sind, deweisen eine große Anzahl von Briefen und Karten, die der Organisationsleitung zugegangen sind. Die ausgesperrten Arbeitersehen dem weiteren Kampfe, der immer heftiger zu werden scheint, mit Ruhe entgegen und sind bereit, dem Gebaren der Firma Hirsch- feld mit aller Schärfe entgegenzutreten. Die Tarifkommission. deutsches Reich. Scharfmacherische kampfmethoüen gegen kommunale Jacharbeitsnachweise. Den meisten Unternehmerverbänden ist jedes Mittel recht, wenn sie Einrichtungen, die nicht einseitige Scharfmacherinteressen wahr- nehmen, bekämpfen wollen. In solchen Fällen schrecken sie vor dem niedrigsten Terrorismus, vor Verrufserklärung, Denunziationen und der Verbreitung ausgemachter Unwahrheiten Nicht zurück. Vielen Unternehmerverbändlern ist die kommunale Arbeits- Vermittlung auf paritätischer Grundlage verhaßt: lieber geben sie jeden eigenen Einfluß darauf preis, als daß sie den Gehilfen irgend welches Mitbestimmungsrecht einräumen. In Hannover dagegen standen Unternehmer und Arbeiter einmütig auf dem Standpunkt, daß sie gemeinsam mit dem städtischen Arbeitsnachweis im Jnter- esse einer unparteiischen Arbeitsvermittlung wirken müssen. Das hat schon seit längerer Zeit den Haß der Leitung des Allgemeinen �Arbeitgeberverbandes im Maletgewerbe entfacht. Und die daraus entstandenen Differenzen trugen wesentlich dazu bei, daß die Hm:- noverschen Malermeister aus diesem Verbände austraten. In feiner Wut über den Austritt der Malermeister stellte das Organ Norddeutschlands des erwähnten Arbeitgeberverbandes im vorigen Jahre die Behauptung auf, der städtische Arbeitsnach- weis in Hannover arbeite„einseitig und zu- gunsten der Streiklaune der Gehilfen", denn er habe nach einem bestimmten Orte keine Gehilfen vermittelt, weil die Gehilfenorganisation dort die tariflichen Streitigkeiten noch nicht für erledigt hielt. Auf diese schweren Vorwürfe sandte die Leitung des ange- griffencn Arbeitsnachweises dem erwähnten Organ unter Hinweis auf das Preßgesetz ein Schreiben, in dem die aufgestellten Behaup- tungen als„falsch und den Tatsachen direkt zuwiderlaufend" be- zeichnet und nachgewiesen wurden. In dem Schreiben wurde weiter angefragt, wie die einwandfreie Geschüftssührung de? Arbeits- Nachweises der Leitung des Unternehmerverbandes Veranlassung geben konnte, ohne weiteres eine derartige Verrufserklärung über einen städtischen Arbeitsnachweis zu veröffentlichen. DaS so der Verbreitung glatter Unwahrheiten überführte Scharfmacherorgan berichtigte natürlich nichts; es ließ nach der bei dieser Presse selbstverständlichen Methode die verbreiteten Schwindeleien ruhig woiterwirken. Und nun geschah ein weitere?: Es ging eine Denunziation an das preußische Mini- st e r i u m ab, in der es geheißen haben soll, der st ä d t i s ch e Ar- beitSnachweiS begünstige einseitig die„sozial- demokratischen Streikgewerkschaften". Da das er- wähnte Unternehmerorgan seinerzeit erklärte, es werde noch„über den Erfolg" dieses besonderen Schrittes berichten, die? aber bisher nicht getan hat, so ist anzunehmen, daß die Denunziation, weil völlig haltlos, zurückgewiesen worden ist. Vielleicht glaubten die Drahtzieher, darum mit ihrem Streiche Glück zu haben, weil der preußische Handelsminister schon einmal in die Tätigkeit des Arbeitsnachweises eingegriffen hat, ohne daß deshalb die Arbeitsvermittlung aufgegeben wurde, oder tmh der Nachweis zu einem Werkzeug der Scharfmacherei herabsank. Jedenfalls zeigt der ganze Vorgang, was sich das Unternehmer- tum leistet, um auch bei