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haftet und nachher wieder freigelassen. Am Abend, nach Ab- Haltung einer Protestvarsammlung in geschlossenein Lokal. wollten die Demonstranten in geschlossener Kolonne in die Stadt zurückziehen. In ganz zweckloser Weise waren alle Zu- gänge durch Kordons abgesperrt, wobei die Carabinieris mit der üblkhen Brutalität vorgingen. Als von der provozierten Menge einige Steine geschleudert wurden, wurden kurz hinter- einander die drei Signale gegeben, die das Zeichen zum Aus- einandergehen geben sollen. Fast gleichzeitig gaben die Carabinieri Feuer. Es wurden 6 st Schüsse abgegeben, ohne daß die zum Aeußcrsten ge- triebe nen Demonstranten den Platz räumten. Carabinieris und Polizisten hieben in rohe st er Weise auf die Menge ein, so daß sogar die Hilfeleistung erschwert wurde. Zwei De in on st ran- ten waren sofort tot. fünf mehr oder weniger schwer verwundet. Die Toten sind zwei Arbeiter im Alter von 2st und 24 Iahren. Die Demonstrationen dauerten den ganzen Abend fort, die Menge setzte überall die Einstellung der Militärkonzerte durch. Um Ist Uhr abend wurde dann in Ancona   der Generalstreik proklainiert. der mit impo­nierender Einmütigkeit durchgeführt wurde. In R o m brachten die heutigen Morgenblätter die Nach- richt der Bluttat. Ilm t2 Ubr gab die Arbciterkammer die Order des Generalstreiks aus. die durch Gruppen von Arbeitern in der ganzen Stadt verbreitet wurde. Gleichzeitig erschienen die Abendzeitungen in Ertraausgabcn. in denen sie meldeten, daß sie bis auf weiteres ihr Er- s ch e i n e n e i n st e 1 1 e n. In endlosen Reihen wurden alle Trams in die Depots zurückgeführt. Um 1 Uhr 20 war kein Tram mehr zu sehen und kurze Zeit darauf auch keine Droschke mehr. Die Bauten sind verlassen, die Fabriken stehen still, die meisten Läden sind geschlossen. In Mailand  . Turin  , Bologna  , Ravenua, Florenz   soll der Streik, soweit nian den spärlichen- Nachrichten entnehmen kann, geschlossen durchgeführt sein. In der Kammer forderten die Sozialisten die Auchebung der Sitzung zum Zeichen der Trauer. Es kam dabei zu sehr heftigen Zwischenfällen. Die von den Sozialisten geforderte namentliche Abstinimung ergab aber, daß die Kannner nicht beschlußfähig war. /tasüehtttmg ües Streiks. Scharfe Schüsse in Rom.   Zusammenstöße in der Provinz. Rom  , lO.Juni.(Privattelegramm des.Vorwärts'.) Die Berichterstattung über den Streik wird einerseits durch die Zensur, andererseits dadurch behindert, daß die Nachrichten aus der Provinz sehr spärlich sind, denn die meisten Telegraphen- leitu ngen sind unterbrochen und der Po st dien st ist sehr erschwert. Der Streik ist nunmehr in allen Städten durchgeftihrt. Die Erklärungen Salandras im Parlament haben die Erbitterung erhöht, so daß ein Ende des Streiks nicht abzusehen ist. Die Eisenbahner, die bisher schwankten, haben nunmehr den Streik beschlossen; ebenso streike» die Seeleute und Hafenarbeiter. In Turin   kam es zu einem Zusammenstoß mit der bewaffneten Macht, wobei ein Streikender ge tütet wurde. Unruhen werden auch aus Florenz   und Mailand   gemeldet. In Rom   kam es heute zu schweren Zusammenstößen. Die Behörden wollten eine Versammlung der Streikenden verhindern. Tausend Demonstranten marschierten von der Arbeiterkammer   nach dem Ver- sammlungSorte. Carabinieri und Militär suchten die Menge zu zer- streuen. Als die Demonstranten einen Militärkordon zu durch- brechen suchten, ließ der Kommandierende feuern. Zuerst wurde in die Lust geschossen, dann aber eine Salve gegen die Menge abgegeben. Nähere Nachrichten sehlen. In der gestrigen SenatLsitzung entbot der Senator Garofalo der Polizei Gruß und Dank unter Zustimmung des Senats und des Unterstaatssekretärs des Innern. In Ancona  wurden heute unter riesiger Beteiligung die drei Todesopfer be- erdigt. Ueber hundert rote Fahnen wurden dem Zuge