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/lus§. Engels öriefen an ?oh. PH. Secker. London  , 15. März 1883. Liener Alterl Freue Dich, dab Du Marx noch im vorigen Herbst sähest, Du siehst ihn nie wieder. Gestern nachmittag 2.45, kaum zwei Minuten allein gelassen, fanden wir ihn sanft entschlafen im Sessel. Der gewaltigste Kopf unserer Partei hatte aufgehört zu denken, das stärkste Herz, das ich je gekannt, hatte ausgeschlagen. ES war wahr» scheinlich innere Verblutung eingetreten. Wir zwei sind nun so ziemlich die Letzten der alten Garde von vor 1843. Nun gut, wir bleiben auf der Bresche. Die Kugeln pfeifen, die Freunde fallen, aber das sehen wir zwei nicht zum erstenmal. Und wenn einen von unS die Kugel trifft'» ist auch gut so, wenn sie nur ordentlich sitzt, daß man nicht lange zappelt. Dein alter Kriegskamerad F. Engels  . London  , 22. Mai 1883. Lieber Alter! Wie kannst Du Dir nur einbilden, i ch wäre im Stande einem jungen Parteigenossen irgend wie literarische Dienste zuzuschustern? Ich stehe ja seit Jahren mit allen deutschen Verlegern, außer Meißner,(des Kapitals wegen) in absolut keiner Verbindung und mit Zeitungen und Zeitschriften erst recht nicht. Was kann ich also tun? Selbst wenn der Mann umgekehrt aus dem Deutschen   ins Französische oder Englische übersetzen könnte, wäre ich nicht im Stande, ihm zu Beschäftigung zu verhelfen. Wende Dich doch lieber an Liebknecht, der hat ja die.Neue Zeit" und Verbindungen in Menge. Das Haus von Marx haben wir noch bis nächsten März auf dem Halse, da braucht man sich also nicht zu übereilen mit Aus» ziehen und Zukunftsplänen. Es ist auch ein« Heidenarbeit, diesen Nachlaß in Ordnung zu bringen. Was mich wundert, ist, daß Marx sogar aus der vorachtundvierziger Zeit fast alle Papiere, Briefe und Manuskripte gerettet hat, ein prächtiges Material für die Biographie, die ich natürlich schreiben werde und die unter anderem auch die Ge- schichte der.Neuen Rheinischen Zeitung  " und der Bewegung 1848/49 am Niederrhein  , die Geschichte der Londoner Lause-Flüchting- schaft von 1849/52 und die der Internationale sein wird. Zu- nächst gilt es, den zweiten Band des Kapitals herauszugeben und das ist kein Spaß. Vom 2. Buch existieren 4 bis 5 Bearbeitungen, von denen nur die erste vollendet, die späteren nur angefangen; da? wird Arbeit kosten bei einem Manne wie Marx, der jedes Wort auf die Goldwage legte. Aber es ist mir eine liebe Arbeit, ich bin doch wieder mit meinem alten Kameraden zusammen. Die letzten Tage Hab ich Briefe sortitert, 1842 bis 1862. Da ist mir die alte Zeit wieder einmal recht lebendig vor den Augen vorüber gegangen und der viele Spatz, den wir an unseren Gegnern erlebt haben. Ich habe oft Thränen lachen müssen über diese alten Geschichten, den Humor haben sie uns doch nie vertreiben können. Dazwischen denn auch manches sehr Ernste. Dies unter uns, laß ja nichts davon in die Presse kommen. Was zur Mitteilung reif ist, veröffentliche ich von Zeit zu Zeit im Sozialdemokrat. B e r n st e i n macht sich sehr gut, er sucht zu lernen, hat Witz und offenen Kopf, kann Kritiken vertragen und ist frei von allen kleinbürgerlichen Moralitätspredigten. Wer unsere Jungen? in Deutschland   sind auch wirkliche Prachtkerle, seitdem das Sozialistengesetz sie von den.gebildeten" Herren befreit hat, die vor 1878 den Versuch machten, die Arbeiter von oben herab mit ihrer unwissenden Universitätskonifusion zu schulmeistern, wozu