um im Tcherlschen„Tag" einen Artikel über „Sozialdemokraten.als Arbeitgeber" abzuladen. Obwohl jedes anständige Blatt alles, was von Reichsverbandsseite gegen die Sozialdemokratie ausgeheckt wird, nach den bis- herigen Erfahrungen mit dem größten Mißtrauen ansehen inuß, druckte die„Norddeutsche Allgemeine Zeitung" den Liebert-Artikel unbesehen nach Wir haben vor nicht zu langer Zeit erst in einem ganz ähnlichen Falle an der Hand eines Artikels in einem Ber - iiner fortschrittlichen Blatte die UnWahrhaftigkeit und den Unfug nachgewiesen, der durch solches Geschreibsel getrieben wird. Auch den Liebert-Erguß möchten wir ein wenig unter die Lupe nehmen. Es heißt da: Ein weiteres wenig erfreuliches Bild bieten die von der Partei begründeten Konsumvereine, die in dem„Zentralverband deutscher Konsumvereine" organisiert sind. Dort finden loir un- erträgliche Zustände: 13— ißstündige Arbeitszeit, Stundenlöhne von 18— 23 Pf., mangelnde Sonntagsruhe, Kinder- und Frauen- ausbeutung, durch das amtliche Reichsarbeitsblatt von 1312, Nr. ö, S. 348, nachgewiesen. Den seitens der Sozialdemokratie vom Staat und vom kapitalistischen Unternehmer geforderten Achtstundentag gibt es hier überhaupt nicht. Dagegen haben von 2710 Personen fim Jahre 1910) 439 13� Stunden, 1105 1114 Stunden, 967 bis zu 19 Stunden und einzelne 15 und 16 Stun- den Arbeitszeit! Dabei ist die Mittagspause abgerechnet. Wel- ck>er Widerspruch zwischen den marktschreierischen Forderungen anderen gegenüber und den eigenen Leistungen! Nahezu die Hälfte aller Angestellten hat an Sonntagen bis zu 6 Stunden Arbeit zu verrichten. Die Löhne der Arbeiter, o. h. der mit einem Gehalt bis zu 140 M. monatlich Angestelltem. bewegen sich eher in absteigender als aufsteigender Linie, wie ein Vergleich zwischen den Nachweisen der Jahre 1908 und 1910 dartut. Unter 80 M. Monatslohn f!) bezogen 1910 181 Personen, unter 9V M. 95 Personen usw. Bei den Lagerhaltern finden sich männliche und weibliche Angestellte mit 40, 45, 50 usw. M.! Dazu tritt unbezahlte Arbeit von Frauen und Kindern, ein Höchst- gehalt der Verkäuferinnen bis 30, 40, 50 M. Es kann nicht wundernehmen, wenn der sozialdemokratische Lagcrhalterverband mit seinen Ausgaben für Rechtsschutz(gegen sozialdemokratische Arbeitgeber) prozentual nahezu an erster Stelle in der Gewerk- schaftsbcwegung steht. Und warum diese Lohndrückerei, diese Auspressung der An- gestellten und Arbeiter? Weil die Konsumvereine genötigt sind, hohe Dividenden aufzubringen und damit ihre Kunden zu be- friedigen. Diese„Dividendenjägerei der Mitglieder" ist selbst von den„Sozialistischen Monatsheften ", 1906, 1. Band, S. 190, als„kapitalistische Profitwut" gebrandmarkt worden. Im Dres- dencr Konsumverein konnte 1905 die Pensionsberechtigung der Angestellten nicht durchgesetzt werden, weil bei 6 Millionen Mark Umsatz die Dividende von 7 auf 8 v. H. erhöht werden mutzte! Ueber die Methode, die Partei für Verhältnisse in den Konsumvereinen verantwortlich zu machen, soll ohne weiteres hinweggesehen werden. Die hier beliebte Ver- Wendung und Aufniachung von Zahlen aber ist eine u n- erhörte Irreführung und die allgemeinen Behauptungen über die verschiedenerlei angebliche Ausbeu- tung ein großer Schwindel! Das verrät schon eine einzige Feststellung:: die hier verwendete Statistik umfaßt ganze 2710Personen: in, Jahre 1913 waren aber in den dem Zentralverband deutscher