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mehr als Nachtarbeit bezahlt erhalten, dafür wurde ihnen fetzt für dir Zeit von S ö Uhr nachmittaz-Z ein Lohn von 1,20 Vi. zu­gestanden. Das würde für die auf den Holzdampfern beschäftigten Arbeiter einen Lohnausfall von 60 Pf. pro Tag ausmachen. Die Stauereiarbeiter lehnten dieses Angebot ab und begannen mit der Arbeit erst um 7 Uhr anstatt um 6 Uhr morgens. Darauf ant- warteten die Unternehmer mit der Aussperrung. Die Holzplatz- arbeiter beschlossen, kein Holz in Empfang zu nehmen, das von Schiffsmannschaften oder Streikbrechern ans Land gebracht wird. Lohnbewegung der Bremer   Stnntsarbeiter. Die in bremischen Staats- und städtischen Betrieben be- schäftigten Arbeiter haben bei den Behörden beantragt, alle Löhne um SO Pf. pro Tag zu erhöhen und die tägliche Arbeitszeit auf neun Stunden zu verkürzen. In der Begründung dieser Anträge wird darauf hingewiesen, daß seit der letzten Lohnzulage im Jahre 1911 in der Stadt Bremen   die Lebensmittelpreise für eine vier- löpfige Familie von 24,08 M. pro Woche auf 26,54 M. gestiegen sind und daß die Gesamtmehrbelastung einer Familie einschließlich Miete und Steuern zirka 150 M. pro Jahr beträgt. In einigen städtischen Betrieben ist die neunstündige Arbeitszeit bereits ein- geführt worden. Das veranlastte die Bürgerschaft zu einein Be- schlufz, wonach der bremische Senat ersucht wurde, darüber zu be- richten, ob nicht im Jahre 1913 für alle städtischen Arbeiter der Neunstundentag eingeführt werden könne. Es mutz dem Senat ent- gangen fein, daß wir bereits 1914 schreiben, denn die Bürgerschaft wartet noch immer auf den Bericht. ?tastatiS. Blutige Arbeit der Gendarmen im Haag. Der Haager Straßenbahnerstreik hat gestern abend zu ziemlich ernsten Krawallen geführt, an denen aber die Streikenden, die gerade eine geschlossene Versammlung abhielten, soweit sie nicht Streikposten standen, nicht beteiligt waren. Die Krawalle wurden hervorgerufen von der Gendarmerie und der Reichspolizei aus kulturell riedrigen Landesteilen, die der Bürgermeister unllugerweife herbeigerufen hatte. Während die städtische Polizei gemäßigt und vernünftig auftrat, provozierte die berittene Gendarnierie das mit dem Streik sympathisierende Publikum, indem sie bei der geringsten Veranlassung in rohester Weise zu hauen anfing. Zahlreiche Personen sind somit von dem Polizeiiäbel verwundet worden. Daß es auch anders gegangen wäre, bewies durch die Tat unser Genosse Stadt  - verordneter Hoejcnbos, der im Automobil die Stadt durchfuhr und überall mit wenigen eindringlichen Worten die Massen dazu brachte. im Interesse der Streikenden ruhig ihres Weges zu gehen und sich keine AuSfchreuungen zuschulden kommen zu lassen. Das wüste Auftreten der Gendarmerie hat in der Sradt eine große Erbitterung hervorgerufen. * Nachträglich wird noch ans Haag berichtet, daß die Straßenbahn- direktion den Beschluß gefaßt hat, keine Wagen mehr laufen zu lassen, und somit auch den spärlichen Dienst, den die bisher mit den- jenigen deutschen Streikbrechern, die einige Arbeitsroutine besaßen, unterhielt, einzustellen. Die Streikbrecher waren also wohl nichr zu verwenden und die feindselige Haltung des Publikums tat das übrige. Die Streikbrecher waren angeführt von einem gewissen Ludwig Emil Knolh, der jetzt in Amsterdam   eine Streikbrecher- agenlur betreibt, nachdem er aus Hamburg  , wo er früher das saubere Handwerk ausübte, hat flüchten müssen. Er wurde dort wegen Be- trug« in drei Fällen zu 8 Monaten Gefängnis verurteilt und wird vom Hamburger Staatsanwalt steckbrieflich verfolgt. Die Haager Patrizier, die sich mit diesem Herrn einlassen, müssen sich wohl in großer Verlegenheil befunden haben. Soziales. Aus dem JnnungsschicdSgericht. 