leider nur zu viele der.Führer" die Hand boten. Ganz ist dieser faul« Kram noch nicht beseitigt, aber die Bewegung ist doch wieder ins entschiedene revolutionäre Fahrwasser gekommen. Das ist eben das famose bei unseren Jungens, daß die Massen weit besser find, als fast alle Führer; und jetzt, wo das Sozialistengesetz die Massen zwingt, die Bewegung s e l b st zu machen, und der Einfluß der Führer auf ein Minimum reduziert ist, jetzt ist sie besser als je. Dein alter I. Engels. Das ist die dritte Sorge Mc. CarthyS. Jack besteigt sein Automobil, daS ihn beim Tor erwartet. Der SOpferdekräftige Wagen eilt mit der Geschwindigkeit eines Blitzes dahin. Jack pfeift auf alle polizeilichen Vorschriften. Er hat einen ausgezeichneten Thauffeur, und da er noch niemanden zu Tode überfahren hat, so schaut die Polizei durch die Finger auf seine tolle Fahrt. Der Polizeipräsident weitz übrigen» am besten, daß e« nicht geraten ist, mit einem Milliardär zu Händeln, wenn man sich nicht allerlei unvorhergesehenen Unannehmlichkeiten aussetzen will. Jack lehnt nachlässig in der Ecke seines Autos und... beneidet seinen Chauffeur. Er beneidet ihn um die Ruhe, mit welcher dieser den Kraftwagen inmitten des größten Straßenverkehrs lenkt, er beneidet ihn um seine Nerven. Jack stellt sich täglich die Frage: Würde ich das auch so treffen? Und täglich muß er sich sagen: DaS wäre über meine Kraft, meine Nerven sind dazu viel zu schwach! Ach diese Nerven... Diese Nerven... DaS ist die vierte Sorge Mc. CarthyS. Di« trüben Gedanken sind geflohen. Jack fühlt sich wieder mächtig, energisch, ist wieder der Mc. Carthy, Herr über Tod und Leben aller Schweine usw. Hier in seinem Bureau, daS sich in dem Himmelskratzer, der sein Besitz ist, befindet, hier ist seine Welt. Hier laufen die Millionen in seinen Händen zusammen, von hier au» beherrscht er die Märkte der ganzen Welt. Stunde um Stunde verrinnt. DaS Gold wogt wie Flut und Ebbe hin und zurück, die Prokuristen erstatten ihm die Rapport«, In» Haber großer Firmen besuchen ihn zwecks wichtiger Informationen, hervorragende Politiker kommen, schmeicheln ihm, versprechen ihm einen Sitz im Senat... Plötzlich scheint ihm daS alles so leer, so nichtssagend, so gering... Für wen arbeitet er? Für wen verdient er Millio­nen? Für irgendeinen europäischen   Aristokraten, der sein Schwieger- söhn werden wird? Für einen Menschen, der ihn nicht verstehen wird, ja, der sich vielleicht mit Abscheu von ihm abwenden wird? O, wenn er nur einen Sohn hätte! Wenn er wüßte, daß auf diesem Stuhl da der Erbe seine» Namens, sein leibhaftiges Fleisch und Blut sitzen wird! O, wenn er nur einen Sohn hätte! DaS ist die fünfte Sorge Mc. CarthyS. Im luxuriös ausgestatteten Ankleideraum hilft ihm ein Lakai beim Anlegen deS Frack». Carthy seufzt leise. Jeden Abend dies« gesell- schaftlichen Verpflichtungen. Da« leibhaftige Robot! Diese end. losen Gespräche, die ihn gar nicht, absolut gar nicht interessieren... Wer in dieser Beziehung ist Frau Carthy unerbittlich. Jack zwängt seine Füße in schmale Lackschuhe hinein, bindet die Krawatte mit jener Sorgfalt, die seine Frau von ihm verlangt, und wiederholt sich nochmals die Ermahnung, daß«Z in Gesellschaft durchaus nicht angehe« von Geschäften zu sprechen. Jack würde es London  , 30. November 1883. Lieber Alter! Es hat mich unendlich gefreut, wieder Zeilen von Deiner Hand zu erhalten. Ich konnte nirgend wo etwa» Nähere» darüber er- fahren, wie eS Dir