allein in der Küche war, kletterte er auf einen Stuhl und von diesem auf einen dicht an dem geöffneten Fenster stehenden Tisch Als der Knabe auf der Straße Kinderstimmen hörte, beugte er sich aus dem Fenster hinaus, verlor dabei das Gleichgewicht und stürzte kopfüber auf den � Bürgersteig hinab. Das bedauernswerte Kind erlitt schwere innere und äußere Verletzungen und wurde in hoffnungslosem Zustande nach dem Krankenhause geschafft. Beim Spielen tödlich verunglückt ist wieder ein kleines Kind. Das zweijährige Söhnchen Willi des Kutschers Bardeleben aus der Bödikerstr. 8 spielte mit mehreren anderen Kindern gegen fünf Uhr aus der Treppe vor der elterlichen Wohnung. Der Kleine fiel nun plötzlich in einem unbewachten Augenblick durch die Sprossen des Treppengeländers auf den Haus- flur, wo er mit einem Schädelbruch besinnungslos liegen blieb. Die Mutter, die gleich von dem Unfall erfuhr, nahm das Kind auf den Arm und lief damit zum nächsten Arzt. Dort verstarb es aber kurz nach ihrer Ankunft. Die kleine Leiche wurde von der Polizei be- schlagnahmt und nach dem Schauhause gebracht. SO OOS M. unterschlagen. Die Bötzow-Brauerei in Berlin ist durch einen ihrer Angestellten um den Betrag von 60000 M. geschädigt. Der 27 Jahre alte Buchhalter Alfred Dorn hatte gestern den Auftrag erhalten, zusammen mit einem Kassenboten den Betrag von 60 000 M. nach dem Haupt- steueramt an der Börse zu bringen, um damit die Brausteuer zu bc zahlen. Als Dorn, der in einer Mappe das Geld bei sich hatte, bereits das Kontorgebäude in der Brauerei verlassen hatte, mußte der ihn begleitende Kassenbote nochmals umkehren, um noch eine kurze Be stellung auszurichten. Als er nach wenigen Minuten wieder auf die Straße kam, war Dorn verschwunden. Der Kassenbote glaubte, daß Dorn bereits vorausgegangen sei, und ging deshalb allein nach dem Steueramt. Dort stellte sich aber heraus, daß Dorn das Geld nicht abgeliefert hatte. Die weiter« Untersuchung ergab dann, daß Dorn mit dem Gelde die Flucht ergriffen hatte. Wohin er geflohen ist, steht noch nicht fest. Er ist verheiratet und stand bereits einige Jahre im Dienste der Brauerei. Dorn ist auffallend klein, untersetzt und hat spärliches blondes Haar. Auf seine Ergreifung ist von der Brauerei eine höhere Belohnung ausgesetzt. Eine auftegende Jagd gab es gestern in Rummelsburg . Alz ein Kutscher in der Boxhagener Straße sein Pferd einspannen wollte, riß es sich los und lies der Warschauer Straße zu. Nachdem es unterwegs einen Mann überrannt hatte, lief eS in vollem Galopp in einen Anhängewagen der städtischen Straßenbahn. Fast alle Scheiben des Wagens gingen in Trümmer. Ein Fräulein aus Treptow wurde durch Glassplitter verletzt und mußte die Unfall- station aufsuchen. Das Pferd erlitt so schwere Verletzungen, daß eS durch einen Abdeckerwagen abgeholt werden mußte. Polizeiliche Neugierde. Es gibt Leute, die da meinen, wir hätten in Berlin zu wenig Polizei, und die nach mehr Schutzleuten rufen. Die Sicherheit des Publikums und ihr Eigentum seien bedroht und. wenn man Polizei brauche, sei keine da. Es gibt andere Leute, die der gegenteiligen Ansicht sind. Zu ihnen gehören unsere jugendlichen Genossen im vierten Kreise. Zu der alle 14 Tage im Reichenberger Hof statt- findenden Versammlung der Jugendsektion erscheinen regelmäßig zwei Männer, die bei einer großen Weiße sich unter das Fenster setzen und auf die Worte achten, die da gesprochen werden. Die Leute haben große Ausdauer, obwohl es doch gar nichts zu spitzeln gibt. Junge Arbeiter und Arbeiterinnen kommen da zusammen, um durch Borträge aus allen Wissensgebieten ihr Wissen zu bereichern. Selbst- verständlich wird vor der Erörterung