Kon suni vereine angeschlossenen Genossen- schaften 29 276 Personen beschäftigt! Die Statistik be- zieht jich auf die klein st en und weniger leistungs- fähigen Vereine. Die Angaben sind endlich an fünf Jahre alt. Gerade während dieser Zeit sind die in Be- trtzcht konimenden Verhältnisse jedoch wesentlich verbessert worden. Unseres Wissens betreffen sie auch nicht nur Ver- eine des Zentralverbandes, sondern auch solche des Allge- meinen(bürgerlichen) Verbandes, dem 1913 noch 290 Kon- sunlvereine angehörten. Wie es gemacht wird, zeigt besonders auch der letzte Satz, der sich auf Dresden bezieht. Es ist einfach erlogen, wenn behauptet wird, die Pensionseinrichtung für die Angestellten sei 1903 verweigert worden, weil man die Dividende von 7 auf 8 Proz. heraufsetzte. Die 8 Proz. werden im Konsum- verein Vorwärts, Dresden , schon seit 1904 gezahlt. Die Pen- jionscinrichtung war von der Gesanitverwaltung vor- geschlagen, sie fand aber in der Generalversammlung d a- in a l s keine Mehrheit. Inzwischen ist sie l ä n g st eingeführt. Mit solchem Material arbeitet ein gebildeter Mann, der doch Von-Liebert Wohl sein will! Da er auf Dres- den verweist— sonst sind seine Angaben ganz allgemein—, möge zum Beispiel und Vergleich einiges über die dortigen Lohn- und Arbeitsverhältnisse gesagt sein, die Geschäfts- berichte geben darüber genauen Aufschluß und Herr v. Lie- bert müßte seine Nase einmal dort hinein, statt in die Hellersche Schmähschrift stecken. Also: die Arbeitszeit beträgt für das technische und Äontorpersonal 8 Stunden, die Läden sind von 1,4.8 Uhr bis 8 Uhr, Sonnabends bis 9 Uhr offen. Das Ladenpersonal hatzweiStundenMittags- sowie Frühstücks- und Vesperpause. Sonntags sind die Läden geschlossen. Alle vierzehn Tage gibt es einen freien halben Tag. Die Gehälter betragen: für Verkäufe- rinnen 45(Lehrmädchen) bis 85 Mk.(nach fünf Jahren) pro Monat: für die Lagerhalter 1700 bis 2800 M. pro Jahr, für die Kontorangestellten 1500 bis 2700 M., Handwerker und Markthelfer erhalten 27 bis 32,40 M. pro Woche, Arbeits- Mädchen und-frauen 13,00 bis 18,70 M., Chauffeure 30 bis 33 M. Alle Beschäftigten erhalten Ueberstunden nach wesent- lich erhöhten Sätzen extra bezahlt. Ferien werden unter Fortzahlung des Lohnes von einer bis zwei Wochen— nach den Dienstjahren— gewährt. In Krankheitsfällen wird der Lohn bis zu vier Wochen fortgezahlt, der§ 616 des B. G.-B. wird in loyalster Weise angewendet. Außerdem leistet der Verein noch in sozialer Beziehung manches. Bei Aufgabe des Arbeitsverhältnisses wegen Alters oder Invalidität garan- tiert er Weiterzahlung von 40 Proz. des zuletzt bezogenen Ver- dienstes. Auch die Bäcker haben achtstündige Arbeitszeit. Das Lohn- und Arbeitsverhältnis ist bei allen Beschäftigten nach Vereinbarung mit den in Betracht kommen- den Gewerkschaften tariflich geregelt. Das Personal hat also in jedem Falle einen berechtigten Anspruch auf Lohnsteigerungen und alle sonst gebotenen Leistungen des Vereins. Es diirfte in Dresden nicht ein einziges gleichartiges privates Konkurrenzgeschäft geben, das derartige günstige Lohn- und Arbeitsverhältnisse bietet. Der Sonntags-Laden- schluß wurde bei den Konsumvereinen schon vor zirka 20 Jahren eingeführt, als noch kein Privatgeschäft daran dachte, und genau so liegt es mit dem Achtuhr-Ladenschluß. Und so oder ähnlich wie in Dresden steht es bei allen großen und größeren Konsumvereinen