Einzelbild herunterladen
 
Da die Unternehmer dersuchen, auswärts, namentlich in Berlin  , Ersatz heranzuschaffen, sei vor Zuzug gewarnt. Arbeiterfreundliche Blätter werden um Abdruck ersucht. Ucher die Aussperrung b»i der Firma Hirschfeld, Schmalzsiederei Weihensee, berichtet die unterzeichnete Kommission folgendes: Schon am 6. Juli versuchte die Organisationsleitung die Differenz auf gut- lichem Wege beizulegen, jedoch scheiterte der Versuch, da Herr Hirsch- seid dar Kommission die Türe wies. Um der Firma nochmals die Hand zum Frieden zu bieten, sprach die Organisationsleitung am 15. Juli, nochmals vor und ersuchte um Unterhandlung. Die Firma Hirschfcld wies die Vertreter der Organisation abermals ab und erklärte kurz folgendes:Ich habe Ihnen schon das letztemal gesagt, dah ich jede Verhandlung mit Ihnen ablehne. Ich untersage Ihnen sden Verbandsvertretern) it och m als bei niir um Beilegung der Differenz vorzusprechen. Herr Hirschfeld will also keine friedliche Beilegung der durch ihn selbst hervor- gerufenen Differenzen. Wir sind sonnt durch die Handlungsweise der Firma Hirschfeld gezwungen, gegen sie mit allen gesetzlichen Mitteln vorzugehen. Die ausgesperrten Kollegen fühlen sich ganz wohl und leben auf, nachdem sie nun nach der jahrelangen ungeregelten Arbeit ein- mal frische Luft geniehen lönnen. Einer der Ausgesperrten erklärte, als er von eincni Freund gefragt wurde, ob er denn nicht mehr bei der Firma Hirschfeld arbeite: Ich arbeite nicht mehr dort. Ich bin jetzt hier, aber meine Knochen und meine Gesundheit habe ich in der Schmalzsiederei Hirschfeld gelassen. _ Die Tarifkommisston. Deutsches Reich  . Die ausständigen Arbeiter der Liake-Hofmann-Werke in Breslau   haben sich mit 3007 gegen 406 Stimmen für die Ein­stellung des Streiks erklärt. Die Arbeit wird binnen kurzem wieder aufgenommen werden._ Zur Gencralaussperrung in Solingen  . Die mit Spannung erwartete.Entscheidung' ist nun gefallen. Die Hauptverianimlung des Verbandes der Solinger   Fabrikanten- vereine, die am Dienstagabend stattfand, hat sich dem Beschluß des Arbeitgeberverbandes angeschlossen und einstimmig folgende Ent- schließung gefaht:Die Hauptversammlung bevollmächtigt den Vor- stand deS ArbeitgeberverbandeS, die allgemeine Aussperrung in die Wege zu leiten, falls vorherige Verhandlungen im EinigungSamt der allgemeinen Vergleichskammer in allerkürzester Zeit nicht zu einer Einigung führen.' In dieser Verhandlung wurde von einer'.sofortigen AuSsperrimg Abstand genommen, da die zwischen den einzelnen Fachvereinen der Arbeiter und den Fabrikantenvereinen abgeschlosseneu Preis- Verzeichnisse und Verträge nicht obne weiteres aufgehoben werden könnten. Am Donnerstag sollte das EinigungSamt in der Vergleichskammer zusammentreten. Hier sollte die Unternehmerorgnnisation den Vertretern der Waffenarbeiter Vorschläge unterbreiten, von deren Annahme oder Ablehnung die sofortige Aussperrung abhängig sein wird. In der gesamten Bürgerschaft herrscht größte Empörung gegen die Fabrikanten, die allein die Schuld an der Zuspitzung des nun 20 Wochen dauernden Kampfes tragen. Soviel steht jedoch fest, ein großer Teil der Fabrikanten wird sich an der Generalaussperrung nicht be- teiligen. Der Streik der Droschkenchauffeure in Köln  . Die Unternehmer suchen in ganz Deutschland   arbeitswillige Chauffeure anzuwerben. Die bürgerlichen Zeitungen, darunter in .Köln   auch der.Lokal-Anzeiger', offizielles Zentrumsblatt und PublikationSorgan der christlichen Gewerkschaften, bringen große Jnsetate, worin 150 Chauffeure gesucht werden. Auch will man, wie auS der Annonce ersichtlich. Chauffeurlehrlinge.gratis' aus- bilden. Für die Ausbildung ist scheinbar nichts zu zahlen, aber eine Kaution von 12b M. muß gestellt werden, die zugunsten deS