Br. 173. 31. Jahrgang.
3. Beilage des„ Vorwärts" Berliner Volksblaff.
Deutscher Gewerkschaftskongreß. geftimmt werden. Der Gedanke der Arbeitslofenversicherung marschiert firafen und ausſchließen.
6. Verhandlungstag. ( Telegraphischer Bericht.)
Das Referat über
Arbeitslosenfürsorge
い
erstattet Winnig Hamburg( Bauarbeiterverband). Er gibt eine historische Uebersicht der fapitalistischen Entwickelung und der mit ihr steigenden Arbeitslosigkeit und fährt dann fort: An den modernen Katastrophen des Wirtschaftslebens sind Hunderttausende beteiligt und die hergebrachte Armenfürsorge ver= sagt ihnen gegenüber. Wenn die Reichsstatistit auch nur einen fleinen Bruchteil der Arbeitslosigkeit erfaßt, so lehrt sie uns doch schon, daß eine Arbeitslosigkeit von auch nur 3½½ Proz. bereits 1907 627 000 Arbeitslose bedeutet haben würde- Lohnarbeiter, die zum größten Teil eine Familie zu erhalten haben. Die ArbeitsTosigkeit ist nicht nur periodisch; selbst wenn von den Bauarbeitern nur 2 Proz. im Durchschnitt auch unter mittlerer oder guter Konjunktur arbeitslos sind, so bedeutet das jährlich rund 360 000 Arbeitslose.( Hört! hört!) Die industrielle Reservearmee ist eine rechnerisch nachweisbare Tatsache. Diese ums fangreiche Arbeitslosigkeit ist die schwerste Anklage gegen die planlose Produktionsweise des Kapitalismus, gegen das private Befizmonopol. Diese Hunderttausende müssen leiden, damit andere Hunderttausende ihr glänzendes üppiges Leben weiter führen können. Die Arbeitslosigkeit ist ein dauernder Ruf nach planvoller Regelung der Produktion, nach sozialer Gestaltung des Wirtschaftslebens. Für alle Nichtigkeiten haben wir Gefeße, die Gütererzeugung ist dem Zufall tapitalistischer Bedürfnisse überlassen.( Sehr wahr!) Die ArbeitsTosigkeit vermindert die ohnehin auf niedriger Stufe stehende Ernährung der Arbeiterfamilien in Deutschland , den Verlust an Volkskraft hat die Gesamtheit zu tragen; sie schränkt den Marenabsatz und dadurch die Gütererzeugung noch mehr ein, steigert die Arbeitslosigkeit und erstredt sich auf die in der Warenverteilung Beschäftigten. Die Arbeitslosigkeit erhöht die Kriminalität und die Selbstmorde. Teilnahmslos geht die Staatsgewalt an dem Elend der Arbeitslosen vorüber, ja sie verfolgt die die Arbeitslosen unterstützenden Gewerkschaften mit ungerechter Härte. Soll man wirklich glauben können, daß sich die Arbeiterklasse dauernd damit abfindet? Muß da nicht der Augenblick kommen es fann ja ein für die Staatsgewalt aus anderen Gründen sehr kritischer Augenblick sein two die Arbeiterklasse ruft: Es ist genug!? ( Bewegung und Zustimmung.) Die deutschen Gewerkschaften find für jede nur mögliche friedliche Reformarbeit. Aber sollen wir, wenn die Möglichkeit friedlichen fozialen Fortschrittes fehlt, unseren Mitgliedern sagen: Bescheidet Euch, es geht nicht anders? Hier gilt das Wort:
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Wenn der Gedrückte nirgends Recht kann finden, Wenn unerträglich wird die Last,
Greift er getroſten Mutes in den Himmel Und holt herunter seine ew'gen Rechte, Die droben hangen unveräußerlich."
erledigt.
