Onfere gesamte kapitalistische Presse legte daS Gesicht in ent»setzte Falten und entrüstete sich über die vor keinem Verbrechenzurückschreckende Ruchlosigkeit der begehrlichen Massen. Lange solltedie selbstgerechte Freude nicht vorhalten.Schon am nächsten Tage mutzte Miller auf Grund der von den<l unständigen gesammelten Beweise verhaftet werden. Und siehe dalBei seiner Vernehmung gestand der Herr Kaminbau-Meister, datzer selbst die Dhnamitbombe mit der angebrannten, aber schon er-loschcnen Zündschnur in den Hausflur der Villa Herrs gelegt und,um seiner niederträchtigen Verdächtigung den Stempel der Wahr-Reit aufzudrücken, sich durch einen Schuß leicht verletzt hat. Werihn zu der tückischen Tat anstiftete, gab Miller noch nicht an. Ueberseine Hintermänner kann trotzdem kein Zweifel bestehen.Cui bono?(Wer hat den Nutzen davon?) Die Leser mögenselbst entscheiden. Die Westinghouse Electric Co. beschäftigte in EastPittsburg 13 000 Arbeiter, die sich in den letzten Monaten fastausnahmslos zu einer als Jndustrial Congenial Union bekannten,mit keinem Gewerkschafts-Verbande in Verbindung stehenden Be-triebs-Vereinigung zusammenschlössen und Anfang Juni die Arbeiteinstellten, um die Wieder-Einstellung ihrer gematzregelten Führerzu erzwingen.Trotz aller Lockspitzeleien, trotz des herausfordernden Treibensder Privatpolizisten gelang eS nicht, die Ausständigen zu dem zuveranlassen, was man als„Gewalttätigkeit" hätte„brandmarken"können. Die Gesellschaft verschrieb sich vom Gouverneur Pennsyl-vanienS eine Schwadron der als„Kosaken" berüchtigten Staats-Konstabler, deren einziger Zweck das Niederwerfen von Streiksdurch brutale Gewalt ist. Aber die Feiernden waren zu klug, denStaats-Konstablern auch nur den geringsten Vorwand zu geben.den Ausstand in Blut zu ersticken. Die Westinghouse Electric Co.wußte keinen Ausweg mehr, und nachgeben wollte sie nicht. Dakam dann das„vereitelte Dhnamit-Attentat". Cui bono? fragteschon die altrömische Justiz, wenn es galt, den Verüber eines Vcr-brechenS auszufinden. Wem sollte die Legung der Dhnamitbombein der Villa HerrS zum Vorteil gereichen? Den Ausständigen sicher-lich nicht: Ihre Sache wäre heillos kompromittiert worden, wennMiller nicht entlarvt worden wäre.Bekanntlich praktizierte der Schulkommissar Breen vor zweifahren in Lawrence(Massachusetts) während des dortigen großenextilarbeiter-Streiks. als der Wollentrust(American Woolen Co.)die Ausständigen nicht klein zu kriegen wußte, Dhnamit in dieWohnung eines ahnungslosen Italieners namens Ilrbino. DerSprengstoff war angeblich zur Zerstörung von Spinnereien undWebereien bestimmt. Auch dieser„Anschlag" wurde den feiderndenArbeitern zur Last gelegt, bis Breen verhastet wurde und gestand,den tückischen Streich im Austrage des Wollen-Trust-PräfidentenWood und anderer Ordnungsstützen verübt zu haben.Vorbei find die Tage, da die Brüder Mc Namara, um demTod durch Erhängen zu entgehen, sich angesichts eines auf Meineidund Fälschung aufgebauten Belastungsmaterials in Los Angelesschuldig bekannten, das Gebäude der„Los Angeles TimeS" in dieLuft gesprengt und dadurch den Tod von 21 Personen verursachtzu haben, und zu 15 Jahren bzw. zu lebenslangem Zuchthaus ver-urteilt wurden. Vorbei ist die„schöne" Zeit, da 21 Mitglieder deSVerbandes der Brückenbauer und Eisenkonstruktions-Arbeiter vondem Bundes-Gericht Indianapolis auf Grund der gleichsalls vonder berü— chtigten Detektiv-Agentur