Unter- nehmers verfällt, wenn der Lehrling nach abgelegter Prüfung nicht ein volles Jahr noch im Betriebe verbleibt. Er muß also unter allen Umständen, ganz gleich, wie die Lohn- und ArbeitSverhält- niste dort sind, im Betriebe verbleiben oder feine Kaution im Stiche lasten. Daß bei einem Streik die Aus- bildung rascher vonstatten geht, brauchen wir wohl nicht extra zu erwähnen. Der Zweck des ganzen ist, mit der Zeit durch»bige Praktiken einen Stamm williger Chauffeure zu erziehen, um sie als Lohndrücker zu gebrauchen. Besonderes Gewicht legt man auf Mechaniker, Schlosser, Dreher usw. Die letzten Ver­handlungen mit den Unternehmern haben bewiesen, daß man nicht gewillt ist, gutwillig den Chauffeuren auskömmliche Löhne zu geben. AIS   die Verhandlungen wieder zu scheitern drohten, verzichteten im Interesse des Friedens die Chauffeure auf jede Lohnerhöhung und verlangten nur einen garantierten Lohn von 81 M. pro Woche ssieben Schichten). Aber auch das wurde abgeschlagen und so blieb nicht« anderes übrig, als die Arbeit einzustellen. Ja; man plante sogar noch Verschlechterungen. Anstatt wie bisher den neunten, wollte man jetzt nur den zehnten Tag freigeben. Während de« Urlaubs wurden bis jetzt pro Tag S,M) M. gezahlt. Jetzt bot man den Chauffeuren 1,90 M. an. Der Kampf wird ein harter werden, da hinter derK. D. A.' die A. E. G. aus Berlin   steht, die ja als Scharsmacherfirma unrühmlichst bekannt ist. Doch die Chauffeure nehmen den Kampf auf, sie müssen unbedingt einen besseren Lohn haben, um ihre Familien einigermaßen über Wasser halten zu können. Sie haben den Kampf nicht gewollt, er wurde ihnen aufgezwungen, sie werden ihn durchhakten. Laste sich also keiner verleiten, als Droschkenchauffeur in Köln  Stellung anzunehmen. ES ist auH dafür Sorge zu tragen, daß so- genannte Chauffeurlehrlingc auf die Annoncen nicht hereinfallen, da diese doch ni�r gebraucht werden, um den um ihre Existenz ringenden Chauffeuren m den Rücken zu fallen. Der Streik auf den Rhcnaniawcrkcn in Mannheim   wurde nach zchnwöchiger Dauer bedingungslos aufgegeben. Den Unter- nchmern gelang es in den letzten Wochen, Streikbrecher in ge- nügcnder Zahl, in der Hauptsache aus Belgien  , heranzuziehen. Ruslanü. Ter Prozeß gegen denZeemansbond". Brüssel  , IS. Juli.(Eig. Ber.) Der Monsterprozeß pegen die Organisation der Antwerpener Seeleute, über den wir kurzlich berichteten, geht im Zeichen weiterer Mastenvernrteilungen weiter. Sowohl der Sekretär Ivie der Präst- dent de« Zeemansbond haben noch weitere Geldstrafen und Frei- heitsstrafen in der Dauer von etlichen Monaten abbekommen. Alles in allem wurden bisher gegen 4 Jahre Gefängnis S42ö Frank Geldstrafen verhängt. Die Antwerpener Richter dürsten. Eine Studienreise nach dem Borinage. Brüssel  , 14. Juli. sEig. Ber.) Den im Vorjahre von der Bildungszentrale für dieGe- werkschastsführer veranstalteten Studienreisen nach Deutsch  - land folgt heuer ein ähnliches, wiederum den Zwecken sozialistischer Durch- und Fortbildung gewidmetes Unternehmen. Die diesmalige Smdienreise der von den Gewerkschaften be- stimmten Teilnehmer meist Sekretäre führt diese mitlen ins Kohlen- und Industrieland des Borinage. Diesen Donnerstag treten die 43 Genossen die Reise nach C n e S in e S an, die volle acht Tage beanspruchen wird. Das vielgestaltige Programm umfaßt Lorträge und Diskussionen, an die sich Besuche verschiedener in« bustrieller Unternehmungen(eines Walzwerks, eines Bergwerks, einer Glasbläserei usw. und der Besuch von gewerblichen Fach- und Kunstgewerbeschulen) und der berühmten»Arbeiter« niversität' in Char- t e r o'i anschließt. Das Bortragsprogramm nimmt Rücksicht auf alle Beziehungen des Gewerlschaftslebens. Unter anderem finden Vorträge statt über die christliche