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Todesopfer des Militarismus. Wie aus Franlfurt gemeldet wird, sind dort beim Grenadier- regiment Nr. 12, das von dem durch die Zabernkrawalleberühmt"» gewordenen Obersten von Reuter kommandiert wird, infolge eines ausgedehnten Marsches bei grober Hitze zwei Todesfälle und zahlreiche Erkrankungen vorgekommen. Da» Grenadierregiment Nr. 12 war am Sonnabend früh zu einer gröberen Felddienstübung aus- gerückt. Die Uebung zog sich trotz der grosten Hitze bis in die Mittagsstunden hin. Als das Regiment in die Stadt zurückkehrte, wurde in einem Wagen eine Anzahl marschunfähiger Leute, die infolge des heisten Wetters schlapp geworden waren, zurücktrans- portiert. An den Folgen sind zwei Leute des Regiments, ein Ein- jähriger und ein Grenadier, gestern nachmittag und heute vormittag gestorben. Außerdem sind mehr als 100 Soldaten erkrankt. Mlitärische Vorkehrungen in Italien . Die italienische Regierung hat den Reservejahrgang l 8 9 1 zu den Waffen einberufen. Ueber die Gründe dieser Maß- nähme sind verschiedene Gerüchte verbreitet. Am wahrscheinlichsten ist. daß dadurch Vorsorge gegen einen neuen Eisenbahner- a u s st a n d getroffen werden soll. Andererseits heißt es auch, daß die Regierung für ein etwaiges Eingreifen in Albanien gerüstet sein will._ der Mfstanü in Albanien . Rom , 13. Juli. Die Agenziec Stefam meldet aus Turazzo: Die Aufständischen haben gestern mittag Berat eingenommen. In der Umgebung von Berat besinden sich gegenwärtig an 50 000 völlig mittellose Flüchtlinge in der arößten Notlage. Die griechischen Banden sind bereits über den Distrikt Skrapar hinausgelangt. Ein Attentat auf Nasputin. Petersburg, 13. Juli. Der russische Mönch und Gesund- beter Gregori Ras Putin, der am Zarenhofe großen Tinfluß hatte, ist heute einem Attentat zum Opser gefallen. Eine Frau, deren Persönlichkeit noch nicht feststeht, stieß in dem Dorfe Prokowskoje bei Tjumen dem Priester einen DolchindenLeib. Die Frau, die sofort verhaftet wurde, lab an, daß sie die Absicht gehabt habe, den Jrrlehrer, der alle verführe, aus dem Wege zu schaffen. Die Berletzung, die Rasputin erlitten hat, ist sehr schwer. Die Ein- geweide sind zerrissen und das Ableben des Verwundeten wird stündlich erwartet._ Frankreich . Finanzielle Schwierigkeiten. Die französische Kammer arbeitet gegenwärtig mit Hochdruck. Tie hält vormittags und nachmittags Sitzungen ab. Der Regie- rung und den bürgerlichen Parteien ist vor allem darum zu tun, das Budget durchzupeitschen und die Kammer dann zu vertagen. Herr P o i n c a r s will nach Rußland reisen und die Kammer soll vorher in die Ferien gehen, damit nicht unvorgesehene Zwischen- .'alle in letzter Stunde einen Strich durch seine Reise machen. Die Debatten werden daher fast ausschließlich von unseren Genoffen l�führt: die Vertreter der bürgerlichen Parteien schweigen sich in calen Tonarten aus und die Vertreter der Regierung auch. Die Schwierigkeit für die Regierung liegt in dem Riesen- Defizit. Es beträgt nicht weniger als eine Milliarde Frank. Unsere Genoffen Sembat, Thomo» und Bedouce klagten die Regierung in der letzten Sitzung an, daß dieses Defizit allein durch die dumme und eitle Politik des Imperialismus verursacht worden sei. Der Finanzminister NoulenS gab zu. daß das Defizit eine Milliarde betrage. Vierhundert Millionen davon würden durch die neuen Steuern und Abgaben gedeckt werden. Sind noch zu decken 600 Millionen! Und darüber wird der Kampf beginnen. Nicht nur um die Deckung dieser 600 Millionen, sondern um die dreijährige Dienstzeit, die Mutter de? Riesendefizits. Genosse Jaures sagt in derHumanste": Der Minister wird