der Arbeitsvermittlung seine Interessen durchzusetzen und daß ihm vor allem die paritätischen Nachweise verhaßt sind. Achtung, Chiiuffcure und Chauffcurlchrlinge! Seit drei Wochen stehen in Köln am Rhein die Droschken-Chauffeure im Streik wegen Nichtbewilligung angemessener Löhne. I n bald der gesamten bürgerlichen Presse Deutschlands werden nun arbeitswillige Chauffeure und Chauffeur- lehrlinye gesucht. Letztere sollen gratis ausgebildet werden, um auch sie als Lohndrücker zu gebrauchen. Der Kampf wird jetzt seitens der„ K A D", einer Tocktergesellschast der A. L. G. in Berlin , nur noch zu dem ausgesprochenen Zweck geführt, die Organisation zu zertrümmern. Man will eben die Chauffeure als Heloten gebrauchen, die bei der Festsetzung der Lohn- und Arbeits- Verhältnisse nichts zu sagen haben. Wir ersuchen die gesamte organisierte Arbeiterschaft, von diesem Kampfe Kenntnis zu nehmen und überall daraus hinzuweisen, daß sich keiner verleiten läßt, auf Annoncen oder auf Veranlassung von Agenten nach Köln zu kommen und so den Kampf der Chauffeure zu erschweren. Die Situation ist so trotz aller Anstrengungen der Arbeitgeber eine günstige und muß der Kampf mit einem Siege enden, wenn die Arbeiterschaft Deutschlands ihre Pflicht und Schuldigkeit tut. Auch bitten wir, in Versammlungen usw. auf den Kampf auf- merksam zu machen., Deutscher Transportarbeiter-Verband. Ortsverwaltung Köln a. Rh, Ein italienischer Streikbrechervermittler. Den ehrenhaften Beruf eines StreikbrechervermittlerS betreibt schon seit einigen Jahren in Westdeutschland ein Schachtmeister P o n t e l l i. Nach Monheim , wo der Bauarbeiterverband mit den Rhenania-Werken einen erbitterten Kampf um die Anerkennung des Tarifs führt, hat Ponte.lli der bedrängten Firma über 200 Arbeits- willige geliefert. Als der Vertreter des Bauarbeiterverbandes an Pontelli herantrat und ihn veranlassen wollte, sein arbeiterfeind- liches Treiben einzustellen, verlangte der Mensch als Entschädigung 100 M. für jeden Arbeitswilligen. Augenblicklich macht Pontelli die Gegend von Kempen a. Rh. und Euskirchen unsicher, weil dort die Bauarbeiter im Lohnkampfo stehen. Keine Hafenarbciteraussperrung in Bremen . Für die ausgesperrten Stauereiarbeiter wurde durch Vermittlung des Transportarbeiterverbandes ein Abkommen getroffen, Mi: diesem Abkommen beschäftigte sich Donnerstag abend eine stark be« suchte Versammlung der Hafenarbeiter. Nach einer ausgedehnten, teils recht stürmischen Debatte wurde diesem Abkommen mit 222 gegen 216 Stimmen zugestimmt. Zur Fortsetzung des Kampfes wäre eine Biersünstelmajorität erforderlich gewesen. Die Arbeit wurde am Freitagmorgen von den Ausgesperrten wieder ausgenommen. Kuslanü. Der italienische Parteivorstand für die Eisenbahner. Rom , 22. Juli 1914. fEig. Ber.) Der italienische Parteivorstand, dessen Srellungnahme mit großer Spannung erwarte: wurde, hat das nachstehende Votum an- genommen, das den Eisenbahnern die Sympathie der Parteileitung ausspricht: „Angesichts der drakonischen Strafen, die die Generaldirektion der Eisenbahnen über die Eisenbahner verhängt hat, die sich am Proteststreik vom vorigen Juni beteiligt haben, macht der Vorstand der sozialistischen Partei die Soziallsten und das Proletariat Italiens darauf aufmerksam, wie hinterhältig und reaktionär das Verhalten des heutigen Kabinetts ist, daS, so lange die Kammer tagte, größte Milde versprach und jetzt mit äußerster Strenge vor- gegangen ist, unter Hintansetzung jeder juristischen und mensch- lichcn Billigkeit und ohne