1. Klatsch als Entlassungsgrund. Gegen die Firma Werth richtete sich in der letzten Sitzung des Jnnungsschiedsgerichtes die Klage eines Abteilungsleiters auf Zahlung von 90 M. Entschädigung wegen fristloser Entlassung. Mit dem Kläger   war eine vierzehntägige Kündigung vereinbart. Er hatte den Sicherungsbau zu leiten und die Arbeiten zu revi- dieren. Ihm wurde vorgeworfen, den Werksührer gröblich be- leidigt zu haben. Der Beweis mißlang. Der Beklagte wollte den Kläger infolge des Klatsches entlassen, sah aber im Hinblick auf den Kontrakt davon ab. Er mutete ihm jedoch zu, untergeordnete Arbeiten zu verrichten. Das lehnte der Kläger   ab. Das Olericht verurteilte die beklagte Firma dem Klageantrag gemäß. Begründend führte der Vorsitzende aus: Auf Grund un» bewiesenen Klatsches durste nicht in der Weise gegen einen Ange- stellten in leitender Stellung vorgegangen werden. 2. Der Tag Äs Lohneinheit. Ein Werkzeugmacher der Firma Hoog u. Hnbrich war wieder- holt in längeren Zwischenräumen bei der Unterhaltung mit einem Kcllegen betroffen und verwarnt worden. Eines Tages, etwa 10 Minuten nach Arbeitsbeginn, hatte er abermals ein Gespräch mit einem Kollegen, wurde von einem der Inhaber dabei erwischt und sofort entlassen. Er forderte nun Bezahlung für den Ent- laflungstag und Ausdehnung des Zeugnisses aus Führung und Leistung. Das Gericht erkannte in seinem Schiedsspruch nur den letzteren Anspruch an und wies den ersteren ab. Darin ging der Spruch fehl. Nach fast ständiger Rechtsprechung sämtlicher Gerichte muß auch bei Kündigungsausschluß der angefangene Tag voll bezahlt werden, weil der Tag eine Lohneinheit bildet. Bei Aschinger. Eine heute vor der 146. Abteilung des Schöffengerichts Berlin-Mitte verhandelte Privatbeleidigungsklage lieforte den Beweis, daß gewisse Arbeitgeber noch immer der Ansicht sind, die in ihren Diensten stehenden Arbeiter sind ihre Lohnsklaven, denen sie a l l es bieten können. Auf den Tatbestand hatten wir bereits anläßlich einer Gewerbegerichtsklage hingewiesen. Zwei. Dienstmädchen waren seit vielen Jahren bei der Firma Aschinger   als sogenannte Nachtmädchen in Arbeit. Vor einiger Zeit wurde den Mädchen von dem Geschäftsführer Wilhelm Wcgcncr eine Arbeit aufgetragen, die in keiner Weise zu ihren Obliegenheiten gehörte. Als die Mädchen sich weigerten, diese Arbeit zu verrichten, geriet Wegener in großen Zorn und sagte: Ihr seid alles dreckige Weiber» verfluchte faule Mistviecher, Dreckschweine und alte Kamele." Der Gastwirtsgehilfcnverband, dem die Mädchen als Mit- glieder angehören, veranlagte die Anstrengung der Privatbeleidi- gungsklage gegen Wegener. In der unter dem Vorsitz des Amts- gerichtsrats Karwinkel stattgefundenen Schöffcngerichtssitzung gab Wegener folgende Erklärung ab: Ich bedanre, daß ich mich in der Erregung zu der inkrimi- nierten Aeußerung habe hinreißen lassen. Ich bitte die Klage- rinnen um Entschuldigung und verpflichte mich, sämtliche ge- richtliche und außergerichtliche Kosten, einschließlich der den Klägerinnen erwachsenen Rechtsanwaltskosten, zu bezahlen." Darauf zogen die Klägerinnen auf Anraten ihres Rechtsbei- standes die Klage zurück. Es erfolgte infolgedessen die Einstellung des Verfahrens._ Versammlungen. Der Kampf gegen den Aiilitariswus lautete das in unserem heutigen Miliiärstaat jederzeit aktuelle Thema einer öffentlichen Versammlung in den»PharuS- Sälen'. Ledebour als Referent wußte mit seinen tresslichen Ausführungen die Versammlung zu fesseln und mitzureißen, wie aus den vielfachen stürmischen Zu- stimmungsäußerungen zu erkennen war. Seine Worte, mit dem ge- wohnten erfrischenden SarkasmuS