Nr. 153.

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Telegramm Adresse: ,, Sozialdemokrat Berlin".

Zentralorgan der fozialdemokratischen Partei Deutschlands  .

Redaktion: S. 68, Lindenstraße 69. Fernsprecher: Amt Moritplat, Nr. 1983.

Kaiserhoch und Klaffenkampf

P. L. Was man auch sagen mag von dem seltsamen Vorstoß der Genossen Fischer und Heine in Sachen des Kaiser­hochs, den einen Erfolg hat er jedenfalls, daß er uns von neuem den Zusanimenhang zwischen Monarchie und herrschen­den Klassen vor Augen führt.

In der Tat spielt im Kampf der Klassen die Monarchie eine eigenartige Rolle. Die deutsche Sozialdemokratie be­fämpft die Monarchie als ein Zubehör zum deutschen   Kapita­ lismus  . Der Kampf gegen die Staatsform steht bei ihr erst in zweiter Linie. Ihr Hauptkampf gilt der Wirtschaftsform, dem Kapitalismus, mit dessen Ueberwindung die Monarchie ebenfalls überwunden sein wird, nach der hausbadenen Weis­heit: wer über die Kuh kommt, der kommt auch über den Schwanz. Die bürgerlichen Parteien dagegen stellen die Sache gern auf den Kopf. Sie tun jo, als ob sie uns unseren Kampf gegen den Kapitalismus noch verzeihen könnten aber Der Kampf gegen die Monarchie, das sei die wahre Sünde wider den heiligen Geist, die nicht vergeben werden könne. Es ist in der Tat so, wie wenn ein Bauer, dem der Kuhstall abgebrannt ist, flagen wollte: daß die Ruh verbrannt ist, das mag noch gehen, daß aber auch der schöne Subschwanz

mit verbrannt ist, das macht mich traurig!

Genau so war es mit der Kaiserhocherei in der Schluß­fizung des Reichstages. Die Fraftion legte bisher keinen Wert darauf, dem Kampf gegen die Monarchie im Parlament einen größeren, nach außen hin quehr in die Augen fallenden Nachdrud zu geben, als wie dieses fapitalistische Beiwert für fich beanspruchen fann. Wenn jezt darin scheinbar eine Aende­rung eingetreten ist, so haben sich das die Herren Patrioten nur selber zuzuschreiben. Sie haben bei einer derartigen Huldigung im vorigen Jahre, als unsere Genossen nicht im Saale   waren, die Perfidie gehabt, im Anschluß an diese Mon­orchenhuldigung einen Geschäftsordnungsantrag anzunehmen, von dem sie genau wußten, daß er an unserem entschiedenen Widerspruch gescheitert wäre. Es war einfach Pflicht der Bartei, sich vor solchen Heberrumpelungen zu schüßen und das fonnte nur geschehen, indem man mit dem bisherigen Brauche

brach, wie das auch, um hier eine Bemerkung des Genossen Heine richtig zu stellen, der Genosse Bebel als ganz selbst­verständlich anjah. Wäre es auf ihn angekommen, so wäre ein derartiger Beschluß schon ein Jahr früher gefaßt worden.

Also nicht etwa das Bedürfnis, gegen die Monarchie fchroffer zu protestieren, als zubor, gab den Anlaß zur Neue­rung, sondern wir möchten sagen, rein parlamentarische Erwä­gungen. Aber wie würde diese an sich wirklich nicht erhebliche Aenderung von den bürgerlichen Parteien aufgenommen? Wir hätten nie gedacht, daß es so viele faule Nepfel gibt in Deutschland  ! Nicht bloß der Schweif, das Rind selber schien in Gefahr zu sein.

Montag, den 8. Juni 1914.

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Expedition: S. 68, Lindenftraße 69.

Fernivrecher: Amt Morinplak. Nr. 1984.

Weitere Presstimmen:

