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vollen Pfuschwerk der ReichsbersicherungZordmmg den schroffsten Mderslaud entgegengesetzt und das Gesetz schlietzlicki einmütig abgelehnt, während die Liberalen beider Schattierungen ihm zustimmtenl Diesen völlig klaren Tatbestand verkehrten nun die Fort« schrittler in sein Gegenteil! Mit einer beharrlichen Ver« logenheit, wie ich sie selbst beim Reichsverband und bei den Zög- lingen der Münchcn-Gladbacher Jesuitenschule noch niemals erlebt habe, machten sie aus Schwarz Weiß und aus Weiß Schwarz. Selbst ein Mami wie der Reichs- und preußische Landtagsabgeordnete Rektor K o p s ch hatte die Stirn(das Stenogramm seiner Rede liegt mir vor!) den verstorbenen früheren Abgeordneten für Koburg, den Genossen Fritz Zietsch, indirekt für die bestehenden Mißstände ver- antwortlich zu macheu. Und das allesunter dem alten schwarz- rotgoldenen Banner der Freiheit'!(Schluß folgt.) politische Ueberftcht. Gegen die Opfer des Charlottenburger Teukmals- Prozesses. Die ungerechte und drakonisch hohe Strafe von 6'/z Jahren Gefängnis gegen die vier Arbeiter, die das Kaiser-Friedrich-Denkmal mit den Worten«Rote Woche' bepinselt hatten, hatte die lebhafteste Empörung nicht nur sozialdemokratischer Kreise hervorgerufen. Wir berichteten, daß auch an uns von der Partei fernstehenden Kreisen Summen mit der Bitte eingeschickt waren, sie zugunsten der Familien- angehörigen der Opfer der Hetze gegen die Sozialdemokratie zu ver- wenden. Um für die einlaufenden Spenden eine einheitliche Stelle zu schaffen, teilte, ivie unsere Leser sich entsinnen, der Zentral- vorstand des Wahlvereins von Teltow -Beeskow mit, daß sein Kassierer solche Beiträge entgegennimmt und die Auszahlung der Unterstützung regeln werde. Wegen dieser Verössent- lichung sind jetzt Strafverfahren eingeleitet. Der Redakteur derFränkischen Volkstribüne' Genoffe Hacke und in den letzten Tagen die Genossen Max Groger als Sekretär und Alex P a g e l s als Kassierer des Wahlverems von Teltow -BeeSkow sind wegenAufforderung zu einer unerlaubten Sammlung' verhört worden. Es erübrigt sich ausführlich darzulegen, daß eine Straftat keineswegs vorliegt. Weder das Geben von Geldern für die Kinder der Opfer des Charlottenburger Urteils noch das Annehmen solcher Gelder und ihre Entgegenführung der Zweckbestimmung ist strafbar. Solche Handlungen waren nicht einmal unter dem Sozialistengesetz strafbar. Der Versuch einer Bestrafung für die Linderung der Lage der Frauen und Kinder der zu b>/z Jahren zu Unrecht Verurteilten ist für unseren Staat charakteristisch. Bei diieser Gelegenheit möchten wir darauf hinweisen, daß noch immer bürgerliche Preßorgane sich finden, die behaupten, der Vorwärts" habe im März die Anpinselung des Denkmals als eine so ruchlose Tat bezeichnet, daß sie nur von Spitzeln ausgeführt sein können. Derartiges ist, wie unsere Leser wissen, demVor- rnärts" nie eingefallen. Er hat mit vollem Recht am tS. März er­klärt, die Tat sei ein bedauerlicher Unfug, weil Denkmäler unter öffentlichem Schutz stehen, die Personen, die unbedacht jene Tat bc- gangen haben, könnten aber als MildcrungSgrund sich darauf berufen, daß siedurchdiePolizeiprovoziertwar. Denn wäre das polizeiliche Verbot der Plakate nicht ergangen, so wäre wahrscheinlich niemand auf den Gedanken gekommen, durch Auf- schrift an einem Denkmal die Aufmerksamkeit auf dieRote Woche" zu lenken. Und damit hatten wir völlig recht. Die Parteileitung von Groß-Berlin hatte eine Erklärung veröffentlicht, in der gesagt wurde:Gewiffe Umstände legen den Verdacht nahe, daß