gewürzt, beantworteten vor allen Dingen die Frage, weshalb wir den Militarismus in seiner heutigen Form bekämpfen. Besonders scharf ging er mit den Soldaten- schindern ins Gericht und zeichnete auch die Befürworter des heutigen Systems. Seine Darlegungen klangen au? in der Aufforderung zu energischem, rücksichtslosem Kampfe gegen den Militarismus und die dem System entspringenden scheußlichen Auswüchse. In der anschließenden Aussprache wurde noch manches treffende Wort gesprochen. Mit einem flammenden Aufruf, namentlich in der Erziehung der heranwachsenden proletarischen Jugend mit Nachdruck unsere Auffassung zur Geltung zu bringen, schloß der Leiter der Versammlung, Petersdorf, die imposante Veranstaltung. Trotz der enormen Hitze hatten sich gewaltige Mengen einge- funden. Aber nur ein Bruchteil fand Zutritt. Die Polizei sperrte in rührender Fürsorglichkeit den Saal so zeitig ab. daß noch ein paar hundert Besucher hätten Platz finden können. Der Hitze wegen wurde gesagt. Mit Recht geißelten Ledebour sowohl wie auch der Versammlungsleiter diese übertriebene polizeiliche Besorgnis. Zu- treffend führte namentlich der letztere aus, daß solcher Eifer wohl besser am Platze sei bei jenen Unternehmern, die ohne Rücksicht auf die Hitze 10 und 12 Stunden schwer schuften lassen. Oder bei sol- dalischen Usbungen, möchten wir hinzufügen. Gerichtszeitung. Zum Nachdrncksrecht der Zeitungen. In München   scheint die Hitze sehr arg zu sein. Am 5. Mai berichteten wir unter dieser Neberschrift über einen Prozeß gegen dieLipp. Landesztg.' in Detmold  . Der Redakteur hatte drei Notizen, die re ohne Kennzeichnung ihres Ur- Hebers, ohne Chiffre oder dergl. in einer anderen Zeitung gelesen hatte und nur für Nachrichten tatsächlichen Inhalts hielt, abgedruckl. Darauf war gegen ihn Suafantrag von Dr. Schönthal in München  , dem Inhaber derTägl. Korrespondenz', gestellt. Das Gericht verurteilte ihn unter moralischer Verurteilung des Vorgehens des Strafanlragstellcrs zu der geringsten Strafe von drei Mark. Wir wendeten uns in diesem wie in Fällen ähnlicher Art, in denen Schriftsteller wegen solcher Notizen Strafantrag gestellt halten, gegen die Straf Vorschrift des Urheberrechtsgesetzes, die nachgerade zu einem Erpressungsmittel geworden sei. Dr. Schönlhal beehrte uns darauf mit mehreren Zuschriften, in denen er sich gegen unseren Bericht wendete. Er vertrat gleich- falls nicht die Ansicht, daß man stets zum Kadi lausen solle, aber in dem Detmolder   Fall hätten besondere Umstände für sein Vor- gehen vorgelegen. Auf die Zuschriften gingen wir nicht ein: ander Tatsache änderte ihr Inhalt nichts, daß der Schriftsteller seine Notizen nicht als sein Eigentum kennzeichnen ließ und dennoch Strafantrag gegen den ahnungslosen Redakteur stellte, weil die Redaktion' den von ihm verlangten Betrag nicht zahlte. Jetzt be- ehrt uns Dr. Schönthal abermals mit zwei längeren Zuichriflen. Die eine wimmelt von Jnvektiven und enthält die Mitteilungen, 1. daß er und andere ungenannte Schriftstellerin keinem Falle in der Lage sind', unsirgendwie Nachdruck wie früher zu gestatten', sowie 2. daß gegen unswegen mehrerer Nachdrücke' Strafantrag gestellt sei. Wir sehen den angedrohten Liebenswürdigkeiten mit Seelenruhe entgegen. Es handelt sich um folgendes. Z 18 des Urheberrechtsgesetzes erklärt den Abdruck von Ausarbeitungen wissenschaftlichen, technischen oder unterhaltenden Inhalts für unzulässig, fährt aber dann fort: Vermischte Nachrichten tatsächlichen Inhalts und TageSneuigkeiten dürfe» aus Zeitungen und Zeitschriften stets abgedruckt werden." Nun haben Gerichte angenommen, auchNach- richten tatsächlichen Inhalts' könnten durch ihre Formunter- hallend' sein, sie