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Onfere gesamte kapitalistische Presse legte daS Gesicht in ent» setzte Falten und entrüstete sich über die vor keinem Verbrechen zurückschreckende Ruchlosigkeit der begehrlichen Massen. Lange sollte die selbstgerechte Freude nicht vorhalten. Schon am nächsten Tage mutzte Miller auf Grund der von den <l unständigen gesammelten Beweise verhaftet werden. Und siehe dal Bei seiner Vernehmung gestand der Herr Kaminbau-Meister, datz er selbst die Dhnamitbombe mit der angebrannten, aber schon er- loschcnen Zündschnur in den Hausflur der Villa Herrs gelegt und, um seiner niederträchtigen Verdächtigung den Stempel der Wahr- Reit aufzudrücken, sich durch einen Schuß leicht verletzt hat. Wer ihn zu der tückischen Tat anstiftete, gab Miller noch nicht an. Ueber seine Hintermänner kann trotzdem kein Zweifel bestehen. Cui bono?(Wer hat den Nutzen davon?) Die Leser mögen selbst entscheiden. Die Westinghouse Electric Co. beschäftigte in East Pittsburg 13 000 Arbeiter, die sich in den letzten Monaten fast ausnahmslos zu einer als Jndustrial Congenial Union bekannten, mit keinem Gewerkschafts-Verbande in Verbindung stehenden Be- triebs-Vereinigung zusammenschlössen und Anfang Juni die Arbeit einstellten, um die Wieder-Einstellung ihrer gematzregelten Führer zu erzwingen. Trotz aller Lockspitzeleien, trotz des herausfordernden Treibens der Privatpolizisten gelang eS nicht, die Ausständigen zu dem zu veranlassen, was man alsGewalttätigkeit" hättebrandmarken" können. Die Gesellschaft verschrieb sich vom Gouverneur Pennsyl- vanienS eine Schwadron der alsKosaken  " berüchtigten Staats- Konstabler, deren einziger Zweck das Niederwerfen von Streiks durch brutale Gewalt ist. Aber die Feiernden waren zu klug, den Staats-Konstablern auch nur den geringsten Vorwand zu geben. den Ausstand in Blut zu ersticken. Die Westinghouse Electric Co. wußte keinen Ausweg mehr, und nachgeben wollte sie nicht. Da kam dann dasvereitelte Dhnamit-Attentat". Cui bono? fragte schon die altrömische Justiz, wenn es galt, den Verüber eines Vcr- brechenS auszufinden. Wem sollte die Legung der Dhnamitbombe in der Villa HerrS zum Vorteil gereichen? Den Ausständigen sicher- lich nicht: Ihre Sache wäre heillos kompromittiert worden, wenn Miller nicht entlarvt worden wäre. Bekanntlich praktizierte der Schulkommissar Breen vor zwei fahren in Lawrence  (Massachusetts  ) während des dortigen großen extilarbeiter-Streiks. als der Wollentrust(American Woolen Co.) die Ausständigen nicht klein zu kriegen wußte, Dhnamit in die Wohnung eines ahnungslosen Italieners namens Ilrbino. Der Sprengstoff war angeblich zur Zerstörung von Spinnereien und Webereien bestimmt. Auch dieserAnschlag" wurde den feidernden Arbeitern zur Last gelegt, bis Breen verhastet wurde und gestand, den tückischen Streich im Austrage des Wollen-Trust-Präfidenten Wood und anderer Ordnungsstützen verübt zu haben. Vorbei find die Tage, da die Brüder Mc Namara, um dem Tod durch Erhängen zu entgehen, sich angesichts eines auf Meineid und Fälschung aufgebauten Belastungsmaterials in Los Angeles  schuldig bekannten, das Gebäude derLos Angeles TimeS  " in die Luft gesprengt und dadurch den Tod von 21 Personen verursacht