Sonntag, 28. Juni 1914.
reichen, denn der Weg der Reform ist schwer, aber wir müssen immer Einhaltung tariflicher Vereinbarungen nicht nur moralisch zu und immer wieder die Forderung wiederholen, mag sie 99mal nieder zwingen, wie wir es tun, sondern auch, wenn wir das tun wollen, und wird seine Verwirklichung finden. Unsere Bewegung gleicht Die Frage der Entscheidungsinstanz und der Durchführung der einem breiten Strom, in dem die Wellen auf und niedersteigen, Entscheidung ist die wichtigste. Aber auch dazu reichen die vertrags anschwellen und wieder zerrinnen am Widerstand des Bestehenden. lich festgelegten Schiedsinstanzen völlig aus, während Gewerbe- und Aber auf jedes Zerrinnen folgt ein neues Ansteigen, ein neues Zivilgerichte ungeeignet erscheinen. In manchen Tarifen ist die Vorwärtsdrängen. Ob auch Welle an Welle sich bricht, der Strom Möglichkeit von Geldstrafen für Vertragsbrüche vorgesehen, auch ergeht weiter.( Stürmischer Beifall.) fennen bereits höchstrichterliche Entscheidungen an, daß TarifschiedsNach einer furzen, dem Referenten zustimmenden Aussprache, gerichtsurteile rechtskräftig und zwangsvollstreďungsfähig sind, wenn erfolgt die einstimmige Annahme der folgenden es sich dabei um die Urteile von Schlichtungskommiffionen unter dem Borsitz des Gewerberichters handelt, und wenn die Bindung i Resolution: „ Der 9. Kongreß der Deutschen Gewerkschaften, die Ver- Tarifvertrag steht und sich auf das Verhältnis zwischen den einzelne tretung von 2 Millionen beruflich organisierter Arbeiter und Arbeitern und den einzelnen Unternehmern bezieht. Die Einreichung Arbeiterinnen sieht gleich den früheren Kongressen in der Arbeits - folcher Urteile beim Amtsgericht macht sie rechtskräftig; also auch losenfürsorge eine öffentliche Pflicht. Die Arbeitslosigkeit hat hier brauchen wir keine gefeßliche Regelung. Auch ohne Gesetz fönnen unsere Statuten die Mitglieder zur Einhaltung von Tarifseit Jahren den Charakter einer vorübergehenden Erscheinung verträgen verpflichten, und es fann überall die Aushändigung des mehr und mehr verloren. Die industrielle Rejserbearmee ist heute, besonders in den gewerblich am höchsten entwidelten Tarifvertrages an neu eintretende Arbeiter ausgemacht werden, Wir müssen nur dafür sorgen, daß keine Sonderabmachungen ge Gebieten eine dauernde und wachsende Tatsache. Es handelt sich schlossen werden, denn da gilt nach allgemeiner Ansicht der Tarifbei der Arbeitslosigkeit feineswegs um einen nur zeitweilig aufvertrag und die Frage der Abdingbarkeit ist zu unseren Gunsten tretenden Notstand, dem durch vorübergehende Maßnahmen zu steuern wäre, sondern um eine dauernde Beeinträchtigung der Unter Ablehnung des Rufes nach gefehlicher Regelung der TarifWohlfahrt und der gewerblichen und sittlichen Tüchtigkeit der arbeitenden Klassen, fie erfordert daher dauernde Einrichtungen verträge, die nach den bisherigen Vorschlägen so geplant zu ſein zu ihrer Bekämpfung, wie zur Abschwächung ihrer Wirkungen. scheint, daß unser Einfluß auf die Gestaltung der Arbeitsverhältnisse Diese Einrichtungen können nur bestehen in der Organisation geschwächt wird, empfiehlt der Referent, dessen Ausführungen mit der Arbeitsvermittlung und in der öffentlich- rechtlichen Arbeits- lebhaftem Beifall begleitet werden, folgende Losenversicherung durch Resolution: das Reich, und so lange diese nicht zu erreichen ist, durch Staat oder Gemeinde; für die Arbeitslosenversicherung sind in den Unterſtügungseinrichtungen der Gewerkschaften wertvolle Grundlagen gegeben. Der Kongreß steht sich zu der Feststellung genötigt, daß das Reich und die Einzelstaaten in dieser größten aller Fragen der sozialen Politik vollständig versagt haben und daß auch die Maßnahmen der Gemeinden weit hinter allen Erwartungen zurückgeblieben sind. Dieses Versagen der öffent lichen Drgane ist weder auf technische Schwierigkeiten der Durch führung, noch auf Mangel an finanziellen Mitteln zurüdzuführen: Es ist der Erfolg der arbeiterfeindlichen Organisationen und Strömungen, deren Machtgebot sich Reich und Einzelstaaten in dieser Frage gefügt haben. Demgegenüber fordert der Kongreß alle Organisationen der Arbeiter und Angestellten auf, die Forde rung der öffentlichen Organisation der Arbeitslosenversicherung in den Mittelpunkt ihrer Agitation zu stellen, sie zum Probierstein des sozialen Reformwillens zu machen und ihren ganzen Einfluß im öffentlichen Leben für sie einzusetzen." Der nächste Gegenstand der Tagesordnung lautet: Die gesetzliche Regelung der Tarifverträge.