seien dann alsAusarbeitungen unterhaltenden Inhalts' anzusehen. Wo da die Grenze zu ziehen ist, ist im Einzelfall schwer zu unterscheiden. Eine Reihe Schriftsteller chiffrieren ihre Notizen j dann weiß jeder Redakteur: ohne Zustimmung des Autors darf das in dieser Form nicht nachgedruckt werden. Andere unterlassen die Signierung, wie Dr. Schönthal, und verlangen dann von der Redaktion Zahlung für die Nachricht z. B., daß ein Mann die Bügelfalten in seiner Hose durch eine Chausseewalze hineingebracht habe. Die Redakteure zahlen dann in der Regel wie stets den üblichen Satz für solche Nachrichten, ohne damit etwa anzu- erkennen, daß eine gegen Nachdruck geschützte Notiz vorliege. Es liegt aus der Hand, daß es durchaus zu verurteilen ist, wenn ein Sckirift- slcller in solchen Fällen, auch in denen, in denen etwa keine Zahlung erfolgt, statt eine Klage aus Zahlung anzustellen, Strafantrag stellte. Dr. Schönthal droht damit. Uns kann's recht sein, nur soll er dann die von ihm versendeten Nachrichten als von ihm herrührend kennzeichnen, gleichviel, ob sie eine Bügelfalte, oder einen, toten Papagei auf der Eisen- bahn' oder sonstige Neuigkeiten behandeln. Sonst könnte er wegen Verleitung zum Rachdruck mal hineinfallen. Mit demselben Brief, in dein Dr. Schönthal uns ankündigt, er gestatte uns keinen Nachdruck seiner Artikel, sendet er uns eineAus- arbeilung unterhaltenden Inhalts' zu, deren Abdruck er auf Grund des Z 11 des Pretzgesetzes verlangt. Das ist denn doch des Guten zu viel. Wir lehnen dies Ansinnen ab und hoffen, die Hitze wird in München   bald nachlassen. Schwere Mißhandlungen eines Stiefkindes wurden einer Frau Ida Wolf, geborenen Bcllach, zur Last gelegt. Im Mai d. I. verurteilte das Schöffengericht Berlin- Mitte sie zu einer Gefängnisstrafe von neun Monaten und beschloff auch sofortige Verhaftung. Gegen dieses Urteil legte die Angeklagte Berufung ein, und sie erwartete nun vom Landgericht Berlin   l sFerienstrafkammer 7) gestern ihre Frei- sprechung. Sie beteuerte, sich keiner Mißhandlung schuldig gemacht zu haben und behauptete sogar, daß sieKinder sehr gern habe". Die Beweiserhebung, in der wieder eine große Zahl Zeugen vernommen wurden, ergab dasselbe erschütternde Bild wie in der Verhandlung vor dem Schöffengericht. Nach der Darstellung der Zeugen hatte Frau Wolf in der Zeit von Ende 1912 bis Ansang 1914 ihr jetzt achtjähriges Stiefkind Tora fortgesetzt schwer miß- handelt. Ost hörte man Tora jämmerlich schreien und immer wieder sah man sie mit deutlichen Spuren maßloser Züchtigungen. Leute, die daS arg verschüchterte Kind fragten, woher es denn die blauen E lecke und die Anschwellungen im Gesicht haben, bekamen zur Ant« ort:Ich darf es nicht sagen". Stundenlang stand die Kleine, manchmal in bitterer Wimerkälle, vor der Korridortür, weil sie nicht ivagte, duich stärkeres Klopfen sich bemerkbar zu machen. Schon im Jahre 1911 war wegen Mißhandlungsverdachts eine Anzeige eingereicht worden, doch verlief damals die snche im Sande. Als später die Kiudcrschutzkommisfion von erneulem Mißhandlungs- verdacht erfuhr, griff sie ein und stellte Spuren offenbarer Mlßhand- ttlngen fest. Auch eine andere Vereinigung sür Kinderschutz erhielt Kenntnis von diesen Dingen, und es kam dann zu einer Strafverfolgung der Frau Wolf. Vor Gericht schilderten ein Kontrolleur der Kinderschutzkommission und eine Helferin den erschütternden Befund, den eine Besichtigung des Kindes ergeben hatte. Die Bekundungen eines Kriminalbeamten, der nach Eingang der Anzeige die notwendigen Ermittelungen vor- genommen hatte, lauteten noch schlinimcr. A» dem Körper deS Kindes hatten sich Strieme», blaue Flecke, verschorfte Wunde» und Narben