ging und freue mich nun doch zu wissen, daß Du wenigstens einigermaßen wieder auf den Beinen bist. Ich liege auch seit reichlich einem Monat im Bett, um eine an sich leichte aber sehr störende und langwierige Krankheit aus- zukurieren und kann daher nur sehr kurz schreiben, da mir jede nicht ganz horizontale Lage verboten ist. Ich werde aber wohl bald auch wieder aufstehen können und an die sehr gehäufte Arbeit gehen können. Sobald ich wieder zur Ordnung von Marx Papieren schreiten kann, will ich die gewünschten Sachen heraussuchen, es ist aber noch alleS in der größten Unordnung, da ich alles selbst besorgen muß. Frau Lafargue wohnt seit einem Jahr und länger schon in Paris  , und die jüngste Schwester hat sich in der Nähe ein paar Zimmer möbliert in der Nähe, d. h. eine halbe Stunde von hier, und da ich doch allein über Wichtigkeit oder Unwichtigieit der Unmasse Papier   usw. entscheiden muß, ist es begreiflich, daß sie bei ihren vielen literarischen Beschäftigungen mir das Ordnen überläßt. Ich hoffe auch, daß ich Dich alten Kriegskameraden noch einmal irgendwo treffe, wer weiß ob nicht wieder, wie damals, in Durlach  und Vöhrenbach   mitten in der Kampagne?") Das wäre gar zu schön. Und lange kann der jetzige Schwindel doch nicht mehr dauern, falls nicht Herr Bismarck durch einen allgemeinen Krieg, auf den er offenbar lossteuert, neuen Aufenthalt und momentane Störung der revolutionären EntWickelung schafft. Von der Post wirst Anweisung auf fünf Pfund Sterling er- halten. Jetzt muß ich mich aber wieder flach auf den Rücken legen. Lebwohl, Alter, mach, daß Du wieder stark wirst und schreib zuweilen an Deinen alten treuen F. Engels. London  , 14. Februar 1884, 12L Regent? Park Road N. W. Lieber Alter! Von wegen meiner Gesundheit brauchst Du Dir keine Sorgen zu machen, die Sache war langwierig, aber ganz ungefährlich und zieht sich immer mehr zurück. Der Laura habe ich die Zeilen von wegen deS NeujahrSwunscheS abschristlich mitgeteilt. Auch habe ich soeben wieder eine Postanweisung für Dich für fünf Pfund herausgenommen, damit Du Alter Dich selbst und Deine Frau etwa» pflegen kannst. Ich hoffe, der verhältnismäßig milde Winter und die heranrückende bessere Jahreszeit werden Euch beide wieder auf die Beine bringen. Ich habe einige von Dir herrührend« Sachen gefunden, kann aber noch nicht sagen, ob«S alles ist, e» ist noch ein ganzer großer Korb Briefe usw. durchzusehen. Sobald ich damit im Reinen bin, schicke ich Dir alles, wa» sich vorgefunden. WaS nun Deinen Plan angeht, so sind vor allem die in Deutsch  - land jetzt herrschenden Verhältnisse zu berücksichtigen. Ich habe darüber von Zeit zu Zeit direkte Mitteilungen au» Deutschland   selbst und danach ist die Polizeiwillkür unbeschränkt und die Regierung entschlossen, jeder öffentlichen Agitation von feiten unserer Partei ein Ende zu machen, unter was für Namen und Vorwand diese Agitation auch immer austritt. E» genügt, daß die Sache von den Sozialdemokraten ausgeht, so wird jede Versammlung aufgelöst, jeder Versuch, in der Presse aufzutreten, erstickt und in den Belage- rungSzustandSorten jeder Beteiligte ausgewiesen. Die Erfahrung der letzten sechs Jahr« kann unS darüber keinen Zweifel lassen. Da ist eS nun meine Ansicht, daß über die Angemessenheit, den Zeitpunkt und den Gegenstand einer neu zu versuchenden Massen. agitation wir im Ausland absolut außerstande find zu entscheiden, und daß diel einzig den Leuten in