die Bestraften auch nur vorher zu hören. Der Parteiborstand spricht den Opfern der Tyrannei des Staate? als Unternehmer seine volle Solidarität aus, fordert die Partei- sektionen aus, den Eisenbahnern in greifbarer Weise ihre Sympathie zu bezeugen und behält sich, je nach dem Verlauf der Ereignisse, weitere Beschlußfassungen vor." Neue Kasernenöramen. Welche Unzahl von Opfern schon im Frieden unser Militarismus verschlingt, dafür liefern die Soldatenmißhandlungsprozesse jeden Tag neue furchtbare Beweise. Ueber nicht weniger als drei charak- teristische Soldatenmißhandlungen haben wir heute zu berichten. In zwei Fällen waren es a l t e L e u t e, die die Rekruten in der schändlichsten Weise mißhandelten. DaS Kriegsgericht der Garde- kavalleriedivision hatte sich mit Anklagen gegen den Berittführer W a r s k a l a t und den Ulanen Hellermann zu befassen, die namentlich den Ulan Jäger, aber auch eine ganze Reihe anderer Mannschaften in der brutalsten Weise mit der Reitpeitsche, dem Rohrstock, dem Besenstiel, mit Deckengurte» und der Trense oder, wenn sie keine derartigen Werkzeuge zur Hand hatten, mit den Fäusten traktiert hatten. Der Ulan Jäger war durch die Miß- Handlungen zur Fahnenflucht getrieben worden. Erst dadurch kamen die Mißhandlungen ans Tageslicht. Jäger, der nun wegen Fahnenflucht gleichfalls unter Anklage stand, erklärte auf die Frage, warum er sich denn nicht beschwert habe, daß sich dann die beiden Jahrgänge zusammengetan hätten, und es ihm dann noch schlechter ge- gangen wäre. Er habe Angst gehabt und aus Angst sogar einmäl einen Sergeanten belogen, der seine Striemen und Flecke gesehen und ihn nach der Ursache gefragt habe. Der Verhandlungsleiter hielt ihm entgegen, ob ihn denn nicht sein Ehrgefühl zur Anzeige getrieben habe, er sei doch „kein Schultuie, sondern preußischer Soldat". Jäger blieb daraus die Antwort schuldig. Er hätte ja doch nur wiederholen müssen, daß er eben aus Angst geschwiegen habe. Der Anklagevertreter beantragte gegen die brutalen Prügelhelden je ein Jahr Gefängnis, da durch die Miß- Handlungen die Dienstsreudigkeit der Mannschaften untergraben werde, ja, wie der Füll Jäger beweise, diese Schindereien sogar zur Fahnenflucht anreizten. DaS Kriegsgericht hielt jedoch eine viel mildere Strafe für ausreichend. Es verurteilte W a r s k a l a t wegen Mißhandlung Untergebener in 43 Fällen und wegen seiner sonstigen Straftaten zu vier Monaten Gefängnis und Hellermann wegen Körperverletzung mittels gefährlichen Werkzeuges in 44 Fällen zu fünf Monate» Gefängnis. Ihr Opfer, Jäger, wurde wegen uner- laubter Entfernung zu drei Wochen Mittelarrest verurteilt. Eine Antwort auf die Frage deS Vorsitzenden, warum denn die mißhandelten Rekruten nicht den Mut zur Anzeige ihrer Peiniger fänden, gibt ein erst kürzlich vor dem Kriegsgericht zu Düsse!« d o r f verhandelter Fall, wo ein Husar gegen den im 2. Jahrgang dienenden Kameraden M ö l d e r s vom 11. Husarenregiment in Krefeld Anzeige erstattet hatte, dann aber erst recht von Mälders mit Fußtritte», Ohrfeigen und Schlägen mit der Klops« peitsche derartig mißhandelt worden war, daß das Trommelfell deS Rekruten durchlöchert wurde. Wegen dieser Bestialitäten hatte das Kriegsgericht den gemeinen Schinder nur zu 2 Monate» 1 Woche Gefängnis verurteilt. Gleichfalls zur Fahnenflucht getrieben war der Dragoner G r ö h l i n g vom Regiment 8 in Kreuzburg in Oberschlesien . Auch hier warf der Verhandlungsleiter die Frage auf, warum Gröhling sich denn nicht beschwert habe. Der Befragte