Burns„gesammelten" Beweiseauf lange Zeit dem Zuchthaus überantwortet wurden.Noch bei dem Prozesse gegen die organisierten Brückenbauerund Eisenkonstruktions-Arbeiter konnte der Bundesanwalt von In-dianapoliS eine Woche vor Schluß der Hauptverhandlung einenExtrazug bestellen, der einundzwanzig(die Zahl traf genau zu)Verurteilte von Indianapolis nach dem Bundeszuchthaus Leaven-Worth zu dringen hatte. Alles war fein eingefädelt, die Ge-schworenenbank„zweckmäßig" zusammengestellt, der Richter in-struiert. Aber die Arbeiter haben aus den bitteren Erfahrungender Vergangenheit eine Lehre gezogen. Zudem sind auch dem Pu-blikum im allgemeinen die Augen aufgegangen, derartig auf-gegangen, datz sogar der gewiß auf der Seite, des Unternehmertumsstehende Verband der Polizei-Chefs iPolizei-Ttrektoren und-Prä-sidenten) letzte Woche sein Ehrenmitglied William Burns, den In-Haber der Detektiv-Agentur, welche die Brüder Mc Namara unddie übrigen„Dhnamit-Verschwörer" aus den Reihen des Brücken-bauer- und Eisenkonstruktionsarbeiter-Verbandes ins Zuchthausbrachte, wegen seines gewissenlosen Vorgehens gerade in diesenFällen ausschloß.Die größere Wachsamkeit der Gewerkschaften ist in der Haupt-fache auf die aufklärende Tätigkeit der Sozialisten zurückzuführen,welche immer und immer wieder der Sache auf den Grund gingenund der werktätigen Bevölkerung die ausschließliche Gegensätzlich.keit der Interessen der Arbeiter und der Unternehmer, die Er-bitterung des Klassenkampfes und die Unbedenklichkeit der Herren-menschen in der Auswahl der Mittel vor Augen führten.So kam et, daß der Bomben-Schwindel von East Pittsburgnicht gelang./tos öer Partei.Aus den Organisationen.Die Bezirksorganisation für S ch I e s lv i g- H o l st e i n unddaS Fürstentum Lübeck veröffentlicht ihren Jahresbericht.Der Bericht zeugt von einer außerordentlich regen Agitations-Organisationsarbeit. Die Zahl der sozialdemokratischen Vereine undBezirke stieg von 121 auf 131, die Zahl der Mitglieder von 50 443auf SS 037 also 4 589 und zwar ist die Zahl der männlichen Mit-glieder um 2401, die der weiblichen um 2128 gestiegen. Die Zahlder weiblichen Mitglieder beträgt jetzt insgesamt 11044. Die Ver-sammlungslätigkeit im Bezirke war außerordentlich lebhaft,fanden doch 434 öffentliche Versammlungen, 1338 Mitglieder-Versammlungen, 102 öffentliche Frauenversammlungen und167 besondere der Zusammenkünfte der weiblichen Mitglieder statt.Die VersammlungStängkeit würde noch viel reichhaltiger sein, wennnicht auch in Schleswig-Holstein mit seinem angeblich freien Bürger«und Bauerntum die Gepflogenheit, den Sozialdemokraten die Säleabzutreiben, blühte, wie nur irgendwie im Preußenland. Der Bezirkumfaßt 2434 Dörfer und 192 Gutsbczirke, trotzdem stehen dersozialdemokratischen Partei nur im ganzen Bezirk in den länd-lichen Orten 67 Säle, 108 sonstige Räume(Dielen usw.) und17 freie Plätze zu Versammlungen zur Verfügung. Auch dieschriftliche Agitation war außerordentlich lebhaft. wurdendoch 1816 650 Flugblätter. 33285 Broschüren. 