Nr. 116. 31. Jahrgang.
Mittwoch, 29. April 1914.
Resolution für die Maifeier- Versammlungen.
Zum 25. Male demonstriert das klassenbewußte Proletariat aller Länder für Schwere Bestrafungen ehrlicher Arbeiter, die Streikbrecher beleidigt haben den Ausbau der Arbeiterschutzforderungen, die der Internationale Arbeiterkongreß sollen, find an der Tagesordnung. Die Freisprechung von Streikbrechern, die zu Paris am 20. Juli 1889 erhoben hat. organisierte Arbeiter erschossen oder erstochen haben, ruft immer von neuem
Die Versammelten fordern deshalb in erster Linie die gesetzliche Einführung Empörung hervor. des Achtstundentages für alle in der Industrie, im Handwerk, im Handel und Verkehr Beschäftigten, sowie wirkliche Koalitionsfreiheit.
Mit Hohn sind in den letzten Jahren die Forderungen nach mehr Schuh und Hilfe für die Arbeiter, ihre Witwen und Waisen zurückgewiesen worden.
Wo immer die Forderung auf Verkürzung der Arbeitszeit gestellt worden ist, stets erfolgte schroffe Ablehnung.
Die Militärdiktatur wird immer dreister. Das Geschrei nach weiteren Rüftungen immer unerträglicher. Bis an die Zähne bewaffnet stehen die europäischen Großmächte in zwei Dreibünden sich gegenüber, und in der gewiffenlosesten Weise wird die Verhehung der Völker durch die kapitalistischen Kriegsinteressenten und ihre Söldlinge betrieben.
Angesichts der Tatsache, daß der Imperialismus infolge seiner immer gemeinDie wirtschaftliche Krise hat Zehntausende zur Arbeitslosigkeit verurteilt und dadurch zahllose Familien der ärgsten Not ausgeliefert. Die geforderte Arbeitslosen- gefährlicher werdenden Rüstungspolitik, die nicht nur die Kriegsgefahr steigert und fürsorge wurde von der Reichsregierung und der bürgerlichen Reichstagsmehrheit am Marke der Völker zehrt, die Sozialpolitik nahezu zum Stillftand gebracht hat, erheben die Versammelten energischen Protest gegen die Rüstungen zu Lande, zu unter nichtigen Vorwänden abgelehnt.
Die Gewerkschaften, die Helfer und Schüßer der Arbeiter, werden in der Wasser und in der Luft. Sie wenden sich deshalb im besonderen gegen die neuen gehässigsten Weise verfolgt. Die Unterstellung der Gewerkschaften unter das Vereins- Heeres- und Marinevorlagen, die dem Reichstag zur Beschlußfassung vorliegen. gesetz und die Verfolgung der Arbeiterjugend sind ebenso deutliche Zeichen des Die Versammelten wissen sich in diesen Protesten einig mit der klassen
Wirkens der Reaktion, wie die gewaltsame„ Erhebung" der Krankenkassenangestellten bewußten Arbeiterschaft der ganzen Welt. Sie übersenden den heute versammelten in den„ Beamtenstand" und die in den Parlamenten aufgestellte Forderung der Maidemonstranten brüderliche Grüße und geloben erneut, unermüdlich kämpfen Zertrümmerung des Koalitionsrechts. zu wollen
für völlige Koalitionsfreiheit,
gegen den Kapitalismus und Imperialismus,
gegen die Kriegshehereien und Kriegsrüstungen!
Her mit dem Achtstundentag! Es lebe der Völkerfrieden!
Abgeordnetenhaus.
66. Sigung. Dienstag, den 28. April 1914, bormittags 11 Uhr.
Am Ministertisch: v. Trott zu Solz.
Der Kultusetat.
Abg. Kloppenborg- Strumsager( Däne) flagt über die Unterdrückung der dänischen Sprache beim Religionsunterricht in Nordschleswig. Einzelheiten sind nicht zu verstehen, da sich das ziemlich gut besuchte Haus laut unterhält.
Abg. Dr. Porsch( 3.)
Religions,
und
find und die unzutreffende Behauptung aufgestellt haben. Redner führt verschiedene Fälle von Se. Majestät der Kaiser hat wiederholt großes Wohlwollen Kirchenzwang an, die die Kirchenflucht erklären. Besteht doch und Anerkennung für Einrichtungen und Personen der katholischen in Hannover der Stirche geäußert und die Dankbarkeit dafür wollen wir uns durch diesen Bresselrakeel nicht trüben lassen.( Lebhaftes Bravo! im Zentrum.)