man es mit der verächtlichen Tat eines Spitzels oder eines fanatischen Gegners unserer Partei zu tun hat." Im Anschluß hieran erfolgte unsere oben wiedcrgegebene Darstellung. Neue Nahrung dem Gefasel, derVorwärts" habe das Beschreiben des Denkmals für eine Spitzeltat gehalten, gibt eine Auslassung in der neuesten. Nummer derFackel". In ihr heißt es: verklungene Zeiten. Unsere Hagener Parteiorganisation begebt oni 14. Juli die Feier ihres Löjährigen Bestehens. Zu diesem Tage hat der Partei- iekretär des Kreises, Genosse Konrad Ludwig , eine Gedenkschrift verfaßt, die den TitelDer Freiheit eine Gasse" trägt. In ihr sind eine Reih« recht interessanter Erinnerungen rniS der politischen Ver­gangenheit des KrciseS erwähnt, die zu der Gegenwart in mehr als einer Beziehung stehen. In die längst verklungene Zeit, wo der deutsche Liberalismus noch incht sein ganzes Heil in würdeloser Leiselreterei erblickte, führt uns die Einleitung der Broschüre zurück. Als 184g die National- verjainmlung vom Ministerium Brandenburg auseinandergejagt worden war, beschloß die liberale Hagener Stadtverordneten- Versammlung, ihren zu einer Gemeindevertreterkonferenz der Provinz Westfalen entsandten Vertretern folgende Instruktion mitzugeben: Se. Majestät möge geruhen, die jetzige n Räte der Krone zu entlassen und sich mit einem volkstüm- lichen und deutschgesinnten Ministerium um- geben, die von der deutschen Nationalversammlung beschlossene Verfassung, vorbehaltlich der verfassungsmäßigen Revision, als rechtsverbindlich anzuerlennen.' Das waren immerhin Worte, die heute in keiner liberal be- herrschten Stadtväterversammlung mehr möglich wären, wo man durchweg eine höllische Angst vor derIleberschreitung der Kompetenzen" besitzt. Aber es waren nicht nur Worte, sonder» auch immerhin Taten, was die Liberalen von 1849, wenn auch vergeblich, der junkerlichen Reaktion entgegensetzten. Zur Unterdrückung des Aufstandes in Baden wurden von den preußischen Behörden alle Wehrmänner zu den Waffen gerufen. Eine Versammlung in Altenhagen, die von 3999 bis 4999 Personen besucht war, beschloß darauf, daß die Wehrmänner sich nicht einllciden lassen dürfen. Als die Einkleidung am 19. Mai auf einem großen Hagener Platze vor sich gehen sollte, trat einer der Wehrmänner, Ruhraufseher F u n ck e vor und frug den überwachenden Major, wozu die Einkleidung geschehen solle. Auf eine ausweichende Antwort erklärte Funcke, die preußische Fahne sei entehrt, sie alle wollten sich nur um die schwarz-rot-goldene scharen. Als darauf der Major Freiwillige vor die Front rief, traten nur zwei Schwelmer vor, die aber nicht eingekleidet, sondern von den Hagenern jämmerlich verprügelt wurden. Nach diesem Akt wurde über ganz Hagen , Jser- lohn und eine Anzahl ländlicher Kreise der B e l a g e r u n g s« zustand verhängt. Militär rückte von allen Seiten heran. Ein eigentlicher Kamps fand nicht statt, da die ungenügend bewaffneten Bürgerwehren gegen die Soldaten natürlich nichts untcrnehnien konnten. Beim Einzug der Truppen in Iserlohn wurde jedoch ein Offizier er- schössen, worauf das Militär furchtbare Rache nahm. 43 Bürger b�lieben tot auf dem Platze. Ein späterer Prozeß vor dem Schwurgericht in Wesel , das gegen mehr als«9 Angeklagte unter ihnen C. W. Tölcke verhandelte, endete mit der Freisprechung der Sünder. Die drei.Rädelsführer' waren rechtzeitig nach Amerika geflohen. Die Reaktionszeit vermochte nicht, bei den Hagener Liberalen den Kampfgeist völlig zu bannen, wenn auch Ende der fünfziger und und Anfang der sechziger Jahre schon eine Trennung unter ihnen bemerkbar