politischer Dinge nicht Halt gemacht, denn die Versammlungsteilnehmer haben alle das gesetzlich festgelegte Alter politischer Mündigkeit. Was will eigentlich die Polizei?. In der letzten Versammlung am Donnerstag schien etwas ganz Be« sondercS vor sich zu gehen. Schon im Laufe des Tages erkundigte man sich beim Wirt nach der Art der Versammlung. Auf der Tages- ordnung stand ein Vortrag des Genossen Lieste über Erziehung zur Wehrlostgkeit. Dieses Thema scheint der Polizei besonders in die Knochen gefahren zu sein, denn trotzdem die Spitzel einmal entfernt wurden, erschienen sie nach einer Weile wieder. Die Vorstands« Mitglieder konnten unter gutem Schutz nach Hause gehen. Wir sind neugierig, wie lange dieses Spiel gehen soll. Zu dem BootSunglück des Motorboote? ersucht unZ Herr Neumann, der Besitzer des Motorbootes, um folgende Mitteilung:„Das fragliche Unglück ist nicht durch Fahrlässigkeil meines Sohnes hervor- gerufen, indem sich derselbe zum Ableuchten des Motors eines Taschenfeuerzcuges bedient haben soll, sondern durch eine Selbst- entzündung oder Entzündung durch Wegwerfen eines nicht ganz erloschenen Streichholzes oder eines brennenden Zigarrenrestes. Das Taschenfeuerzeug meines Sohnes ist bei Auffindung des Leichnams in seinen Taschen worden." von den Beamten der Polizei vorgefunden Hochsaison der Einbrecher. Die Einbrüche in Geschäfte und Wohnungen reißen nicht ab. Heute liegen eine ganze Reihe von Meldungen vor, von denen wir nur folgende bringen wollen, um zur Vorsicht zu mahnen. Geschäfts- einbrecher besuchten das Deutsche Kolonialbaus in der Lützow - stratze 89/90. Die Geschäftsräume liegen im Erdgeschoß im zweiten Hos. In diese drangen die Diebe, wahrscheinlich durch ein Ober- lichtfenster, ein, knackten zuerst den Geldschrank im Privatkontor und dann auch im Hauptbureau, fanden darin auch über 1000 M. bares Geld, begnügten sich aber damit noch nicht und packten noch für ungefähr ebensoviel Kolonialwaren aller Art zusammen. Mit Beute reich beladen zogen sie dann ungesehen davon.— Durch die Decke gingen Geldschrankknacker in der Oramcnstr. 44. Sie kantelten hier eine Wohnung in» zweiten Stock, die zurzeit leerstehl auf, drangen durch die Decke in das Damenkonfektions- geschäfl von Henemann im ersten Stock und erbrachen hier den Geldschrank und die Pulte. Im Geldspind fanden sie nichts, in den Pulten nur die Porlokasse. Sie hielten sich jetzt an den Vorräten an Damenmänteln und Kleidern schadlos. Wieviel sie hiervon ge- stöhlen haben, ließ sich noch nicht feststellen.— Schankwirtschafts- einbrecher waren ebenfalls an zwei Stellen an der„Arbeit", und zwar in der Möckernstraße 117 bei König und in der Mainzer Straße 1 zu Lichtenberg bei Wandtke. Hier nahmen sie Billard- bälle, Liköre, Zigarren usw. mit, dort die Ladenkasse und eine Anzahl Lotterielose mit, die der Wirt mit seinen Stammgästen spielte. Eingang verschafften sie sich hier, indem sie ein Fenster an der Straße aus der Bleifassung lösten.— Auch zwei Friseure blieben von Ein- brechern nicht verschont. In der Neuen Grünstr. 40 kantelten sie die Ladentür zu dem Geschäft von Blank an der Straße auf und nahmen an Rasiermessern, Haarschneidemaschinen, Kämmen, Brenneisen, Pomaden. Haarwasser usw. mit, was sie nur vorfanden.— Am Belle- Alliance-Platz 14, wo sie den Friseur W. heimsuchten, stahlen sie außerdem noch eine Brieftasche, die über 100 M. Bargeld enthielt. — Wohnungseinbrecher suchten die Räume eines Pfarrers und eines Lehrers heim. Gestern früh, während der Pfarrer Krause noch schlief, legten Einbrecher eine Leiter vom Hof aus an seine Wohnung im ersten Stock des Hauses Bornholmer Str. 8 an und packten, ohne den Wohnungsinhaber zu wecken, im Speisezimmer dessen silberne Bestecke und einige Andenken zusammen, verließen mit der Beute die Räume wieder mittels der Leiter, entfernten diese aber nicht erst.