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Obgleich daS Wasser aus Tegel ollen bygienischen An- forderungen genügen schien� wurden des öfleren unsaubere Beimischungen entdeckt. Es war die braune Alge, die das Wasser verunreinigte. Diesem gesährlichen Ucbel wurde ab- geholfen, indem daS Wasser über riesige Filter geführt wurde, die auch den geringsten Schinutz absondern. Später mutzte noch eine andere sinnreiche Vorrichtung, sogenannte Ricselcr, gesckwfcii werden, um den hohen Eisengehalt emS dem Wasser nit entfernen. Auf diesem Wege wenden in Tegel täglich 182 Kilogramm oder jährlich 70 Tonnen Eisen ausgeschieden. 1888 waren die vcrgrötzerten Tegeler Werke imstande, täglich 141 000 Kubikmeter Wasser zu liefern. Diese Menge reichte wohl augenblicklich hin. den Bedarf zu decken, konnte aber schon in der nächsten Zukunft nicht mehr genügen. Darum ging man sogleich an die Errichtung der Werke am Müggelsee, heute die grötzten. Im Sommer und Herbst 1893 wurde der Betrieb eröffnet, 1896 wurde eine dritte Abteilung vollendet. Damit waren nun Anlagen geschaffen, die vollkoinnren genügten, eine Millionenstadt wie Berlin hinreichend mit Wasser zu spei fem In gewaltigen Kanälen rauscht das Wasser von der Quelle der Stadt zu. wo es in Tausenden und aber Tausenden Röhren und Röhrchen seiner Bcstim- mung zugeführt wird. Sehr eingehend und sachlich wird weiter in dem kleinen Büchlein die technische Einrichtung der Wasserwerke und Ver- teilungStvcrke. wie überhaupt der weitverzweigten Bcfördc- rung erörtert. Durch gute Zeichnungen und Photographien wird dao Verständnis der Darlegungen erleichtert. Das billige Büchlein ist ganz vortrefflich geeignet, jeden über die Geschichte und das Wesen der Berliner Wasserversorgung zu unterrichten._ Gebote für Ausflügler. Das schöne ÄusflngSwetter mahnt die Ausflügler zur Inn «- Haltung folgender Gebote: 1. Tu sollst die Natur, die Dich durch ihre Schönheit erfreut, nicht mit Undank lohnen, indem Du sie schädigst. 2. Tu sollst die Natur nicht durch weggeworfene Blumen, Papier oder sonstige Abfälle verschandeln. Denke daran, daß nach Dir andere ebenfalls an einem sauberen Platz sich erfreuen wollen. Wenn Du keine Lust hast, Papier und Abfälle mit nach Hause zu nehmen, suche es zu vergraben. 3. Du sollst nicht mutwilligcrwcise Blumen und Pflanzen am Wege zertreten und von Bäumen und Sträuchern Zweige und Aeste abbrechen oder Blumen ausreißen, um sie am Abend, weil verwelkt, fortzuwerfen. Denke daran, daß andere darauf treten und zu Falle kommen können. 4. Tu sollst die Rinde der Bäume nicht als Stammbuch be- nutzen. 5. Du sollst Deine Mordlust nicht an unschuldigen Käfern und kleinen Tieren auslasten. b. Tu sollst weder Scherben noch Glas inS Waffer oder auf Wege werfen. Denke daran, daß ander« sich daran verletzen können. 7. Tu sollst im Walde nicht rauchen, auch nicht über Wiesen und Felder gehen. 8. Du sollst, wenn Du auf dem Waffcr fährst, größte Vorsicht üben und Dich und andere nicht in Gefahr bringen. v. Du sollst beim Andrang iy der Bahn stets auf alte Leute Jltzd Kinder Rücksicht nehmen und nicht rücksichtslos einen Platz zu «robern suchen. 