55150 sonstigeAgitationsschriften verbreitet. Daneben wurde noch die Agitations-schrift fürs Land, die.Schlcswig-Holsteinfche Landpost", in 519 150Exemplaren und ihre dänische Ausgabe„Del radc Postbud" in24 770 Exemplaren verteilt. Die.SchleSwig-Holsteinsche Landpost",die eine Bezieherzahl von rund 26 000 hat— zweimal im Jahrewird sie außerdem in 120 000 bis 130 000 Exemplaren allgemeinauf dem Lande verbreitet, hat tüchtige Aufklärungsarbeit auf demLande getan. Auch der Landarbeiterverband hat trotz aller ihm ent-gegengestellten Schwierigkeiten gute Fortschritte gemacht. DieZahl feiner Ortsgruppen stieg von 60 auf 65, die Mitgliederzahlvon 2274 auf 2836. Während die Organisationszahlen außerordentlichgünstig sind, hat leider die Presse einen Rückschritt zu verzeichnen.Da der Hauptverlust auf die Werftorte entfällt, ist eine der Ursachendes Verlustes mit zweifellos der verunglückte Werstarbeiterstreik.Manche Werftarbeiter haben ihren Unmut an der Presse ausgelassen.Der bevorstehende Bezirksparteitag wird dem Punkte Presse einebesondere Aufmerksamkeit widmen müssen. Die Kommunalwahlenbrachten der Partei einen Gewinn von 10 Stadtverordneten- und17 Gemeindevertretermandaten. Insgesamt zählt die Partei jetzt33 sozialdemokratische Stadtverordnete und 232 sozialdemokratischeGemeindevertreter. Die Jahresabrechnung des Bezirksvorstandesschließt mit 65 213,63 M. ab. Von dem Parteivorstand in Berlinwar einschließlich des Zuschusses zur Landtagswahl ein Zuschuß von9000 M. erforderlich, dagegen lieferten die Kreise an den Partei-vorstand ab 40 434,44 M. Der Kassenbestand des Maifonds waram 31. März 1914 48 675,20 M.— Die Bildungsarbeit wird durchden Bezirksbildungsausschuß, 4 KreisbildungSauSschüfle und32 Ortsbildungsausschüsse betrieben. Jugendausschüsse sind 19vorhanden, denen 1806 Jugendliche angeschlossen sind. Der Bezirks-Parteitag wird am 2. und 3. August in Eckernsörde stattfinden. Erwird sich besonders eingehend mit der Frage des schleswig-holsteinischen Kommunalwahlrechts befassen, die wegen der Petitionenauf Einführung des Dreillafsenwahlrechts in Schleswig-Holsteinwieder brennend geworden ist.GerichtsZeitung.Ein schwarzer Gentleman.Ein recht vielseitiger schwarzer Landsmann, der Duala»neger Nelson Esaka Muango, mutzto gestern vor der 4. Ferien-strafkammer des Landgerichts I erscheinen, die unter Vorsitzdes Landgerichtsdirektors Scheifers eine Anklage wegen Be-truges im straffchärfenden Rückfalle» intellektueller Urkunden-fälschung und Beilegung eines falschen Namens gegen ihn zuverhandeln hatte. Der seit längerer Zeit in Untersuchungshaftbefindliche Angeklagte machte vor Gericht in seinem modernenAnzug ganz den Eindruck des schwarzen Gentlemans, es fehltenur noch der Schillerkragen, der zu seinem kohlrabenschwarzenGesicht besonders gut kontrastiert hätte.Nelson Esaka Niuango hatte in seinem Heimatort Duala inKamerun eine gute Schulbildung genoffen, die ihn sogar dazu be-sähigte, kaiserlich, deutscher Retchspostaehilfe in Duala zu werden.Als solcher hatte er Gelder einzuziehen und abzuliefern. LangeZeit versah er diese Tätigkeit zur vollsten Zufriedenheit, bis eseines Tages zum Klappen kam. weil er, nach europäischem Vor-Mafik.Die Volkskonzerte des PhilharmonischenOrchesters üben andauernd eine starke Zugkraft auf das BerlinerArbeiterpublikum aus. Selbst am Montag uns grade in jenenAbendstunden, da coulourstudenttsche Saufbrüder Arm in Arm mitdem allteutschen Mob fich vor lauter Kriegsbegeisterung wie Amok-käufer gebärdeten, fanden wir den großen Saal der Neuen Weltfast lückenlos besetzt. An diesem Beispiel offenbarte fich wieder ein-mal hinlänglich, wie tief das Volk seine Aufgabe als Hort undTräger der Kultur inmitten de? Aufruhrs wildester Leidenschaftenerfaßt hat. Die« sein inniges Versenktsem in den Schönheitszauberwahrhaftiger Kunstwerke— ist es