wurde, die im wesentlichen auf die Arbeiterfrage zurückzuführen ist. So z. B. lehnte die Hagener Stadtverordneten- Versammlung e» 1VSS ab, einer amtlichen Aufforderung, städtische Allgemein war man deshalb in der Partei auch sofort der Ueberzeugung, daß es sich um einen von Gegnern verübtenLiebes- dienst" handle, der der Sozialdemokratie in die Schuhe geschoben werden sollte. Davon war besonders auch die Parteileitung von Groß-Berlin so fest überzeugt, daß sie eine Belohnung für die Er- mittclung des oder der Täter aussetzte." Solche irreführenden Behauptungen sollte man unterlassen. Die Parteileitung von Groß-Berlin hat nie eine Belohnung für die Ermittelung der Täter ausgesetzt. Das tat die Polizei. Ebenso- wenig teilte man allgemein die Ansicht über eine Lockspitzeltat. Derartige Behauptungen nützen der Agitation nichts und sind ledig- lich geeignet, die mit Recht hellodernde Empörung über das Char- lottenburger Urteil herabzusetzen. Die neueste staatsanwaltliche Aktion möge von neuem werk­tätiges Eintreten für die Familienongehörigen der Opfer des Denkmalprozesses wachrufe». v. Hertling als Oberbachemit. Der bayerische Ministerpräsident, Graf v..Hertling, hält es mit seiner amilichen Stellung vereinbar, noch offener als vor einigen Tagen als Chef und Protektor der bachemitischen Klerikalen Bayerns aufzutreten. Sein Organ, dieBayrische Staatszeitung', kommt in ihrem gestrigen Rundblick auf die Angelegenheit des Hirtenbriefes des Bischofs von Como zurück und bemerkt:Die Staatszeitung ist nicht im Interesse einer Partei tätig gewesen. Bestimmend gewesen ist vielmehr die Absicht, die Anfmerksamkeit der zuständigen Amts- stellen im Vatikan darauf zu lenken, daß es im allgemeinen nicht der Hebung entspricht, daß ein beliebiger Bischof sich kritisch über Ver- Hältnisse eines Landes verbreitet, über die zu urteilen er nicht be- rufen ist.' Graf v. Hertling ist vorsichtig. Er wendet sich nur gegen den Bischof von Como und spricht nur diesem als einem b e« l i e b i g e n' Bischof das Recht ab, sich in die politischen Verhältnisse Deutschlands zu mischen. Aber hinter diesem Bischof steht der Papst hält der Herr Staatsminister auch diesen nicht für berechtigt, über die politischen Verhältnisse Deutschlands zu urteilen uud den deutschen Katholiken von Rom aus politische Weisungen zu geben? So wenig sonst der bayerische Ministerpräsident dazu neigt, sich im Hintergrund zu halten, wird er diese Frage kaum verneinend be- antworten, denn er würde sich dadurch nach der katholischen Kirchen- lehre der Häresie, der Ketzerei, schuldig machen. Zur Stichwahl in Koburg . Der Vorstand der nationalliberalen Partei und der aus- gefallene Kandidat der Nationalliberalen haben im Wahlkreise Koburg ihre Wähler öffentlich aufgefordert, einmütig dem fortschrittlichen Kandidaten ihre Stimme zu geben. Das war vorauszusehen. Der sächsische Kriegsminister und die Soldaten- Mißhandlungen. Der sächsische Kriegsminister, Generalleutnant von Carlowitz, hat auf dem Bundestage der sächsischen Militärveveine in Meißen eine Rede gehalten, in der er auch die Soldatenmißhandlungen und die jüngsten Prozesse, die sich mit diesen Mißhandlungen de- schästigcn, erwähnt. Er sagte u. a.:Ich leugne nicht, daß wir in der Armee eine Anzahl von Elementen haben, die wir je eher je lieber abstoßen möchten nach dorthin, woher sie gekommen sind. Ich leugne auch nicht, daß die Soldatenmitzhandluugen noch nicht mit Stumpf und Stiel ausgerottet sind, aber man sollte sich doch mehr vor maßlasen Uebcrtreibungen hüten und den guten Willxn der Heeresverwaltung, hier