— Der Lehrer Karl Wiese aus der Scharrenstraße 16, der dort im zweiten Stock wohnt, wurde von Klingelfahrern heimgesucht, während er sich mit seiner Frau bei deren Eltern außerhalb befand. Die Aufwärterin entdeckte den Einbruch, als sie wie gewöhnlich die Blumen begießen wollte. Gestohlen sind neben Silber und Wert- fachen anderer Art, Kleidungsstücke und Wäschestücke im Werte von ungefähr 1000 Mark. Ungefähr ebensoviel erbeuteten Klingelfahrer bei dem Rentier Löst in der Oderberger Straße 64, der mit seiner Frau spazieren gegangen war und bei dem Maschinenformer Heer in der Behmestraße 22._ Der Arbeiter-Sängerbund veranstaltet am heutigen Sonntag in Weißensee sein Sängerfest. bei dem zum ersten Male Frauenchöre mitwirken. Vermißt wird seit dem 22. Juli die Ingenieurs- Ehefrau Charlotte Woller, Potsdamer Straße 39 wohnhaft gewesen. Die Vermißte besuchte an diesem Tage ihre Kinder im Erholungsheim „Märkischer Jungborn" in Glienicke bei Hermsdorf , und begab sich zum Bahnhof Hermsdorf , um nach Berlin zu fahren. Sie ist jedoch bis jetzt noch nicht zurückgekehrt, sie leidet an Schwermut. Beschrieben wird sie wie folgt: 40 Jahre alt, anscheinendes Alter 30 bis 38 Jahre, 1,03 Meter groß, schlank, Gesicht eingefallen und rötliche Backen, kleiner Mund, dünne Lippen, spitzes Kinn, Gang und Haltung aufrecht, spricht Berliner Mundart. Bekleidet war sie mit weißer Bluse, dunkelblauem Rock mit großen grauen Knöpfen, kleinem gelben Strohhut sSchute) mit blauem Samtband, braunen Schuhen, weißer Unterwäsche gezeichnet vermutlich 0. W., braunen Strümpfen und trug eine schwarze Handtasche mit gelbem Bügel. Mitteilungen nimmt der XI. Kriminalbezirk und jedes Polizeirevier entgegen unter Nr. 2480 IV. 67. 14. vorortnachrichten. Lübars-Waidmann�lust. Unzulängliche Hilfe bei Unglücksfällen. Ein schrecklicher Unglücks fall ereignete sich in der Nimrodstraße. Der Kutscher Richard Zimmermann war dort mit dem Abladen von Kohlen beschäftigt. Plötzlich scheuten die Tiere und Z., der sich gerade bei den Pferden befand, wurde mit der Deichsel dergestalt gegen einen Baum ge- preßt, daß ihm der Brustkasten vollständig eingedrückt und eine Rippe gebrochen wurde, die sich in die Lunge einbohrte. Der Restaurateur Prange leistete dem Verunglückten die erste Hilfe und telephonierte an das Reinickendorfer Verbandskrankenhaus, man möge so schnell wie möglich einen Krankenwagen zur Ueberführung des Verletzten nach dort schicken. Von der Leitung dieses Krankenhauses erhielt er jedoch die Antwort, man verfüge über keinen Wagen, wolle jedoch sehen einen solchen zu beschaffen und werde ihn alsdann nach hier ent- senden. Eine halbe Stunde nach der andern verrann, bis man sich entschloß, einen Krankenwagen aus Tegel zu bestellen, der dann auch bald zur Stelle war, so daß die Ueberführung des Schwerverletzten nach dem obigen Krankenhause erfolgen konnte. Von dem Zeitpunkt des Unglücks bis zur Ueberführung ins Krankenhaus waren zwei und eine halbe Stunde verronnen. Der Umstand, daß ein modern sein wollendes Krankenhaus nicht einmal einen Krankenwagen zur Verfügung hat, ist eine Tatsache, die die schärfste Kritik herausfordert. Das Verbandskrankenhaus ist mit Unterstützung erheblicher Geld- mittel seitens der angegliederten Kommunen gegründet worden. Diese haben demnach ein Recht, zu verlangen, daß bei Erkrankungen oder Unfällen die erforderlichen Maßnahmen zur schnellsten Hilfe- leistung sofort getroffen werden können. Dieser Mißstand erheischt dringender Abhilfe und sollten die Kommunalbehörden die er- forderlichen Schritte zur Beseitigung derartiger, das Gemeinwesen herabwürdigender Verhältnisse unverzüglich einleiten. Neukölln » AuS der Magistratssitzung. Die Straße 16b soll einen 9 Meter breiten Fahrdamm und 2 je 6 Meter breite Bürgersteige erhalten.