10. Du sollst Kinder und unverständige Erwachsene zur möglichsten Nachsicht anhalten. lind schließlich sollst Tu Dich immer mit der Lokallifte versehen, um gewiß zu sein, beim Einkehren in ein Lokal keinen Wirt zu besuchen, der sonst den Arbeitern den Stuhl vor die Türe setzt. Fürfllichcs Gehalt. Eine begehrenswerte Stelle hat der Amtsvorsteher von Groß- Köris sKreis Teltow) zu vergeben. Er sucht einen Beamten, der auf allen Gebieten beschlagen sein soll und setzt flir die Tätigkeit daS horrende Monatsgehalt von 4b bis 50 Mark aus. Um zum Ziele zu kommen, will der Amtsvorsteher einen pensionierten Beamten haben, der den Posten versehen soll. Er hat sich zu diesem Zwecke nach Berlin gewendet, wo man dem Herrn auch behilflich sein will. Dieser Tage ist nun in sämtlichen Polizeirevieren Graß- Berlins ein Befehl bekannt gegeben worden, der folgenden In- halt hat: ..Der Amtsvorstcher von Groh-Köris, Kreis Teltow, sucht zum 1. Oktober 1914 einen pensionierten Beamten als Bureaugchilfcn. Es wird Wert daraus gelegt, daß der betreffende Mann einiger- maßen mit der Bearbeitung von Gewerbe- und Straffachen, Ver- sicberungs-, Gesinde- und Meldeangelegenhcitcn vertraut ist. Es laun sich»ur um einen älteren zuverlässigen Beamten handeln. Tienststunden 8 bis 3 Uhr. Entschädigung monatlich 45 b i s 50 Mark. Bekanntgabe an die pensionierten Beamten bat nach Möglichkeit zu erfolgen. Bewerber, die für geeignet gehalten wer- den, sind�dcm Kommando binnen 8 Tagen namhaft zu machen." Die stelle ist eine recht begehrenswerte. Der Beamte soll einigermaßen" mit der Bearbeitung von Gewerbe- und Strafsachen vertraut sein, soll Versicherungs-, Gesinde- und Melde- angelegenheiten kcnncn, und vor allem ein älterer zuvcrläffiger Bc- amtcr sein. Aelterc Beamte werden aber doch nur dann pensioniert, wenn sie verbraucht sind. Ein verbrauchter Beamter kann aber n cht gut die verlangte Tätigkeit ausüben. ES wäre schon richtiger, zur Bewältigung der geforderten Arbeiten einen ganzen Mann ein- zustellen und natürlich dafür ein ongemeffencS Gehalt zu zahlen. Aus der städtischen Krankenhausverwaltung. Ju der gestrigen Sitzung der Krankenhäusdeputation.wurde über die Einrichtung und Belegung des LeichtkrankenhaaseS, das in dem ehemaligen Johannisstift bei Plötzensee untergebracht ist. berichtet. Die Anstalt ist ein Krankenhau« mit moderner Ein- richtung und Ausstattung und nach ihrer besonderen Lage in einem schönen alten Park besonders dazu bestimmt, leichteren Kranken und Kranken, welche aus dem Wege der Besserung sich befinden, die aber noch der Krankenhauspflege und der ärztlichen Behandlung und Auf- sicht bedürfen, Aufnahme zu gewähren. Femer beschäftigte sich die Deputation mit der Verteilung der iir die städtischen Krankenanstalten zur Verfügung stehenden sechs» hundert Milligramm radioaktiver Substanzen. Diese waren bisher in der Hauptsache dem Virchvw-KrankenhauS überwiesen. Da für den dortigen Bedarf 300 Milligramm genügen, so sollen je 100 Milligramm den Krankenhäusern Moabit , am Friedrichshain und am Urban überwiesen werden. Geduldete Fuhgänger. Die.Bossische Zeitung" veröffentlicht folgende Zuschrift: .Wer in den Morgenstunden vom Zoologischen Garten, am Hippodrom vorbei, zur Stadt gehen muß, wud sich gewiß de« farbenfrohen