des Zentralverbandes, die den weitaus größten Teil an beschäftigtem Personal aufweisen. Aber auch die kleinen und kleinsten Vereine sind bemüht, in dieser Hinsicht vorbildlich zu sein. Selbstverständlich spielen die lokalen Verhältnisse dabei eine Rolle. Irgendein kleiner abgelegenem Ort kbnn nicht verglichen werden mit Berlin, ! Hamburg , Dresden ustv. Die Hauptfrage ist: wie stehen die Konsumvereine im Vergleich zu ähnlichen privaten Unternehmungen? Und da wird es Herrn v. Liebert recht sauer werden, seine unver- antwortlich leichtfertig aufgestellten Behauptungen aufrecht- zuerhalten. Die„Produktion" in Hamburg stellt in ihrem Geschäftsbericht auf das Jahr 1913 fest, daß für Zwecke sozialer Fürsorge allein 237649 M. a u s'- gegeben wurden: das sind 12 Proz. der Lohnsumme und 1 Proz. des Umsatzes! Diese Genossenschaft beschäftigte 1415 Personen, der„Vorwärts" in Dresden 1100 Personen. Im vorigen Jahre hat der Verband der Bäcker, Konditoren usw. eine Statistik über die Arbeitsvcrhält- nisse in Großbäckereien veranstaltet, um Vergleiche zwischen privaten und Genossenschaftsbäckereien zu ermöglichen. Er- faßt sind 230 Konsumvereinsbäckereien mit 3247 und 253 private Brotfabriken und Großbäckereien mit 4052 Beschäf- tigten. Nach den Ergebnissen dieser Statistik betrug die Arbeitszeit in den Konsumvereins betrieben im Durchschnitt 8,2, in den Privatbetrieben aber 9,9 Stunden. Der durchschnittliche Arbeitslohn war bei den vier verschiedenen Kategorien in den Konsum- vereinsbetrieben 0,53 bis 3,09 M. höher als in den privaten Bäckereien. Trotz wesentlich gc- ringerer Arbeitszeit höherer Lohn! Die Statistik sagt ferner, daß die Konsumvereinsbäckereien in der Gewährung von Sommerferien und Vergünstigungen nach Z616 des B. G.-B. den privaten Betrieben„weit voraus" sind. Es ist weiter zu beachten, daß erst der letzte Konsum- genossenschaftstag, der vor fünf Wochen in Bremen stattfand, neue Tarife für die Bäcker und Transportarbeiter beschlossen hat, die nicht unwesentliche Verbesserungen bringen. Danach erhalten alle in Betracht kommenden Arbeiter und Arbeite- rinnen vom nächsten 1. August ab eine Lohnzulage von 2 M. b z w. 1 M. p r 0 Woche. Am 1. August 1916 tritt dann eine weitere Steigerung von 1 M. bzw. 50 Pf. pro Woche ein: ganz abgesehen von anderen Verbesserungen. Die dadurch entstehende gesamte Mehrbelastung der Konsumver- eine ist auf etwa 15 Proz. berechnet worden. An diesem Material mag sich Herr v. Liebert nun einmal die Zähne ausbeißen. Vielleicht vergeht ihm dann in Zukunft doch etwas der traurige Mut, über Dinge zu schreiben, von denen er keine blasse Ahnung hat. Denn wir wollen vorläufig nicht annehmen, daß er seine Behauptungen wider besseres Wissen aufstellte. Noch ein Wort zu einem Angriff auf die H a m b u r g e r „Produktion", die bekanntlich vor drei Jahren in Mecklenburg ein größeres landwirtschaftliches Gut erwarb. Es wird behauptet, der„alte Stamm" Arbeiter habe das Gut verlasse'.., weil die Löhne um 316 M. pro Mann herabgesetzt worden wären. In den letzten beiden Jahresberichten befin- den sich Anhaltspunkte dafür nicht. Aber manches andere wird gesagt, was auch diese Behauptung unwahrscheinlich macht. So wird in dem Geschäftsbericht auf das Jahr 1912 ausgeführt: „Nach den vorgefundenen Verhältnissen machte sich folgender Arbeitsplan notwendig, der auch bereits im ersten Besitzjahr in Angriff genommen