Gewcrlschastsbewegung, über die belgische Gewerkschaftsbewegung, über Minimatlöhne, über das Taylorsystem, über den kollektiven Arbeitsvertrag, über Gcwerk- schaftsverwaltung usw. Unter den Vortragenden befinden sich Richard Wolt auS Berlin  , Mertens, der Sekretär der bei- giichen Gewerlschastskommission, und Deman, der Sekretär der Bildungszentrale, ferner De Broucksre, Vandsrvelde, Franz Fischer und D e w i n n e, beide Redakteure desPeuple  ", der Bergarbeitersekretär Lombard u. a. Auch für Stunden der Rast und de? Vergnügens hat die Bildungszentrale gesorgt und auch dieies Programm der proletari­schen Bildungstendenz entsprechend geformt, die die seelische Um« Weitung der Gesinnung durch die K u n st erstrebt. Ein Arbeiterpoet wird Volkspoesie vortragen, der sozialistische Schriftsteller P i s r a r d wird über M e u n i e r sprechen, dessen Werke in Lichtbildern vorgeführt werden, ein Mitglied der Brüsseler Konservatoriumskonzerte wird wallonische Volkslieder zum Vortrag bringen. Dazu wird es Spiele und Ausflüge geben. Und mit neuem Wissen und neuer Freude werden die Gewerlschaftsleiter nach der Borinagewoche wieder an ihr Werk gehen. Streik der Bäckcreiangestcllten in Moskau  . Vor einigen Tagen traten Angestellte der Moskauer   Bäckereien in den Ausstand, der jetzt einen bedrohlichen Charakter annimmt. Keine Bäckerei jist mehr leistungsfähig und infolgedessen hat sich Brotmangel eingestellr. Die Bäckermeister kommen in Massen auf die Arbeitsbörse, um Arbeits« kräfie zu engagieren: aber alle Mühe. ist erfolglos, da die Bäcker- gesellen nicht Streikbrecher werden wollen. Man will Brot aus anderen Städten beziehen. Zranzöffsther Parteitag. Paris  , 14. Juli.  (Eig. Ber.) Der außerordentliche Parteitag wurde heute früh eröffnet. Den Vorsitz in der Morgensitzung führte Genosse Renaudel. Die Vertreter der Internationale hatten auf �er Estrade Platz genommen. Den Reigen der Begrüßungen eröffnet Genosse Ansecle als Delegierter des Internationalen Bureaus und der belgischen Partei. Er erinnert an da« 50 jährige Jubiläum der Internationale und spricht die Hoffnung aus, daß ihr vollendetes Jahrhundert die Ver- wirklichung der sozialistischen   Ideen sehen werde. Er beglückwünscht die französischen   Genosten zu ihren Wahlsiegen und organisatorischen Fortschritten. Genosse Plechanow   begrüßt den Kongreß im Namen der russischen Sozialdemolratie. Er erhofft das Gelingen des Einigungswerks in Rußland  , für das starke Kräfte tätig sind. V l i e g e n spricht für die Holländer. Smith für die B. S. P., Rub an o witsch für die russischen   Sozialrevolutionäre. Er schildert gleich Plechanow   die russischen   Gefängniszustände und äußert seine Zuversicht in bezug auf die Einigung. Dr. Weilt(Eliaß-lothring."Landespartei):Vor allen anderen nehmen die Elsaß-Lothringcr Anteil an Ihrer Arbeit. Die Geschichte unseres Landes hat tiefe Spuren in unserem Charakter zurück- gelassen. Wir besitzen Ihre Vorzüge und auch einige Ihrer er­freulich wenigen Fehler. Dazu gehören die Schwierigleiten, die sich unserer OrganisationSarbcit entgegenstellen. Aber Ihr letzter Wahlerfolg, Ihre andauernden Organisationserfolge zeigen, daß diese Schwierigkeiten nicht unüberwindlich find. Und es ist zum großen Teil auch Ihren Erfolgen zu danken, daß die elsässische Partei im letzten Jahr große Fortschritte gemacht hat. Von allen Fragen, die Sie auf diesem Kongreß behandeln werden, interessiert uns natürlich die elsässische am meisten. Sie kennen unsere Gefühle. Wohl erklärt die nationalistische Presse, wir hätten uns endgültig und ganz dem Reich zu eigen gegeben. Aber diese Erklärungen sind falsch. Wir würdigen die Bedeutung des nationalen Prinzips und wissen, daß die Internationale nur durch da« freie Einvernehmen frei konstituierter, autonomer Völler konstituiert werden kann. Wir Elsässer   wollen vor allem den Frieden und wollen im Frieden unsere nationale Persönlichkeit aufrechterhalten. Deshalb fordern wir die Autonomie, die das Zusammenarbeiten aller Völker ermöglicht. Wenn die Internationale in Wien   sich diesen Grundsatz zueigen machen und verlünden wird, wird sie zeigen, daß die Verwirklichung des dauern­den Weltfriedens möglich und die deutsch  -französische Annäherung kein Wahn, sondern lebendige Wirklichkeit ist.