raten, das fronenbelastete Denkerhaupt etwa in den Schoß blikaner ihrem Programm treu bleiben. Dann sind sie die des einen oder des anderen zu legen. Wenn aber trop gleicher Herren des Schlachtfeldes. Denn um der Kammer eine Re­Unzuverlässigkeit die Junker sich stets mit Erfolg als die be- gierung, die für die dreijährige Dienstzeit ist, aufzuzwingen, sondere Leibgarde der Monarchie aufspielen konnten, so nicht müßte man die ganze Rechte in die Mehrheit einbeziehen. etwa, weil sie mehr der Monarchie zuneigen, sondern umge- Wer wagt das? Und selbst dann, wie lange würde dieses fehrt, weil die Monarchie mehr ihnen zuneigt. Die Monarchie Abenteuer dauern? als eine rückständige Institution steht ihrer Natur nach den Der Temps" erklärt, für gute Bürger bleibe jetzt rüdständigen Klassen am nächsten. Die modernen Klassen, nur noch das Vertrauen auf den Präsidenten der Republif, Bourgeoisie und Proletariat, sind ihrem Wesen nach und Journal des Debats  " ruft nach dem starken Mann als monarchiefeindlich. Die stetige Umwälzung aller ihrer Eri- Regierungschef. stenzbedingungen, die ruhelose Heße des Produktionspro­zeises, das Auf und Ab der Rentenfurse und Vermögen, das Paris  , 7. Juni. Die Presse stellt heute durchweg fest, daß die heute ins Proletariat schleudert, was gestern noch zu den Be- Lage durch den Mißerfolg Vivianis eine ernste Ber­fizenden sich rechnen konnte, steht in gar zu frassem Wider- age durch den Mißerfolg Vivianis eine ernste wer­spruch zu der feierlichen Würde, zu der Stabilität aller Ver- chärfung erfahren habe. Mehrfach wird dabei insbesondere auf die vermehrten Schwierigkeiten hingewiesen, welche dem Präji­hältnisse, zu der festgesetten Etikette, die nun einmal un­trennbar mit der Monarchie verbunden ist. Hier flüchtet die denten der Republik   aus der unnachgiebigen Haltung der Radikalen Monarchie an die Brust des Großgrundbesiges und hier findet erwachsen. sie ihr eigenes Wesen wieder: gottgewollte Abhängigkeit, un­erschütterte Autorität und jene Kunst, die nach Segel   das eigentliche Kennzeichen des Adels ist: mit Würde das Vor­handene zu verzehren.

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Der„ Radical" beglückwünscht seine Parteigenossen Go­dard und Ponsot zu dem Beweis republikanischer Disziplin und Ehrlichkeit, den sie dadurch gegeben, daß sie eine ihrer Ueberzeugung zuwiderlaufende Formel abgelehnt hätten. Denn durch ihr Beispiel Aber freilich: je drohender das Gespenst der Arbeiter werde die notwendige Einigkeit der Linken noch fester geknüpft und der endgültige Sieg gesichert werden. der endgültige Sieg gesichert werden. Die raditalen und sozia­klasse sich erhebt, desto mehr verzichtet die kapitalistische Bour listischen Blätter erheben scharfen Einspruch gegen den von den geoisie auf die Staatsform, die ihrer Herrschaft am meisten Nationalisten unternommenen Versuch, auf die gebieterische entspricht, auf die demokratische Republif. Sie schließt einen Paft mit der Monarchie, und so wird, je mehr die Klaffen- Forderung des russischen Bundesgenossen die gegensäße sich zuspißen, die Monarchie der Schild für alle frei- Aufrechterhaltung des Dreijahresgesezes durchzusetzen.„ Aurore" heitsfeindlichen, antisozialen, antikulturellen Elemente. Da- schreibt, man sei groß genug, um seine Geschicke allein zu lenken.- durch, daß die liberale Bourgeoisie den Mächten der Reaktion, Die" Lanterne" erwähnt das von den Nationalisten verbreitete Monarchie und Junkertum sich verschrieb, ist die Monarchie Gerücht, daß der französische   Botschafter in Petersburg   mit seiner nicht etwa liberaler, sondern die Bourgeoisie immer reaftio. Demission gedroht habe, falls an dem Dreijahrsgejez gerührt werde, närer geworden und gleichzeitig gewann die Monarchie an und schreibt, es fönne unmöglich wahr sein, daß ein Beamter, und Macht. Was heißt die bis zum Uebelwerden miederholte menn er noch so hoch gestellt wäre, einen derartigen Er. Phrase von dem einzigartigen Preußen, in dem der König preifungsberiu dh verübt habe. Diese Erpressung sei offen­noch selber regiert, anders, als daß in Preußen die einzig- bar auf Rechnung der nationalistischen Partei zu ſehen und ein artige, reaktionäre Klasse, die in anderen fapitalistischen Beweis für deren grenzenlosen Zynismus. Staaten schon längst überwunden ist, das Junfertum, noch regiert? Und zwar regiert mit Willen und mit Hilfe der liberalen" Bourgeoisie? Und zwar regiert unter der Firma der Monarchie von Gottes Gnaden?-

Die Krise in Frankreich  .

Ablehnung über Ablehnung!