Kultusminister v. Trott zu Solz:
Ich möchte auch von dieser Stelle in aller Deffentlichkeit bestätigen, daß die erwähnte Mitteilung der Nordd. Allg. 3tg." in allen Punkten zutrifft. Ich habe den Brief selbst gelesen. Um So entschiedener muß das Treiben gekennzeichnet werden, das sich an diesen Brief geknüpft hat, wobei man sich nicht gescheut hat, den Inhalt des Briefes zu fälschen und damit Mißtrauen in der fatholischen Bevölkerung gegen ihren Landesherren auszustreuen, von dem sie so viele Beweise seines Wohlwollens erfahren hat. Das ist der allerschlimmsten Art. verbittet fich unter stürmischer Zustimmung des Zentrums die Brunnenvergiftung Zensur der Zentrumsanträge über die Orden durch den Abg.( Lebhafte Zustimmung links.) Alle anständigen Leute im Dr. v. Campe als einer Störung des konfessionellen Friedens; Deutichen Reiche sollten von diesen Fälschern und Brunnenvergiftern dieser sei vielmehr durch eine solche Rede bedroht, wie sie abrüden. Bu meiner Freude hat der Vorredner das mit aller EntEs ist falsch, daß die Kirche schiedenheit getan. Nun sollten die Akten darüber geschlossen werden Abg. v. Campe gehalten hat. feinen Anspruch auf die Schule habe; das Gegenteil und es sollte nicht etwa noch weiter versucht werden, auf diesem wird bewiesen durch den Auftrag des göttlichen Stifters des Boden im Trüben zu fischen.( Lebhafter Beifall.) Christentums an die Apostel: Gehet hin und lehret die Abg. Dr. Lohmann( natl.): Völker!" Und dieser Anspruch der Kirche auf die Schule ist auch in der Vergangenheit immer anerkannt worden.
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nur
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Konfirmationszwang
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als Voraussetzung der Schulentlassung. Aehnlich ist es in Schleswig , wo man nur durch die Konfirmation vor dent 16. Jahre aus der Schule entlassen werden kann. Abg. Traub wendet sich dann gegen die Klerikalisierung der theologischen Fas fultäten. Die meisten Lehrer an den katholischen Fakultäten haben den Antimodernisteneid geschworen.( hört! hört! linke Wo bleiben da die Zusicherungen der Regierung? Und 31 evange lische ordentliche Professoren sind positiv gegen 30 liberale, unter den außerordentlichen aber 10 positive und 34 liberale! Das beweist Wer die Kirchenaustrittsbewegung llar, wer bevorzugt wird. befämpfen will, muß für freie Forschung in der Theologie eintreten! Den Religionsunterricht hat heute nicht der Staat in der Hand, sondern die Kirche, die ihn nach positivem Rezept erteilen lassen möchte. Das religiöse Interesse ist heute im Steigen und das dank der von den konservativen Positiven" hier herabgesetzten Oberlehrern, die das Interesse der Schüler vertiefen. Das religiösem Intereffe verlange ich erabießung der Zahl der Religionsstunden in den Schulen. mechanische Wiederholen des alten Stoffes ist wertlos. Unerträglich ist es, daß der Staat die Resultate der von ihm geförderten · Dann begründet Herr Ströbel hat sich gestern wieder mit großer Ueberheblichkeit historischen Forschung den Schülern vorenthält und ihnen die der Redner die Zentrumsanträge zugunsten der Orden mit der geäußert. Er sprach von der Indifferenz der Gebilde wunderbaren Dichtungen der Bibel als historische Rechtslage, die jetzt besteht. Auf das lebhafteste bedauern wir und ten gegenüber der Religion. Daß eine solche Indifferenz Tatsachen vortragen läßt, die Lehrer aber maßregelt, die darüber waren auf das äußerste erstaunt darüber, daß der Minister heute noch besteht, muß ich entschieden bestreiten. Am die Wahrheit sagen. Der Geist der Freiheit soll im Erziehungsunter Anerkennung der hingebenden Arbeit der Krantenpflege- leichtesten werden der Kirche entfremdet die kleinen Leute, die vom und Unterrichtswesen herrschen und der Geist Friedrichs II. im hatte. Lande in die Stadt ziehen. In der Ueberwindung menschlichen Kultusministerium!( Lebhafter Beifall bei der Volkspartei.) orden für unseren Antrag ein glattes Nein Abg. Korfanty ( Pole) Man wird nicht beweisen können, daß durch unsere Krankenpflege- Elends und menschlicher Schwachheit hat das Christentum unendlich genossenschaften der konfefsionelle Friede irgendwie gestört worden viel mehr geleistet als die Sozialdemokratie( Lachen bei den Sozial- weist die verlegende Antwort des Kultusministers auf die gestrige Aus der Behauptung, die tonfessionellen ist.