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K r a m z von 5er 12. Kompagnie 95. Jnfankerleregimenis tn Koburg unter der Anklage der wiederholten Mißhand- l u n g eines Musketiers. Aie. Beweisaufnahme enthüllte wahr­haft erschreckende Taten dieses Soldatenpeinigers. Obwohl den Unteroffizieren der Kompagnie von dem jetzigen Hauptmann erst am 27. Mai d. I. gesagt Worden war, daß er gegen Miß- Handlungen unnachsichtlich vorgehen werde, ließ Kramz schon a m folgenden Tage seinen wehrlosen Untergebenen Knie  - beugen, Gewehrstrecken und Laufschritt in so aus- mebigem Maße üben, bis ihm übel wurde. Schon im November vorigen Jahres erhielt der Soldat von seinemErzieher" Schläge an den Kopf, weil er beim Appellausfiel". Ein andermal schlug der Sergeant auf seinem Opfer, als er bei ihm auf der Kammer ein Paar Stiefel umtauschen wollte, einen Besenstiel entzwei! Dann wieder wurde der Soldat mit dem Knie in das Gesäß gestoßen, mit den Fingern an der Nase gezwickt, es wurde ihmeine" auf die rechte Backe >, geklebt". Einmal stemmte der rohe Patron dem Soldaten das Knie gegen den Magen und ließ ihn das Koppel fester schnallen, obwohl der Mann vor Schmerzen stöhnte, und zu Weihnachten, amFeste der Liebe", klemmte der Angeklagte den Kopf des Gepeinigten zwischen seine Beine und, andere Soldaten prügelten auf ihn los. Und diesem Menschen gab sein früherer Hauptmann in der Verhandlung das Zeugnis eines tüchtigen Unter- offiziers vonanständiger Gesinnung", dem er, der Hauptmann, junge Unteroffiziere auf die Stube gelegt habe, damit sie sich an ihm ein Beispiel nehmen sollten! Der mißhandelte Musketier hingegen sei ein schwerfälliger Soldat Und nicht besonders klug. Das Urteil des Erfurter Kriegsgerichts fiel sehr milde aus: es lautete auf fünf Wochen Mitt elarrest. Der Anklagevertreter hatte drei Monate Gefängnis und Degra- dation beantragt, aber selbst dieses niedrige Strafmatz erschien dem Gericht noch zu hart für diesen Menschen mit der.anständigen Gesinnung". Gefterreich und Serbien  . Im ungarischen Abgeordnetenhause sprach der Minister  - Präsident Graf T i s z a in einer Jnterpcllationsbeantwortung über die Verhältnisse in Serbien  :: Die verantwortlichen Faktoren seien sich bewußt, welche Interessen, sich an die ErhaltungdesFriedenS knüpften. Die schwebende Angelegenheit müsse nicht unbedingt zu kriege- rischen Entscheidungen führen, doch ein Staat, der den Krieg nicht als ultima ratio betrachte, könne sich als Staat nicht be- haupten. Der Ministerpräsident widerlegte die pessimistische Auf- fassung, als ob die bosnischen Zustände revolutionär seien und außerordentliche Maßnahmen getroffen werden müßten. Aller- dings werde eine großserbische Agitation betrieben, Welcher mit aller Energie entgegengetreten werden müßte. DieTimes" richten nun folgende offenbar inspirierte Mahnung an die österreichische und serbische Adresse: Während offiziell die Haltung der beiden Regierungen korrekt sei, sei die Sprache der Presse beider Länder in einer Kampagne begriffen, die schließlich zu unheilvollen Folgen führen könnte. Das Blatt verzeichnet mit Genug- tuung, daß die große Mehrheit der verantwortlichen Zeitungen in Oesterreich   von der Mordtat in Sarajewo   mit Besonnenheit und Zurückhaltung spreche. Sie verlangten mit vollem Recht eine erschöpfende Untersuchung aller Umstände des Verbrechens sowie der Natur und der Verzweigung der Ber- schwörung, die