vorgefunden, von denen die Zeugen sagten, daß sie nur von Schlügen und Stößen herrühren konnten. Ein Schwager der An- geklagten, der Bruder des Ehemanns Wolf, bekundete, daß auch ihm Mißhandlungsspuren ausgefallen waren. Dem Ehemann Wolf, der zu schwach war, seine Frau von den Mßhandlungen zurückzuhalten, hat inzwischen das vormundschastSgericht das Kind aBgenommen. Das Kind befindet sich jetzt im Waisenhaus zu Rummelsburg  . Der Verteidiger sah den Sachverhalt als nicht hinreichend auf- geklärt an und bemängelte die Strafe als mindestens zu hoch. Nicht Mißhandlungen, sondern Züchtigungen liegen hier vor. Personen, die einer Orgamstrtion für Kinderschiit, angehören, seien rasch geneigt, Mißhandlungen zu vermuten. Der Staatsanwalt beantragte, die Berufung zu verwerfen, weil die Beweisaufnahme hier nichts anderes als vor dem Schöffengericht ergeben habe. Da? Gericht urteilte diesem Antrag entsprechend. Es sah schwere Mißhandlungen als erwiesen an und hielt bei der langen Dauer dieses Treibens die Strafe von 9 Monaten Gefängnis für angemessen. Der Antrag, die Angeklagte bis auf weiteres auS der Hast zu entlassen, wurde abgelehnt, weil Fluchtverdacht vorliege. Der vergebliche Ruf nach dem Schutzmaun. Die Tatsache, daß hilfesuchende Personen auf Polizei- revieren einfach mit dem lakonischen Bescheide:Es ist kein Schutzmann dal" wieder weggeschickt werden, kam wieder einmal in einer Verhandlung zur Sprache, welche die erste Ferienstrafkammcr des Landgerichts I   beschäftigte. Wegen gefährlicher Körperverletzung und Hausfriedensbruchs war der Monteur Wilhelm Brock angeklagt. Das Schöffengericht hatte B. und den Schlosser Karl Bcilke zu ie einer Woche Gefängnis verurteilt. Während letzterer sich bei dem Urteil beruhigte, legte Brock Berufung ein. Am 15. Februar d. I. hatten die beiden An- geklagten, die als ruhige und nüchterne Menschen gelten, an einer kleinen Feier teilgenommen und dabei stark über den Durst getrunken. Der Alkohol erzeugte bei ihnen Radaustiinmung und als sie gegen 12 Uhr nachts das Lokal des Schankwirts Parussel bettaten, dauerte es nicht lange. bis der schönste Radau im Gange war. Sie fielen über den Wirt her und als sich dieser mit. einem Gummischlauch zur Wehre setzen wollte, wurde ihm dieser entrissen. Der Angegriffene wurde zu Boden ge- warfen und roh mißhandelt. Die kleine Tochter des P., die durch den Lärm aufgewacht war, lief im Hemd hilferufend zu der nächsten Polizeiwache, wo sie weinend bat, doch schnell einen Schutzmann zu schicken, da ihr Papa sonst totgeschlagen werde..Dem Kinde wurde gesagt, daß kein Schutzmann da sei, der mitkommen könne. Wie sich später ergab, war auch tatsächlich nur der Telegraphist auf der Wache. Erst nach einer halben Stunde, während der die beiden betrunkenen Leute in dem Lokal weiter skandalierten, war es möglich, einen Schutzmann aus- findig zu machen, der dann die beiden Radaubrüder festnahm. Vor Gericht machte der Verteidiger geltend, daß weit schlimmere Exzesse betrunkener Studenten nur mit einer Geldstrafe geahndet worden seien und deshalb kein Grund vorliege, den bisher unbescholtenen Angeklagten, der seine Tat tief bedanre, ins Ge- sängnis zu schicken. Das Gericht kam zu einer Abänderung des Urteils und verurteilte den Angeklagten nur zu 30 Mark Geldstrafe. Mus aller Welt. Neichs-Telefunkenftation Nauen  . Die Telefunkenstation Nauen   bei Berlin   wird in den nächsten Monaten von der Reichspost übernommen und dann auch dem öffentlichen Verkehr nutzbar gemacht werden. In der bisherigen Versuchsstation Nauen   wurden sämtliche Fort- schritte und Neuerungen der Funkentelegraphie ausprobiert. Die Station hat in den letzten Monaten bereits einen ziem- lich