wurde. Die Zahl der auf dem Gut an- süss igen Arbeiterfamilien sollte insoweit vermehrt werden, dah später die Beschäftigung von Saison- arbeitern wesentlich eingeschränkt werden kann. Um einen Zuzug von Arbeitern einzuleiten, wurden die arg vernachlässigten Arbeiterwohnungen einer umfassenden Renovierung unterzogen und die Lohnver- Hältnisse neu geregelt. Es gelang, auch im ersten Jahre vier Familien auf dem Gute neu anzu- siedeln, so daß alle verfügbaren Wohnstellen besetzt sind. Es besteht ein starkes Angebot einheimischer Arbeiter, so datz, wenn im nächsten Jahre die Zahl der Wohngelegenheiten vermehrt wird, weitere Familien angesiedelt werden können. ... Stark vernachlässigt zeigten sich auch die vor- handenen Wiesen. Mit der Verbesserung wurde ebenfalls be- gönnen. Da das vorhandene Gelände in nächster Nähe das Material für das Uebersanden eines Teiles des Wiesenlandes bietet, so ist mit den Vorarbeiten hierzu wie mit der Anlage von Dauerweiden auf dem abgesandeten Lande begonnen. Die ver- a l t e t e n, zum Teil aufgebrauchten Maschinen muhten durch neue ersetzt werden...." Auch Angaben im Geschäftsbericht auf 1913 lassen er- kennen, daß das Gut bei der Ui -bernahme stark herunter- gewirtschaftet war. Und ganz sicher ist, daß man in einem Konsumverein.unter einer„Neuregelung" der Löhne nicht eine Herabsetzung versteht. In diesem Falle würde auch kaum von einem„starken Angebot einheimischer Arbeiter" geredet werden können. Die Landwirte klagen ja stets über Arbeitermangel. Was der Liebert-Artikel sonst noch über unsere Volks- Häuser und Partcizcitungsbetriebe sagt, ist elendes Blech. Jedes Kind weiß sozusagen, daß unsere Volks- Häuser gerade deshalb nicht große Ueberschüsse bringen können, weil das Personal besser bezahlt wird und die Gäste die Waren für billigeres Geld bekommen. Das alles braucht ein Herr v. Liebert freilich nicht zu wissen, um in moralischer Entrüstung darüber zu schreiben. Den Gipfel seines unver- frorenen Beginnens erklimmt er mit folgendem Schlußsatze: Es ist ja nicht leicht, an die svstematisch verhetzten Arbeiter mit der Wahrheit und mit den Tatsachen heranzu- kommen, aber vielleicht bricht sich daS Licht doch Bahn und bringt viele zur Besinnung. An Material zur Belehrung fehlt es wahr- lich nicht. Wie es mit dieser Art„Wahrheit", mit diesen„Tat- fachen" und mit dem„Material zur Belehrung" steht, glauben wir genügend gezeigt zu haben. Was wird das Regierungs- blatt nun sagen? politische Ueberflcht. Monopolpläne. Ueber die Monopolpläne der Regierung schwirren die Nachrichten hin und her. Eine Korrespondenz, die nicht selten offiziöse Meldungen verbreitet, bestätigt zunächst, daß sich sicheres erst würde sagen lassen, wenn im August der Finanz- bedarf durch die Forderungen der einzelnen Ressorts festge- setzt ist: dann heißt es weiter: „Von den in Vorschlag gebrachten Steuerplänen dürfte aller- dings in erster Linie wohl ein Zigarettenmonopol in Betracht zu ziehen sein, da dies sowohl von Interessenten empfohlen wie auch sonst Zustimmung finden dürfte. Außer dem Verband Deutscher Zigarettenfabrikanten, der eine Denk- schrift über ein Reichs-Zigarettenmonopol eingereicht hat und die Mehreinnahmen durch das Monopol auf 160 Millionen berechnet. sind auch aus Kreisen des heimischen Tabakbaues Wünsche auf Durchführung einer Erhöhung der Steuer für Zigaretten in drin- gender Weise geltend gemacht