unzweifelhaft dahinter stände. Sie forderten mit derselben Berechtigung alle Erleichterungen für diese Unter- suchung und eine gebührende Bestrafung der etwaigen Schuldigen. Sie beständen ferner darauf, daß Oesterreich-Ungarn   wirksame G a r a t i e n gegen die Unterstützung einer aufrührerischen Be- wegung in der Monarchie durch serbische Untertanen erhielte. Hiermit, sagt die Times, stimmen wir alle überein, und dies ist eine Pflicht, die Serbien   sich selbst schuldig ist, und der es zweifellos nachkommen wird. Das Blatt betont weiter, daß die rücksichtslose und provozierende Sprache ziemlich vieler serbischer Blätter sowohl vor als nach der Mord- tat Europa   empört und Serbien   die Sympathien d»r zivilisierten Welt entfremdet habe. Der weise und ehrenvolle Kurs für Serbien   sei, aus eigener Initiative die Untersuchung vorzu- nehmen und den Mächten einen vollständigen Bericht vorzulegen. Andererseits müßte Oesterreich-Ungarn   dessen eingedenk sein, daß die südslawische Frage, zu der auch die Beziehungen zu Serbien  gehörten, in einer für die Monarchie befriedigenden Weise nicht durch Gewalt oder Drohungen gelöst werden könne. Jeder Versuch in dieser Richtung werde eine neue Gefahr für den europäischen   Frieden bilden. Bisher habe Oester- reich mit Selbstbeherrschung und Zurückhaltung gehandelt. ES sei ernstlich zu hoffen, daß es bis zum Schluß dpnn fortfahre. Revolution in Venezuela  . Bogota  , 16. Juli. Nachrichten von der Grenze melden, daß in Venezuela   eine Revolution ausgebrochen ist, die sich ausbreitet. <defterreich. Wiederverhastung Kochannys in Prag  . Die Prager Polizei sucht offenbar in ihrer schamlosen Liebe- dienerei vor dem Blutzaren sich selbst zu übertreffen. Wie uns mitgeteilt wird, ist der russische Schriftsteller Kochanny, der acht Wochen unter fälschlicher Anschuldigung im Prager Gefängnis gehalten wurde, vor einigen Tagen wieder verhaftet worden. Bekanntlich war die gegen den Genossen Kochanny erhobene An- schuldigung so haltlos, daß die Prager Behörden, trotz ihrer Liebe- dienerei vor dem russischen Polizeischurken SlavinSky, dem sie ungesetzlicherweise die Führung der Untersuchung gestatteten, gezwungen waren, Kochanny in Freiheit zu! setzen. Er blieb in Prag  , um den Ausgang seiner Berufung gegen die gegen ihn er- lafiene Ausweisung abzuwarten. DieseBeharrlichkeit" des rujsi- scheu Emigranten scheint nun die Prager Polizei um den letzten Rest ihrer Besinnung gebracht zu haben. Sie zittert eine große Anzahl russischer Studenten in Prag   alsZeugen" im Kochanny- Prozeß, den sie offenbar zu einer großen Aktion gegen die russi- schen Flüchtlinge überhaupt zu gestalten gedenkt. Dieses un- würdige, schamlose Treiben verdient die schärfste Verurteilung. Mus Ser Partei. Aus den Organisationen. Die Generalversammlung des Sozialdemokratischen Wahl- dereins für den 14. hannoverschen Wahlkreis fand am 12. Juli in Peine   statt. Aus dem Bericht des Kreisvor- standes geht hervor, daß der Mitgtiederzuwachs nur ein ganz geringer ist. Er stieg von 1424 Mitgliedern am 31. März 1913 auf 1483 Mitglieder am 31. März 1914. Der Markenverkauf war im ftxictztsjajir MrüchzßAansen, Ajg Abomiuitenzahl Hi Wille" fiel ebenfalls um 25, hon 1524 auf 1499 Abonnenten. Bessere Resultate waren vom Bildungswesen, besonders in der Stadt Celle  , zu berichten. In der Debatte wurde denn auch die Ursache des allgemeinen Stillstandes ausgiebig erörtert. Der