Referent ist
„ Die Tarifverträge sind das Ergebnis der gewerkschaftlichen Kämpfe für die Anerkennung der Gleichberechtigung der Arbeiter bei der Festsetzung der Lohn- und Arbeitsbedingungen. Bisher hat erst ein geringer Teil der Unternehmer, und zwar sehr widerwillig und nur der Not gehorchend, das gleiche Mitbestimmungs recht der Arbeiter anerkannt. Nur dem Drucke der gewerkschaftlichen Organisation folgend, fügt dieser Teil der Arbeitgeber fich der neuzeitigen Entwicklung. Die Mehrzahl der Unternehmer, bes sonders in der Großindustrie, lehnt die Gleichberechtigung der Arbeiter und damit den Abschluß von Tarifverträgen noch immer ab. Daraus ergibt sich für die Gewerkschaften die Notwendigkeit, in erster Linie und mit allen Kräften diesen Kampf durchzufechten. Aber auch die Sicherung des seither erzielten Einflusses auf die Festsetzung der Lohn- und Arbeitsbedingungen durch die Tarifs verträge ist noch immer abhängig von der Macht der gewerkschaftlichen Organisation der Arbeiter. Denn die Durchführung und Einhaltung der Verträge wird fortgesezt erschwert und vielfach vereitelt durch die Unlust der Arbeitgeber, sich der Ordnung und dem Zwang der Tarifverträge zu unterwerfen. Die Abneigung der Unternehmer gegen die Gewerkschaften und gegen die von ihnen erkämpften Tarifverträge bildet eine weit größere Gefahr für die Verträge als die rechtliche Unsicherheit und der mangelnde gesetzliche Schutz derselben. Der Kampf um die Macht, d. h. der Kampf gegen das einseitige Bestimmungsrecht der Unter nehmer, muß deswegen zunächst weitergeführt werden. Die Ge werkschaften führen diesen Kampf zugleich im Intereffe der Tarif verträge, die von ihnen als geeignetes Mittel, die Arbeitskämpfe zu mildern und zu verringern, auch weiterhin anerkannt werden. Die Gewerkschaften fordern nicht schon jetzt eine gesetzliche Rege lung der Tarifverträge, weil der Boden hierfür nach den angeführten Tatsachen noch lange nicht als geebnet betrachtet werden kann. Die Gewerkschaften fordern vielmehr, um der gedeihlichen Entwicklung der Tarifverträge zu dienen, völlige Freiheit für ihre auf Anerkennung der Gleichberechtigung der Ar beiter gerichtete Berpegung. Die Gewertschaften führen ihren Kampf nicht des Kampfes wegen, sondern um die Verbesserung der wirtschaftlichen Lage der Arbeiter und Arbeiterinnen. Erfüllung dieser Aufgabe dient nicht nur dem Interesse der Arbeiterklasse, sondern dem ganzen Volkswohl. Die Formen des Kampfes find in erster Linie abhängig von der Haltung der Unternehmer und den Maßnahmen der Behörden und der Res gierungen. Die Beispiele aus den Gewerben und Berufen, in denen die Tarifverträge bisher eine Bedeutung erlangt haben, beweisen, daß die Gewerkschaften zu friedlichen Verhandlungen und zur Verständigung bereit sind. Auch die loyale Durchführung und Einhaltung der Tarifverträge ist bei den Gewerkschaften in vollstem Maße gesichert. Aufgabe der Unternehmer sowie der Behörden und Regierungen muß es zunächst sein, ihren Widerstand gegen die freie Entfaltung der Arbeiterorganisationen fallen zu lassen und alle Semmnisse zu beseitigen, welche der Anerkennung der Gewerkschaften und damit zugleich der Entwicklung der Tarif verträge bisher entgegengestellt worden sind."