— Für die Aufbewahrungskästen und Schränke auf dem Jubiläums- spielplatze sollen folgende Mieten erhoben werden:»> für den Kasten pro Jahr 2 M., b> für den Schrank pro Jahr 6 M.— Mir der Neu« einteilung der Einkommensteuerbezirke nach dem Borschlage erklärt sich der Magistrat einverstanden. Es soll bei der Einteilung darauf Rücksicht genommen werden, inwieweit eine spätere Bebauung des Geländes die Einwohnerzahl von neuem verschieben wird.— Von dem Schreiben der städtischen Verkehrsdeputation Berlin über die Annahme des Vertragsentwurfs betr. Fortsetzung der Nordsüdbahn nach Neukölln nimmt der Magistrat Kenntnis. — Die Einteilung der Lahnstraße in einen 12,60 Meter breiten Fahrdamm und zwei Bürgersteige von 2 Meter und 4,50 Meter wird beschlossen. Lichtenberg . Männer- und Frauenchor. Die hier am Orte tagenden Gesang« vereine„Männerchor Boxhagen- Rummelsburg " und der„Lichten- berger Männerchor", haben sich am 1. Juli unter dem Namen „Männerchor Lichtenberg" vereinigt. Die Uebungsstunden finden jeden Freitag von 9—11 Uhr im Eafä Bellevue statt. Der ebenfalls angeschlossene Frauenchor hält seine UebungS« stunde DienStag von S— 11 Uhr im Cafs Bellevue, Hauptstr. 2, ab. Britz -Bnckow. Fcrienspiclc. Dienstag, den 28. Juli, vormittag? 10 Uhr: Ausflug nach der Treptower Spielwiese. Im Anschluß hieran, nach- mittags 4 Uhr, findet eine Extra- Kinovorstellung in der Treptower Sternwarte statt. Eintritt für Kinder 16 Pf., für Erwachsene 26 Pf. Hauptsilm:„Mit Schnellzug und Ozeandampfer von Berlin nach New Jork". Auch Erwachsene können daran teilnehmen. Nieder-Schönhause«. Eine sozialdemokratische Mehrheit hatte die letzte Gemeindever« tretersitzung aufzuweisen. Bon den 19 Gemcindevertretern waren 7 erschienen, darunter 4 Sozialdemokraten. Die Vertretung nahm zunächst Kenntnis von einer Mitteilung der Großen Berliner Straßenbahn, daß sie die von der Gemeinde gewünschten Verkehrs- Verbesserungen ablehnen müsse, unter anderem die Weilerführung der Linien 36 und 44, da die Notwendigkeit nicht anerkannt werden könne. Das Schreiben wurde einer scharfen Kritik unterzogen und beschloffen, nochmals mit der Direktion zu verhandeln. Em Gesuch des Geflügelzuchtverein Ntederschönhausen-West um Bewilligung eines Ehrenpreises wurde zurückgestellt. Der Anschaffung von Hitze- Merkblättern und Blättern für die Säuglingspflege wurde zu- gestimmt. Genosse Hellrich ersuchte den Gemeindevorstand, nachzuprüfen, ob die Notiz einer Berliner Zeitung der Wahrheit ent- spricht, daß ein großer hiesiger Betrieb seine sämtlichen Schmutz- wässer in die Panke leitet. Das Bauamt soll mit der Priffung beaustragt werden und in nächster Sitzung Bericht erstatten. In nichtöffentlicher Sitzung wurden 6364,73 M. Kosten für die Pflege- kinder und Krankenhausbehandlung niedergeschlagen. Adlershof . Ferienausflüge. Für Kinder im Alter von 8 bis 10 Jahre sinder eine HalbtagStour und für die im Alter von 10 bis 14 Jahren eine Tagestour statt. Zu der Halbtagstour der- sammeln sich die Kleinen morgen Montag, den 27., mittags>/„1 Uhr, im Jugendheim . Bismarckstr. 