an- wesende Vertreter� des Provinzialvorstandes, Genosse L e i n e r t, gab in dieser Hinsicht bemerkenswerte Winke. Ueber den Partei- tag in Würzburg   referierte Genosse Schädlich- Celle. Nachdem er den Ernst der politischen Lage gestreist, behandelte er eingehend die beiden Hauptreferate auf dem Parteitage, deren Behandlung er als durchaus notwendig in der gegenwärtigen Lage bezeichnete. Betreffs des Kaiserhochs erwartet er eine große Mehrheit für das Verhalten der Fraktion im Reichstage, womit sich auch die Konferenz einverstanden erklärte. Als Delegierter wurde Genosse Hansen- Lehrte gewählt. Der bisherige Vorsitzende K ö p p e n und der bisherige Kassierer Bruns wurden wiedergewählt. Der Wahlkreis Sagan-Sprottau hat im verflossenen Geschäftsjahr sehr unter der wirtschaftlichen Krise zu leiden gehabt. Von 312 Neuaufnahmen verblieben dem Kreisverein nur 51. Die Gesamtmitgliederzahl beträgt 1193(888 männliche und 215 weib- liehe Mitglieder). Flugblätter wurden 130<X>, Volkskalender 10 000 verteilt. Die Kreiskasse schließt mit einer Einnahme von 4578,39 Mark und einer Ausgabe von 3482,82 M. ab. Der ausführliche Geschäftsbericht konstatiert bei dem Punkt Landtagswahlen das traurige Verhalten des Freisinns, der sich gar nicht erst an den Wahlen beteiligte und den Konservativen die zwei Mandate kampflos überließ. » Die Generalversammlung des Sozialdemokratischen Zentral- Vereins für das Fürstentum Lübeck  (zum 1. oldenburgischen Reichstagswahlkreis gehörend) tagte am Sonntag in Ratekau  . Der Bericht oes Zentralvorstandes ergab, daß die Mitgliederzahl sich um 240 auf 1558 und die Zahl der Leser des Lübecker  Volks- boten" sich um 159 auf 1123 erhöht hat. Angesichts des rein länd- lichen Charakters dieses Bezirks ein guter Erfolg. Die Jugend-, Frauen- und Bildungsbewegung hat in den größeren Orten an- nehmbare Fortschritte gemacht. Die Zahl der organisierten Ge- nossinnen beträgt 285. Der Kassenbericht schloß ab mit einem Ueberschuß von 288,49 M. In eingehender Weise beschäftigte sich die Generalversammlung nach einem Referat des Genossen Stelling-Lübeck mit den im Herbst stattfindenden Gemeinderais­wahlen. Zum Internationalen Kongreß wurde Genosse Stelling als Kandidat vorgeschlagen. Der Parteitag in Würzburg   wird mit Rücksicht auf d-ie finanzielle Lage nicht beschickt, Dw bisherige Leitung wurde wiedergewählt. Mus Industrie und tzandel. Lage des ArbeitSmarkteS. Wenn daS zweite Vierteljahr 1914 auch ein etwas günstigeres Verhältnis von Angebot und Nachfrage auf dem deutschen   Arbeits- markt gebracht hat, so bleibt doch die Gesamtlage noch immer recht unbefriedigend. Der Andrang war durchweg beträcht- lich höher als in den guten Jahren. Auf die Verwertung und Be­wertung der Ware Arbeitskraft muß eine solche unbefriedigende Marktlage sehr nachteilig einwirken. Wie fich in den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres der Andrang entwickelte, daS ergibt sich aus den Berichten einer größeren Anzahl städtischer Arbeits- nachweise. Bei ihnen kamen in den einzelnen Monaten auf 10v offene Stellen Arbeitsuchende: Januar Februar März April Mai Juni 1913.... 142,1 130,9 118,9 127,0 127,2 12S.0 1914.... 172,0 152,6 137,2 126,5 183,8 130,2 Gegen 1913.