Die
Leipart. Er führt aus: Die Tarifverträge, eine wichtige Errungenschaft der Gewerkschaften, haben wir durch unsere Lohntämpfe erzielt. Diese Errungenschaft auf eine gewisse Dauer festzulegen und sicherzustellen, ist unser weiteres Bestreben. Die Hirsch- Dunderschen behaupten, daß wir uns gewandelt hätten, indem wir Tarifverträge abschließen. Wir sind nie die Streifvereine Das Proletariat von heute ist nicht mehr der unterwürfige gewesen, als die man uns hingestellt hat. Aber alle die Kämpfe, Knecht, der Knecht bleiben müsse, nicht mehr der Untertan in Furcht die uns die Bezeichnung ,, Streifvereine" zugezogen haben, waren notvor der Peitsche der Obrigkeit und des Brotherrn, der Arbeiter von wendig, sonst hätten wir die Tarifverträge überhaupt nicht geschaffen. heute ist Staatsbürger und bewußter Träger der materiellen Kultur Auch der Widerstand, besonders der großindustriellen Unternehmer, der Nation. Nicht Almosen erbittet er, sondern er fordert Rechte für in ganzen Industriezweigen gegen den Abschluß von Tarifverträgen feine Leistungen an die Gesellschaft. Mit reinem Mitleid hat der soziale fann nur gebrochen werden, indem wir unsere Kampftaltit Geist, der die Fürsorge als gesellschaftliche Pflicht erkennt, nichts ge- fortjeßen.( Sehr wahr!) Nach der Reichsstatistik bestanden 1912 mein. Wäre nur Erbarmen die Triebfraft der Sozialpolitik, fo jähe 10 739 Tarifgemeinschaften für 159 980 Betriebe mit insgesamt es schlecht damit aus, ist doch der stärkste Antrieb des Menschen seit 1574 285 beschäftigten Personen. An der Spige steht das graphische jeher der Eigennut, die Selbstsucht. Die Sozialpolitik hat den und das Baugewerbe, an legter Stelle die Textilindustrie und die Zwed, Menschenöfonomic zu treiben. Daraus aber, daß mit 40 Bergwerte. Die Großindustrie hat sich bis jezt fast noch ganz von Jahren der Industriearbeiter alt, mit 50 Jahren läftig, mit 60 aus der Entwicklung zum Tarifvertrag ansgeschlossen, die sich in der geschaltet, erkennen wir den Raubbau, der heute mit der mensch Hauptsache auf die handwerksmäßigen Betriebe erstreckt. Die Großlichen Energie getrieben wird. Selbst die beste Arbeitsvermittelung industrie steht auf dem Standpunkt, daß die Arbeiter nicht mitzureden fann feine Arbeitsgelegenheit schaffen, sondern nur vorhandene haben, aber auch fast allen anderen Unternehmern mußten die TarifArbeitsgelegenheit zur Kenntnis der Arbeitsuchenden bringen. berträge abgepreßt werden. Sie bilden den Siegespreis unserer Kämpfe, Borbeugend kann die Berücksichtigung der Konjunktur bei darum find sie uns wert und wir verteidigen sie täglich gegen die Unterder Vergebung öffentlicher, Arbeiten wirken, die innere Kolonisation nehmer und wären selbst täglich bereit, uns mit einer Gesetzgebung fann es wohl nur in beschränktem Umfang. Die Wirkungen einverstanden zu erklären, die zu ihrer Sicherung ja notwendig wäre. der Arbeitslosigkeit können nur durch Arbeitslosenversicherung Fortgefeßt werden ja die Tarifverträge in Krisenzeiten von den bekämpft werden, die die Deffentlichkeit nicht allein den Unternehmern zu durchbrechen versucht.