Die gemäßigt- republikanischen und konser. bativen Blätter geben sich der Hoffnung hin, daß der Mig­erfolg Vivianis insofern eine gute Wirkung haben werde, als nun­mehr flar zutage trete, daß mit den geeinigten Radikalen und Go­zialisten nicht zu regieren sei.

Wilhelm der Erledigte.

Mehr wurde es auch nicht,

Als anno 1879 sich Alexander von Battenberg  Paris  , 7. Juni.  ( Privattelegramm des„ Vorwärts".) Präsidie Stiefel geschmiert hatte, um nach seinem" Fürstentunt dent Poincaré hat mit seinem Versuch, gegen den Willen der Bulgarien abzudampfen und sich in der Abschiedsaudienz bei Radikalen und Sozialdemokraten ein Sammlungsministerium zu Bismard über seine Aussichten erkundigte, meinte der bilden, das sich zur Aufrechterhaltung der dreijährigen Dienstzeit Reichstanzler gemütlich:„ Auf jeden Fall wird es für Sie berpflichtet, bisher nur Mißerfolge zu verzeichnen. De I eine schöne Erinnerung sein." cassé hat die Bildung des Ministeriums abgelehnt, ebenso Je an Dupuy und der radikal- sozialistische Senator Peytral. Darauf wandte sich Poincaré   an den bisherigen Ministerpräsidenten. Doum mergue lehnte die Neubildung des Kabinetts gleichfalls ab und riet dem Präsidenten, Viviani, Bourgeois oder Ribot mit der Kabinettsbildung zu betrauen.

Uebrigens bestätigt es sich, daß Rußland   eine Pression zu gunsten des Dreijahrgesetzes ausgeübt hat. Der französische   Bot­schafter in Petersburg  , Paléologue   drohte mit seinem Rüdtritt, falls das Dreijahrsgesetz nicht aufrechterhalten werde.

Das Urteil Jaurès  '.

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denn russischer Einfluß fegte ein paar Jahre später den Prinzen, der als Kandidat Rußlands   die Krone vom Berliner  Rongreß erhalten hatte, von seinem wadeligen Thron her­unter, und er hatte doch bei seiner Wahl die Zustimmung hin einen dichten Haufen Anhänger im Lande hinter sich. einer bulgarischen Nationalversammlung für sich und immer­Auch Albanien   wird in furzer Frist für Dorchläuchting" aus Wied eine Erinnerung sein, freilich eine minder schöne, denn das albanische Abenteuer Wilhelms I." ist aus­gespielt. Ein paar Tage noch, wenn's hoch kommt, ein paar Wochen, und er, der sich in Durazzo   gern Majestät nennen hörte, fährt erleichtert als einfacher Privatmann wieder von dannen und wird in der Geschichte Albaniens   nur wegen einer Großtat meiterleben: wie Francis Drake   die Wied das Wasserklosett nach dem wilden Lande, dessen Be­Kartoffel nach Europa   brachte, so brachte Wilhelm z u wohner bisher mit Wasser wie mit Klosetts gleich wenig an­zufangen wußten.