(Brausender, an- haltender Beifall.) Nachdem noch Bruce Glasier   für die I. L. P. dem Kongreß seine Wünsche ausgesprochen und das ZivilisationSwcrk der Jnter- nationale gefeiert hat, spricht Genosse Renaudel. Er beglückwünscht die ausländische» Genossen zu ihren Fortschritten, beionderS im Kampf gegen den Militarismus und hebt namentlich die Tatsache hervor, daß nunmehr auch die kleinen Nasionen, wie Belgien   und Holland  , der Gefahren bewußt werden, die der Militarismus über alle Kulturländer bringt. Er stellt nun mit Befriedigung die Fortschritte der französischen   Parteiorganisation fest, die in einem Jahr von 62 000 auf S0000 Mitglieder gestiegen ist und dem Hunderttausend entgegeneilt. Mit Freuden unterschreibt er WeillZ Erklärungen: Tie deutsch   französische Annäherung ist die Kernfrage der europäischen   Politik. Wenn der Gegensatz zwischen Frankreich   und Deutschland   aufgehoben sein wird, wird der Friede der Völker zur Wahrheit werden. Jeder Sieg einer sozialistischen  Partei hat ein Ecko in der ganzen Internationale. Der Redner erinnert an den RufVive la France' des Genossen Wendel im Reichstag. Unser Herz und unser Denken fühlte sich damals erhoben und auf die Lippen trat uns ein Hoch Deutschland Ein Hoch nicht auf das Deutschland   der Junker. Militaristen und Kanitalisten, sondern auf das demokratische, sozialistische Deutsch- land, das die Lösung der elsaß  -lothringischen Frage findet und so die Annäherung der Völker vorbereitet.(Stürmischer Beifall.) Nachmittagssitzung. Den ersten Punkt der Tagesordnung bildet die Frage der LcbenSmitteltcucrung. Genosse Compere-Morcl referiert: Die Teuerung hat allgemeine und besondere Ursachen. Der Militarismus, die Mruerlasten, die Schutzzölle, die Landflucht, der Goldpreis   sie alle spielen zweifei- los eine Rolle, aber die Wurzel des Uebels ist das kapita« l i st i s ch e System selbst. Wir find ohnmächtig gegen Trusts und Kartelle. Erst die sozialistische Organisation der Wirffchast wird mit dem verderblichen Dualismus von Produzenten und Konsumenten aufräumen. DeSliniö»es, ein zu den GueSdisten gezählter Genosse, der aber hauptsächlich durch utopistische Schriften und ein phantastisches Projekt eines sozialistischen   Experiments in Marokko   bekannt geworden ist, hält eine radikal- schutzzöllnerische Rede. Ohne den Schutzzoll würde der Weinbau zugrunde gehen. Wir appellieren an die kleinen Grundbesitzer. Wie können wir das tun, wenn wir den Zoll bekämpfen. Nur der Kampf des Proletariats gegen das kapita- listische System selbst kann Hilfe bringen.(Beifall bei einem Teil der Delegierten.) Poisson bemängelt, daß man die Bedeutung des Genossen- schaftswesens zu wenig hervorgehoben habe. Der Wiener Kongreß   muß sich darüber präzis aussprechen. Compsre-Morel hat uns nur die Tatsache der Teuerung geschildert, aber die Hauptarbeit des Kongresses muß es sein, nicht nur eine prinzipielle Resolution, sondern auch einen für die A k t i o n Anweisung gebenden Text zu beschließen- Es geht nicht an. das Problem wie DeSlinieres abzutun, indem man einfach den Kapitalismus als Schuldigen hinstellt. Der Kapi- talismus ist nicht nur durch feine Natur, fondem mich durch feine besonderen Wirkungen schuld an der Teuerung. Die Unordnung der Produktion liegt in seinem Wesen, daneben gibt es aber noch andere Ursachen, wie die Vermehrung der Goldproduktion.