vollkommene Besserung herbeizuführen, nicht in Frage ziehen." Selbst ein bürgerliches Blatt, wie dieVerl . VolkSzettung', bemerkt zu diesem Erguß:Den guten Willen der Heeresverwal- tung in allen Ehren! Aber mit dem Abstoßen der Soldatenmiß- handler will es nicht so gehen, wie es der neue sächsische Kriegs- minister wünscht. Sehr selten sind die Fälle, wo ein Untergebener, der Soldatenmißhandlungen selbst schwerer Art begangen hat, des- Gelder für die Veteranen von 1813 zu bewilligen, nachzukommen. Ihr Beschluß lautete: In Erwägung, daß die Unterstützung der Veteranen so wesentlich eine Pflicht des ganzen Staates ist, für dessen Rettung sie Gut ibid Leben eingesetzt haben, daß darin eine Kommunallast nicht erkannt werden kann,... muß der Gemeinderat solche Be- ivilligungen aus der Kommunalkasse, wie sie der ganze Staat als Pflicht und würdigen Dank auch gegen die hiesigen Veteranen zu gewähren hat, im Prinzip ablehnen.' Man erinnere sich, was in unseren Tagen bei ähnlichen Anlässen die tapferen Liberalen gegen unsere Genossen gewettert haben! Die Hagener liberalen Stadtverordneten bewilligten dann demonstrativ zur Vervollständigung ihres Beschlusses 199 Taler zu Händen eines privaten Komitees, das die Veteranen zu unterstützen unter- nahm. In dieser Zeit erschien auch im Inseratenteil derHagener Zeitung", eines heute gar frumben FortschrittSblatteS. täglich als Inserat die bekannte Strophe: Nicht Roß. nicht Reisige Sichern die steile Höh�, Wo Fürsten {lehn. Als die Regierung darauf derHagener Zeitung' auf den Leib rückt, es war gerade die Verordnung betreffend das Verbot von Zeitungen und Zeitschriften erlassen worden, blieb das Inserat aus und der Besteller, der oben erwähnte Herr Funcke erklärte öffentlich: Es wird schon die Zeit kommen, wo man in den betreffenden Regionen unserer Strophe wieder ihren Wert gönnt; mag man für jetzt das obige Wörtleinnicht' in.nur' umändern und weitersingen: Liebe des Vaterlands, Liebe des Bürgermanns Tun es allein nicht mehr: Nur noch das Heer.' Wie schon erwähnt, war es die Arbeiterschaft, die allgemach den Mannesinut aus den liberalen Gemütern austrieb und sie, ängstlich vor dem Anmarsch des Proletariats, in die Arme des schwert- führenden Junkertums jagte. Namentlich in Hagen vollzog sich die Scheidung zwischen Demokratie und Liberalismus bald, zumal Lassalles Lehren dort ihren Einzug hielten und den Arbeitern Er- kenntnis über ihre Klassenlage beibrachten. 1872 war es dann schon so weit, daß eineliberale' Firma Fricke u. Hueck in derHagener Zeitung', ergrimmt über eine Arbeitseinstellung in ihrem Betriebe, folgendes Eingesandt losließ: Nicht nur die Verwilderung, sondern auch die Ver« d u m m u n g nimmt durch die Agitation der Sozial- demokratie und deren Reden überhand. Am letzten Sonn- abend wurde in unserem Betrieb eine Aenderung der Arbeits- weife(soll wohl Abzug heißen) publiziert. Im blinden Eifer verließ man sofort die Fabrih zwang sogar die Bohrjungen von IS bis 18 Jahren, die Arbeit mit zu verlassen.... E S i st e i n wahrer Skandal, daß Arbeiter, denen man in KriegSzett Arbeit verschafft hat, glauben, baS Recht zu besitzen, in besserer, lebhafterer Geschästskonjunktur nach Belieben feiern zu dürfen.' Siehe da, wie hier vor mehr als vierzig Jahren die heutige KoaIitionSrechtsfteundschaft' der Rationalliberalen aufdämmert I In modernere politische Zeiten führt dann eine Erinnerung an die Wahlzeit 1996/7, wo das Zentrum als»reichsfeindlich' galt und halb zur Entlassung aus dem Heere bestraft wird. Die meisten Soldatenquäler dleiden der Armee nach Avbüßung