( Sehr richtig! im Zentrum.) Wir bleiben dabei, daß die Auf- demokraten). hebung des Jesuitengefeges den konfessionellen Frieden Schulen seien die Ursache des fonfessionellen Unfriedens spricht Rede des Abg. Styczynski zurück und stellt die Vorgeschichte nur sichern könnte. Die antireligiöse Agitation darf im große Weltfremdheit. Seine Worte:" Wir, die wir Ihrer Kirche der Moabiter Kirchenkrawalle dar. Polnische Eltern ließen ihre ganzen Lande betrieben werden unter Duldung der Regierung, aber nicht angehören," meinte Herr Ströbel wohl nur für seine Person. Kinder durch eine Privatperson in polnischer Sprache für die religiöse Vorträge von Jesuiten verbietet man!( hört! hört! im Eine ganze Anzahl seiner Parteigenossen in der Reichstags- Kommunion vorbereiten. Der Pfarrer wollte sie nicht prüfen, das Zentrum.) Zum mindesten erwarten wir eine Milderung der be- fratti on gehört der evangelischen und auch der katholischen rum taten es zwei unserer Fraktionsmitglieder, ant. Ich möchte ihm zurufen: Was der päpstliche Delegat in Berlin als feine unberech Dit ererbt stehenden Bestimmungen im Sinne der Stellungnahme der badischen Kirche bon Deinen sozialistischen Vätern hast, erwirb es, um es zu befizen. tigte Ginmischung erklärte. Den Eltern wurde gesagt, die Kinder Regierung. Mit seiner ( Lachen bei den Sozialdemokraten.)- Der Redner polemijiert weiter sollten mit ihnen zur Kommunion fommen; man hörte den Hereinziehung des Kaiserbriefes in die Debatte wollte Herr v. Campe jedenfalls dem konfessionellen Frieden besonders gegen einzelne Aeußerungen des Abg. Dr. Porsch. Vergeblich war Kindern die Beichte ab, was die Eltern noch bestärten mußte. Die sienen.( Sehr gut! im Zentrum.) Wir haben mit diesen Vor- der Versuch des Abg. Borich zu behaupten, daß die Schuld an der Messe wurde mit größter Andacht angehört, vereinbarungsgemäß gängen nicht das geringste zu tun und ich muß die Angriffe des Aufregung über den Staiſerbrief der„ Rheinisch- Weſtfälischen Zeitung" sollte fünf Minuten später die Kommunion stattfinden. Der Pfarrer Abg. Campe auf das entschiedenste namens der Zentrumsfraktion aufiele. Zuerst ist über den Inhalt etwas geschrieben worden im fam aber nicht und als Väter in die Sakristei gingen, it an den Allgemeinen Rundschau" in München , chon die Geheimpolizisten da! Die Eltern warteten Der Reichs immer noch auf die heilige Zeremonie, auch als sie aufgefordert zurückweisen. Denn Mißtrauen zu säen, wie Herr Ströbel Juni 1913 in der und dann erschienen Geheimpolizisten meinte, haben wir doch wirklich kein Interesse. Gingerührt ist die einem Blatt, das das Zentrum nicht abschütteln kann. tagszentrumsabgeordnete Dr. Jäger( Abg. Ad. Hoffmann: wurden, zu gehen ganze Sache übrigens von einem nationalliberalen Blatte, der Hofrat!) war es, der den falschen Wortlaut veröffentlichte. Es gibt mit den Hüten auf den stopfe un " Rheinisch- Westfälischen Zeitung".( Stürmisches Hört! hört! im fein Wort, das scharf genug wäre, das Vorgehen dieses Mannes zu Zentrum. Große Unruhe links.) In die Falle dieies Blattes ist brandmarken. Ich bin gespannt, was das Zentrum gegen ihn tum wird. Das Schweigen der großen Zentrumspresse zu der Ver- Leuie natürlich auf, wer versteht das nicht?! Die Räumung der bann der„ Aachener Volksfreund" gegangen, aber ist denn der Aachener Wolksfreund" das Zentrum?( Lachen links. Sehr öffentlichung des„ Aachener Volksfreund" muß auf das entschiedenste der preußischen Polizei bekanntermaßen genehm ist. Und darüber gut! im Zentrum.) Auch das Organ Dr. Jaegers ist dann so unverurteilt werden."