31. Von dort Abfahrt nach Grünau und Molorbootfahrt nach Marienlust. Die TageStour findet am Donnerstag, den 30. d. M. statt. Die Kinder versammeln sich um VsjS llhr am„Süßen Grund" vor dem Bahnhof. Abfahrt nach Eich- Walde: von dort Wanderung nach der Berliner Schweiz . Fahrgeld brauchen die Kinder zu beiden Ausflügen nicht mitzubringen, da- gegen muß jeder Teilnehmer sich mit tüchtig Proviant und guter Fuß- bekleidung zum Marschieren versehen. Eichwalde . Kinderfest. Am Mittwoch, den 29. Juli, veranstaltet der Dahl- verein im Lokal von Witte ein Kinderfest, verbunden mit Kasperle- Theater, Waldspielen u. a. m. Jedes Kind erhält eine Stocklalerne gratis. Von 2 Uhr ab Kaffeekochen, anschließend daran musikalische Unterhaltung und Tanz. Billetts für Erwachsene 20 Pf., Kinder 10 Pf. Rowawe». Gcwcrkschaftskartell. Die letzte Sitzung nahm zunächst den Be« richt von der stattgefundenen Bautenkontrolle entgegen. Daraus sind lebhaste Klagen über mangelnden Bauarbeiterschutz zu ent« nehmen. Es fehlt vielfach an den nötigen Schutzrüstungen, an ge- nügenden Verbandskästen. Auch wird über unvorschriftsmäßige Bau« buden sowie Klosetts Beschwerde geführt. Es scheint also, daß die Baugewerks-Berufsgenoffeuschaft sich recht wenig darum kümmert, wie ihre sowie die baupolizeilichen Borschriften innegehalten werden. In der Diskussion wünschten die Delegierten der verschiedenen Bau- Handwerker-Verbände, daß die Bautenkontrollen öfter als bisher vom Kartell ausgeführt werden. Die Kartellfitzung erklärte aber, daß nicht allein die Bautenkontrollen hier Abhilfe schaffen können, sonoern die einzelnen Arbeiter müßten selbst mehr zur Behebung der Mißstände tun, indem jeder derartige Verstöße zur Kenntnis bringt. — In den BildungSausschuß wurden die Genossen Otto und Werner gewählt.— Der Bibliothek wurde ein außerordtzittlicher Bei« trag von 60 M. bewilligt. Gerichtszeitung. § 166. Der Z 166 Str.-G.-B. bedroht mit Gefängnis vis zu 3 Jahren,„wer dadurch, daß er öffentlich in beschimpfenden Aeutzerungen Gott lästert, ein Aergernis gibt" oder wer öffent- lich Einrichtungen einer Religionsgesellschaft beschimpft. Dieser Paragraph ist oft zur Verfolgung der Meinungsfreiheit angewendet. Unlängst ist eine„Gotteslästerung" auS ewem seit Jahren völlig unbeanstandeten Gedicht von Richard Votz in einem Urteil der Strafkammer beim Amtsgericht in Geeste - münde vom 11. Juni 1914 unter folgenden Umständen heraus- gelesen. Der Tischler Oskar Bode in Geestemünde ist seit Jahren aus der Landeskirche ausgetreten. Er lehnte eS ab, für sein Kind Religionsbücher anzuschaffen, da er Atheist ist und seine Kinder auch als Atheisten erziehen will. Die Behörde schaffte darauf auf seine Kosten die in der Schule gebräuchlichen Bücher, darunter das „Gesangbuch der Hannoverschen Landeskirche" an. Der Baler schrieb nun in dies Buch unter das Geleitwort„Auf Gott nur will ich bauen" folgendes Gedicht von Richard Voß ein, um bannt seinem Sohn kennttich zu machen, daß er an Gott nicht glaubt: Verlassen ist jeder Die Welten vernehme« Der auf den gewalttgen Die heilige Botschaft; Allmächtigen, helfenden, Sie glauben und beten Gott sich verläßt! Verzweifeln und sterben In prächtigen Kirchen Der Gütige, Liebende Verkünden die Priester Läßt hoffen und barre» Elenden Menschen Verzweifeln und sterben Den gütigen, helfenden,— Gott hilft ihnen nicht. Liebenden Gott . Die Verse wurden in der Schule von den Mitschülern gelesen» darauf wurde Strofantrag wegen Beleidigung des Rek« tors und des Lehrers gestellt. In der Verhandlung stellte sich heraus, daß der Strafantrag nicht rechtzeitig gestellt- war. Darauf wurde nun nicht etwa das Verfahren eingestellt, wie eS das Gesetz verlangt, sondern der Angeklagte wegen»Gottes- l ä st e r u n g" zu 4 Monaten Gefängnis verurteilt. Als uns ein Verhandlungsbericht zuging, hielten wir mit einer Veröffentlichung zurück, weil wir das Urteil für unmög- lich hielten. Jetzt liegt uns