sagen müssen: Es sind eine Milliarde neuer Steuern erforderlich. Dieser Tag, der nahe ist, wich die Frage der 3 Jahre aufs neue auf die Tagesordnung bringen. Und das wird der schwierige Moment sein, den unsere leitenden Personen zu überwinden haben werden. Stürmische Sitzung des Senats. Paris , 13. Juli. Der Senat beriet heute nachmittag einen Ge- setzentwurf, durch den der Kriegs- und der Marineminister zu ein- maligen Ausgaben für die Bedürfnisse der natio- nalen Verteidigung ermächtigt werden. Charles H u m- b e r t, der Berichterstatter der Hecreskommission, erklärte, daß wenn das Dreijahrgesetz dem Lande die notwendige Zahl gegeben habe, eine große Anstrengung doch nötig sei, um die materielle Or- ganisation zu verbessern. Er wies vor allem daraus hin, daß das Material der Fcldartillereie mehr und mehr gegenüber dem deut- schen ins Hintertreffen gerate. Der französischen Armee fehlten Offiziere, das Bedürfnis nach ihnen liege klar zutage und sei jetzt anerkannt. Charles Humbert kritisierte weiter sehr lebhaft die HeereSder- waltung und erklärte, daß die französische Industrie gewisse Gegen. stände dem Auslande in besserer Qualität liefere als dem Heere. lBewegung.) Es sei nicht genügend Geschützmunition vorhanden. Auch fehle es an anderen Ausrüstungsgegcnständen, darunter an zwei Millionen Paar Schuhen. Man verfüge gegenwärtig nicht über daS notwendige Material, um die Mosel oder den Rhein zu überschreiten. Die Befestigungen an den Forts zwischen Toul und Verdun seien seit 1876 nicht verbessert worden. Sie lönnten nur einen ungenügenden Widerstand leisten. Der Eindruck, den die Ein- nähme eines dieser Forts zu Anfang eine« Krieges auf das Land machen würde, sei nicht abzusehen. Humbert wies darauf hin, daß Deutschland im Gegenteil alle seine Werke an der Grenze in die Lage versetzt hätte, ihre Aufgabe zu erfüllen. Die Befestigungen seien dort den Fortschritten auf dem Gebiete der Belagerungs- artillerie angepaßt worden. Metz würde nicht beschossen werden kön» neu, ehe nicht die erste Befestigungslinie, die 12 Kilometer davon entfernt sei, genommen wäre. Die vom Parlament geforderten Mil- lionen seien umsonst ausgegeben worden. lBewegung. Große Auf- regung.j Das Parlament werde alle unumgänglich notwendigen Opfer bringen. Man müsse die Organisation und die Denkweise der leitenden Stellen der Armee ändern. Die Kriegsminister wechselten zu häufig und seien über die ihnen unterstehenden Dienst- zweige schlecht unterrichtet. Humbert schloß: Der Minister müsse seine Pflicht erfüllen, da das Land, welches dem Heere alles gebe, was es von ihm fordere, das Recht habe, von der Heeresverwaltung zu fordern, daß sie ihrerseits alle notwendigen Opfer bringe. �Sehr gut! Lebhafter Beifall.) Kriegsmintster M e s s i m y erklärte darauf, daß er nicht auf die einzelnen von Humbert angeführten Tatsachen antworten werde. Man hätte ihn vorher benachrichfigen müssen. Clemen- ceau unterbrach den Kriegsminister und sagte, daß es indessen not- wendig wäre, darauf zu antworten, da das Land das Recht habe, zu wissen, ob das Geld gut oder schlecht ausgegeben werde. Es seien sehr schwere Tatsachen vorgebracht worden. Darauf müsse ge- antwortet werden. Kriegsminister Messimh erklärte, daß die Mehr- zahl der Tatsachen, einzeln für sich genommen, richtig sei, wenig- KeuS als Ausnahmen, aber nicht m der Art, wie sie dargestellt worden seien, t Zwischenrufe.) Elemente au unterbrach den Kriegsminister abermals und erklärte, der Senat könne nicht die Kredite bewilligen, ohne alle gewünschten Aufklärungen zu er- halten. Die Stimmung im Saale war unruhig, der Kriegsminister aufgeregt. Messimh erklärte, daß die