nicht auch eine, obwohl stille,Demonstration für den Weltfrieden? Aus den zum Vortrag ge-brachten Mufikschöpfungen von Meistern verschiedener Nationalitätenkonnte fich jeder nehmen, was ihm gut dünkte. Die Programmefind ja zwar stet« ein wenig bunt gewürfelt, weniger unfern kunst-erzieherischen, als allgemeinen UnterhaltungSzwecken angepaßt,dennoch find fie meist aus erstklassigen, mindestens gehaltvollen undinteressanten Stücken zusammengesetzt und werden den Hörer inschönster orchestraler Ausführung dargeboten. Zwei außerdeutscheTonsetzer wären diesmal extra hervorzuheben. Es find das FriedrichSmetana und Anton Dvorak(sprich: Dworschak). In beiden ver-ehren die Böhmen mit Recht ihre größten Meister. SmetanaS großesymphonische Dichtung„Mein Vaterland", auS der die„Moldau"wiedergegeben wurde, bewegt sich in den Bahnen LiSz'scher Pro-grammmusik. Eigenartiger aber als Smetana hat vor ihm keiner.und neben ihm Wohl am echtesten Dvorak, der vom Metzgerhandwerkzur Mufik kam, widergespiegelt. Wunderbare Naturkraft und Poesiewar in beiden. vir.Humor und Satire«Rentier Pannemann an seinen Sohn.Mein Sohn, ich rate Dir beizeiten:Sei klug und last' die andern streiten.Du kannst im Kriege von den SerbenKur Wanzen, Flöh' und Läuse erben.Ich will es Dir ganz offen sagen:Du kannst Strapazen nicht vertragen,Auch nicht den Anblick toter Leichen.Drum pfeifl auf Ruhm und Ehrenzeichen.Laß Bruder mem'geS mit den SerbenMein'thalben alle? hau'n in Scherben;Denn wenn auch grimmig die Gebärden,Glaub' mir. es wird so schlimm nicht werden.Sie werden nicht viel Blut vergießen,Doch Ströme Tinte werden fließen.Statt daß in Serbien Flinten knattern,Läßt August Extrablätter flattern.Denn Moffe, Ullstein. Scherl woll'n leben,Geschäft muß sein I Da« ist's ja eben.Mein Sohn, Du sollst durch wilde SerbenAls KriegSfreiwill'ger niemals sterben»Auch niemals mit den SerbenmädelnDie wilde Rasse dort veredeln.Bewahre Deine teutsche KraftDer teutschen Frau— der Kaufmannschaft.Ich gebe Dir noch dies bekannt.Das Geld, das auf der Sparkasi' stand,Hab' ich ganz schleunigst abgehoben.Der Sohn wird seinen Vater loben!Sie machten ja ein dumm' Gesicht,Doch Pannemann geniert das nicht.Run, lieber Sohn, ich bitte Dich,Laß Deine Finna nicht im Stich.Sie gab Dir erst acht Tage Ferien.Laß nicht vom ttriegsrausch Dich betörten,Bleib' fern den Russen, fern den Serben,Last' andere das Fell fich gerben.Die Zeit vergebt, die Wut, fie legt sich,Du weißt: Pack schlägt fich, Pack verträgt sich.Bleib' fern dem int'reffanten LändchenTreu Deinem Fach, dem HeringSbändigen.Bleib', was Du bist. DeulfchnationalerHandlungskommiS für dreißig TalerlNotizen.— Die Lausbuben, die am Sonntag Unter den Lindenfür den Krieg„demonstrierten", werden der Nachwelt überliefertwerden. Ein Blättchen ist unvorsichtig genug, sie im Bilde wieder-zugeben. Die Wochenschriften werden folgen. Man sieht aus-schließlich Jüngelchen von 9 bis 17 Jahren, natürlich nur gutgekleideteMuttersöhnchen, aber mit Ouadratschnauzen im Format von 20 zu10 Zentimeter.— Zur Psychologie deS KinoS. Wie der„Türmer"mitteilt, wurde bei einer Untersuchung in New Jork über die Frage,wie die Arbeiter ihre freie Zeit verbringen, festgestellt, daß derTheaterbesuch in dem Maße zunimmt, wie die Zahl der Arbeits-stunden abnimmt, während mit der Vermehrung der Arbeitsstundender Besuch der Kinos zunimmt.„..