+ 29,9+21,7+18,30,6+6,1 i,2 Nur in fünf Jahren seit 1896 war der Andrang im Juni höher als im laufenden Jahre und zwar in den Jahren 1901, 1902 und 1903, dann wieder in den Jahren 1908 und 1909. In günstigen Jahren schwankte der Juni-Andrang zwischen 98,9 und 106,6. Aber es ist schon lange her, seitdem der Junr eine solche Gunst des Arbeitsmarktes gebracht hat. Es ist das ungemein verstärkte An- gebot, durch das das übernormale Steigen des Angebotes herbei- geführt wurde. Die noch iinm?r zunehmende Konkurrenz der weiblichen Arbeitskraft zeigt fich auch im ersten Halbjahr in der auffälligen Steigerung des Angebots am SrbeitSmarlt für Weibliche. Aber der steigende Wettbewerb der Frau ist e« nicht allein, der den gesamten deutschen   Arbeitsmarkt unter Druck hält, sondern es ist vor allem das wachsende Kontingent der aus- l ä n d i sch en Arbeiter, das eine Besserung der Marktlage nicht mehr auslommen läßt. Seit Jahren hat sich jzaher eine Depression auf dem A r b ei t s m a r k t e aus- gebreitet, die nicht weichen kann, da die Faktoren, die sie herbeigeführt haben, noch immer weiter wirksam sind. Seit etwa 1907 hat der Grad deS industriellen Aufschwungs merkbar nach- gelassen, während das Neuangebot auf dem LrbeitSmarkt noch immer so stark erfolgt, als ob noch die frühere Nachfrage nach gewerblichen Arbeitskräften fortdauern würde. Soziales. Die Tuberkulose auf dem Lande. Die Tuberkulose ist die typische Begleiterin des Massen- elends. Der Kampf gegen sie kann auf die Dauer nur erfolg- reich sein, wenn er sich gegen das Grundübel richtet: die Wirt- schaftliche Not des Volks in jeder Gestalt, die auch die Sorge um die sonstigen Lebensbedürfnisse gebiert. Aber es wäre ein verhängnisvoller Irrtum, zu glauben, daß die Tuberkulose nur in den Städten, und namentlich in den Großstädten zu finden sei, die ja als die Herde dieser 5l rankheit von jeher angesehen worden sind. Wie sehr auch ländliche Bezirke mit Tuberkulose behaftet sind, zeigen einige bemerkenswerte Ausführungen des Landesrats Kraß auf dem 5. Landgemeindetage der Provinz Westfalen  , der anj 16. und 11. Juli in Bielefeld   abgehalten worden ist: Der Kampf gegen die Lungentuberkulose wird seit Jahren geführt, besonders intensiv in den Städten, und man hat das Land fast darüber vergessen. In den deutschen   Orten mit über 15 000 Einwohnern ist die Tuverkulosesterblichkeit von 20,27 auf 10 000 Einwohner im Jahre 1006 aus 15,75 im Jahre 1913 heruntergegangen in Preußen von 14,15 im Jahre 1912 auf 13,59 im Jahre 1913. Demgegenüber ist auf dem Lande kein Rückgang der Tuberkulosesterblichkeit zu verzeichnen. In den ländlichen Kreisen der Regierungsbezirke Münster   und Arnsberg  ist in den armen und auch inbesseren" Familien eine auf» fallende Steigerung der Lungentuberkulose festzustellen... In- zucht innerhalb der Bauernfawilien, Mangel an Aufklärung, schlechte, hygienische Verhältnisse u. a. sind die Ursachen. Ganze Bauerngeschlechter sind im Münstcrlande an Tuberkulose auS- gestorben,,. Ein wunder Punkt ist die geringe Beteiligung des platten Landes an dem Heilverfahren der Landesversicherungs- anstatt: 1912 fielen von 7724 Fällen nur 162 auf das Land, 1913 von über 8000 Fällen nur 38. Hier handelt es sich natürlich nicht um die wohlbegllterten Landherren, die es verstanden haben, ihre, alten Sitze den modernen Bedürfnissen, namentlich� auch in gesundheitlicher Beziehung anzupassen, sondern es sind fast ausschließlich die kleinen Bauernfamilien, die Kleinbauern, bei denen die Tuberkulose Boden gefaßt hat. Die Feststellungen sind also auch ein Beitrag zur Charakteristik derländlichen Idyllen", in die die Großstadtarbciter mit aller Gewalt zurückgeführt werden sollen.