voran- getragen. Der Eisenbahner st reik erschwert die Bewegung der Truppen. Der Streik in Rom  . Rom  , 10. Juni. Der General st reik dauert fort. Die meisten Läden sind geschlossen. Außerdem.Populo Romano' er- scheinen keine Zeitungen. Eine auf der Via Piazza del Popolo geplante Versammlung wurde von den Behörden verboten. In der Umgebung der Arbeitskammer kam es zu Ansammlungen, die von der Polizei mit leichter Mühe zerstreut werden konnten. In Venedig   ist der Ausstand beendet. Die Stadt zeigt wieder ihr gewöhnliches Aussehen. In Mailand   dauert der Generalstreik fort. Viele Läden sind geschlossen; die Zeitungen erscheinen nicht. Zusammeustöste iu Bari  . Bari  , 10. Juni. Heute morgen zogen Gruppen von Ausständigen durch die Stadt und forderten die Schließung der Läden, was auch geschah. Tie Polizei zer- streute mehrmals die Ausständigen, ohne von der Waste Ge- brauch zu machen. Die Polizcibeamten wurden mit Steinen beworfen. Zwölf Polizeibeamte und Carabinieri wurden verletzt. Ein Beamter erlitt Quetschungen. Es wurden Verhaftungen vorgenomnien. Die Ausständigen gaben Revolverschüsse auf den Obersten der Carabinieri ab, der aber unverletzt blieb. Blutige Zusammenstöße in Florenz  . Florenz  , 10. Juni. Etwa dreitausend Personen hatten sich in der Umgebung der Arbeiterkammer   versammelt, wo sie über die Beisetzung eines gestern getöteten Mannes berieten. Als aus der Menge Revolverschüsse gegen die Truppen abgegeben wurden, feuerten diese. Dabei wurden ein Mann getötet und mehrere verletzt, Polizeibeamte erbrachen die Tür eines Hauses, aus dem Revolverschüsse abgefeuert worden waren. Sie fanden darin einen Sträfling und verhafteten ihn. Parma  , 10. Juni. Heute morgen wurden abermals Steine gegen die Truppen und Polizeibeamten geworfen, welche die Aus- ständigen auseinandertreiben wollten. Die Truppen gingen mehrmals vor. Die Veranstalter der Kundgebung versuchten am Ponte di Mezzo Widerstand zn leisten, indem sie Carabinierie und Soldaten mit Steinen bewarfen. In der Farnesestraße um- zingelten sie ein HauS, in dem zwei Offiziere wohnten, die einige Schüsse in die Luft feuerten. Die Truppen rückten heran und gingen gegen die Menge vor, die sie, von Steinwürfen empfangen, zerstreuten. Es wurde» mehrere Verhaftungen vorgenommen. Bon der Carabinierie und de» Soldaten wurden mehrere Mann verletzt. Em Schreiben des Ministerpräfidente». Rom  , 10. Juni. Ministerpräsident Salandra hat an die Präfekten   ein Rundschreiben gerichtet, in welchem er sie auf- fordert, ihren ganzen Einfluß aufzubieten, um eine Wiederholung der Vorkommnisse der letzten Tage zu verhüten. Die Regierung sei keines Menschen Feind. Sie müsse ihre Pflichten erfüllen, deren erste die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung sei; aber wenn zu ihrer Aufrechterhaltung die Anwendung von Gewalt notwendig werden sollte, so solle nur mit größter Vorsicht und Klugheit vorgegangen werden. Die Regierung habe das Vertrauen, bei der Wiederherstellung der Ruhe bei allen.Vaterlands- liebenden Bürgern Unterstützung zu finden. Gegendemonstrationen. Rom  , 10. Juni. Heute nachmittag wurde in der Stadt ein Flugblatt verteilt, das die Bürger zu einer Kundgebung für die Armee aufforderte. Einige taufend Personen ver- sammelten sich alsbald und bildeten einen imposanten Zug mit Fahnen an der Spitze, der sich durch mehrere Straßen nach der Piazza Venezia   bewegte. Dabei wurde das Mamelilied gesungen. Soldaten, denen der Zug unterwegs begegnete, wurden mit dem Rufe:Es lebe die Armee!' lebhaft begrüßt. In den Straßen, durch die der Zug kam, wurden aus vielen Fenstern Fahnen herausgehängt. Damen winkten mit Taschentüchern und warfen Blumen. Florenz  , 10. Juni. Heute nachmittag durchzog eine große Schar Bürger die Straßen unter Protest rufen gegen die Gewalttaten der Ausständigen. Jede ihnen begegnende Abteilung Soldaten wurde mit