zu haben, und zu 15 Jahren bzw. zu lebenslangem Zuchthaus ver- urteilt wurden. Vorbei ist dieschöne" Zeit, da 21 Mitglieder deS Verbandes der Brückenbauer und Eisenkonstruktions-Arbeiter von dem Bundes-Gericht Indianapolis   auf Grund der gleichsalls von der berü chtigten Detektiv-Agentur Burnsgesammelten" Beweise auf lange Zeit dem Zuchthaus überantwortet wurden. Noch bei dem Prozesse gegen die organisierten Brückenbauer und Eisenkonstruktions-Arbeiter konnte der Bundesanwalt von In- dianapoliS eine Woche vor Schluß der Hauptverhandlung einen Extrazug bestellen, der einundzwanzig(die Zahl traf genau zu) Verurteilte von Indianapolis   nach dem Bundeszuchthaus Leaven- Worth zu dringen hatte. Alles war fein eingefädelt, die Ge- schworenenbankzweckmäßig" zusammengestellt, der Richter in- struiert. Aber die Arbeiter haben aus den bitteren Erfahrungen der Vergangenheit eine Lehre gezogen. Zudem sind auch dem Pu- blikum im allgemeinen die Augen aufgegangen, derartig auf- gegangen, datz sogar der gewiß auf der Seite, des Unternehmertums stehende Verband der Polizei-Chefs iPolizei-Ttrektoren und-Prä- sidenten) letzte Woche sein Ehrenmitglied William Burns, den In- Haber der Detektiv-Agentur, welche die Brüder Mc Namara und die übrigenDhnamit-Verschwörer" aus den Reihen des Brücken- bauer- und Eisenkonstruktionsarbeiter-Verbandes ins Zuchthaus  brachte, wegen seines gewissenlosen Vorgehens gerade in diesen Fällen ausschloß. Die größere Wachsamkeit der Gewerkschaften ist in der Haupt- fache auf die aufklärende Tätigkeit der Sozialisten zurückzuführen, welche immer und immer wieder der Sache auf den Grund gingen und der werktätigen Bevölkerung die ausschließliche Gegensätzlich. keit der Interessen der Arbeiter und der Unternehmer, die Er- bitterung des Klassenkampfes und die Unbedenklichkeit der Herren- menschen in der Auswahl der Mittel vor Augen führten. So kam et, daß der Bomben-Schwindel von East Pittsburg nicht gelang. /tos öer Partei. Aus den Organisationen. Die Bezirksorganisation für S ch I e s lv i g- H o l st e i n und daS Fürstentum Lübeck veröffentlicht ihren Jahresbericht. Der Bericht zeugt von einer außerordentlich regen Agitations- Organisationsarbeit. Die Zahl der sozialdemokratischen Vereine und Bezirke stieg von 121 auf 131, die Zahl der Mitglieder von 50 443 auf SS 037 also 4 589 und zwar ist die Zahl der männlichen Mit- glieder um 2401, die der weiblichen um 2128 gestiegen. Die Zahl der weiblichen Mitglieder beträgt jetzt insgesamt 11044. Die Ver- sammlungslätigkeit im Bezirke war außerordentlich lebhaft, fanden doch 434 öffentliche Versammlungen, 1338 Mitglieder- Versammlungen, 102 öffentliche Frauenversammlungen und 167 besondere der Zusammenkünfte der weiblichen Mitglieder statt. Die VersammlungStängkeit würde noch viel reichhaltiger sein, wenn nicht auch in Schleswig-Holstein   mit seinem angeblich freien Bürger« und Bauerntum die Gepflogenheit, den Sozialdemokraten die Säle abzutreiben, blühte, wie nur irgendwie im Preußenland. Der Bezirk umfaßt 2434 Dörfer und 192 Gutsbczirke, trotzdem stehen der sozialdemokratischen Partei nur im ganzen Bezirk in den länd- lichen Orten 67 Säle, 108 sonstige Räume(Dielen usw.) und 17 freie Plätze zu Versammlungen zur Verfügung. Auch die schriftliche Agitation war außerordentlich lebhaft. wurden doch 1816 650 Flugblätter. 