(RoldeS ruft: Wie ist denn die Steigerung des Bankzinsfußes zu erklären? Offenbar ist nicht zu viel, sondern zu wenig Gold da!") Poisson verweist auf eine mit seinen Anschauungen übereinstimmende Erklärmig dieses Phänomen« in derRevue d'lsconomie Politraue'. Weiter unterscheidet er zwischen der ungenügenden Produktion und der wucherischen Aufhäufung der Nahrungsmittel. Im schmarotzenden Handel finden wir den ausbeutenden KapitaliS- mus. Der Schutzzoll ist gefährlicher für die Produzenten wie für die Konsumenten. Wir müssen in unserer Resolution die Be- deutung der Gewerkschaften und besonder« die einer mächtigen genossenschaftlichen Aktion hervorheben(Lebhafter Beifall). Baillant: Neben den allgemeinen Ursachen hat die Teuerung sekundäre, besondere. Die Konsumzölle erhöhen den Preis des in- ländischen Produktes und der Bauer, der mehr konsumiert als er produziert, wird nun auch vom inländischen Großgrundbesitzer aus« gebeutet. Wir müssen zu einer Politik der Handelsverträge kommen, wie die deutschen und österreichischen Genossen sie formulieren. Otto Bauer   bat diese Frage am gründlichsten studiert und feine Vorschläge sind einstweilen die besten. Die im Kapitalismus   selbst gegebenen, der Kontrolle entzogenen Hauptursachcn der Teuerung werden fortfahren, zu wirken, Aber gegen die besonderen, sekundären Elemente können wir zweck- entsprechende Mittel anwenden. Adolf Braun   z. B. hat die Kontrolle der Gewerkschaften über die Löhne und deren Regelung entsprechend den Lebensmittelpreisen vorgeschlagen. Gucsdc: Niemand ich stelle das fest hat bestritten, daß die Teuerung eine allgemeine, universelle Tatsache ist. Sie herrscht in protektonistischen wie in fteihändlerischen Ländwn; dort, wo Trusts vorhanden sind wie dort, wo sie fehlen: dort, wo das Genosten- schaftswesen ausgebildet ist wie in Belgien  , England u)td Deutsch- land und dort, wo eS nicht besteht; dort, wo es keine kommunale Regie gibt und dort, wo sie zu einer Art nationalem Gesetz ge« worden ist. Daran« geht hervor, daß die Teuerung, wie auch ihre finanziellen Abwandlungen seien, dem Kapitalismus   eigen ist. Und da sollen wir dem Proletariat die Kooperativen, die Regie, den Freihandel als Mittel empfehlen? Das gäbe ihm eine Illusion, die eine Enttäuschung zur Folge haben mußte. DaS wäre Charlatanis- muS.' Wir müssen dem Proletariat darlegen, daß es sich aller Mittel auch der Genosienschaften bedienen mutz, um seine Be- freiung vorzubereiten. Aber die Resolution muß aussprechen, daß die Lösung dieses wie aller anderen sozialen Probleme nur in der Vernichtung deS Kapitalismus gegeben ist. Karthago   muß zerstört werden. Nieder mit dem Kapitalismus I  (Beifall bei einem Teil der Delegierten.) Eine Reihe von Rednern protestiert gegen GueSdeS Auffassungen. Barrion(Dep. Seine-et-Oife) meint, gerade, wenn man dem Prole- tariat sagte, eS sei nichts zu machen, wüvde man es entmutigen. Compdrc-Morcl, der die von der Föderation des Gard vorgelegte Resolution vertritt, verteidigt die Anschauungen GueSdeS, aber in Wendungen, die der Mehrheit Anlaß geben, ihm demonstrativ zu- zustimmen und zuzurufen, daß der ganze Kongreß darin einig sei, sich leine Illusionen über die kapitalistische Gesellschaft zu machen. Die Resolutionen über den Gegenstand werden der Kommission zu- gewiesen. Die Mandatprüfungskommission berichtet, daß 253 Delegierte anwesend sind, die 70 Föderationen vertreten und über 2903 Mandate verfügen. Nur 3 Föderationen mit 26 Mandaten sind nicht vertreten. ES wird noch die Frage der Arbeitslosigkeit diskutiert. Lcvy erstattet den Bericht. In der Debatte spricht Baillant. Auch die Alkoholfrage wird noch bebandelt und die Resolutionen der Kom- Mission überwiesen. Morgen beginnt der Kongreß die Debatte über den Imperialismus. » Die Debatte über üen Imperialismus. Paris  , 16. Juli.  (Privattelegramm desVorwärts".) n der Sitzung des Parteitages wurde zunächst über den mperialismus diskutiert. Die Debatte konzentrierte sich hauptsächlich auf das Amendement Keir Harine- Baillant über die Möglichkeit eines Generalstreiks beim Ausbruch eineS Krieges. Es sprachen Baillant, Rappa- Port, Jaurss und Sem bat, die den Präventiven Generalstreik für möglich erklärten. Außer den GueSdisten, für die Compöre-Morel und L c b a s sprachen, lehnten auch der Rcforniist V a r e n n e sowie Hervs das Amendement ab. Hervs erklärte einen Generalstreik auf Grund seiner Er- fahrungen für unmöglich. Ein Krieg wegen der Liquidation Oesterreichs   sei unvermeidlich. Ein deutsch  -französischcr Krieg lasse sich nur durch die Annäherung an Deutschland  auf Grund vollständiger Aüfton om ie Elsaß  - Lothringens   vermeiden. Der Parteitag nahm mit 1690 gegen 1174 Stim- m e n eine Resolution an, die das Amendement Baillant insofern modifiziert, als sie den präventiven Charakter und die Gleichzeitigkeit des Generalstreiks betont, während der Passus über die Arbeitseinstellung in der Rüstungsindustrie fortgelassen wurde. Ferner nahm der Parteitag eine Reso- lution an, die die d e u t s ch- f r a n z ö s i s ch e Annähe- r u n g begrüßt, die in den Kundgebungen von Basel   und Bern   zutage getreten sei. Der Parteitag erklärte sich einver­standen mit den Kundgebungen der Elsässer gegen einen Revanchekrieg und mit dem Beschluß des Jenaer   Partei- tags für die Autonomie Elsaß-Lothringo-ns. Wirtschaftliche kämpfe Ser Konsumvereine. Die genossenschaftliche Betätigung der Arbeiterklasse begegnet derselben erbitterten Bekämpfung durch ihre Gegner wie ihre poli- tischen und gewerkschaftlichen Bestrebungen. Die Abneigung der staatlichen Gewalten und der kapitalistisch interessierten Kreise gegen die Bestrebungen der Arbeiterklasse, sich im Rahmen der gegnwärtigen Gesellschaftsordnung einen größeren Anteil an den Konsumtionsgütern zu verschaffen, ist außerordent- lich kennzeichnend für die Konsequenz, mit der alle von der Arbeiter- klasse ausgehenden Bestrebungen verfolgt werden. Es ist aber nicht etwa die genossenschaftliche Betätigung an sich, die den kapitalistischen   Kressen als verfemt gilt. Denn der genossen- schaftliche Zusammenschluß der Landwirte, der Händler und anderer wirtschaftlich selbständiger Personen begegnet keiner Hemmung und erfährt sogar vielfache Unterstützung und Förderung durch den Staat und sonstige öffentliche Körperschaften. Hartnäckigster Be- kämpfung begegnen nur der genossenschaftliche Zusammenschluß der Arbeiter, Angestellten und ähnlicher ab- h ä n g i g e r Schichten, die ihr karg bemessenes Einkommen durch den genossenschaftlichen Bezug von Bedürfnissen des täglichen Lebens ergiebiger gestalten wollen. Nicht in allen Ländern ist das der Fall. In England beispiels- weise haben die Konsumvereine sich im öffentlichen und Wirtschaft- lichen Leben durchgesetzt. Sie stehen mit allen Behörden aus bestem Fuße. Bei der Organisierung deS unentwickelten landwirtschaft­lichen Genoss enschaftswes enS hat die Regierung stets mit den Kon- bmvereinen zusammengearbeitet. Dasselbe Verhältnis besteht gegenüber den örtlichen Behörden. Es gibt Konsumvereine Jn Großbritannien, die sämtliche Brotlieferungcn in der Stadt für Krankenhäuser und ähnliche Institute haben. Selbstverständlich denkt auch niemand an eine Sonderbejteuerung der Konsumvcreme, durch die man in Deutschland   die EntWickelung künstlich zu hemmen sucht. In dem Jahresbericht de« Zentralverbandes deutscher Konsum- v»reine für 1913 findet sich ein außergewöhnlich reiches Matertal