Bildes fteuen. däs sich hier auf der Reitbahn der oberen Zehntausend entwickelt. Weniger erfreut wird er über die Rücksichts- losigkeit sein, mit der einzelne Reiter, ohne den Galopp ein« zuschränken, über die Wege, auf welche die Fußgänger angewiesen find, hinwegstürmen, trotzdem das Auge der Polizei in Form eine» Schutzmanns zu Fuß Über die Ordnung wacht, allerdings ohne dazu imstande zu sein. Denn auf wiederholte Beschwerden bei den Schutz- lernen wurde die Tatsache der Tefobr für die Fußgänger zwar an- erkannt, aber einer der Hüter der Ordnung erklärte, daß der Weg .für Fußgänger nur geduldet" sei, ein zweiter hingegen gab die treffende Erklärung, was soll ich tun, wenn ich den wilden Jäger fassen will, ist er längst über alle Berge. Daß ich in der letzten Zeit drei führerlose Pferde, die das Beispiel ihrer Reiter be» folgten, über die Fußpfade dahinstürmen sah, sei nur erwähnt, denn die Pferde bewährten ihren Pferdeverstand. Nur ein einziges war eine Dame um, die ihr Kind vor dem Ueberrittenwerden beschützen wollte." Das sind ja ganz nette Zustände. Für Pferde und Reiter muß Platz sein, Fußgänger sind nur geduldet. Ter reingefallene Schlauberger". Ein lustiges Stückchen ist von einem jungen Schöncberger Kauf» niann Fritz K. auf dem Potsdamer Bahnhof verübt worden. Etwa 10 Minuten vor Abgang eines Sonderzuges betrat da ein junger. sehr elegant gekleideter Herr den Bahnsteig und spähte eifrig in jede» Abteil natürlich dritter Klasse um noch einen Platz für sich zu ergattern. Leider aber war alles besetzt und die gemütlich- schadenfrohen Zurufe der Glücklichen, die ein Unterkommen gefunden hatten, ließen in dem Reisenden keine besonders frohe Stimmung auskommen. Plötzlich aber kam dem Suchenden eine Erleuchtung. Er eilte an den letzten Wagen des Zuges und rief mit.Amtsstimme':.Alles aussteigen, der Wagen bleibt hier!' Unter den Reisenden, die in diesem Waggon Platz gefunden hatten, erhob sich natürlich ein Sturm des Unwillens und der Entrüstung. Da aber bis zur Abfahrt des Zuges nur noch wenige Minuten fehlten, raffte jeder sein Gepäck zusammen und stürmte in die anderen schon besetzten Abteile der vorderen Wagen. Der.Schlauberger" aber bestieg in Seelenruhe eine» der freigewordenen CoupvS, steckte sich behaglich eine Zigarette an und erwartete, sich des so glänzend gelungenen SpatzeS froh, die Abfahrt des ZugeS. So verging eine Biertelstunde, ohne daß die Wagen sich in Bewegung setzen wollten. Als der junge Reisende sich schließlich unwillig über die Verspätung bei einem Bahnbeamten erkundigen wollte, wann denn eigentlich die Abfahrt stattfinden werde, tauchte plötzlich der Stationsvorsteher am Fenster auf und fragte den ungeduldigen Reisenden so recht gemütlich und freundlich: .Sie find wohl der Herr, der vorhin bekannt machte, daß der letzte Wagen nicht mitgenommen werde?' AlS der junge, elegante Mann, vergnügt lächelnd, bejahte, antwortete der Beamte:.Dann folgen Sie mir bitte inS Bureau, damit ich Ihre Personalien feststellen kann. Den Zug haben Sie sowieso verpatzt, denn der letzte Waggon ist tatsächlich von dem Zugpersonal abgehängt worden, da man in Ihnen einen höheren Beamten vermutete." Dem.Schlauberger' dürfte sein so glänzend