antwortete, er habe das für nutzlos gehalten. Denn als einmal ein Rekrut von einem alten Mann geohrseigt worden war, habe Feldwebel Anders dazu gemeint, der Rekrut würde in der Dienstzeit noch manche Ohrfeige erhalten. Auch bekundet« der Angeklagte, daß Sergeant B i e n e ck die alten Leute aufgefordert habe, die Rekruten zu hauen, daß sie fahnenflüchtig würde». Hierüber befragt, v e r« weigerte Bieneck bezeichnenverweise die Antwort. Das Kriegs- gericht erkannte an, daß der Fahnenflüchtige tatsächlich von alten Leuten mißhandelt und dadurch zur Desertion verleitet worden sei, erkannte aber dennoch aus Ehrenstrafe und 7 Monate Gefängnis! Ueber weitere Kasernendramen wird berichtet: In der Weser bei Höxter ertränkte sich vor einigen Tagen ein M u S k e t i e r deS 1. B a t a i l l o n S des öS. Infanterie- Regiments. Ueber den Grund verlautet noch nichts. Aus NeuhauS sSennelager) wird unterm 22. Juli ge- meldet, daß sich ein junger Unteroffizier der 1. Schwadron des Pader- borner Husarenregiments gleich nach seiner Einberufung im Arrest- lokal erhängt hat. Der Grund ist nach dem„Westfälischen Bolls- blatr" igentrum) ein eingeleitetes Verfahren wegen Untergebenen- Mißhandlung._ Der<aillaux-prozeß. (Telegraphifcher Bericht.) Paris , 24. Juli. In der heutigen Verhandlung bat L a b o r i, aus den Akten fünf Briese zurückzuziehen, die, wie er sagte, von einer Frau geschrieben worden seien und mit dem Prozeß in keinerlei Beziehung zu stehen schienen. Labori war der Ansicht, daß man öffentlich drei andere Briefe verlesen könne, die von Ca:llaux geschrieben worden seien. C h e n u widersprach, indem er forderte, daß die Geschworenen von allen Briefen Kenntnis nehmen'sollten. Frau G u e y d a n bestand energisch darauf, daß man entweder alle Briefe vorlese oder aber gar keinen. Darauf wurde vorgeschlagen, sie Chenu zu übergeben. Es folgte eine lebhafte Debatte zwischen den Advokaten und Frau Gueydan, bis schließlich Labori erklärte, daß diese Briefe jetzt ihm gehörten und daß er damit machen werde, was er wolle. Unter lebhafter Auf- regung wurde die Verhandlung unterbrochen. Nach langer Unterbrechung der Verhandlung erklärte Labori, der die Briefe aufbewahrt hatte, daß er sie nicht lesen werde, aber vorschlage, sie Frau Gueydan zurückzuerstatten. Diese weigerte sich, sie zurückzunehmen. Nach einem lebhaften Wortwechsel er- klärte sie, daß Labori über die Briefe in: Einverständnis mit Chenu verfügen könne. Labori besprach sich sodann mit Herrn und Frau Caillaux . Mit ihrer Zustimmung beschloß man schließ- lich, daß die Briefe vorläufig Labori und Chenu anvertraut werden würden. Damit war der Zwischenfall erledigt, worauf mit der Zeugen- Vernehmung fortgefahren wurde. Der Vorsitzende erklärte, daß die Verhandlungen nicht bis zum Sonnabendabend zu Ende geführt werden könnten. Doktor C a Im e t t e, der Direktor des Pasteurinstituts in Lille , sagte aus, daß er am Abend des Dramas im Portefeuille seines Bruders zwei Papiere vorgefunden habe, die das darstellten, was man in der Folge als„Grünes Dokument" bezeichnet hätte. In Anbetracht ihrer Wichtigkeit habe er sie am 21. März dem Präsidenten Poincare eingehändigt, der ihm leb- Haft dafür gedankt hätte, daß er sie nicht benutzt habe, Rus öer Partei. Zum 50. Todestage Ferdinand LassalleS. Diejenigen Parteiorganisationen und Vereine, welche am 50. Todestags Ferdinand LassalleS(31. August 1914) Kränze am Grabe niederlegen wollen oder sonstige Ehrungen beabsichtigen, werden gebeten, sich vorher mit dem Genossen Th. Müller, Breslau , Margarethenstr. 