33285 Broschüren. 55150 sonstige Agitationsschriften verbreitet. Daneben wurde noch die Agitations- schrift fürs Land, die.Schlcswig-Holsteinfche Landpost", in 519 150 Exemplaren und ihre dänische AusgabeDel radc Postbud" in 24 770 Exemplaren verteilt. Die.SchleSwig-Holsteinsche Landpost", die eine Bezieherzahl von rund 26 000 hat zweimal im Jahre wird sie außerdem in 120 000 bis 130 000 Exemplaren allgemein auf dem Lande verbreitet, hat tüchtige Aufklärungsarbeit auf dem Lande getan. Auch der Landarbeiterverband hat trotz aller ihm ent- gegengestellten Schwierigkeiten gute Fortschritte gemacht. Die Zahl feiner Ortsgruppen stieg von 60 auf 65, die Mitgliederzahl von 2274 auf 2836. Während die Organisationszahlen außerordentlich günstig sind, hat leider die Presse einen Rückschritt zu verzeichnen. Da der Hauptverlust auf die Werftorte entfällt, ist eine der Ursachen des Verlustes mit zweifellos der verunglückte Werstarbeiterstreik. Manche Werftarbeiter haben ihren Unmut an der Presse ausgelassen. Der bevorstehende Bezirksparteitag wird dem Punkte Presse eine besondere Aufmerksamkeit widmen müssen. Die Kommunalwahlen brachten der Partei einen Gewinn von 10 Stadtverordneten  - und 17 Gemeindevertretermandaten. Insgesamt zählt die Partei jetzt 33 sozialdemokratische Stadtverordnete und 232 sozialdemokratische Gemeindevertreter. Die Jahresabrechnung des Bezirksvorstandes schließt mit 65 213,63 M. ab. Von dem Parteivorstand in Berlin  war einschließlich des Zuschusses zur Landtagswahl ein Zuschuß von 9000 M. erforderlich, dagegen lieferten die Kreise an den Partei- vorstand ab 40 434,44 M. Der Kassenbestand des Maifonds war am 31. März 1914 48 675,20 M. Die Bildungsarbeit wird durch den Bezirksbildungsausschuß, 4 KreisbildungSauSschüfle und 32 Ortsbildungsausschüsse betrieben. Jugendausschüsse sind 19 vorhanden, denen 1806 Jugendliche angeschlossen sind. Der Bezirks- Parteitag wird am 2. und 3. August in Eckernsörde stattfinden. Er wird sich besonders eingehend mit der Frage des schleswig- holsteinischen Kommunalwahlrechts befassen, die wegen der Petitionen auf Einführung des Dreillafsenwahlrechts in Schleswig-Holstein  wieder brennend geworden ist. GerichtsZeitung. Ein schwarzer Gentleman. Ein recht vielseitiger schwarzer Landsmann, der Duala» neger Nelson Esaka Muango, mutzto gestern vor der 4. Ferien- strafkammer des Landgerichts I   erscheinen, die unter Vorsitz des Landgerichtsdirektors Scheifers eine Anklage wegen Be- truges im straffchärfenden Rückfalle» intellektueller Urkunden- fälschung und Beilegung eines falschen Namens gegen ihn zu verhandeln hatte. Der seit längerer Zeit in Untersuchungshaft befindliche Angeklagte machte vor Gericht in seinem modernen Anzug ganz den Eindruck des schwarzen Gentlemans, es fehlte nur noch der Schillerkragen, der zu seinem kohlrabenschwarzen Gesicht besonders gut kontrastiert hätte. Nelson Esaka Niuango hatte in seinem Heimatort Duala in Kamerun   eine gute Schulbildung genoffen, die ihn sogar dazu be- sähigte, kaiserlich, deutscher Retchspostaehilfe in Duala zu werden. Als solcher hatte er Gelder einzuziehen und