begeisterten Rufen:Es lebe Italien  ! Es lebe die Armee l' begrüßt. Vor der Präfektur rief die Menge:ES lebe der König!' Die Menge, der eine Fahne vorausgetragen wurde, zog dann vor den Vecchiopalast, wo es zu immer begeisterteren Kundgebungen kam. Abordnungen der Manifestanten begaben sich schließlich zu dem Prä- selten und dem Bürgermeister. Einstellung des Streiks. Rom  , 10. Juni. Der Sekretär des All- gemeinen Arbeiterverbaudes hat an alle dem Verbände angehörenden Arbeiterkammeru ein Rundschreiben ge- richtet, in dem zur Einstellung des Aosftandes vor Mitternacht aufgefordert wird. Das Ministerium Ribot. Paris  , Ist. Juni.(P r i v a t t e l e g r a in m d e sVor- wärt s".) Nvulens Absage vollendet und unterstreicht den konservativen Charakter des Ministeriums Ribot. Ter Temps" bemüht sich, nachzuweisen, daß die Regierung trotz- dem einen Linkencharakter habe. Tie klerikale Presse be- dauert die Berufung des antiklerikalen Unterrichtsnnnisters Dessoye. Trotz dieses Schönheitsfehlers sehen die Reak- tionäre die neue Regierung als die ihrige an. Die radikale Presse spricht einstimmig von einer Herausforderung der Radikalen und weist darauf hin, daß Ribot Pro- gressist sei und sogar Gambetta Jerry als zu fortgeschritten bekänipfte. Wenn keine unerwarteten Schwächefälle eintreten, werde die Regierung dem Sturzschon amerstcnTage nicht entgehen. Die Reaktionäre erhoffen indes die Ent- Haltung vieler Radikaler. Diese Annahme ist nicht absolut unmöglich. Vielleicht beeinflußt die Tonart der Deklaration den in der Militärfrage schwankenden Teil der Radikalen, aber vorläufig beherrscht sie noch ein einhelliger oppositioneller Wille. Die unifizierte radikale Fraktion beschloß in geheimer Abstimmung mit 108 gegen 4 Stimmen, am Freitag ein- hcitlich abzustimmen und der Regierung das Vertrauen zu verweigern. Sie beauftragte C a- I i m i e r mit einer Interpellation. Wohl waren 70 Mit- glieder abwesend, aber bezeichnend ist C r u p p i s Erklärung, daß er, obzwar für die dreijährige Dienstzeit, dennoch jeden- falls aus Prinzip gegen die Regierung stimmen werde. Ja urds klagt in einem Artikel über eine Ver- letzung der Verfassungsregeln, da der Präsident den unifizierten Radikalen die Regierung nicht anbot. Er erwartet die Verwirklichung des Programms von Pau, wofür eine Mehrheit vorhanden sei. Er begrüßt die unvermutete Tis- ziplin der Radikalen, die darin besonders hervortrete, daß kein einziger von ihnen in das Kabinett eintrat. Es sei anzu­nehmen, daß sie festhalten, denn eine Schwäche wäre ihnen tödlich. Auch die gemäßigteren Republikaner würden zahl- reich der Politik Ribots ihre Stimme verweigern; es werde leicht sein, das doppelte Manöver der Reaktion, das in Ver- sprechungen und'patriotischen Verdächtigungen bestehe, zu durchkreuzen. Ribot werde schon am ersten Tage in der Minderheit bleiben oder höchstens mit einigen Stimmen dank der Unterstützung der ganzen Rechten und des Zentrums gerettet werden. Aber wird er Lebenskraft und Kühnheit haben, so zu leben! Eine etwas andere Note weist der Artikel S c m b a t s auf, der Toumergues Rücktritt bedauert und meint, Radikale und Sozialisten hätten einen Fehler gemacht, weil sie Viviani zu viel Bedingungen stellten. Er greift gleichfalls den Prä- sidenten an, weil er Viviani Tupuy aufzwang und nach Vivianis Mißglücken nicht neuerlich Doumergue berief. Das Kabinett sei nur ein Intermezzo, das wahre Stück be- ginne nachher. Paris  , 10. Juni. Ribot hat heute mittag dem Präsidenten Poincare   im Elysec die Mitglieder des Kabinetts vorgestellt. Tie Minister werden morgen nachmittag zu einer Ministerrats- sitzung zusammentreten, um die Fassung für die ministerielle Er- klärung festzustellen. Am Freitag wird die Regierung vor der Kammer erscheinen. Bon den Ministern haben sich Ribot, Bour- geois, Delcasse, Chautcmps, Clemcntel, Peytral, Jean Tupuy, Maunoury