französischen Ausgaben für die Ausrüstung stets geringer gewesen seien als die deutschen . Man dürfe die Heeresverwaltung nicht verantwortlich machen, da sie von der Finanzverwaltung Befehle erhalten habe. Clemenceau rief: Unter diesen Umständen ist keine Ordnung möglich. Wir wer- den weder geschützt noch regiert. Kriegsminister Messimh fiigte hinzu, daß mau sich bei allem Bedauern über die vorgebrachten Kritiken doch zu der heutigen Debatte beglückwünschen müsse. Das Land müsse wissen, daß es eine große Anstrengung machen müsse, um seine Ausrüstung zu verbessern. Die in dieser Hinsicht notwendigen Ausgaben würden zunehmen. Der fort- währende Wechsel in der Besetzung des Kriegsministeriums sei die Hauptursache des Uebels. Die Verwirklichung der Programme ver- lange eine andauernde und zähe Anstrengung. Humbert habe Recht gehabt, die Heeresverwaltung zu kritisieren. Es sei notwendig, die Kriegsverlvaltung zu reorganisieren. Messimh forderte vom Senat, das Programm der Regierung anzunehmen. Bei dem größten Teile des neuen Materiales seien die Prüfungen abgeschlossen und die Konzentration müsse sobald wie möglich beginnen. Mesfimy sagte zum Schluß, er übernehme die Verpflichtung, die Ausführung dieses Programmes so streng wie nur möglich zu überwachen, um die Verteidigung des Landes auf ihre höchste Stufe zu bringen. Darauf sagte Clemenceau : Seit 1870 habe er keiner so beunruhi- genden Parlamentssitzung beigeivohnt wie heute. Man müsse auf die Kritiken Humberts antworten. Dies sei für die Armee und das Land notwendig. Diese Dinge könnten nicht mit dem gewöhnlichen Laisser aller behandelt werden. Er zweifele nicht an dem Eifer der Mitarbeiter des Kriegsministers, aber die Ergebnisse, zu denen sie gelangten, seien beunruhigend. Clemenceau sagte: W r weigern uns, heute die geforderten Kredite zu bewilligen. Das Parlament muß sich erheben und h a n n d e l n. Ich fordere vom Ministerpräsidenten, das Parlament in einigen Tagen zusammenzuberufen. Die Wahrheit muß unver- züglich bekannt werden. Das Land hat alles gegeben, was man von ihm für die nationale Verteidigung forderte. Der Kriegsminister muß uns vollständig die gegenwärtige Lage auseinandersetzen und uns die Mittel zur Besserung angeben. Die Diskussion mutz darum in einigen Tagen von neuem anfangen. Anstatt die Kredite ab- zulehnen, fordern wir einfach die Verschiebung der Abstimmung. Ministerpräsident Biviani entschuldigte sich damit, daß er überrascht worden sei. Der Senat könnte die Regierung zu Ausgaben während d�r Ferienzeit ermächtigen. Wenn diese Maßnahme nicht ange- nommen werde, so werde Viviani morgen sich dem Senat zur Ver. fiigung stellen, um ihm die Antwort der Regierung zu überbringen. Der Senat vertagte sich darauf auf morgen nachmittag um 2 Uhr. Das Bombenattentat. Paris, 13. Juli. In Stains bei Paris wurden zwei Russen namens Maharachwili und Wurenski verhaftet, die verdächtig sind, mit den kürzlich in Beaumont festgenommenen Russen Kiri- tschek und Trojanowsky in Verbindung zu stehen. Bei Maharach« wili wurden 600 Rubel in Gold sowie mehrere Revolver gefunden. Er soll gestanden haben, daß da» Geld aus einem von ihm und seinem Genossen in Rußland verübten Raube herrühre. Auf dem Bahnhofe des Pariser Vorortes ASniereS wurden zwei Bomben gefunden, die vollständig den bei Kiri tschek beschlagnahmten gleich find. filis öer Partei. Der Landesparteitag für das Herzogtom Braunschweig fand cnn Sonntag in Braunschweig statt. Er war beschickt von 91 Delegierten und durch einige Vertreter der Bezirks- und KreiS- vorstände. Der Parteivorstand war durch Genossen Pfannkuch vertreten. Der Mitgliederbestand der Parteiorganisation h