abzuliefern. Lange Zeit versah er diese Tätigkeit zur vollsten Zufriedenheit, bis es eines Tages zum Klappen kam. weil er, nach europäischem Vor- Mafik. Die Volkskonzerte des Philharmonischen Orchesters üben andauernd eine starke Zugkraft auf das Berliner  Arbeiterpublikum aus. Selbst am Montag uns grade in jenen Abendstunden, da coulourstudenttsche Saufbrüder Arm in Arm mit dem allteutschen Mob fich vor lauter Kriegsbegeisterung wie Amok- käufer gebärdeten, fanden wir den großen Saal der Neuen Welt fast lückenlos besetzt. An diesem Beispiel offenbarte fich wieder ein- mal hinlänglich, wie tief das Volk seine Aufgabe als Hort und Träger der Kultur inmitten de? Aufruhrs wildester Leidenschaften erfaßt hat. Die« sein inniges Versenktsem in den Schönheitszauber wahrhaftiger Kunstwerke ist es nicht auch eine, obwohl stille, Demonstration für den Weltfrieden? Aus den zum Vortrag ge- brachten Mufikschöpfungen von Meistern verschiedener Nationalitäten konnte fich jeder nehmen, was ihm gut dünkte. Die Programme find ja zwar stet« ein wenig bunt gewürfelt, weniger unfern kunst- erzieherischen, als allgemeinen UnterhaltungSzwecken angepaßt, dennoch find fie meist aus erstklassigen, mindestens gehaltvollen und interessanten Stücken zusammengesetzt und werden den Hörer in schönster orchestraler Ausführung dargeboten. Zwei außerdeutsche Tonsetzer wären diesmal extra hervorzuheben. Es find das Friedrich Smetana   und Anton Dvorak  (sprich: Dworschak). In beiden ver- ehren die Böhmen   mit Recht ihre größten Meister. SmetanaS große symphonische DichtungMein Vaterland  ", auS der dieMoldau" wiedergegeben wurde, bewegt sich in den Bahnen LiSz'scher Pro- grammmusik. Eigenartiger aber als Smetana   hat vor ihm keiner. und neben ihm Wohl am echtesten Dvorak, der vom Metzgerhandwerk zur Mufik kam, widergespiegelt. Wunderbare Naturkraft und Poesie war in beiden. vir. Humor und Satire« Rentier Pannemann an seinen Sohn. Mein Sohn, ich rate Dir beizeiten: Sei klug und last' die andern streiten. Du kannst im Kriege von den Serben Kur Wanzen, Flöh' und Läuse erben. Ich will es Dir ganz offen sagen: Du kannst Strapazen nicht vertragen, Auch nicht den Anblick toter Leichen. Drum pfeifl auf Ruhm und Ehrenzeichen. Laß Bruder mem'geS mit den Serben Mein'thalben alle? hau'n in Scherben; Denn wenn auch grimmig die Gebärden, Glaub' mir. es wird so schlimm nicht werden. Sie werden nicht viel Blut vergießen, Doch Ströme Tinte werden fließen. Statt daß in Serbien   Flinten knattern, Läßt August Extrablätter flattern. Denn Moffe, Ullstein. Scherl woll'n leben, Geschäft muß sein I Da« ist's ja eben. Mein Sohn, Du sollst durch wilde Serben Als KriegSfreiwill'ger niemals sterben» Auch niemals mit den Serbenmädeln Die wilde Rasse dort veredeln. Bewahre Deine teutsche Kraft Der teutschen Frau der Kaufmannschaft. Ich gebe Dir noch dies bekannt. Das Geld, das auf der Sparkasi' stand, Hab' ich ganz schleunigst abgehoben. Der Sohn wird seinen Vater loben! Sie machten ja ein dumm' Gesicht, Doch Pannemann geniert das nicht. Run, lieber Sohn, ich bitte Dich, Laß Deine Finna nicht im Stich. Sie gab Dir erst acht Tage Ferien. Laß nicht vom ttriegsrausch Dich betörten, Bleib' fern den Russen, fern den Serben, Last' andere das