ihrer Strafe er- halten, fo daß, wenn die Heeresleitung auch den guten Willen haben mag, die Soldatenmißhandlungen auszurotten, sie leider nicht den richtigen Weg betritt, diesem ihrem Willen den erhofften Erfolg zu sichern. Gegen die Militärmisihandlungen. Eine große Volksversammlung in Stuttgart im Firkusbau nahm am Sonntag Stellung zu dem Militärmißhandlungsprozetz gegen die Genossin Luxemburg . Das Referat hatte Genosse Dr. Paul 2 e v h- Frankfurt a. M., einer der Verteidiger der Ge- nossin Luxemburg , übernommen. Er schilderte kurz den bisherigen Verlauf des Prozesses. Unbeschreibliche Erregung durchzitterte die Riesenvcrsammlung bei der Mitteilung einiger Mißhandlungs- fälle aus dem entsetzlich großen Material, das den Verteidigern zur Verfügung gestellt worden ist. So wurden einem Soldaten die Haare an den Geschlechtsteilen versengt. Einem Soldaten wurde befohlen, einem Kameraden in den Mund zu spucken. Und er tat's! Ein Soldat wurde ge- zwungen, bis zur äußersten Erschöpfung am Ouerbaum zu hängen. Als er herabzufallen drohte, befahl ein Offizier, dem Soldaten den Gewehrlauf vor den After zu halten. Alte Leute nrußten bis zum Umfallen Kniebeuge und Ge- wehr st recken üben. Dann wurde ihnen gesagt:Bedankt Euch bei dem und dem Rekruten!" So wurden die alten Leute systematisch zur Mißhandlung ungeschickter Re- k r u t e n aufgehetzt. Nicht e i n Prozent der Militärmißhand- lungen werden von der offiziellen Statistik erfaßt, lieber 30 000 Mißhandlungsfällc sind den Verteidigern im Luxemburg -Prozeß bereits unterbreitet worden, und täglich häuft sich noch das Material. An etlichen drastischen Fällen zeigte der Redner dann, wie rechtlos der gemeine Soldat ist, wie furchtbar die Strafen sind, die er zu gewärtigen hat, wenn er sich gegen die Subordination auflehnt, die solche Schmach ermöglicht; wie milde hingegen die Militärrichter sehr oft mit Soldatenschindern verfahren. Ein Soldat wurde wegen Achtungsverletzung und anderer kleiner Delikte, verursacht durch die Schikaniererei seitens eines Vor- gesetzten, zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt. Ein Feldwebel zwang einen Soldaten, der den Oberschenkel gebrochen hatte und den der Feldlvcbel ftir einen Simulanten erklärte, durch schwere Mißhandlungen, sich vom Boden zu erheben und trotz wahnsinniger Schmerzen sich um einen Tisch zu schleppen. Ter Feldwebel erhielt dafür 5 Tage Mittelarrest.Ein minderschlvercr Fall", sagten die Militärrichter. Ein Unteroffizier band einem Soldaten die Ohrmuschel so an die Schulter, daß das Ohr sich unter großen Schmerzen löste. Der Soldat kam ins Lazarett. Notdürftig geheilt entlassen, schlug derselbe Unteroffizier dem Soldaten auf die kaum geheilte Wunde, daß das Blut hervor- spritzte.Ein minderschwerer Fall", sagten die Militärrichtcr. Der Unteroffizier wurde mit 21 Tagen Gefängnis bestraft.(Un­geheure Erregung, die sich in scharfen Zwischenrufen Luft zu machen sucht.) Der Redner schloß: Der Kampf gegen die Militärmißhand- luugen ist der Kampf gegen den Militarismus, ist der Kamps um die Befreiung des Menschengeschlechts überhaupt! Hinweg mit dem Kadavergehorsam! Hinweg mit dem Klassenstaat, der solche Zustände schafft! Was sie beim Militär verftlaven, müssen wir ftei machen! Was sie schänden, müssen wir adeln! Es darf keine Zeit geben, da deutsche Soldaten auf Vater und Mutter schießen! ES muß die Zeit kommen, da die deutschen Soldaten mit uns ein- stimmen in den Ruf: Es lebe die Freiheit! In stärkster Spannung folgte die Riesenversammlung den Ausführungen des Redners. Wild erregte EnttüstungSschreie