gelungener Spaß allerdings infolge un- berechtigter Anmaßung einer Beamtenwürde ein wenig teuer zu stehen kommen. Reiseeinbrecher an der Arbeit. Die.Reiseeinbrecher', Spitzbube«, die die Reisezeit benutzen, um in unbewachte Wohnungen einzudringen, treiben e» auch in diesem Jahre wieder sehr arg. Die Einbrüche dieser Art nehmen wieder erschreckend zu. Die Warnungen, die jahraus, jahrein in der Preffe erscheinen, fruchten leider nur wenig. Immer noch hinter- lassen die Verreisten selbst geradezu ein Aushängeschild, da« die Verbrecher auf ihre Wohnung aufmerksam macht. Bei der Abreise lasten sie die Rollvorhänge der Fenster herunter und beauftragten niemand, ab und zu in der Wohnung einmal nach» zusehen und die Borhänge den Tag über aufzuziehen. Die.Spe- zkalisten" beobachten das auf ihren ErkundungSgängen sehr genau und schließen au« anderen Umständen auch bald, wo etwas zu holen ist. Weil sich wochenlang niemand um solche Wohnungen kümmert, so kommt es nicht selten vor, daß sie mehr oder weniger vollständig ausgeplündert werden. So geschah eS erst kürzlich wieder bei einem höheren Beamten in Charlottenburg . In dessen Wohnung hatten sich die Einbrecher, wie bei der Rückkehr des Inhabers der Befund ergab, förmlich eingenistet. Ungestört schafften fie ein Wertstück nach dem anderen weg, um eS zu Geld zu machen: das ganz« Silber» zeug, bares Geld, darunter auch JubiläumS-Drei- und Zweimark- 'tiicke, eine Münzensammlung. Bettzeug. Chaiselongue» und Stepp- decken, kurz alles bis auf die Möbel. Alles, was noch vorhanden war, lag bei der Rückkehr der Familie wüst durcheinander. Ter Vertrauensmann vonJungdeutschland', Herr von Hülsen, Oberst und Kommandeur des 4. Garderegiments z. F., läßt uns eine Berichtigung zugchen zu einer Meldung, die wir am 2. Juni unter der Ueberschrift:.Das Opfer eine« JungdeutschlanbSbündlers' ver» öffentlicht hatten. In dieser Notiz war mitgeteilt, daß am zweiten Psingstfeiertage in der Grünauer Forst unweit des Lokal«.Marien­lust" ein junger Mensch, der nach seiner Angabe dem Jungdeutschlanb» bund angehörte, einen fünfzehnjährigen Knaben in die Brust ge« schössen habe. Der Herr Oberst ersucht, unsere Notiz dahin be- richtigen zu wollen, daß zwar der Verletzte dem Jungdeutschland- bunde angehört, nicht aber der von der Polizn ermittelte Täter. Im Jungdeutschlandbund sei da« Tragen von Feuerwaffen Verbote». Wir möchten dazu bemerken, daß unsere Mitteilung von einem Augenzeugen deS bedauerlichen Vorfalles stammt, daß der schieß- lustige junge Mensch gleichfall» die Uniform der Jungdeutschland- bündler getragen hat und daß er ferner auf den ihm gemachten Borwurf: Wie könnt Ihr denn hier im Walde Feuer anmachen? geantwortet hat:.Wir können daS, wir find vom Jungdeutschland- bund!' Wenn der Herr Vertrauensmann von Jungdeutschland darauf hinweist, daß im JungdeutschlondSbund das Tragen von Schußwaffen verboten ist, so kann dieser Hinweis aber nichts daran ändern, daß in sehr vielen Fällen das Verbot übertreten wird, wie schon frühere von uns berichtete Vorkommnisse dargetan haben. Vergiftet anfgcfunden wurde gestern in einem Zinuner der Herberge des Gewerkschaftshauses der Kaufmann Reinhold Hanne- bohm, der im Adressenverlag