( Sehr wahr!) Wenn man Gewerkschaften überlassen kann. Die Deffentlichkeit hat die Pflicht, uns aber vorwirft, unflar zu sein, weil wir selbst nicht bisher nach die Arbeitskraft der Arbeitslosen zu erhalten, nur noch die Zweck der gefeglichen Regelung der Tarifverträge verlangt haben, so waren mäßigkeitsfrage der Organisation ist zu entscheiden. Wir fordern wir gewiß einmal untlar, aber die Juristen waren es nicht minder. aus Swedmäßigkeitsgründen Nebernahme dieser Pflicht durch das Wie umstritten ist die Frage, für wen ein Tarifvertrag gilt, ob nur Leipart sagt zum Schluß: Nach den Vorschlägen der Juristen soll Reich; aber wer diese Pflicht auch immer ausübe an der Arbeit für Verbände, nur für ihre Mitglieder oder für beide. Für die die gesetzliche Regelung nicht zwingendes, sondern formgebendes Recht und Mitwirkung der Gewerkschaften fann feiner vorbeigehen. Wir Einhaltung der Tarifverträge fönnen nur die Organisationen garan fein. Auch von dieser Beschränkung hätten wir Grund zu Be sind einmal da, und wenn man uns auch nicht liebt, man wird uns tieren, nicht die einzelnen Mitglieder, die abreisen oder austreten fürchtungen. Eine Gefeßgebung zum Schuße der Tarifverträge doch nicht los; so lange das Stapital herrscht, wird man mit uns zu können. Der Tarifvertrag verpflichtet aber nicht nur die Organi - würden wir freudig begrüßen, aber nach der ganzen rechnen haben.( Stürmische Zustimmung.) sation, sondern auch die einzelnen, die durch ihre Teilnahme am Behandlung, die wir erfahren, können wir von der gefeßlichen Der Redner gibt dann einen lleberblick über die Verhandlungen Streit beweisen, daß sie für fich persönlich Vorteile erringen wollen. Regelung der Tarifverträge selber nichts erwarten, sondern alles nur in der Frage der Arbeitslosenfürsorge in den einzelstaatlichen Der Tarifvertrag ist aber nicht nur eine Form für einen persönlichen von der freien Entwicklung. Wir erwarten heute von der Gesetzdeutschen Parlamenten und im Reichstage selbst. Man hat den Ein- Arbeitsvertrag, er jetzt doch vielfach Einheitslöhne fest, oft genug gebung den Achtstundentag, die Arbeitslosenfürsorge und anderes drud, als stünde man vor einem Trümmerfeld. Mit großen Hoff- auch die Arbeitsordnung, so daß niemand daran denkt, daneben noch mehr. Wir können uns nicht darauf verlassen, daß ein Tarifgeset nungen begleiteten wir im Herbst die Aktion unserer Vertreter, aber einzeln Arbeitsverträge abzuschließen; oft genug wird der Tarif- den Arbeitern die volle Gleichberechtigung gewährleistet. Wir wünschten, nichts wurde erreicht. Im Reiche dominiert die antisoziale Stimmung, vertrag geradezu als Arbeitsordnung ausgehängt. weniger mißtrauisch gegen Staat und Gesetzgebung sein zu können, vergessen ist das Wort einer freudvollen Macht: Nun erst recht Der Redner erörtert dann die Frage der Abdingbarkeit es ist nicht unsere Schuld, daß wir es nicht sind. Angesichts der Sozialpolitik! Die Reichsregierung folgt den Intentionen der Kampf des Tarifvertrages, die er entschieden verneint. Er stüßt sich dabei Verfolgungen, denen wir ausgesetzt sind, haben wir alle daran zu organisationen des Unternehmertums, die sich mit dem Einfluß brüsten, auf eine Entscheidung des Reichsgerichts. Es empfiehlt sich, im denken, die Gewerkschaften zu träftigen. Sie sind vorläufig auch den sie auf die Regierung in der Frage der Arbeitslosenversicherung Tarifvertrage alle Fälle der Abweichung von vornherein vorzusehen; der beste Schutz für die Errungenschaften des Tarifvertrages.