Die "Gelbwesten"-Proteste in Frankreich haben tiefgreifende regionale Missstände und sozio-ökonomische Disparitäten zutage treten lassen. Der genauere Blick auf diese regionalen Disparitäten zeichnet das Bild eines "zerstückelten", auf allen administrativen Ebenen von zahlreichen Bruchlinien durchzogen Landes. Trotz - oder wohlmöglich gerade wegen - der zentralstaatlichen Umverteilungspolitik ist staatliches Handeln für viele Bewohner in den Regionen nicht mehr sichtbar. Vielmehr wächst bei ihnen der Eindruck, dass ihre Anliegen von der öffentlichen Hand nicht angemessen berücksichtigt werden, dass sie und ihre Regionen "abgehängt" sind. Daraus entsteht ein gefährlicher Nährboden für Populismus. Die vorliegende Studie liefert eine Radiografie dieses "zerstückelten" und von vielen Ungleichheitslinien durchzogenen Frankreich. Zudem zeigt sie die Grenzen einer zentralistischen Politik auf, wie sie bislang in Frankreich prägend war, und macht deutlich, dass diese heute kein probates Mittel im Kampf gegen Ungleichheit mehr Teaserist. Stattdessen empfehlen Experten, dass die Gebietskörperschaften mit mehr Kompetenzen und Ressourcen ausgestattet und neue Formen der Solidarität im Rahmen regionaler Zusammenarbeit gefördert werden - ein Politikwechsel, wie er im Zeichen der durch Covid-19 ausgelösten sanitären, wirtschaftlichen und sozialen Krisen derzeit mit Erfolg erprobt wird.