worden. Ferner hat sich kürzlich der badische Landtag und der badische Finanzminister für di« Zigarettensteuer erklärt." I Die Gerüchte über den Plan eines Tlektrizitäts- Monopols dürfden sich nach dieser Korrespondenz nicht bestätigen. Die Anregung der Z ü n d h 0 l z f a b r i k a n t e n. ihre Unternehmungen zu verstaatlichen, soll ebenfalls keine Aussicht auf Erfüllung haben. Eine andere Korrespondenz will wissen, daß alle auf ein Kalimonopol hinzielenden Vermutungen falsch seien, und daß auch der P e t r 0 l e u m m 0 n 0 p 0 l- Entwurf nicht wieder eingebracht werden würde. „Wohl aber wird am Elektrizitätsmonopol sehr eifrig, aber auch sehr vergebens gearbeitet; das Zigaretten- Monopol ist so gut wie fertig, und geht schon im September dem Bundesrat zu." Das„Berl. Tgbl." hat sich aus Dresden , dem Hauptsitz der Zigarettenindustrie, bericksien lassen, daß man dort nichts von Monopolplänen wisse und auch der Möglichkeit ihrer Verwirklichung sehr skeptisch gegenüberstände. Auch der Vor- sitzende des Zigarrenhändlerverbandes, der von der„Berliner Volkszeitung" ausgefragt worden ist, hat Zweifel gegen die Monopolgerüchte geäußert und einen Vorteil aus dem Reichsmonopol gegenüber den heutigen Verhältnissen be- stritten.— Daß sich im Reichsschatzamt irgend etwas vorbereitet. wird sich kaum bestreiten lassen. Im übrigen wird man ab- warten müssen, was herauskommt. Ueber die heutigen Ver- Hältnisse, die für ein Zigarettenmonopol in Betracht kommen-, mögen folgende Mitteilungen orientieren: Im Jahre 1913 brachte die Steuer auf inländischen Tabak 10,8 Millionen Mark, die Zigaretten-Banderolensteuer 36,5 Millionen Mark, und der Zoll aus ausländischen Tabak k16,4 Millionen Mark: im ganzen war der Tabakkonsrkm mit 163 Millionen Mark belastet, was einer Steuerleistuna von 2.4 Mk. auf den Kopf der Bevölkerung entspricht. Ueber die kolossale Zersplitterung der Zigaretten» industrie geben die folgenden Zahlen Aufschluß: im Jahre 1912 stellten nur Zigaretten 1006 Fabriken her, von dene� 517 ohne Gehilfen, 42 nur mit Maschinen, 122 mit Maschinen und Handarbeit, 841 mit reiner Handarbeit und 228 mit Heim- arbeit arbeiteten. Außerdem gab es 317 Fabriken, die Zigaretten und Zigarettentabak herstellten, 46 Fabriken, die nur Zigarettentabak herstellten und schließlich 26 Fabriken, die ausschließlich Zigarettenhüllen herstellten. Auch in diesen letzterwähnten Betrieben spielt die Hand- und Heimarbeit noch eine sehr große Rolle. Nach der„Tägl. Rundschau" soll die auf 500 Millionen Mark veranschlagte Ablösungssumme nach einem bestimmten Berechnungsschlüssel aufgestellt werden. Es erhellt aus den angeführten Zahlen, daß die Struktur der Industrie alles andere als einheitlich ist. und daß sich deshalb auch ein ge- meinsamer Berechnungsschlllssel nicht finden läßt. ES besteht die sehr große Gefahr, daß die wenigen sehr rentablen Groß- betriebe um immense Summen aufgekauft werden, und daß sich die Hunderte von Zwergbetrieben in den kümmerlichen Rest teilen sollen._.... Neue Prellerei der Beamte«. Eine anscheinend offiziöse Meldung besagt, daß der Reichstag sich im Herbst abermals mit einer BesoldungSnovelle zu befassen haben lperde. Aber diese Novelle werde über daS von der Mehr« heit des Reichstages abgelehnte Kompromiß nicht hinaus- gehen und auch nur dann dem Hause zugehen, wenn ihre Annahme sichergestellt scheine. Das heißt: auch die für den