Im vergangenen Jahrzehnt erlebten viele Länder Lateinamerikas aufgrund der hohen Nachfrage auf dem Weltmarkt einen Rohstoffboom, der ihnen erlaubte, ihre Ökonomien zu stabilisieren und Sozialprogramme aufzulegen, die einer breiten Schicht von Armen zugutekamen. Die "Rohstoffrente" fällt insbesondere dort hoch aus, wo die Rohstoffunternehmen höher besteuert, in einigen Fällen sogar verstaatlicht wurden. So entstand eine „neue Mittelschicht“, und der Einfluss multinationaler Konzerne wurde zurück gedrängt. Politisch spiegelt sich diese für die meisten Länder erfreuliche Entwicklung in einem gestiegenen Selbstbewusstsein und größerer außenpolitischer Unabhängigkeit wieder, v. a. gegenüber den USA. Sie hat aber auch ihren Preis: Soziale Konflikte um Land und Wasser haben zugenommen, und die Umwelt – insbesondere auch Naturschutzgebiete – werden stark belastet. Bereits heute stellt sich zudem die Frage, wie nachhaltig eine Wirtschaftspolitik sein kann, die sich überwiegend auf den „Extraktivismus“ stützt, also die schrankenlose Ausbeutung natürlicher Rohstoffe wie Öl und Gas, Erze und Mineralien, aber auch landwirtschaftlicher commodities wie Soja, Zucker oder Fleisch.