( Lebausgeübt haben. Die Regierung lehnt nicht nur jede Initiative ab, dann entfallen alle fachlichen Gründe, ihn für im ganzen abdingbar hafter Beifall.) von sich aus den Arbeitslosen zu helfen, nein, sie sucht sogar zu erklären. Der zweite Hauptpunkt betrifft die sogenannte Die Resolution des Referenten wird einstimmig den einzigen, der überhaupt etwas für die Arbeitslosen tun will, bzugsfrage. Männer der Wissenschaft führen die Abden Gewerkschaften das Leben zu erschweren. In Preußen, wo das neigung der Gewerkschaften gegen gefeßliche Festlegung der Bolt nur Objekt der Gefeßgebung ist, kann es ja gar nicht anders Tarifverträge darauf zurück, daß wir die Haftpflicht der Gewerk sein. In Bayern zeigte wenigstens die Kammer der Abgeordneten schaften mit unserem Vermögen für den Schaden bei einer den guten Willen, etwas zu tun, und fie wurde darin durch die Verlegung des Tarifvertrages durch die Arbeiter befürchten. Aber hat folgendes Ergebnis: Von 419 gültigen Stimmen fallen auf Regien 390, Bauer menschenfreundlichen Bestrebungen des sympathischen Trägers der Strone das ist ein Irrtum, diese Haftpflicht besteht bereits. So sind die unterstützt. Aber die Aktion scheiterte an dem Widerstand der von Gewerkschaften bereits für den Schaden, den fie infolge Tarifbruchs 381, ube 400, Cohen 383, Döblin 350, hübs 294, Knoll 296, Sabath 337, Sachse 278, Sassenbach 359, großkapitalistischen und junkerlichen Interessen beherrschten Kammer der angerichtet haben, haftbar gemacht worden. Es ist ganz falsch, zu Schumann 268, Silberschmidt 257. Reichsräte. Während die Arbeiterklasse durch ein ungerechtes Wahl- sagen, daß die Gewerkschaften nur Rechte aber keine Pflichten über- Schmidt 354, recht verhindert ist, irgendwelchen erheblichen Einfluß zu gewinnen, nehmen wollten. Der Tarifvertrag legt den Gewerkschaften dieren bleibt mit 165 und Drunsel mit 139 Stimmen in der Minderheit. schreiten die herrschenden Klassen rücksichtslos über ihre Wünsche Pflicht auf, für ein tarifwidriges Verhalten ihrer Mitglieder Der legte Gegenstand der Tagesordnung ist hinweg. Nur. Dort wird etwas erreicht, wo die Arbeiterklasse zu haften, indem sie ihnen nicht nur die Unterstützung bei Streifs etwas an Macht erobert hat. Das zeigt uns, wie wir weiter entziehen, die infolge Vertragsbruches entstehen, fie müssen Der Einfluß der Lebensmittelteuerung auf die wirtschaftliche Lage arbeiten müssen. Bir müssen mit viel größerem Nachdrud alle fagungsgemäßen Befugnisse anwenden, unt ihre Mitals bisher den herrschenden Klassen den furchtbaren Ernst der glieder zur Erfüllung des Tarifvertrages anzuhalten, selbst das Frage der Arbeitslosigkeit zu Gemüte führen. Die Art, wie die äußerste, den Ausschluß. Es tritt das Bedenken auf, ob bei diesem Frage des Koalitionsrechts und wie die Frage des Schußes der Zwang auf die Mitglieder nicht eine Verlegung des§ 152, 2 und Aber diese Bedenken sind Arbeitswilligen von den herrschenden Klassen gelöst wird, hängt von 153 der Reichsgewerbeordnung vorliegt. ber weiteren Entwicklung ab und hängt davon ab, ob sie verläuft unbegründet. Der Redner zitiert mehrere höchstrichterliche Entals soziale Reform oder als soziale Revolution.