im mindesten habe anzweifeln wollen. Das Wort Blockhabe er nur im Sinne des gemeinsamen Vorgehens derKirchenfeinde gebraucht, und unter„ergattern" verstehe ernichts weiter als„sehnlichst wünschen'. Er seileidend gewesen und habe heftige Zahnschmerzen gehabt.Er schloß:.Eine gewisse Erregung hatte mich erfaßt,alst ich tu Me» die entschiedene, überzeugungsvolle Spracheder deutschen Katholiken vernahm, eine Sprache(hierbei schlugder Bischof heftig auf die Zeugenbarre), an die wir Luxem-burger Katholiken nicht mehr gewohnt sind. Der gegenwärtigeProzeß ist nichts weiter als eine Mache der Freimaurerei.die sich an Bischof und Klerus wegen ihrer Haltung im Schul-gesetze rächen wollen!"Diese kuriose Entschuldigung haben jedoch dein HerrnBischof nicht viel genutzt, wie nachfolgendes Telegramm be-weist:Luxemburg, 24. April. In der Beleidigungsklage vonLbgeord-neten der Linken gegen Bischof KoppeS von Luxemburg wegenseiner Rede auf dem letzten Katholikentage in Metz»st heutedaS Urteil gefällt worden. ES lautet auf zweihundert Frankdrücklich: er möchte jenes Wort Götzens in der deutschen Sprachenicht missen; aber der SlaatSanwalt in Köslin nahm dasselbe Wortkrumm, stellte Nachforschungen an, und so kam die Geschichte zumPlatzen. Aufregung natürlich bei den Magistraten in Rixdorf,Brandenburg, Weißenfels und Bromberg und in ganz Köslin; aberdas deutsche Volk lacht.Denn es ist eine unbezahlbare Satire auf das Preußen dertausendundeins Legitimationspapiere, in dem man ein« Nachtin fremder Stadt schlafen kann, ohne polizeilich angemeldet und ab-gestempelt zu sein, daß ein entlassener Sträfling Aemter undWürden einheimst— ohne Papiere oder auf Grund gefälschterPapiere. Kein Preuße bringt eS auch nur zum stellvertretendenNachtwächter im letzten Dorf der Provinz Posen, wenn er nichtin Legitimatioirspapiere von oben bis unten eingewickelt wird; aberjuristischer Magistratshilfsarbeiter, Magistratsassessor, Bürgermeister— jupheidi! heida! daS geht auch so.Doch während das Ansehen der Bürgermeister einen jähenKurssturz erlebt, fragen fich die Steuerzahler stirnrunzelnd, wozuman Stadtoberhäupter mit langjährigem Studium und schwierigenPrüfungen anstellt und hoch bezahlt— Studiums- und ExamenS-kosten müssen verzinst werden!—, wenn irgendein Schreiber ohneStudium und Prüfung die Sache ebenso gut macht. Ebenso gut?Bitte schön! Herr Eduard Alexander oder HeinrichThormann war sogar— siehe die Bekundung der Bürgermeistervon Rixdorf. Bromberg usw.!— ein glänzender Kommunalbeamter,und über seine ach! so kurze Tätigkeit als Bürgermeister von Köslinherrschte nur eine Stimme des Lobes. Läßt sich das von jedemrichtigen Bürgerineijter mit richtigem Doktortitel und mit richtigenZeugnissen auch sagen? Da gibt es im Gegenteil unsichere Äanto-nisten wie den Bürgermeister S ch ü ck i n g, der sich mit Haut undHaar der Demokratie verschrieb, und wie den BürgermeisterT r ö m e l. der zur Fremdenlegion ging. Dr. EduardAlexander wäre weder zu den Demokraten, noch in die Fremden-legion gegangen, sondern hätte zielsicher und klaren Blickes seinenWeg weiter verfolgt, sich in die Gunst des LandratS und des Regierungspräsidenten eingenistet, wäre von Stufe zu Stuse gestiegenund hätte— was gilt die Wette!— schließlich auf der rechten Seitedes preußischen Dreiklassenparlaments gesessen. Schade um den,der zu so schönen Hoffnungen berechtigte!Und auch in einer anderen Lage hätte sich der Mann mit demerschwindelten Bürgermeisteramt sicher schlagfertiger benommen alsder legitime Bürgermeister, nämlich als Stadtoberhaupt von Köpenickan jenem ereignisschwangeren Herbsttage de» Jahres 1906. DerSchwindler hätte den Schwindler durchschaut, und eS wäre außer-dem ein Bild gewesen, über das sich alle Götter, nur die preußischennicht, krank gelacht hätten; die beiden einander gegenüber, der falscheHauptmann und der falsche Bürgermeister, der Hauptmann vonKöpenick und der Bürgermeister von KöSlinl Karl LttdwtO.