Deutschland   überlassen werden muß, die den Druck durchzumachen haben und die am besten wissen, wa» möglich und wa» unmöglich ist. Wenn Du Dich also an Bebel oder Liebknecht wendest und die dort die Sache beraten, so würde ich der Ansicht sein, daß sie auf Ja oder Nein entscheiden und wir un» dem fügen., UebrigenS steht e» mit der Agitation in Deutschland   gar nicht so schlecht, wenn auch die BourgoiSpresse da» meiste unterdrückt ") Da» Gefecht bei Durlach   fand am 25. Juni 1849 statt, die Begegnung bei Vöhrenbeck am 6. Juli. als größtes Glück betrachten, könnte er mit einigen Geschäfts- kompagnonS bei einer guten Importe und einem Gläschen Whisky vernünftig reden, zum Beispiel davon, wie eS am ratsamsten wäre, sich auch der Schweine östlich des Mississippi   zu bemächtigen.... Jack betritt den Salon und macht ungeschickte Verbeugungen nach rechts und links. Die Frau eines Senators tritt an ihn heran und erzählt ihm lang und breit von einer neugegründeten MissionS- schule. Ihr Geschwätz scheint sich ins Unendliche ziehen zu wollen, während Jack mit Resignation abwartet, bis die wohltätige Ma- trone ihn um eine Gabe für die neue Institution angehen wird. Endlich! Jetzt fällt er einem englischen Grafen in die Hände einem SportSman, der ihm fürchterlich weitschweifig seine Erlebnisse bei der letzten Fuchsjagd schildert. Jack, der nie im Leben einen FuchS gesehen hat und auch niemals auf einem Pferde gesessen ist, mutz heucheln, daß ihn daS furchtbar interessiert(denn fein« Frau be- obachtet ihn genau von der Seite). Ach, was würde er darum geben, könnte er diese ganzen Gesellschaften zum leibhaftigen Teufel davonjagen! Ach, diese Gesellschaft" daS ist die sechste Sorge Mc. CarthyS. Zu später Nachtstunde legt sich Jack in» Bett. Die ganze Nacht hört er die Schläge der gegenüberliegenden Kirchturmuhr. Er zählt die Stunden, Halben-, Viertelstunden... Im Magen spürt er heftigen Druck und Schmerz... Er wälst sich von einer Seite auf die andere. Einmal fröstelt eS ihn, dann wieder überläuft ihn fiebrige Hitze. Wird das nie ein Ende nehmen? Fort mit diesen monotonen Uhrenfchlägen... wie ein Hammer sausen sie auf seinen zermarterten Kopf hinab. Fürchterlich sind diese Nächte! Ach, könnte er nur einschlafen, auf eine Stunde wenigstens einschlafen... DaS ist die siebente Sorge Mc. Carthy». Abgesehen davon ist Jack Mc. Carthy zweifellos der unum- schränkte Gebieter über alle Schweine westlich de» Mississippi  , ist einer der reichsten, einflußreichsten Männer der Vereinigten Staaten  , ist ein Milliardär. GStz vor Gericht. Furchtbar« Entrüstung über«inen.Gipfel der Gemeinheit", über eine.noch nicht dagewesene vettlerfrechheit" herrscht im deutschen  Blätterwald. Vor dem Göttinger Schöffengericht hat ein Arbeits­scheuer sich ungebührlich aufgeführt. Nach dem Antrage des Staat»- anwalt» auf sechs Wochen Hast und Ueberweisung an die Landes« Polizeibehörde wurde der Angeklagte gefragt, ob er zu diesem An- trage noch etwas zu sagen habe. Er aber knöpfte seine Hole auf, zog sie herunter und wie» dem hohen Gerichtshof da» Gefäß mit den denkwürdigen Worten:.Da» habe ich zu sagen I" Wie gesagt, furchtbare Empörung bei der anständigen Presse » und nur von Zeit zu Zeit ein unwillkürliches Angstgestöhn loS- läßt, daß die Partei Boden reihend gewinnt, statt ihn zu ver- lieren. Die Polizei hat unseren Leuten ein ganz famoses Feld eröffnet: den allgegenwärtigen und ununterbrochenen Kampf mit der Polizei