__ AuS eisern Landarbeitervertrag. Die landwirtschaftlichen Arbeiter in West elbiett sind um kein Iota bester gestellt, als thro Brüder tu den sunker- gesegneten Gefilden Osiellbiens. Das zeigt wieder einmal mit aller Deutlichkeit ein Diensivertrag, den die von Heim- burgsche Gutsverwaltung in Eckerde(Provinz Hannover  ) mit den bei ihr beschäftigten Knechten abschließt. Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt 11 vole Stun- den pro Tag. aus denen bei der Bestellung und bei der Aberntung des Ackers natürlich bedeutend mehr werden. Die Entlohnung ist äußerst kümmerlich 2M. im Sommer und 1,96 M. im Winter für Männer und 1 M. für Frauen, außerdem 86 Ouadratruten Gemüse- und Kar- toffelland sowie freie Wohnung. Der Heimburgschc Arbeitsvertrag zeichnet sich aber vor allem dadurch aus, dqß die Arbeiter auch als Menschen und als Staats- bürger völlig in die Hand der Gutsverwaltung gegeben sind. So heißt es beispielsweise im§ 3 des Vertrages, daß, wenn der Tagelöhner oder eines seiner Familienmitglieder den Dienst freiwillig oder unfreiwillig außer der Kündigungszeit verläßt, das Recht auf weitere Benutzung des Garten- respektive Kartoffellandes aufgehoben ist und der Tagelöhner respektive der Knecht auf Verlangen binnen 48 Stunden die Wohttung zu räumen hat. Welche Fessel den Gutsarbeitern durch diese Be- stimmung auferlegt ist, weiß jeder, der nur einigermaßen die Wohnungsverhältnisse aus dem platten Lande kennt. Der Baron von Heimburg hat offenbar mit dieser Bestimmung von neuem dokumentieren wollen, wiemenschenfreundlich" doch die Agrarier ihren Arbeitern gegenüber sind. Am unverfrorensten zeigt sich die junkerliche Anmaßung im 8 ö des Vertrages, der folgendermaßen lautet: Die Knechte und deren Familien haben sich von sozial- politischen Bestrebungen bei Strafe sofortiger Entlassung fern- zuhalten.", Was kümmert diesen Agrarier die ganze moderne Ent- Wickelung; seine Arbeiter sollen Knechte in des Wortes wahrster Bedeutung sein. Wehe ihnen, wenn sie wagen sollten, sich an irgendwelchen auf Besserung ihrer Lage zielenden Bestrebungen zu beteiligen; dann liegen sie draußen und können schen, wo sie bleiben. Solche Vertragsklauseln sind freilich ungültig; aber kann der Landarbeiter sein Recht durchsetzen? Erhält immer in Deutschland   Recht,-wer recht hat?_ Bütgerliche Sozialpolitik. In Bonn   beträgt der ortsübliche Tagelohn 3,50 M. Die Stadt stellt aber trotzdem Kehrarbeiter zu 3 M. ein. Wenn sie hübsch artig sind, werden sie später angestellt und erhalten dann alle zwei Jahre eine Zulage von 10 Pfennigen täglich. Nun sind infolge der nassen Wiitenmg der vergangenen Monate mehr Kehrarbeiter krank geworden als sonst. Dafür sollen sie bestraft werden, denn den Luxus deS Krankseins darf man fich als städtischer Straßenkehrer mit 8 M. Einkommen nicht leisten. Die Stadt ließ den Leuten durch den Oberaufseher be- kanntgeben, die jetzt krank Gemeldeten hätten auf die vor- gesehene Lohnerhöhung erst dann Anspruch, wenn sieden Beweis lieferten, daß sie voraussichtlich in Nächster Zeit nicht mehr erkranken. Bonn   hat eine schwarze Stadtratsmehrheit, in der sich puch.einige Ar- beitervertreter des Zentrums befinden. Vergleich um jeden Preis. Wie das Bestreben, einen Vergleich um jeden Preis zu- standezubringen, oft eine große Unbilligkeit darstellt, lehrte gestern