von TeSmer gearbeitet hat. In seinem Portemonnaie befanden stch noch 33 Pfennige. Dachstuhlbrand. Gestern früh um 6 Uhr, al» die Hausbewohner noch schliefen, stand der große Dachstuhl des Seitenflügel« de« Hause« Lietzenburger Straße 37 in Wilmersdorf in ganzer Ausdehnung in Flammen. Erschreckt eilten die Bewohner auf die Straße. Die Wilmersdorfer Feuerwehr war mit zwei Löschzügen unter Leitung ihres Branddirektors schnell zur Stelle. Die Flammen hatten schon daS Zwischengebälk des oberen Geschosse», die Dach- lonstruktion, die Bodenkammern mit Inhalt erfaßt. Mit 6 Schlauch- leitungen der Dampfspritzen wurde angegriffen. Um 9 Uhr war die Macht deS Feuers gebrochen. Die Auftämnung und Ablöschung nahm dann aber noch viel Zeit in Anspruch. Durch einen Sturz vom Wagen schwer verungliickt ist gestern abend der 37 Jahre alte Arbeiter Emil Abendrot aus der Röntgenstrahc 5 zu Charlottenburg . Der Mann, der bei einem Asphaltierungsgcschäst angestellt war, benutzte nach Feierabend einen Wagen dieses Geschäfts, um damit nach Haus« zu fahren. AIS der Wagen von der Hannoverschen Straße am Oranienburger Tor in die Friedrichstraßc einbog, fiel Abendrot, der hinten saß, plötzlich aus noch nicht aufgeklärtem Grunde auf das Pflaster, und schlug mit dem Kopf so heftig aus, daß er besinnungslos liegen blieb. Der Kutscher hatte den Unfall gar nicht bemerkt und mußte erst von anderen Leuten darauf aufmerksam gemacht werden. Ein Schutz- anann brachte den Verunglückten mit einem Automobil nach der Charit«« wo. er. schwer daniederliegt. Gesperrt. Die Zossener Straße vom Waterloo - bis zum Plan- ufer einschließlich des KreuzdammeS wird wegen Pflasterarbeiten vom lS. d. M. bis auf weiteres für Fuhrwerke und Reiter gesperrt werden. Vorortnachrichten. Neukölln. Urbcr dir Verhandlungen des Preußischen Landtag» erstattete am Freitag in einer gutbesuchten Versammlung m Kliems Festsälcn" der Abgeordnet« von Neukölln-Schöneberg , Ge­nosse Otto H u e, seinen Wählern Bericht. Einleitend bcmcrttc Redner, daß wir vor Jahren, als die Beteiligung an den Land- tagswahlen diskutiert wurde, uns in einem großen Irrtum bc- fanden, wenn wir annahmen, daß dieses Junkerparlament in sich selbst verfaulen würde. Heute müsse man sehen, daß seine Bc- deutung eine immer größere werde und daß die Koalition der dort vertretenen Kraut- und Schlotjunkcr immer mehr einen geradezu verhängnisvollen Einfluß auf die Reichsregicrung ausübe. Dos mach« auch erklärlich, wenn Minister v. Delbrück einen vorläufigen Abschluß der sozialen Gesetzgebung ankündigen konnte, obgleich gerade auf diesem Gebiete noch bedeutende Verbesteningen nötig feien. Habe die Tätigkeit der 10 sozialdemokratischen Abgeordneten unter 445 so auch keine wirklich positiven Erfolge aufzu- weifen, so dürfe doch die reichlich in Antvcndung gekommene Kritik von der Tribüne des Landtags herunter nicht unterschätzt werden. Auf unsere Haltung zu den einzelnen Etats des preußischen Hau»- haltS übergehend, der mit seinen 4845 Millionen Mark ein größeres Budget ausweise als selbst das Reich, kommt Redner zunächst aus den Ag rar etat zu sprechen. Hier müsse ausgesprochen werden, daß wir der Frage der Landwirtschaft in Zukunft weit mehr Bc- achtung