Herbst in Aussicht gestellte Novelle soll die Forderungen der elsaß -lothringischen Eisenbahner und der gehobenen Unterbeamten unberücksichtigt lassen— Forderungen, die doch von der Budgetkommission einstimmig als das alleräußerste. als das bescheidenste Mindestmaß bezeichnet worden waren! Die in Frage kommenden Beamtenschichten sollen offenbar wieder mit dem famosen Zukunftswechsel, der in Aussicht ge« stellten Aufbesserung vom 1. April 1916 ab abgespeist werden. Meinten es Regierung und Parteien ernst mit diesem Ver» sprechen, so wäre es geradezu lächerlich, den Beamten ihre Zulagen um ein Jahr oder 18 Monate abzufeilschen. Aber gerade weil die Regierung selbst sehr daran zweifelt, ob sie ihr Ber- sprechen einlösen wird, will sie von der Erfüllung der dringlichen Beamtenwünsche nichts wissen. Im Dreiklassenparlament meinte selbst der national« liberale Abgeordnete Dr. Schröder, daß die Verheißungen für das Jahr 1916 wegen internationaler Verwickelungen leicht unerfüllt bleiben könnten. Nun, auch wenn es nicht zu Berwicke- lungen kommt, so doch zu neuen Rüstungsausgaben, die bei der ohnehin schon traurigen Lage der Reichssinanzen den Vor» wand abgeben werden, auch 1916 den Beamten das zu versagen, was der Deutsche Reichstag 1914 anfangs einstimmig für absolut notwendig erklärt hatte! Das ganze Manöver würde also auf eine plumpe Prellerei breiter Beamtenschichten— auch in Preußen!— hinauslaufen. Ob sich auch das Zentrum zu einer solchen Prellerei bereit» finden lassen wird? Ehren-Doktortvnrde per Inserat. DaS Geschäft des Titelschachers scheint immer noch ganz ein- träglich zu sein. Jedenfalls lassen sich diese menschenfreundlichen Firmen ihre Reklame etwas kosten. Neuerdings scheint man sich auch nicht mehr darauf zu beschränken, neben allerlei Titulaturen mit„Doktorwürde" zu handeln, sondern auch der„Dr. h. c. " (ehrenhalber Doktor) ist in den Geschäftskatalog der modernen Titelvernnttler aufgenommen worden. Der Ilmfang jenes Ge- werbes fängt allmählich auch in bürgerlichen Kreisen an, unange- nehm empfunden zu werden. Selbst die„Zeitschrift des Ver- bandes Deutscher Diplomingenieure", die gewiß nicht sozialdemo- kratisch anrüchig ist, protestiert aufs schärfste gegen den Titel- schacher. Als Neuestes aus diesem Gebiet finden wir dort folgendes in verschiedenen Tageszeitungen erschienene Inserat glossiert: Or. b. c. Herren i. achtungsyebiet. Pos., deren Berufe a. akad. Vorb. beruh., od. aber Männer m. wirkl. gelehrt. Verd. Hab. Aussicht a. Verleih, d. Ehrendoktorats. Zweckdienl. umfass. Jnform. durch Fr. W. Schmidt, Winterfeldtstr. 30 B. Wie gut für die„Männer mit wirklich gelehrten Verdiensten", daß es in der Winterfeldtstraße eine edle Seele gibt, die keine Jnseratkosten scheut, um der Wissenschaft auf„zweckdienliche" Weise zu Ruhm und Ehve zu verhelfen. Konservativer Aerger. Der„Deutschen Tageszeitung" ist, wie schon kurz erwähnt, der Artikel schwer in die Glieder gefahren, in dem wir aus dem Buche des Hauptmanns a. D. Pommer einige zutreffende, aber für waschechte Patrioten ärgerliche Stellen über die Verhältnisse im deutschen Heer und Offtzierkorps wiedergegeben haben. Das Agrarierblatt schiebt, vornehm wie es nun einmal ist. die be- rechtigte Kritik des Hauptmanns a. D. an unerträglichen Mißständen auf die„Verbitterung eines vermeintlich zu Unrecht verabschiedeten
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