( Sehr gut! bei den Nationalliberalen.) wurden nun die tollsten hakatistischen Lügen verbreitet. Nach einer borsichtig gewesen, den Artikel des„ Aachener Volksfreund" abErklärung des Kirchenvorstandes hat das Oberpräsidium die zudruden. Auch die Frankfurter Zeitung " hat zugegeben, daß die bie Gettung" Rheinisch- Westfälische Sache eingerührt hat ( pört! hört! im Zentrum) und daß die führende Zentrums- erklärt die Pehauptungen des Abg. Kloppenborg für unrichtig, Erteilung der Kommunion verboten. Hat also die Regierung ihre die Landrate und Lehrer Nordschleswigs hätten dazu viel zu viel Hand im Spiele gehabt oder nicht? Und schon vor drei Jahren hat Das sei erklärlich, Bon der Staatshoheit über die Kirche geben wir man sich ähnlich eingemischt. Die Behörde läßt die polnischen presse sich sehr zurückgehalten habe. biel diplomatisch sei. Gerechtigkeitsgefühl. fein Duentchen preis. Wenn sogar die Zentrumspresse Privat- Gottesdienste bespizeIn. Kur aus Angst vor behördlichen das Zentrum ( Heiterfeit um sich mit dem Kaiser zu verfeinden. links.) Zeider beſteht nicht die Möglichkeit, daß jemand für Kardinal briefe, wie den angeblichen des Kaisers veröffentlicht, so darf man Schikanen haben die Pfarres in Moabit die Kommunion unterStopp Klage erhebt gegen die Behauptung des angeblichen katho- ich nicht wundern, daß Sozialdemokraten und Polen mit gestohlenen lassen. So mischt sich die Regierung in firchliche Angelegenheiten Kultusminister v. Trott zu Solz lischen Theologen in der Rheinisch- Westfälischen Zeitung", bag Briefen operieren. Kardinal Kopp den Kaiserbrief weiter gegeben und gar nach Der Staal ist zu feinen hohen Aufwendungen für die führt aus, daß die Regierung in Moabit nur den Schutz gewährt Ich weiß auf das bestimmteste, dai; Rom geididt babe. rechtlich gar nicht verpflichtet. Katholische Ordens habe, der sicherlich nicht ohne guten Grund von den tatholi Kardinal Kopp den Brie niemand gezeigt hat und auch nach Stom Kirchen Auch hat er von dem In- leute haben wir schon mehr als selbst das katholische Desterreich. fchen Geistlichen verlangt worden sei. Die Polizei ſei rüdbalt des Briefes nicht ein Wort gejagt und ich kenne niemand inner- Das Vertrauen des Volkes zur Kirche iſt in jenen Ländern größer, fichtsvoll vorgegangen. Die Regierung habe sich in innere Stirchenfeinerlei Mitteilung davon gemacht hat. balb der Zentrumsfraktion, der den Brief gelesen hat. Im übrigen wo durch die Duldung auch sozialistischer Geistlichen angelegenheiten niemals eingemischt; die Polen aber stellten diese jedem ernsthaften Mitglied dieses bargetan wird, daß Religion und Politik wirklich nichts miteinander Sache unrichtig dar, um daraus gegen die preußische Regierung Hauſes bin ich bereit, unter vier Augen darüber näheres zu sagen. zu tun hat. Das Gegenteil fehen wir in Nordschleswig, wo die Stapital zu schlagen. In diesem Sinne wird auch die auswärtige ( Abg. Ad. Hoffmann, Soz.: Wir sind alle ernsthaft!)- daß die Be- antidänische Ausnutzung der Kirche sie selbst schädigt. Das alles Preise bearbeitet. Zum Beweise dafür verliest der Minister die hauptung der„ Nordd. Alla. Stg.", der Brief enthalte feinerlei verlegende aber sind folgen der Abhängigkeit der Kirche vom Staat, der sie Uebersetzung eines Artikels über die Moabiter Vorfälle aus der Acußerungen über Katholiken oder die katholische Religion, vollständig finanziell fügt. Und wie traurig war es, daß auf der Berliner römischen Zeitung" Italia " und schließt damit, daß er also berechtigt zutrifft. Ich muß die Sache daher vom katholischen Standpunkt für Stadtfynode betont wurde, die Sirenaustrittsbewegung bedrohe die gewesen wäre, dem Abg. Styczynski scharf zu antworten, und böllig aufgeflärt erachten und kann nur bedauern, daß zwei finanziellen Grundlagen der Kirche nicht.( hört! hört! Links.) bic Polen würden erst dann von ihm ruhig und fachlich Bescheid Blätter, die auf dem Boden des Zentrums stehen, in die Falle des wie hoch ist denn das Kirchenvermögen? Barum zieht man es bekommen, wenn auch sie selbst ruhig und sachlich ihre Beschwerden. fatholischen Theologen in der Rhein - Westf. Stg." hineingegangen nicht zum ehrbeitrag heran?( Sehr gut! links.)
da
weiß ich aus anderen Quellen
-
"
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Abg. Graf Moltke( ff.)
Abg. Dr. Traub( Vp):
50 Schuyleute
mit den Schuppentetten unterm Kinn. Da schrien die Kirche von den 2000 Leuten ging natürlich nicht so raich, wie das
hinein!
Der hier vorbringen würden,