schenken müssen als bisher. Es sei ein geradezu gcfähr- lichcr Zustand, daß sich bereits der siebente Teil des preußischen BodenS als gebundener Fideikommißbesitz in den Händen einer kleinen Anzahl von Agrariern befinde,, durch deren Ausbeutungs- sucht der Ernährung des Volkes schwerster Schoden zugefügt werde. Beim E t a t d e s Verkehrswesens habe bei aller An- erkennung des vorhandenen Guten die Sozialdemokratie Beran- lassung genommen, die skandalöse Behandlung des Arbeiter- und Beamtenpersonals gebührend zu geißeln und auch für wirtschaftliche Besserstellung dieser Schichten einzutreten, wie fie auch beim K u l t u s e t a t den Verblödungsbestrebungen der Regierung in be- zug auf die Jugend mit aller Macht entgegengetreten fei. Besonder« ungünstige Stunden ergaben sich für die Regierung beim P o l i- zci- und Justizetat. Der Dust der hier aufgedeckten Kor- ruption verbreite Unbehagen bis weit in bürgerliche Kreise hinein. Und wenn das Geschäft des Kloakenreinig�rS auch ein ange« nehmes fei, so habe eS dennoch von der Sozialdemokratie über- nommen werden muffen. Auch beim Handels-, Gewerbe-, Berg- und Hüttenetat habe sich Gelegenheit geboten,«in- mal gründlich abzurechnen mit den Vertretern de« industriellen Großkapitals, den Speisern und Aushältern der Gelben, dieser Verluderung der deutschen Arbeiterbewegung, wie auch beim Justizetat, die herrschende Klasseniustiz in ihren schönsten Farben gemalt werden mußte. Konnte die Tätigkeit der sozial- demokratischen Vertreter so in der Hauptsache auch nur in der Kritik bestehen, so müsse doch eins festgehalten werden: Vom preußischen Landtag aus wer de die deutsche Poli- ti? gemacht. Deshalb müsse mit dem Sturz des Dreiklassen- Wahlrechts der Anfang gemacht werden zur Besserung allxr poli- tischen Vevhältniffc im Reiche. Nicht durch Resolutionen oder Massenversammlungen lasse sich- das Bollwerk der preußische» Junker beseitigen. Unermüdliche Aufklärung und Organi­sation allein seien die Mittel, mit denen es gelingen müsse, auch in Preußen den Weg-frei �u machen für eine freiheitliche Entwicke- lung. Stürmischer Bei fäll folgte den eineinhalbstündigen Aus­führungen des Referenten. In der Disknsftiw sprach zu nächst der Führer der Neuköllner.Demokraten, Herr Roß, dem Referenten den Dank seiner Freunde aus für dessen Tätigkeit. Auch weite bürgerliche Kreise feien mit der Haltung der sozialdemokratischen Fraktion vollkommen einverstanden. Und wenn diese kleine Frak- tion auch viele und lange Reden halte, so sei man auch hierfür dankbar und nehme einen gelegentlichen falschen Zungenschlag durchaus nicht tragisch Redner schloß mit der Versicherung, daß die Demokratie auch bei weiteren Schritten zur Rioderringung der Junkermacht an der Seite der Sozialdemokratie zu finden sei» werde. Genosse Emil Barth erkennt im großen und ganzen den schweren Kampf der Fraktion an. Er erklärte sich ober auZ taktischen Gründen gegen die Stellung derselben zur Erhöhung der Beamtengehälter. Wenn auch gegen solche produktive Arbeit leistenden Beamten nichts einzuwenden sei, müßten sie für die Polizei, die Prätorianergarde der Reaktion, entschieden abgelehnt werden. Man solle endlich auch aufhören, die Beseitigung