o b sich infolg« des Wahlrechtskampfes und der Agitation in der roten Woche um 1723, von IL 233 Mitgliedern am Schluß des JahreS 1912/13 auf 13 966 am Schluß des Geschäftsjahres 1913/14, wovon 2278 weibliche sind. Gewerkschaftlich organisierte Arbeiter zählte das Herzogtum am 31. Dezember 1913 nach einer nicht voll- ständigen Aufnahme etwa 27 000. Die Einnahme der Bezirkskasie betrug einschließlich des Kaffenbcstandcs von 3076,14 M. 21 629,03 M., die Ausgabe 17 862,96 M., so daß ein Kassenbestand von 3676,08 M. vorhanden ist. An die Hauptkasse in Berlin wurden 7618,78 M. abgeliefert. Im Bezirk selbst ist in den Kreis-Ortskassen und in der Bezirks- lasse ein Barbestand von 26 968,30 M. vorhanden gegen 26 726,41 M. im Vorjahr. Das Parteiblatt, derV o l k s fr e u n d", der im Jahre 1898: 4106, im Jahre 1902: 4314, 1906: 7442 Abonnenten zählte, erbaute sich im vorigen Jahr ein eigenes HauS, das vom Volksmunde sofort dasRote Schloß" getauft wurde, im Gegensatz zu dem in der Nachbarschaft stehenden Regentenschloß. Abonnenten zählte das Parteiblatt Ende 1912/13: 16 643, Ende März 1913/14: 16 619. Auch im verflossenen Jahre wurde derVolksfteund" gerichtlich in der üblichen Weise verfolgt. Zwei Redakteure, die Genossen Wagner und Mab heimsten wegen Beleidigung eines Land- tagSabgeordneten im WahlrechtSkampf drei bzw. zwei Monate Ge- fängnis ein. An Flugschriften wurden im Berichtsjahre verbreitet 441 600 Flugblätter, 49 460 Exemplare der MonatsschriftEmpor", 40 000 Volksfreundkalender. DieNeue Zeit" wird in 78, die Kleinheit" in 522, dieKommunale Praxis" in 22, derWahre Jakob' in 4027 Exemplaren gelesen. Versammlungen und Be- sprcchungen fanden insgesamt 991 statt. Bei den Stadtverordneten- und Gemeinde- ratswahlen hat die Partei nicht unbeträchtliche Erfolge erzielt. Es wurden 10 neue Mandate erobert. Die Zahl der Genossen als Gemeindevcrtrcter stieg von 162 aus 162. Davon sind in zehn Städten 39 Stadtverordnete und in 70 Gemeinden 123 Gemeinde- Vertreter. Die Maikasse hat eine Einnahme von 4892,31 M., eine Ausgabe von 38.46 M. und einen Bestand von 4363,86 M. Die Beteiligung an der Maifeier war durchaus nicht befriedigend, so daß die Meinung immer mehr Platz greift, daß es mit der bis­herigen Art der Maifeier nicht weitergehen kann. Es wird Auf- Hebung der Maifeier gewünscht oder eine Verlegung der Feier in eine andere Zeit. Die Jugendorganisation hat leider noch nicht die wünschenswerte Ausdehnung im Herzogtum gefunden. DieAr- beiter-Jugend" zählt 860 Abonnenten. Die Lokalfrage macht in vielen Orten des Landes große'Schwierigkeiten. Genosse A n t r i ck besprach in seinem Referat nicht nur die Organisation und Agitation, sondern auch die politische Situation. Zum Internationalen Kongreß wurde Genosse Antrick delegiert. Neb er den Stand der Parteipresse und den errichteten Neubau berichtete eingehend Genosse S t e g m a n n, der Geschäftsführer des Volksfreund". Dem Bericht schloß sich eine eingehende Debatte an. Folgende Resolution des Genossen G e n z e n wurde ein- stimmig angenommen: Der Bezirksparteitag für das Herzogtum Braunschweig spricht der Reichstagsfraktion seine volle Zustim- mung für ihr Verhalten beim Schluß der letzten Reichstags« fession au« und erwartet von der Fraktion, daß sie ohne Rücksicht auf die Anpöbelungen von rechts auch für die Folge ihr Verhalten so einrichtet, wie es dem Klasseninteresse und der Anschauung der Arbeiterschaft und der Anschauung der übergroßen Mehrheit ent- spricht.' Eine Debatte über dasHamburger Echo". Im Altonaer sozialdemokratischen Verein wurde vorige Woche i>K Debatte über dasHamburger Echo", über deren Beginn wir bereits berichtet