selbst. Der wird überall und immer geführt, mit großem Erfolg und was daS beste ist, mit großem Humor. Die Polizei wird besiegt und ausgelacht obendrein. Und diesen Kampf halte ich unter den Umständen für den nützlichsten. Er erhält bei unfern Jungen vor allen Dingen frisch die Verachtung gegen den Feind. Schlechtere Truppen kann man gar nicht gegen uns ins Feld schicken, als die der deutschen   Polizei; selbst wo sie übermächtig ist, erleidet sie eine moralische Niederlage und die Siegesgewißhit unserer Jungen wächst von Tag zu Tag. Dieser Kampf bringt es fertig, daß, sobald der Druck endlich nachläßt(und daS geschiebt am Tag wo der Tanz mit Rußland   losgeht) wir nicht mehr nach Hunderttausenden zählen, sondern nach Millionen. Unter den sogenannten Führern ist viel faules Zeug, aber in unsere Massen Hab' ich unbedingtes Vertrauen und waS ihnen an revolutionärer Tradition fehlte, daS bringt ihnen der kleine Krieg mit der Polizei mehr und mehr bei. Und Du magst sagen, was Du willst, noch nie haben wir ein Proletariat gesehen, das in so kurzer Zeit gelernt hat, kollektiv zu agieren und gemeinsam zu marschieren. Darum, wenn auch nichts auf der Oberfläche erscheint, können wir, glaub' ich, dem Augenblicke ganz ruhig entgegensehen wo Appell geblasen wird, Du wirst sehen,"wie sie antretenl Brudergruß Dein alter F. Engels. London  , 20. Juni 1884. Lieber Alter! Hiermit zeige ich Dir an, daß ich heute eine Postanweisung für fünf Pfund für Dich herausgenommen habe, und hoffe, Du wirst bei Ankunft dieses, da» eine Post später geht, schon Empfangs- anzeige von der Post haben. Ich hatte schon längere Zeit auf den Moment gelauert, wo ich das Betreffende flüssig machen konnte und freue mich, daß eS jetzt eingetroffen. Einen längeren Brief kann ich Dir aber leider nicht schreiben, da daS viele Sitzen am Pult in meinem speziellen Zustand mir schädlich und deshalb verboten ist. Ich habe mich damit leider wieder etwas wackelig gemacht; ich habe sehr viel arbeiten müssen, aber Ruhe in liegender Stellung, die ich seit ein paar Tagen wieder stark betreibe, wird es bald wieder in Ordnung bringen. Ich diktiere jetzt den zweiten Band des Ka p i t a l s und komme soweit rasch damit voran, es ist aber ein« Heidenarbeit und wird viel Zeit und stellen- weise Kopfzerbrechen erfordern. Glücklicherweise ist mein Kopf in ganz guter Ordnung und vollständig arbeitsfähig, wie Dir ein wohl bald im Druck erscheinendes Büchel über den Ursprung der Familie. des Privateigentums und deS Staates hoffentlich beweisen wird. Bis Ende dieses Jahres, denk ich, erscheint auch!ws zweite Buch des Kapitals, das dritte im folgenden Jahr. Pfingsten war ich acht Tage bei Borkheim; er liegt noch da mit seiner Halbseitenlähmung, steht dreimal TagS zu Mahlzeiten und etwas Schreiben auf, schreibt seine Biographie, ist so lustig und wohl- gemut, wie eS bei der Lage ein Wunder ist, langweilt sich aber doch stellenweise arg. Dazu kann er nichts sehr Anstrengende» lesen, hat das fteilich früher auch nicht getan. Ich schicke ihm ab und zu Bücher und dergleichen. Er erkundigt sich sehr nach Dir, wir haben auch viel von Dir und alten Zeiten überhaupt gesprochen. Unter den Papieren von Marx habe ich einige militärische Marschjournale und dergleichen über deutsche   Kolonnen in der Schweiz   gefunden, die wohl zu den von Dir erwähnten Papieren gehören. PieUeicht findet sich noch mehr. Es ist alle» hier in Sicherheit, yber noch in vollständiger