Welche infame Heuchelei steckt hinter dieser Sechsdreier­entrüstung der bürgerlichen Parteien! Bei keiner ist sie echt, und am wenigsten bei den Junkern. Sie sind völlig frei von jeder Sentimentalität und ihre häufig gebrauchte Phrase, daß sie sich für das Königtum in Stüde   hauen lassen, hat in der Bragis nur immer die Bedeutung gehabt, daß das Königtum sich für sie in Stücke hauen lassen müsse. In Wahrheit war das Königreich Preußen in ihren Augen eine Junkerrepublik und im Grunde war es niemals etwas anderes. Der König war nur der Erste unter Gleichen, und wenn er nicht gut tat und nach der Junter Pfeife tanzte, so verstand diese Rasse ganz vorzüglich, den Lümmel zahm zu machen. Als Friedrich Die entschlossene Stimmung bei den Radikalen läßt ein Mini Wilhelmi III. im Jahre 1813 immer und immer wieder sterium, das seinen Schiverpunkt auf der Linken sucht, ta um zögerte, den Krieg gegen Napoleon   zu erklären, da trug man mehr möglich erscheinen. Sollte ein Kabinett mit radikaler sich in Junkerfreisen ernsthaft mit der Absicht, die gekrönte Spize dennoch zustande kommen, so würde es außer den Sozialisten Spottgeburt abzusehen und einen anderen Hohenzollern an auch noch die Hälfte der Radikalen gegen sich haben und nur feiner Stelle König spielen zu lassen. Die Rebellion des ein Eintagsleben führen. Junkertums von 1813, mit der sich eine Revolution der Volks­Wie eine Operette fing die Geschichte an, wie eine massen verband, erhielt gerade durch diese Verbindung eine Operette klingt sie aus. Daß das eigentliche Albanien   an so unividerstehliche Gewalt, daß der Dummkopf auf dem Paris  , 7. Juni.  ( Privattelegramm des Vor- unerforschtheit dem Innern Tibets nicht viel nachgibt, mochte Thron endlich aufgepeitscht wurde und stotternd in den Krieg wärts".) In dem Leitartikel der„ Humanité" nennt mit die Schuld daran tragen, daß sich so viel falsche stolperte. Wenn das Junkertum heute den König leben läßt, aurès die Formel Vivianis eine Verhöhnung der nungen und Entwürfe an die Gründung dieses merkwürdigen so will es damit nur sich selber leben lassen. Republikaner, da jene voraussetzt, daß die dreijährige Staates knüpften. Aber selbst wer nicht näher uni albanische Und die anderen Parteien? Die Liberalen? Wenn die Dienstzeit Frankreichs   Verteidigung stärke, während die Re- Dinge Bescheid wußte, konnte an der Art, wie auf der Junker noch für sich geltend machen können, daß es durch ge- publikaner ja gerade das Gegenteil behaupten. Daß Viviani Londoner Diplomatenkonferenz die Großmächte an ihrer schichtliche Bande und wirtschaftliche Zusammenhänge eng mit nicht ohne einen großen Bruchteil der Linken regieren wollte, Schöpfung hin- und herzerrten, leicht ermessen, daß bei dieser dem Königtum verbunden ist denn auch der Monarch war jei löblich. Jetzt aber suche man die Deffentlichkeit durch Aus Staatengründung nicht das nationale Prinzip: Der Balfan ein„ Notleidender" wie sie, so fällt das bei der liberalen Bourgeoisie völlig weg. Die Bourgeoisie ist nicht mit, sondern spielung der auswärtigen Lage und die Republikaner   durch den Balkanvölkern! noch die Frage um Erhaltung des Welt­gegen das Königtum in die Höhe gekommen als eine stets patriotische Erpressungen zu täuschen, wie die angeblich friedens Gevatter standen, sondern daß die imperialistischen beargwöhnte Macht, halb gefürchtet, halb verachtet, und die drohende Demission des Chefs des Generalstabs und des Bot. Eroberungsgelüfte Desterreich- Ungarns   und Staliens den unentbehrlichsten Grundlagen ihrer Macht hat sie erst außer- chafters in Petersburg  . Dem gleichen Zwecke dienen die Ausschlag gaben. Keine von beiden Mächten gönnte der ordentlich spät und nur in zähem Kampfe gegen die Monarchie Bitate alldeutscher Blätter, die die Kräfte, die eine Demokratie anderen das Land, eine Aufteilung hatte ihre Schwierigkeiten, errungen. Sie waren immer Monarchisten auf Kündigung, entwickeln fönne, nicht verstehen. Dazu kommen noch die und so einigten sich beide dahin, den Statusquo, das will diefe Liberalen, oder, wie sie in der„ Kölnischen Zeitung  " fich dreisten Ratschläge, durch die die russische   Bureau sagen: das Durcheinander, das Chaos, die Anarchie in Al­Die wahre banien zu fonservieren, indem man das Land selbständig" einst selber nannten, Vernunftmonarchisten, und der alte fratie Frankreich   einzuschüchtern wage. Wilhelmt hatte fo Unrecht nicht, wenn er für die„ Königstreue" Schwierigkeit liegt aber in der dreijährigen machte. Der italienische Minister San Giulano batte dieſer 1866 aus fait einem halben Dugend deutscher Vater Dienstzeit selbst. Diese hat über die Hälfte des Landes schon vor zwölf Jahren davon geschwärmt, im Fall eines 31­länder zusammengeprügelten Bourgeoisie feinen Militär- gegen fich. Solange sie nicht abgeschafft ist, ist jede republi- fammenbruchs der Türkei   Albanien   in ein„ autonomes" fanische Regierung unmöglich. Das Fehlschlagen des Versuchs Fürstentum zu verwandeln. Einsichtige Italiener freilich hojenknopf gab. Unzuverlässig sind sie beide, der liberale Bourgeois wie Vivianis bedeutet den Beginneinerlangen risen widerrieten diesem Schritt von Anfang an vor Jahresfrist der fonservative Junker, und wir möchten keinem Monarchenreihe. Eine Rettung ist nur möglich, wenn alle Linksrepu schrieb ein guter Renner Albaniens  , Professor Karolo

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