17 II, in Verbindung zu setzen. Das Bolkshaus i« Gent . Am 16. August d. I. weihen die Genossen von Gent (Belgien ) ihr neuerbautes„Palais de Fötes" ein. Das gewaltige Bauiverk ist in der Nähe des Hauptbaynhofes von Gent gelegen. Der Bau bat ungefähr 2>/z Millionen Frank gekostet. Die Fassade an der Rue-Neuwe-Saint-Pierre hat eine Länge von 34 Meiern. Im Erd- geschoß befindet sich ein Cafs-Restaurant, ein Laden der Genter Genossenschaftsorganisation Vooruit, die das Gebäude errichtet hat. ein Saal für Kinovorstellungen und ein Theatersaal. Im ersten Stockwerk ist ein großes Volksrestaurant von 325 Quadratmeter Bodenfläche, Küche und zwei Empfangssäle eingerichtet, das zweite Stockwerk ist zu Bibliothekssälen, Lesezimmern und Gesangs- und Mufikiälen bestimmt. In der dritten Etage befindet sich der große Versammlungssaal und vier kleinere Säle zur Abhaltung von Sitzungen. Das Gebäude macht einen monumentalen Eindruck— ein Zeichen und der Ausdruck der Stärke und Kraft der Genter Arbeiterbewegung. Sozialistische Staatskonferenz in New Aork. In Rochester tagte Anfang Juli der jährliche Konvent de« sozialistischen Partei des Staates New Aork, der unter dem Zeichen der im Herbste stattfindenden Staats-Wahlkampgne stand. Die Beratungen erbrachten den erfreulichen Beweis für die theoretische Klärung innerhalb der aus so vielen Nationalitäten zusammen- gewürfelten Parteigenossenschaft des„Empire State", und dem entsprach denn auch die von dem Konvent beschlossene„Platform", in der unsere prinzipielle Stellung, wie praktischen Forderungen zu den kommenden Wahlen niedergelegt wurden, und ebenso die Wahl der Genossen und Genossinnen, die als Kandidaten für die verschiede. nen Staatsämter die Beschlüsse von Rochester in vorderster Reihe zu verfechten haben. Der Mehrheit nach sind unsere Kandidaten ebenso langjährig erprobte Gewerkschaftler wie Sozialisten, waS bei den amerikanischen Parteiverhältnisien nicht wenig besagen will. — Die sozialistische Partei ist damit als erste in die Wahlbewegung im Staate New Dork eingetreten, während im bürgerlichen Lager noch heillose Konfusion herrscht. Von unseren Gegnern ist bisher nur William Sulzer , der vor Jahresfrist durch Spruch>deS hoben Staatsgerichtshofes seines Amtes entsetzte Gouverneur, im Felde, und neben der Kandidatur dieses gestürzten Volksmannes von der New Uorker Ostseite(der selber korrupt genug war, aber dennoch als Opfer der noch viel korrupteren Tammany-Hall-Bande von New Aork noch starke Sympathie in der nichtsozialistischen Masse genießt) ist es hauptsächlich die bisher noch zweifelhafte Haltung Noosevelts, die diesmal die bürgerlichem Parteien ratlos macht. Roosevelt ist sich noch nicht klar darüber, ob er den„Ruf des Volkes" vernommen hat und selber für den Gouverneursposten kandidieren soll. Erwähnt sei, daß die eigentlichen Staatswahlen für unsere Genossen noch immer lediglich propagandistischen Wert haben. Dagegen sollte es nicht schwer sein, in New Dork einen oder den anderen sozialistischen Abgeordneten zu wählen und sonstige lokale Erfolge zu erringen._ GenoffenschastZiches. Großes Arbeitsfeld. Wie groß das Gebiet des Versicherungswesens ist, auf daS sich die Arbeiterschaft mit der Volksversicherung begeben hat, um die Versicherung der kapitalistischen Plusmacherei zu enizieben. das zeigt eine Zusammenstellung der dem kaiserlichen AuisichtSamt für Privat- Versicherungen unterstehenden Gcsellichaflen. Im Jahre 1912 bestanden 194 Aktienversicherungsgesellschaflen(gegen 