wechselten ab mit tosendem Beifall, der sich zum Schluß zu einer brausenden, immer wieder einsetzenden Kundgebung des Em- Verständnisses mit dem Redner steigerte. in Opposition zur Regierung stand. Damals lagen im Hagen " Kreise, wo sich inzwischen die Sozialdemokratie stark entwickelt hatt� die Dinge so, daß von unseren Genossen mit dem Zentrum ein ausdrücklicher Vertrag über gegenseitige Stich' w a h l h i l f e abgeschlossen wurde. Die Tatsache ist ja bekannt, aber immerhin gerade jetzt erwähnenswert, weil das heute ach so nationale Zentrum darüber den Mantel der Vergessenheit decken möchte. In Hagen -Schwelm fand Stichwahl zwischen Sozialdemo- kratie und Freisinn, in Hamm -Soest zwischen Zentrum und Liberalen statt. Ueber die gegenseitige llnterstiitzung wurde in gemein« schaftlicher Sitzung im katholischen Vereins« hause in Unna verhandelt. Anwesend waren Vertreter der Zentrumspartei aus den Kreisen Hagen und Hamm -Soest , außer- dem das sozialdemokratische Wahlkomitee von Hamm -Soest und drei Herren aus Hagen -Schwelm : Konrad Ludwig , E. Sam und T h. S ch ü ck m a n n. Leiter der Verhandlungen war Genosse Bömelburg. Von den anwesenden Zentrumsvcrtretern seien genannt Pfarrer Sandhage und der Vorsitzende des Hagener Zentralwahlkomitces Weyer. In dieser Sitzung wurde bereits die gegenseitige Stichwahlhilfe vereinbart. Endgültig abgeschlossen wurde die Vereinbarung erst am 3. Februar, da das Zentrum vor- her nur eine stille Parole für Hagen geben wollte, womit unsere Genossen nicht einverstanden waren. Am 4. Februar 1997 wurde dann in Hagen -Schwelm folgendes Flugblatt verbreitet: Stichwahlparole der Z e n tr u m s p a rt ei deS Kreises Hagen -Schwelm . Unter Berücksichtigung des Verhaltens des Gesamtliberalismus gegenüber der Zentrümspartei erklärt sich das Wahlkreiskomitee der Zentrumspartei des Kreises Hagen -Schwelm außerstande, für den Kandidaten der Freisinnigen Volkspartei einzutreten. Es be- trachtet daher den Kandidaten der Sozialdemokratie in diesem Falle als das kleinere Uebel und überläßt den Zentrumswählern die Entscheidung. Eine anderweitige Parole ist nicht als maßgebend zu be« trachten. Das Wahlkreiskomitee der Zentrumspartei . I. A.: Weyer, Vorsitzender. Dieser Parole war die der Sozialdemokratie angepaßt. Da» ganze Abkommen fand dann Ausdehnung auf die Kreise Bielefeld - Wiedenbrück und Osnabrück . Das Resultat ist bekannt. In Hamm - Soest wurde mit unserer Hilfe der Zenttumsmann gewählt, ebenso in Osnabrück . In Bielefeld gelang es, Genossen Severins; mit Hilfe des Zentrums durchzubringen, während Genosse König gegenüber dem Freisinnigen Cuno noch einmal unterlag. Immerhin ist an den Stimmresultaten ersichtlich, daß auch in Hagen -Schwelm viele Zentrumsstimmen auf unseren Kandidaten entfielen. Das alles sind Erinnerungen ans berklungenen Zeiten. Ueber die Entwicklung des Liberalismus braucht, namentlich wenn an die Hurrawahl von 1997 erinnert wird, kein Wort mehr gesagt zu werden. Die Tage des Paktierens mit dem Zentrum sind ebenfalls endgültig vorüber. In ollen großen politischen Fragen steht die Sozialdemokratie allein. Es ist eine ihrer Ausgaben, das Brauch- bare aus dem Testament des wirklichen Liberalismus zu vollstrecken, eine andere, den Glauben an die Zentrumsdemokratie aus den Köpfen der christlichen Arbeiter zu verdrängen. Bei diesem Tun auf die Jahr« deS Werdens dieser klaren Situation zurückzublicken, ist keine unlohnende Sache. Sie schärft den Blick für die Kämpfe, die da kommen werden und zu ihrer siegreichen Besiehnng die ganze Kraft der Sozialdemokratie erfordern.