und Dariac für die dreijährige Dien st zeit, Dessoye und Reville gegen dieselbe ausgesprochen. politische Uebersicht. Die Besoldungsreform abermals vor dem Dreiklassen- Parlament. Unmittelbar vor der Pfingstpause hotte das Abgeordnetenhaus die von der Regierung eingebrachte Novelle zum BeamtendesoldungS- gesetz in erster Lesung beraten. Die Leser werden sich daran er- innern, daß damals, in der Sucht, möglichst schnell nach Hause zu kommen, das Dreiklassenparlameut die Verhandlungen außerordent- lich überstürzte und wie so häufig den zweiten Redner der Sozialdemokratie nicht mehr zu Worte kommen ließ. Während der Pfingftferien erledigte dann die eingesetzte Kommission in einer Sitzung die ganze überaus weitschichtige Materie und am Mittwoch kam die Vorlage nun zur zweiten Beratung an das Plenuni zurück. Wie bei der ersten Lesung vor Pfingsten, so war auch am Mittwoch bei der zweiten Beratung Genosse S t r ö b e l Redner unserer Fraktion. Noch einmal wies er darauf hin, wie völlig unzulänglich die vorgeschlagenen Gehaltserhöhungen seien und wie sehr das Dreiklassenparlament seine elementarsten Pflichten den Beamten gegenüber dadurch verletze, daß es von der Regierung nicht eine wirklich ernsthafte Reform der Beamtenbesoldung erzwinge. Die Macht dazu habe das Parlament es fehle nur an gutem Willen! Da aber dieser gute Wille bei keiner einzigen bürgerlichen Partei des Hauses vorhanden sei, da vor allem auch das preußische Zentrum, gerade im Gegensatz zur Zentrums- ftaktion des Reichstages, den Kotau vor demUnannehmbar' der Regierung mitmachte, so sei keinerlei Aussicht zu einer Durchsetzung höherer Gehaltssätze vorhanden. Der sozialdemokratischen Fraktion bleibe unter diesen Umständen nichts anderes übrig, als auch ihrer- seits unter schärfstem Protest gegen den Widerstand der Regierung und die Schwächlichkeit der bürgerlichen Parteien, dem Gesetze trotz der Unzulänglichkeit seiner Verbesierungen zuzustimmen. Schließlich wurden die Kommissionsanträge denn auch ein- stimmig angeiiominen. Ebenso die von der Kommission vor- geschlagene Resolution, die von der Regierung die baldige Ein- bringung einer Vorlage verlangt, durch welche die seit der letzten Besöldungsreform hervorgetretenen Mängel, Härten und Ungleich- Helten beseitigt werden. Ein freisinniger Antrag, der die Regiermig um Erwägungen bittet, ob und inwieweit eine geordnete Kran kenfür sorge für Beamte erforderlich und durchführbar sei, wurde der Budget- kommisfion überwiesen. Die zahlreichen Beamtenpetitioncn fielen ausnahmslos unter den Tisch. Freifinnige Selbstkritik. DieFreisinnige Ztg.' ist so wenig durch die Abwehr reaktionärer Unverfrorenheiten in Anspruch genominen, daß sie wieder einmal müßige Zeit genug hat, an dersozialdemokratischen Taktik' herumzumäkeln. Diese höchst überflüssige und unberufene Mäkelei könnte uns noch gleichgültiger und des Erwähnens völlig unwert sein, wenn sie nicht zugleich eine zwar unbewußte, aber nicht minder beißende Selbstkritik des braven Freisinns enthielte. Da kann sich dieFreisinnige Ztg.' zunächst noch immer nicht be« ruhigen wegen des Sitzenbleibens der Sozialdemokratie beim Kaiserhoch. Wenn sich ob dieser roten Missetat die Köckeritze und Jtzenplitze von heute moralisch entrüsten, um durch die Spekulation auf die Angst und den Egoismus des Trägers der Krone die junkerlich-absolutistische Solidarität fester zu verknoten, so ist das für die Krön« zwar nicht schmeichelhaft, aber bei der plumpen Demagogie unserer Junker doch verständlich. WuS aber soll man dazu sagen, wenn unsere Linksliberalen der Sozialdemokratie sogar das ehrliche Bekenntnis zu ihrer rcpubti- konischen Ueberzeugung verargen, während doch schon vor hundert Jahren ein gewisser Johann Gottlieb Fichte   die vornehmste Tätigkeit der Fürsten   darin erblickt hatte, sich für die Zukunft überflüssig zu machen! Aber man braucht nicht