— Die Sonnenfinsternis rn Rußland. Da dieam 21. August d. I. eintretende Sonnenfinsternis am besten inRußland zu beobachten fein wird, treffen dort viele wissenschaftlicheExpeditionen aus anderen Ländern ein. Der größte Teil derExpedittonen begibt fich nach Feodossia auf der Krim,da dort voraussichtlich am 21. August ein klarer Himmel seinwird. Das Observatorium der Universität von Odessa hatte sichaus Deutschland mehrere Apparate zur Beobachtung der Sonnen-finsternis kommen lassen. Diese Apparate sind aber sofort nachihrem Eintreffen gestohlen worden.— Wahrscheinlich dachten dieDiebe, in einem Lande der vollkommenen Finsternis sei die Be-odachtung von speziellen Finsternisse« wirklich überflüssig.bild, um dem Spielteufel huldigen zu können, amtliche Gelderunterschlagen hatte. Er sollte Geld, im ganzen 250 M., an dieAbkraleute, einen Negerstamm in Kamerun, auszahlen: Er fälschtedie Unterschriften des Negerhäuptlings und behielt daS Geld fürsich. Wegen Betruges und Urkundenfälschung, ferner wegen desDiebstahls an einem Pakete wurde Muango in Kamerun zu zweiJahren Gefängnis mit Zwangsarbeit und 5 Jahren Kettenhaftverurteilt. Im Gefängnis war er an Händen und Füßen gefesselt.Muango gelang die Flucht. Ueber Amsterdam. Antwerpen kamer nach Berlin. Hier hatte er das Pech, auf der Straße von demPostpraktikanten Weigele, der in Duala tätig gewesen war, wieder-erkannt zu werden. Muango wurde verhaftet und nach Kamerunzurücktransportiert, nachdem er hier wegen Beilegung eines falschenNamens eine dreitägige Gefängnisstrafe verbüßt hatte. WenigeMonate später war Muango zum zweiten Male aus Kamerun ver-schwnnden. Unter dem Namen„David Wilson" aus Washingtonverübte er hier verschiedene Logisschwindeleien und wurde vomSchöffengericht Lharlottenburg zu 4 Monaten Gefängnis ver-urteilt.Wieder freigelassen, verübte er die jetzt zur Anklage stehendenSchwindeleien. Als angeblicher Sprachlehrer Jsa Akwalerra ausAmerika mietete er ein möbliertes Zimmer, um nach wenigenTagen unter Hinterlassung der Mietsschuld zu verschwinden. Ineinem anderen Falle gab er sich als„Gymnasiast Konak Kulle,Sohn des Bürgermeisters und Gerichtspräsidenten in Moari inWestindien" aus. Schließlich avancierte der phantafievolls schwarzeJütigling auch noch zum„stuck, med. Isaak Noll» Mendelssohn ausHeidelberg, gebürtig in Marokko". Als er eines Tages von einergeschädigten Zimmcrvcrmieterin im Tiergarten wiedererkannt undvon einem Schutzann festgenommen wurde, nannte et sich„ThomasAkwa" und ließ sich auch unter diesem Namen in das Gefangenen-register eintragen.Da der Angeklagte schon früher bestritten hatte, in Kamerunwegen Betruges bestraft zu sein, hatten die Rechtsanwälter Dr.Holpert und Karl Nichter den Antrag gestellt, die Akten des Kaiser-lichen Bezirksgerichts in Kamerun beizuzichen, da der Angeklagte,wenn er dort nicht wegen Betruges bestraft worden ist, nicht wegenRückfallbetruges, sondern wegen einfachen Betruges hätte angeklagtwerden müssen. Da diese Akten noch nicht eingetroffen waren.wurde die Mehrzahl der Betrugsfälle abgetrennt und nur überdiejenigen Fälle verhandelt, in denen der Angeklagte behauptet,das Opfer einer Personenverwechselung geworden zu sein. Nichter habe diese Schwindeleien vcricbt, sondern ein anderer Neger.Da die Zeugen ihn auch tatsächlich nicht wiedererkannten, kam dasGericht bezüglich dieser Betrugsfälle zu einer Freisprechung. Wegender intellektuellen Urkundenfälschung, begangen durch die falscheNamensnennung für das