eine Verhandlung vor der 5tauuner 5 des Gewerbe-» gerichts. Der Arbeiter Wegner ivar von der Firma Burgschweigcr grundlos ohne Kündigung entlassen worden. Er forderte nun Eni» schädigung für 14 Tage in Höhe von 28 M. sowie 38 M. Restlohn. Der letztere Teil der Forderung ist anerkannt und, nach dem ersten Termin gezahlt worden. Dabei legte der Sohn des Beklagten dem Kläger   eme AuSgleichsauittung vor. Auf dieser war als Nachtrag die Zusicherung, W. solle weiterbeschäftigt werden, angefügt. Nach erfolgter Unterschrift trennte der Sohn des Beklagten   den Nach- trag ab und suchte so den Kläger um seinen Anspruch zu bringen. Daß der Sachverhalt stimmt, ging aus einer an den Kläger ge- richteten Karte des Sohnes des Beklagten   hervor, die die Bitte enthält, von einem. Strafantrag abzusehen. Der Anspruch des Klägers blieb also unberührt; er ermäßigte sich um anderweit ver- diente 10 M. Trotz der unschönen Handlung gegen den Kläger schlug einer. der Beisitzer einen Bergleich mit 10 M. vor. Leider ging der Kläger   darauf ein. In solchen Fällen ist ein Vergleichsbörschlag eine Prämie für eine durchaus unerlaubte Handlung und,'-sollte.urtteMeiben. Letzte Nachrichte«. Die Tucharbeiteraussperrung in ber Lausitz  .' Kottbus, 16. Juli. Der Gesamtvorstand deS Arbeitgeber- Verbandes der Lausttzer Tuchindusttie ist für Freitag, den 17. Juli, nach Kottbus   einberufen worden, um die für die bevorstehende Generalaussperrung notwendigen Aussührungsbesttmmungen zu beschließen. Auch der Textilarbeiter-Verband beruft für morgen abend in Kottbus  , Forst, Guben   und Spremherg Mitglieder- Versammlungen ein, die sich mit dex Lage gm Kausitzer Dextil- gewerbe beschäftigen werden. Balonä vor denk Falle. Rom  , 16. Juli. Die aus Valona   hier eintreffenden Räch- richten lauten äußerst besorgniserregend. Die Aufständischen und die Epiroten stehen nur noch vier Wegstunden von der Stadt ent- fernt. In Valona   selbst hat sich eine Art Miliz zur Verteidigung der Stadt gebildet, doch glaubt man nicht, daß diese von Ismail Kemal   geftihrien Scharen den Aufständischen irgendwelchen wirk- samen Widerstand werden leisten können. Sollte es den Rebellen und den Epiroten gelingen, in die Stadt einzudringen, so werden M a s s a k r e s befürchtet. Im Hafen liegen drei fremde Kriegs- schiffe, doch sind Truppen bisher noch nicht gelandef worden. Der Fall der Stadt wird stündlich erwartet. Der Kampf gegen dlk Anleihe. Sofia  , 16. Juli. Der Ministerpräsident hattet vor- mittags mit den Führern der oppositionellen Par- teien eine Besprechung, die sich mit der durch die gestrige Ah- stimmung i« der Sobranje über die Anleihe geschaffenen Lag- beschäftigte. Die parlamentarische Opposition beröffentlicht ein Communiquö, worin erklärt wird, das Uebereinkommen über die Anleihe sei weder vom Berichterstatter verlesen, noch zur Ueber- Prüfung an eine parlamentarische Kommission verwiesen worden. Eine Debatte habe wegen des großen Lärms nicht stattgefunden, der die Stellung eines Antrage? auf Abstimmung unmöglich machte; welcher Atitrag übrigens nicht die Majorität erhalten hätte. Schließlich hätten die Stenographen keinen Antrag dieser Art in das stenographische Protokoll aufgenommen. Die Opposition be- trachte infolgedessen dieses Uebereinkommen als nicht ange- nommen. ES würde daher keine Gesetzeskraft er- langen können, selbst wenn die Regierung eS dem König zu? Sanktidnierung vorlegte.