Unordnung. Vorderhand muß ich die sämtlichen Briefschaften usw. in eine große Kiste verschließen, bis ich Zeit bekomme zum Sortieren und Ordnen. Es ist jetzt absolut nötig, daß die Schlußbände vom Kapital in einem druck- baren Text und in einer leserlichen Handschrift hergestellt werden. Beides kann nur ich von allen Lebenden. Sollte ich vorher abkratzen, so wäre es jedem anderen unmöglich, die Sachen zu entziffern, die Marx oft selbst nicht mehr lesen konnte, wohl aber seine Frau und ich. Die Briefe dagegen sind so geschrieben, daß auch andere sie lesen können. In drei bis vier Monaten werden wir Wahlen in Deutschland  haben. Ich habe die besten Hoffnungen. Unter den Führern ist mancher Schlappes, aber auf die Massen baue ich felsenfest. Dein alter F. Engels  . und Prophezeiung, daß der«freche Lümmel", der statt der be« antragten sechs Wochen gleich zwölf kriegte,«mindesten» ein Jahr Gefängnis" bekommen werde, da Amtsrichter und Schöffen fofo:» Strafantrag gestellt haben. Ein schwieriger Fall. DaS ganze gebildet« Deutschland   findet jene viel kräftigere Einladung Götzen» von Berlichingen bei Goethe einfach prachtvoll, und wer sich über den Götz entrüsten wollte, würde ausgelacht werden. Freilich war Götz kein proletarischer Landstreicher, sondern ein junkerlicher Wegelagerer. Noch mehr. Der Arbeitsscheue hat sich in dem Richter bitter getäuscht. Er hielt ihn für einen beschlagenen Juristen, der die Entscheidungen de» Reichsgericht» am Schnürchen hat. Da« Reich». gericht aber hat dieser Tage entschieden, daß die Aufforderung «Rutsche» Sie mir den Buckel runler!" keine Beleidigung sei. Und wa« hat die pantomimische Handlung deS Arbeitsscheuen anderes zu bedeuten als jene Aufforderung? Weit über diese Tat de» Landstreicher» hinaus ging ein Gericht»- affeffor, der vor einer Kölner   Strafkammer als Kläger   erschien und dem Präsidenten an die Gurgel sprang, weil er sich durch dessen Bemerkungen gereizt fühlte. Das Gerichtspersonal befreite den Präsidenten, indem e» mit Büchern nach dem Angreifer warf. Jedenfalls sollte e» allen Juristen zu denken geben, daß selbst einer von ihrer Zunft vor den Schranken aus dem Häuschen geriet. Schnaps. E» ist Sonntag; ein prächtiger Wintermorgen. Die Strahlen der Januarsonne dringen nur matt durch den Dunst der oberen Regionen. So weil das Auge reicht, sieht es Schnee. Bäunie, Sträucher, hochgeschossene Gräser sind mit Reif umflort. Wie mit mattfunkelnden Kristallen übersät, erscheint un» die Natur. Alles zeugt von einer gewaltigen, gigantischen Schaffens- kunst in dieser endlosen weißen Werkstatt. Kein Hämmern, kein Dröhnen dringt an unser Ohr. Als wenn ein Hauch der Erde ge- nügte, diese wundervollen, gestickten, in millionenfachen Formen glitzernden Blumen zu silberweißem Samt erstarren zu lassen. So- gar die Telephondrähte reihen sich von Pfosten zu Pfosten in leichr hängenden weißen Linien fort. Fast lautlose Stille, nur da» fern» Lärmen der erwachenden Großstadt klingt gedämpft herüber. In einiger Entfernung recken sich die Rehberg» wie riesenhaft« Schneehaufen au» der sonst gleichmäßigen Eben« empor. Ich beschleunigt meine Schritte und geh« hinauf. Eine Schar dem Schrote noch glücklich entronnener Rebhühner erhebt sich ängstlich flatternd, um bald im flinken, schießenden Fluge meinem Auge ent- schwunden zu sein. Die dunklen Stämme der nahen bergigen Heide stehen wie Säulen unter ihren Kronen, die sich gleich einem unzerreißbaren