Abschrift des Urteils vor. In der Tat ist der oben geschilderte Fall zutreffend. Unbegreif- lich, wie Richter in den wiedergegebenen Versen eine„Läste- rung" oder gar eine in„beschimpfenden", das heißt besonders rohen und verletzenden Aeutzerungen erblicken konnten. Vor dem Reichsgericht kann ja das Urteil nicht aufrecht erhalten bleiben. Die Tatsache einer Verurteilung beiveist aber trotzdem von neuem, wie notwendig eine Beseitigung des§ 166 des Strafgesetzbuchs ist._ Mißhandlung eines Kindes. Eine empörend rohe Mißhandlung des eigenen wehrlosen Kindes lag einer Anklage gegen den Arbeiter Paul Luther zugrunde, der sich gestern vor der 3. Ferienstraf- kammer des Landgerichts unter Vorsitz des Landgerichts- direktors Seele rt zu verantworten hatte. Der Angeklagte ist der Vater eines jetzt achtjährigen Madchen» namens Elli. Er lebt seit einer Reihe von Jahren mit seiner Frau in Unfrieden. Zank und Streit waren an der Tagesordnung. Diese fortgesetzten Streitigkeiten führten dazu, daß die Frau schließlich mit dem Kinde Stube und Küche mieten wollte. Hierzu kam eS aber nicht, da der Angeklagte zu seinen Eltern zog. Im Frühjahr d. I. unternahm L. wiederholt Annäherungsversuche an seine Frau. Die's wurden abgelehnt. Als die Frau erfuhr, daß er sich, während sie den Tag über schwer arbeitete, Einlaß in die Wohnung verschafft habe, ließ sie das Wohnungsschloß ändern. Am frühen Morgen deS 11. Mai erschien der Angeklagte wieder vor der Wohnung seiner Eheftau, die gerade unterwegs war, um Einkäufe zu machen. Die allein anwesende achtjährige Elli. die gerade zur Schule gehen wollte, öffnete ihm die Tür. Der Angeklagte machte sich sofort daran, einen Abdruck von dem neuen Schlüssel zu nehmen um sich einen Nach- schlüssel anzufertigen. Als die Frau zurückkehrte und ihren Mann in der Wohnung sah, lief sie hilferuseirb die Treppe hinunter, da sie fürchtete, daß er über sie herfallen würde. Anscheinend auS Wut darüber, daß es ihm nicht gelungen war, sein Mütchen an der Frau zu kühlen, fiel der entmenschte Vater über das ruhig am Tisch sitzende unschuldige Kind her und brachte ihm mit einer Dreikantfeile einen tiefen Stich in hen Kopf bei. Nicht genug damit, warf er das jammernde Kind zu Boden und brachte ihm noch mehrere Stiche in den linken Arm und in die Seite bei. Nach diesem abscheulichen RoheitSakt lief L. auf den Treppenflur hinaus und brachte sich selbst hier mit der Feile mehrere Stiche in der Brustgegend bei Während sich seine Verletzungen als leichter Natur herausstellten, waren die des Kindes so schwer, daß die bedauernswerte, der blinden Rachelust ihres rohen Vater? zum Opfer gefallen« Kleine sofort einer Klinik zugeführt werden mußte, wo sie erst nach mehrwöchigem Kranken- lager wiederhergestellt werden konnte.� Der Staatsanwalt beantragte eine Gefängnisstrafe von drei Jahren gegen den Angeklagten. DaS Gericht war der Ansicht, daß es im öffentlichen Interesse liege, wehrlose Kinder vor derartig viehisch rohen Mißhandlungen zu schützen. Trotz der bisherigen Un- bescholtenheit des Angeklagten habe das Gericht deshalb die vom Staatsanwalt beantragte Strafe von drei Jahren Gefängnis gegen ihn verhängt, weil es sich hier um eine nahe an versuchten Mord oder Totschlag grenzende ungeheuerliche Brutalität eines Vater? gegen sein eigenes Kind handele. Der Mädchenhändler und sein Opfer. Das tragische Geschick eines jungen Mädchens, deS Opfers emes Mädchenhändlers, wurde in einer Verhandlung vor dem Dresdener Amtsgericht aufgerollt. Da» junge, hübsche, kaum 17 Jahre alte Mädchen, Namens Anna Keller, wurde an einem Tag« im Monat Mai auf der Straße von
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