Gefangencnregijter, beantragte derStaatsanwalt 7 Monate Gtfängnis. Rechtsanwalt Karl Richterwies als strafmildernd darauf hin, daß die Beilegung des falschenNamens lediglich eine Folge der furchtbaren Angst sei. die Muangovor einem Rücktransport nach Kamerun habe. Der Angeklagtehabe ihm erklärt, daß er sich das Leben nehmen würde, wenn erjetzt, nachdem er das europäische Leben kennen> gelernt, in Kamerunden Rest seiner Strafe verbüßen müsse, wo sr eben nur wie einNeger behandelt werde; in den deutschen Gefängnissen gefalle esihm viel besser,— Das Gericht erkannte auf 4 Monate Gefängnisunter Anrechnung von 2 Monaten der erlittenen Untersuchungshaft.Nachklänge zum Kieler Werft-Prozeß.Als ein Nachspiel zu dem großen Kieler Werstprozeß deSJahres 1909 hat das Landgericht Kiel Ende Mai d. I. einBestechungsprozeß beschästigt, der am 28. Mai mit der Ver-urteilung von sieben Angeklagten endete.Es sind damals teils wegen akttver, teils wegen passiver Be-stechung verurteilt worden: Ter Oberaufseher deS GefänanissesGustav Hiestermann zu 3 Jahren Zuchthaus und 5 Jahren Ehren-rechtSverlust, der frühere Gerichtsdiener Johann Rolfs zu 2 JahrenZuchthaus und 5 Jahren Ehrenrechtsverlust, der frühere Hausvater.jetzige Zigarrenhandler Christian Wohlers zu 4 und der ArbeiterClaus Griese zu 3 Monaten Gefängnis; ferner der KaufmannJulius Fronkenthal zu 2 Jahren 6 Monaten Gefängnis und fünfJahren EhrenrechtSvcrlust. sowie dessen Tochter, dce KandödatinDr. med. Käthe Frankenthal und der Diplom-Jn�nieur Walter.Heinrich, zu je 300 M. Geldstrafe. Der achte Angeklagte, RudolfRcugebauer, ein Kaufman aus Hamburg, ist freigesprochen worder».Aus der Vorgeschichte des Prozesses fei folgendes in Erinne-rung gebracht: Der Kaufmann Frankenthal und verschieden« an-dere Personen sahen, während die Voruntersuchung im Werüt-Prozeß schwebte, in Untersuchungshaft. In dieser Zeit hatten siees möglich gemacht, sowohl untereinander als auch mit außen-stehenden Personen in Verbindung zu treten und wichtige Bewchis-stücke aus den Akten verschwinden zu machen, und zwar war ih»nendies gelungen durch Bestechung der Beamten. Gegen das Uifteilhatten von allen Angeklagten nur der Kauftnann Julius Fravflen-thal und dessen Tochter Revision eingelegt, in der sie verschicken cProzeßverstöße rügten und ferner geltend mochten, es hätte dieFrage der Verjährung der Straftaten genauer geprüft Werdenmüssen. Der Reichsanwalt hielt nur die Revision des JuliusFrankenthal für begründet, und zwar auch nur insoweit, fdi imFalle der Bestechung des früheren Gerichtsdieners Rolff;Me bereits eingetretene Verjährung in der Tat nicht berücksichtigtworden ist. Dem Antrag des Reichsanwalts entsprechend, hob dosReichsgericht am Montag das Urteil gegen Julius Frankhnthal indiesem einen Punkte sowie hinsichtlich der Gesamtstrafe ottf, stelltedas Verfahren im Falle Rolfs als unzulässig ein und pemvieS dieSache zwecks Bildung einer neuen Gesamtstrafe an die Bvrinstanzzurück. Im übrigen verwarf es beide Revisionen als unbegründet.Bachhaudinng; VorwärtsI-indensirasse 60Der politische StreikvonIi. Laufenberg.VII und 260 Seiten(Bd. 54 der Int. Bibliothek.)Broschiert 2 M., gebunden 2«50Neutrale und sozialisfischeGenossenschaftsbewepugvonEmil Vandervelde.Autorisierte Uebersetzung v. Hanna Gernsheimer-Hertz.134 Seiten.(Band 55 der Int. Bibliothek.)Broschiert 1 M., gebunden 1,60 M.PUnser Mchrittenvcrreichni« vemenden wirauf Wunsch gratis und franko.j