188 im Jahre vorher), ferner 103 GegenseiligteitSvereine, deren Zabl sich im Berichtsjahre um einen vermehrt hatte. Die Volksverficherung, die nur für einen bestimmten, verhällnismäßig kleinen Kreis von Jnter- essenten in Betracht kommr, ist im Berichtsjahre von 3 Genossen- schaften und 33 Gegenseiligkeitsvereinen aufgenommen worden. In den obigen und nachstehenden Angaben ist die Volksversicherung nicht berücksichtigt worden. Auf die einzelnen Versicherungszweige verteilen sich die Aktiengesellschaften und Versicherungsvereine, die im Jahre 1912 tätig waren, wie solgt: Aktisn- VersichcrungS- Gesellschafte» vereine Lebensversicherung....... 28 34 Unfallversicherung....... 27 1 Haftpflichtversicherung...... 28 1 Viehversicherung........ 1 27 Hagelversicherung....... 4 12 Feuerversicherung....... 89 21 Versicherung gegen EinbruchSdiebstahl 46 6 Glasversicherung....... 21 2 Von der Aussicht ausgenommen sind Versicherungen gegen Kursverluste und Bargeldversicherungen.— Die Lebensversicherung flaute in den letzten Jahren zugunsten der Aussteuerversicherung ab. Die BersiÄerungSsumme der Keucrversicheningsgesellschaften erhöht« sich im letzten Jahre von 125 auf 130 Milliarden Mark. Gerichtszeitung. Notdiebstahl. Um eine milde Strafe zu erhalten, stellte sich der Hausdiener Paul Blenk gestern vor der 2. Ferien- strafkammer des Landgerichts I als Opfer der Einwirkung Streikender hin. Er stand unter der Anklage des Diebstahls. Der Angeklagie war infolge langandauernder Arbeitslosigkeit in Not geraten. Als er eines Tages an den Auslagen eines Waren- Hauses vorbeikam, kam die Versuchung über ihn, hineinzugehen. Er wurde, als er mehrere Schuhbürsten entwendete, auf frischer Tat abgesaßt und am 11. Mai dieses Jahres zu einem Monat Gefängnis verurteilt, den das Gericht M durch die erlittene Untersuchungshaft als verbüßt ansah, so daß er an demselben Tage auf freien Fuß gesetzt wurde. Wie der Angeklagte jetzt vor Gericht angab, habe er sofort ber« sucht sich Arbeit zu verschaffen. Bei der allgemein herrschenden Arbeitslosigkeit sei es ihm mehrere Tage nicht möglich gewesen irgend eine Tätigkeit zu finden. Er habe schließlich bei der Firma Macken- sen in der Ritterstraße, bei der ein Streik ausgebrochen war, Streikbrecherarbeit verrichtet und sehr gut verdient. Er sei jedoch von den Streikposten Tag für Tag belästigt und bedroht worden. Die Streikposten seien sogar in seine Wohnung gekomme» und hätten ihm nahegelegt, schleunigst die Arbeit einzustellen, da ihm sonst„etwas passieren" könne. Aus Furcht vor Miß- Handlungen habe er aufgehört zu arbeiten. Wie der Angeklagte weiter behauptet, sei er dann wieder in Not geraten und habe sich schließlich verleite» lasten, in einem Warenhause in der Noscnthaler Straße eine Büchse Schuhcreme und fünf Broschen, das Siück zu 15 Pf. zu stehlen, in der Absicht, die Sachen in den Schankwirt- schatten zu verkaufen. Das Gericht nahm an, daß es sich um einen Notdiebstahl im Sinne des Z 248a der Novelle zum Strafgesetz handele. Das Urteil lautete deshalb auf drei Monate Gefängnis unter An- rechnung von einem Monat der erlittenen Untersuchungshaft. Toilcttenpacht. Entschädigung für ungerechtfertigte Entlassung forderte gestern vor dem Gewerbegerichl die Toilettepächterin König von der„Cines"-Gesellschaft, als Inhaberin des Friedrich« Wilhelmstädtischen Theaters. Von der Beklagten wurde zunächst die Zuständigkeit angezweifelt. Sie meinte, die Klägerin sei selb-
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