an die klassische Blütezeit des Geistes- und Kulturlebens des deutschen Bürgertums zu erinnern, um die grenzenlose Armseligkeit unseres heutigen Liberalismus darzutun nein, dieFreisinnige Zeitung' selbst schreibt die blutigste Satire auf die liberale Taktik. Bringt sie doch folgenden Satz zu Papier  : Daß aber selbst bei dieser Gelegenheit, wo es sich für die Sozialdemokraten lediglich um eine Frage des Taktes und AnstandeS und uin weiter nichts handeln konnte, auch wieder die p olitischen und grundsätzlichen Gesichts- Punkte maßgebend waren.... Das ist so recht bezeichnend.. Also: wenn eine politische Partei in politischen Fragen sich von ihren politischen und grundsätzlichen Gesichts- punkten leiten läßt, statt von feiger, verlogen erRechnungs- t r ä g e r e i, die man fälschlich als.Takt' und, A n st a n d' ausgibt, so soll sie dadurch einen Fehler begangen haben? I Ach nein, die politische Versumpfung und die bejammerns- werte Ohnmacht des Freisinns ist die eindringlichste War- nung davor, jemals nach freisinnigem Muster die politischen und grundsätzlichen Gesichtspunkte den:.Taktgefühl' eines Zeremonien- meisters oder eines Kriegervereinsvorsitzenden zu opfern! Zu welch politischem und intellektuellem Tiefftand solch liberale Taktik führt, beweist die unsägliche Stellung derFreis. Ztg.' zu dem unerhörten Schreckensurteil wegen derDenk- malsschändung'. Bringt es doch das Blatt fertig, demVor- wärts' zuzumuten, diese bedauernswerten Opfer einer ungeheuer- lichen Klaffen- und Tendenzjustiz einfach preiszugeben! Als ob wir die Torheit ihres unsinnigen Streichs nicht längst preisgegeben hätten! Als ob wir den Streich nicht für s o töricht erklärt hätten, daß der Gedanke an einen Spitzel nur zu nahe lag! Nachdem sich nun aber herausgestellt hat, daß wirklich ein paar harmlose Menschen im besten Glauben eine hahnebüchene Dummheit begangen haben, sollten wir diese Opfer eines unglückseligen und auserlesen törichten Einfalls die aber beileibe leine Verbrecher waren einfach kaltlächelnd dem Wüten einer bis dahin denn doch noch nicht erreichten, ja nicht einmal für möglich gehaltenen Klaffenjustiz einfach preisgeben?! Der Freisinn mag ja auch eine solche Taklik für klug und moralisch halten wir halten sie moralisch für ebenso verwerflich, wie politisch unklug! Ehrlich währt am längsten. In der Politik zum mindesten. Mag der tapfere Freisinn in Aengsten beben die Sozialdemokratie wird durch die letzten reaktionären VerfolgungSorgieu Hunderttausende neuer Anhänger gewinnen. Der Kaiser hat sein Recht verloren." Unter dieser sensationellen. Ueberschrift bciröffeiitlic&te am Dienstagabend dieKreuzzeitung  ' an der Spitze des Blattes einen Artikel des Professors Paul Krückn�inn-Munsicr. Ter langen Ausfiihrungen furzer Sinn war in dem Artikel der bekannte: Sammlung der bürgerlichen Parteien im Reichstage gegen die Sozialdenwkratie. Wörtlich wurde unter anderem ausgeführt:Wenn aber jetzt, nach der jüngsten Hcrausfordernng der sozialdcnwkratisckien Abgeordneten die Mehrheit der Volksvertreter keine durchgreifende Abhilfe schafft, dann verdient sie Schimpf und Schande, dann verdient der Nanic eines Volksvertreters zum Gespött für Kinder zu werden." Der scharfniacherische Professor geht dann aufs ganze und fordert nicht weniger, als daß denjenigen Abgeordneten, die sich im Reichstage an einem Tage oder während einer Session mehrfach Ordnungsrufe zugezogen haben, für die ganze Session daS Wort entzogen wird, und daß sie, wenn das nichts hilft, von einer Reihe von Sitzun- gen oder von allen Sitzungen ausgeschlossen w e r d e n, auch wenn Abstiimnungen vorgenommen werden. Es sei lächerlich, zu sagen, daß ein Abgeordneter unter allen Umständen das Recht haben müsse, den Sitzungen beizu- wohnen. Selbstverständlich ist der Mitarbeiter des preußischen Junkcrblattes auch der Ansicht, daß die AbgesrdMten, die in