haben, fortgefetzt. Nachdem Genosse Thomas als Mitglied der Preßkommission bemängelt hatte, daß Genosse Dr. Herz sich mit seinen Beschwerden nicht zuerst an die In- stanzen gewandt habe, sprach Genosse S t e n g e l e namens der Re- daktion. Er wandte sich zunächst gegen den Vorwurf, daß das Hamburger Echo" in Parteifragen nicht genügend Stellung nehme. DasHamburger Echo" habe vor allem das Prinzip, für die Ein- heit und Geschlossenheit nicht nur der sozialdemokratischen Partei, sondern der gesamten Arbeiterbewegung alle Kräfte aufzubieten. Bei wirklich entscheidenden Fragen nehme die Redaktion rücksichts- los und ohne Ansehen der Person Stellung. Dagegen mische sie sich nicht in irgendwelche Doktorfragen, die ein gelangtweiltes Menschenkind zu irgendeiner Zeit ausWerse und mit der sich andere gelangweilte Menschenkinder befassen. Gewiß, wir könnten jeden Tag Spalte über Spalts füllen mit Auseinandersetzungen über Parteifragen. Aber wir wollen es nicht. Wir ignorieren die Pro- dukte von Leuten, die zwar innerhalb der Sozialdenwkratie stehen, die aber wissentlich oder unwissentlich der Partei Steine in den Weg schleudern wollen. Wir haben keine Lust, diesen Leuten zu größerem Ruhme und zu Ausehen bei den Gegnern zu verhelfen. Die Behauptung des Genossen Dr. Herz, die Redaktion sei nicht einheitlich zusammengesetzt, treffe nicht zu. Deshalb sei auch der Nutzen einer Chefredaktion nicht einzusehen.In dem Augenblick, wo uns ein Chefredakteur vorgesetzt werden sollte, wird meine Kündigung und wohl die aller meiner Kol- l e g en auf dem Tische des Geschäftsführers liegen. Nachdem man als guter Sozialdemokrat in einer demokratischen Gemeinschaft ge- lebt hat, läßt man sich nicht einen Monarchen aufzwingen. Einen Menschen mit dem rein formalen Titel Chefredakteur hinzusetzen, was hätte das für einen Zweck? Entweder ist der Chefredakteur ein ganz überlegener Geist, dann ist es nicht notwendig, ihn zum Chefredakteur zu machen, denn wenn in einer Körperschaft ein überlegener Geist vorhanden ist, wird er ohnehin die führende Rolle spielen, ohne daß er den Titel Chefredakteur hat. Oder eS gibt ein anderes: der Chefredakteur wird mit formalen Ausgaben be- traut, einem solchen Chefredakteur würde ich mich niemals unter- ordnen. Mit einem Manne, der bloß kommt und mir sagt, Sie dürfen über diese oder jene Sache nicht mehr als 26, 60 oder 76 Zeilen schreiben, würde ich keine zwei Tage zusammen jeru wollen. Einen Ersten unter Gleichen, einen überlegenen Geist, er- kennt jeder an, das ist selbswerständlich." Zum Schlüsse wandte sich Stengele gegen weitere Einzelheften der Kritik. Im weiteren Verlaufe der Debatte bestritt Dr. Herz, eine Chefredaktion empfohlen zu haben, bemängelte des weiteren die Haltung deSEchos" in kommunalpolitischcn Fragen und wünschte,' daß dasEcho" den Kampfescharakter auf dem Gebiete der Reichs- und Kommunalpolitik schärfer zum Ausdruck bringe. Die weitere Debatte wurde vertagt. Sozialdemokraten sind mindern Rechts. Die Gemeinde Eichlinghofen bei Dortmund hat seit vielen Jahren eine Gemeindevertretung mit sozialdemokratischer Mehr- heit, und daß diese erhalten bleibt, dafür sorgt die Regierung. Die Gemeindevertretung arbeitet natürlich ganz im Sinne der Mehr- heit der Einwohner, aber die Regierung leistet Widerstand. AIS die Gemeindevertretung die dielfach eingeführte und gesetzlich zu- lässige Grundsteuer nach dem gemeinen Wert beschloß, versagte die Regierung die Zustimmung: für Eichlinghofen habe diese Steuer keinen Wert. Die Gemeindevertreter wählten jüngst einen Genossen zum stellvertretenden Vorsteher: wiederum versagte die Regierung ihre Bestätigung. Im Mai wählte die