deS DreiklossenwahlrcchtS als heiligste Aufgabe deS Proletariats zu be- trachten und zu diesem Zwecke die erstmalige Anwendung des Massenstreiks zu propagieren. Dieser werde notwendiger und wirkungsvoller angewendet werden müssen zur Erhaltung bestehen- der, aber schon sehr gefährdeter Rechte, Koalitionsfreiheit usw. Gen. K l ü ß bezeichnete die Tätigkeit der Fraktion als außer- ordentlich lobenswert, obgleich bcft'piclswwise bei Beratung des Kultusetats noch ganz ander« Worte gesprochen werden mußten. Der Kampf gegen die Religion müsse auch im Parlament geführt werden. Unser Programmsatz könne nicht ausschkießen, daß wir gegen diese schlimmste Feindin deS Kulturfortschritts entschieden Front machen. Ohne die Wichtigkeit des Wählrechts zu verkennen, müsse eS als Irrtum bezeichnet werden, wenn von ihm der ganze Kulturfortschritt abhängen sollte. Unablässige Berbreiwng und Vertiefung unserer Ideen seien die Mittel, die ein geistig erstarktes Proletariat auch über die Junker zum Siege führen werde. Ge­nosse Feiler ist der Ansicht, daß mich in der vom Genossen Klüß bemängelten Angelegenheit die Fraktion ihre volle Schuldigkeit gc- tan habe. In dieser Beziehung ließen die Reden des Genoffen Adolf Hoffmann an Deutlichkeit wirklich nichts zu wünschen übrig. In der Frage des Wahlrechts, die seiner Ansicht nach die Kernfrage darstell«, dürfe nicht wilder, ungezügelter Tatendrang die Ober- Hand gewinnen, sondern müsse zielbewußter, entschiedener Wille bc- tätigt werden.. Im Scklußwort bemerkte Genosse Hue gegen- über den Ausführungen Barths, dptz die von diesem gewünscht« Stellungnahme gegenüber der Polizei nicht durchzuführen sei. DaS Gehalt des Ministers selbst werde ja ständig abgelehnt. Gegenüber Klüß erklärte er: Wir haben unseren Kampf nicht gegen die Reli- gion als solche zu führen, sondern gegen die V e r f ä l s ch u n g der Religion, wie sie durch die kapitalistische Kirch« geschehe. Was den Massenstreik anbelange, so sei seine Proklamierung sicher leicht. Man müsse aber auch wissen, was dahinter stehe. Wir seien keine frivolen Putscheure, sondern tragen die Verantwortung vor der Geschichte. Deshalb werden wir zur Anwendung dieses Mittels dann kommen, wenn es uns paßt und wir eS für notwendig halten. Nach einigen kurzen Worten des Dankes an Genossen' Hue durch den Borsitzenden fand die Versammlung-Jodann ihr Ende. Gefunden wurde in der Versammlung bei Kliem am 12. Juni ein Portemonnaie mit Inhalt. Abzuholen im Bureau deS Wahl­vereins, Neckarstraße 3. Zenzen grfucht. Am 6. Mai, abends gegen 10 Uhr, ist e» in der Gegend Schönftedtstraße oder Fuldastraße zwischen mehreren Männern zu einem Streit gekommen. Einer der Männer lief dann weg und wurde von zählreichen Personen verfolgt. Er hat darauf vier Schüsse abgegeben, nach seiner Behauptung in der Notwehr, und ein in der Fuldastraßc wohnender Schankwirt ist durch zwei Schüsse verletzt worden. Personen, die den Vorfall beobachtet haben, werden gebeten, sich mit dem Verteidiger Rechtsanwalt Dr. Oskar Cohn in Berlin , Landsberger Straße 58, in Verbindung zu setzen.. Steglitz . Schwere Folgen hatte«in Zusammenstoß, der sich in der Schloß- praß« in Steglitz zwischen einem Wogen der Straßenbahn und