( Zustimmung.) scheidungen, wonach der Zwang zur Durchführung der Tarifverträge Wir Gewerkschafter sind sicherlich für eine Entwicklung auf dem Wege nicht strafbar ist. Immer stärker wird das Verlangen, die Rücktrittsder Reform. Wir haben in finf Jahrzehnten den Willen bewiesen, freiheit von Koalitionen(§ 152, 2 Reichsgewerbeordnung) zu streichen. im geseglichen Rahmen zu bleiben; seit Lassalle steht die Arbeiter So stellt der Handwerkstammertag als Mindestforderung auf, daß der bewegung auf dem Boden des parlamentarischen Kampfes. Wir haben Rücktritt von Vereinbarungen nicht freistehen soll; der Arbeitgeber nicht die Absicht, diefen Grund zu verlassen. Aber die Entscheidung verband fordert die Einführung einer Kündigungsfrist für den Austritt hängt nicht von uns ab, sondern von den herrichenden Klassen. und eines flagbaren Rechts auf Erfüllung. Wir wissen, daß die Wenn Sie den Massen alle Wege nach aufwärts und vorwärts ver- Scharfmacher nur zu Stampfeszweden gegen uns die Forderammeln, muß schließlich auch der stärkste Damm brechen.( Lebhafter rung aufstellen. Die Forderungen der Juriften deden sich Beifall.) Uebrigens ist die Müdtrittsfreiheit von den Unter Die Frage der Arbeitslosenversicherung und die Frage des nehmerorganisationen längst durchbrochen worden. Die Ge Roalitionsrechts muß zum Mittelpunkt der Agitation gemacht werden. werkschaften aber auf der freien Solidarität Das sind die beiden Kardinalfragen, die Probiersteine des sozialen begründet sein; uns sollte es genügen, daß wir nach der höchstReformtvillens. Nicht von heute auf morgen werden wir Erfolge er richterlichen Rechtsprechung das Recht haben, die Mitglieder zur
damit.
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wollen nur
angenommen. Die
Wahl der Generalkommiffion
der Arbeiterklasse.
Der Referent Timm. begründet folgende
Resolution:
„ Die Lebensmittelzälle und die die Einfuhr erschiverenden, die Ausfuhr fördernden Maßnahmen haben in Deutschland eine ungeheure Verteuerung des Lebensunterhalts der arbeitenden Klassen hervorgerufen. Nur den durch die gewerkschaftliche Tätigkeit erfämpften Lohnerhöhungen ist es zu verdanken, daß nicht überall eine verheerende Verschlechterung der Lebenshaltung eingetreten ist. Daneben sind überall die Mieten, besonders für Kleinwohnungen, außerordentlich gestiegen. Troßdem arbeiten die wirtschaftlichen Interessengruppen der Landwirtschaft im Verein mit den industriellen Schutzöllnern eifrig an einer weiteren Verteuerung der Lebenshaltung der großen Maffen des Volfes. Die Landwirtschafts gruppen verlangen erhöhte 3ölle auf Obst und Gemüse, Butter, Käse und Eier; außerdem einen Zoll auf Milch und Sahne. Ans gesichts der Gefahr, daß bei Ablauf der bestehenden Handelsverträge das System der Schutzölle no weiter ausgebaut und dadurch für die arbeitenden Schichten in Deutschland eine weitere Bertenerung