Gemeindevertretung zwei parteigenöffische Bergleute in die evangelische Schulkommisfion und zwei weitere Genossen in den Schulvorstand des Gescmrtschnl- Verbandes de? Amtes. Der Landrat von Hörde hat jetzt mitgeteilt, daß sämtlichen Gewählten die Bestätigung versagt worden sei, Wir nähern uns bedenklich asiatischen Zuständen! Ms Industrie und Handel. Die Krise. Essen, 13. Juli. jPrivattelegramm de»Vor- w ä r t s".) Nach der Stillegung der Ruhrzechen folgt nunmehr die Stillegung anderer industrieller Werke. Nachdem vor einigen Monaten die demPhönix " zugehörenden Hochofenwerke Kupferdreh " stillgelegt sind, läßt nun auch Deutsch-Luxem- bürg das HochofenwerkSchottland " in Steele an der Ruhr still- legen. Den Arbeitern des Werkes ist bereit« gekündigt worden. In drei Monaten sollen auch die S ch r a ub e n f abriken stillgelegt werden, die dem Werke angegliedert sind. Die HochschutzzSlle bauernfeindlich! Die Landwirtschafts­gesellschaft der österreichischen Provinz Salzburg hat in einer Ein- gäbe zu der Erneuerung der Handelsverträge und zu den Getreide- zöllen Stellung genommen. Die von dem Generalsekretär Mahr , einem völlig unverdächtigen Agrarier, verfaßte Eingabe erklärt, daß die Bestrebungen auf Verringerung der Produktionskosten und Steigerung der Erträgnisse eine entsprechende Rentabilität wirk- samer sichern als die Zölle. Von dem Hinweis darauf, daß der Zoll- schütz weit mehr dem herrschaftlichen Großgrundbesitz zugute komme als dem Bauernstand, wird gesagt, daß er nicht ohne eine gewisse Berechtigung sei und es wird betont, daß es etwas ganz anderes ist, 66 ein kleiner Landwirt durch die Zölle ein paar Kronen gewinnt oder der Latisundienbesitzer Hunderttausende, wobei der kleine Land- Wirt noch durch den Kauf des zollverteuerten Saatguts und Futters mindestens wieder um den Zollgewinn gebracht wird. Bekanntlich be- steht unter den Bauern der österreichischen Alpenländer eine starke Bewegung gegen die Agrarwucherzölle, die von dem christlichsozialen Sezessionisteu, Abg. Reichsritter v. P a n tz, geführt wird und die sich besonders darauf beruft, daß die in staatlichem Auftrag veran» stalteten Erhebungen eines Professors an der Wiener Bodenkultur- Hochschule diese Wirkung der Hochschutzzölle erwiesen haben, aber eben deswegen ihre Ergebnisse nicht bekannt gegeben werden dürfe»! Soziales. Anteil am Trinkgelderfonds. 36 Mark Anteil am Trinkgelderfondis forderte gestern ein Kellner vor dem Gewerbegericht von der Inhaberin des HotelS Esplanadc", der Deutschen Hotel-Aktiengesellschaft. Der Kläger hatte in dem Hotel gelernt und für den Sommer anderweit« Siel- lung angenommen. Er blieb jedoch nach beendeter Lehrzeit unter Zustimmung der Geschäftsleitung noch 18 Tage in der früheren Beschäftigung. Dafür erhielt er, wie bisher, neben Beköstigung eine Barentschädigung, entsprechend einem Monatsgehalt von 26 M. Den Trinkgelderanteil bekam er dagegen nicht, auch nicht, als er ihn bei seinem Austritt forderte. Der Trinkgelderfonds wird jede Woche ausgeschüttet. Den Anteil eines jeden Angestellten bemißt der Geschäftsführer nach demWert" des Einzelnen. Hierüber werden bei Neuengagcments feste Abmachungen getroffen. Der Kläger hat seinen Anteil erst nach drei Wochen gefordert, mit ihm war eine bestimmte Vereinbarung nicht getroffen. Das Gericht sprach dem Kläger die Forderung zu. Sie sei als angemessen anzusehen und weil der Anteil allen Angestellten zu- steht, auch ihm zuzubilligen. Letzte Nachrichten. Annahme des Budgets in der französischen Kammer. Paris , 13. Juli. Die Kammer hat da» Budget in seiner G«. samtheit mit 386 gegen 132 Stimmen angenommen und sich auf morgen nachmittag vertagt.