regelmäßigen internen Dienst mit der deutschen Kolonie Togo   in Westafrika   und Sayville bei New Dork unterhalten. Auf der Station befindet sich ein Turm von 250 Meter Höhe sowie fünf Türme von je 120 Meter Höhe; ferner sind vor- handen zwei Sender von je 250 Kilowatt Primärenergie und ein Telephoniesender für Michweiten von mehr als 500 Kilo­meter. Der Aktionsradius der Nauener Station erstreckt sich über mehrere tausend Kilometer. Denkmalsschändung in Stuttgart  . In der Nacht zum Mittwoch wurde daS von Prof. Donndorf  geschaffene Schillerdcnkmal vor dem Neuen Hoftheatcr in Stuttgart  mit einer ätzenden farbigen Flüssigkeit Übergossen. Der Täter ist angeblich noch nicht bekannt._ Eine in die Luft gesprengte Fabrik. DaS rauchende Trümmerfeld einer solchen kann man jetzt in Dittingen   im schweizerischen Kanton Bern   erblicken. ES sind dies nicht etwa böse Anarchisten oder Syndikalisten, die diesen vollauf leistungsfähigen Betrieb in die Luft gesprengt haben, sondern wasch- echte Kapitalisten. Es handelt sich um eine Portlandzementfabrik, die auf Beschluß des Zemcntsyndikats der Schweiz   stillgelegt wurde, um die preise zu erhöhen. Da nun die bernische Steuergesetz- gebung die relativ neue Fabrik mit ihrem Erstellungswert zur Kapitalsteuer heranzog, wurde diese Stillegung dem Zement- syndikat auf die Dauer zu teuer. Nach einem verlorenen Steuer- rekurs wurde die Fabrik einfach in die Luft gesprengt der kapi­talistische Wert des Trümmerhaufens rechtfertigt keine Siteuex mehr. Hoffentlich bleibt der Trümmerhausen lange genug liegen, um Enkeln einer besseren Zukunft ein Bild der Sinnwidrig- keit der kapitalistischen   Gesellschaft zu zeigen. Die bürgerliche Presse der Schweiz   ist angefüllt von den technischen Einzelheiten der sointeressanten" Sprengung, das Motiv der Tat kann man freilich nur in der sozialistischen   Presse nachlesen. Für das Bürgertum ist diese Zerstörung menschlicher Arbeit nur ein sen- sationelles Schaustück, nichts mehr. Kleine Notizen. Unwetter. Seit Sonntag gehen täglich in verschiedenen Teilen Bayerns   schwere Gewitter nieder, die durch Blitzschläge und Ueber- schwemmungen großen Schaden anrichten. Eine ganze Anzahl von Personen ivurden vom Blitz erschlagen. Auch beim Baden er- eigneten sich zahlreiche tödliche Unglücksfälle. In Emden   ging gestern nachmittag zwischen 4 und 5 Uhr ein äußerst hestigeS Ge­witter nieder. Die liefer gelegenen Stadtteile waren überschwemmt, die überseeischen Kabel waren fast eine Stunde lang außer Betrieb. Schisssuntergang. Im Tanafsord, an der Westküste Norwegens  ist das Petersburger HandelsschiffJoann BogoSiow' mit dem Be­sitzer des Schiffes, seiner Fron und der ganzen Mannschaft unter« gegangen. Neue Erdscnkung in Paris  . Gestern früh entstand auf dem Damm des Boulevard Ney eine neue Erdsenkung von einem Meter Länge und einem Meter Tiefe. Ein Vorübergehender stürzte in die Erdscnkung und verletzte sich leicht am Bein. Verhängnisvolle Ballonlandimg. Bei einer Ballonlandung in Meaux   verlor der junge Luftschiffer Maurice Ducret sein Leben. Ducret, der gestern seinen ersten selbständigen Ballonaufstieg unter- nahm, wollte eben landen, als sein Ballon sich in einem Gehölz verwickelte. Der Luftschiffer stürzte kopfüber aus dem Ballon und war sofort tot. Eine Wolke von Heuschrecken   ist über Corsica in der Gegend von Balagna niedergegangen. Das Institut von Paris   hat sofort Per- treter nach Corsica entsandt, um Mittel zur Vernichtung der In- selten auszuprobieren._ Eingegangene Druckschriften. Sarah von Lindholm. Roman von Magarcte Böhme. 3,6? M., gebunden 4,66 M. Blut. Roman von W. Bonsels  . 3,00 M., gebunden 4,00 M. Hesse«. Becker, Leipzig  .