Fell fich gerben. Die Zeit vergebt, die Wut, fie legt sich, Du weißt: Pack schlägt fich, Pack verträgt sich. Bleib' fern dem int'reffanten Ländchen Treu Deinem Fach, dem HeringSbändigen. Bleib', was Du bist. Deulfchnationaler HandlungskommiS für dreißig Talerl Notizen. Die Lausbuben, die am Sonntag Unter den Linden  für den Kriegdemonstrierten", werden der Nachwelt überliefert werden. Ein Blättchen ist unvorsichtig genug, sie im Bilde wieder- zugeben. Die Wochenschriften werden folgen. Man sieht aus- schließlich Jüngelchen von 9 bis 17 Jahren, natürlich nur gutgekleidete Muttersöhnchen, aber mit Ouadratschnauzen im Format von 20 zu 10 Zentimeter. Zur Psychologie deS KinoS. Wie derTürmer" mitteilt, wurde bei einer Untersuchung in New Jork über die Frage, wie die Arbeiter ihre freie Zeit verbringen, festgestellt, daß der Theaterbesuch in dem Maße zunimmt, wie die Zahl der Arbeits- stunden abnimmt, während mit der Vermehrung der Arbeitsstunden der Besuch der Kinos zunimmt... Die Sonnenfinsternis rn Rußland  . Da die am 21. August d. I. eintretende Sonnenfinsternis am besten in Rußland   zu beobachten fein wird, treffen dort viele wissenschaftliche Expeditionen aus anderen Ländern ein. Der größte Teil der Expedittonen begibt fich nach Feodossia   auf der Krim  , da dort voraussichtlich am 21. August ein klarer Himmel sein wird. Das Observatorium der Universität von Odessa   hatte sich aus Deutschland   mehrere Apparate zur Beobachtung der Sonnen- finsternis kommen lassen. Diese Apparate sind aber sofort nach ihrem Eintreffen gestohlen worden. Wahrscheinlich dachten die Diebe, in einem Lande der vollkommenen Finsternis sei die Be- odachtung von speziellen Finsternisse« wirklich überflüssig. bild, um dem Spielteufel huldigen zu können, amtliche Gelder unterschlagen hatte. Er sollte Geld, im ganzen 250 M., an die Abkraleute, einen Negerstamm in Kamerun  , auszahlen: Er fälschte die Unterschriften des Negerhäuptlings und behielt daS Geld für sich. Wegen Betruges und Urkundenfälschung, ferner wegen des Diebstahls an einem Pakete wurde Muango in Kamerun   zu zwei Jahren Gefängnis mit Zwangsarbeit und 5 Jahren Kettenhaft verurteilt. Im Gefängnis war er an Händen und Füßen gefesselt. Muango gelang die Flucht. Ueber Amsterdam  . Antwerpen   kam er nach Berlin  . Hier hatte er das Pech, auf der Straße von dem Postpraktikanten Weigele, der in Duala tätig gewesen war, wieder- erkannt zu werden. Muango wurde verhaftet und nach Kamerun  zurücktransportiert, nachdem er hier wegen Beilegung eines falschen Namens eine dreitägige Gefängnisstrafe verbüßt hatte. Wenige Monate später war Muango zum zweiten Male aus Kamerun   ver- schwnnden. Unter dem NamenDavid Wilson" aus Washington verübte er hier verschiedene Logisschwindeleien und wurde vom Schöffengericht Lharlottenburg zu 4 Monaten Gefängnis ver- urteilt. Wieder freigelassen, verübte er die jetzt zur Anklage stehenden Schwindeleien. Als angeblicher Sprachlehrer Jsa Akwalerra aus Amerika   mietete er ein möbliertes Zimmer, um nach wenigen Tagen unter Hinterlassung der Mietsschuld zu verschwinden. In einem anderen Falle gab er sich alsGymnasiast Konak Kulle, Sohn des Bürgermeisters und Gerichtspräsidenten in Moari in Westindien  " aus. Schließlich avancierte der phantafievolls schwarze Jütigling auch noch zumstuck, med. Isaak Noll» Mendelssohn   aus Heidelberg  , gebürtig in Marokko  ". Als er eines Tages von einer geschädigten Zimmcrvcrmieterin im Tiergarten wiedererkannt und von einem Schutzann festgenommen wurde, nannte et sichThomas Akwa" und ließ sich auch unter diesem Namen in das Gefangenen- register eintragen. Da der Angeklagte schon früher bestritten hatte, in Kamerun  wegen Betruges bestraft zu sein, hatten die Rechtsanwälter Dr. Holpert und Karl Nichter den Antrag gestellt, die Akten des Kaiser- lichen Bezirksgerichts in Kamerun   beizuzichen, da der Angeklagte, wenn er dort nicht wegen Betruges bestraft worden ist, nicht wegen Rückfallbetruges, sondern wegen einfachen Betruges hätte angeklagt werden müssen. Da diese Akten noch nicht eingetroffen waren. wurde die Mehrzahl der Betrugsfälle abgetrennt und nur über diejenigen Fälle verhandelt, in denen der Angeklagte behauptet, das Opfer einer Personenverwechselung geworden zu sein. Nicht er habe diese Schwindeleien vcricbt, sondern ein anderer Neger. Da die Zeugen ihn auch tatsächlich nicht wiedererkannten, kam das Gericht bezüglich dieser Betrugsfälle zu einer Freisprechung. Wegen der intellektuellen Urkundenfälschung, begangen durch die falsche Namensnennung für das Gefangencnregijter, beantragte der Staatsanwalt 7 Monate Gtfängnis. Rechtsanwalt Karl Richter wies als strafmildernd darauf hin, daß die Beilegung des falschen Namens lediglich eine Folge der furchtbaren Angst sei. die Muango vor einem Rücktransport nach Kamerun   habe. Der Angeklagte habe ihm erklärt, daß er sich das Leben nehmen würde, wenn er jetzt, nachdem er das europäische Leben kennen> gelernt, in Kamerun  den Rest seiner Strafe verbüßen müsse, wo sr eben nur wie ein Neger behandelt werde; in den deutschen   Gefängnissen gefalle es ihm viel besser, Das Gericht erkannte auf 4 Monate Gefängnis unter Anrechnung von 2 Monaten der erlittenen Untersuchungshaft. Nachklänge zum Kieler   Werft-Prozeß. Als ein Nachspiel zu dem großen Kieler   Werstprozeß deS Jahres 1909 hat das Landgericht Kiel   Ende Mai d. I. ein Bestechungsprozeß beschästigt, der am 28. Mai mit der Ver- urteilung von sieben Angeklagten endete. Es sind damals teils wegen akttver, teils wegen passiver Be- stechung verurteilt worden: Ter Oberaufseher deS Gefänanisses Gustav Hiestermann zu 3 Jahren Zuchthaus und 5 Jahren Ehren- rechtSverlust, der frühere Gerichtsdiener Johann Rolfs zu 2 Jahren Zuchthaus und 5 Jahren Ehrenrechtsverlust, der frühere Hausvater. jetzige Zigarrenhandler Christian Wohlers zu 4 und der Arbeiter Claus Griese zu 3 Monaten Gefängnis; ferner der Kaufmann Julius Fronkenthal zu 2 Jahren 6 Monaten Gefängnis und fünf Jahren EhrenrechtSvcrlust. sowie dessen Tochter, dce Kandödatin Dr. med. Käthe Frankenthal und der Diplom-Jn�nieur Walter. Heinrich, zu je 300 M. Geldstrafe. Der achte Angeklagte, Rudolf Rcugebauer, ein Kaufman aus Hamburg  , ist freigesprochen worder». Aus der Vorgeschichte des Prozesses fei folgendes in Erinne- rung gebracht: Der Kaufmann Frankenthal und verschieden« an- dere Personen sahen, während die Voruntersuchung im Werüt- Prozeß schwebte, in Untersuchungshaft. In dieser Zeit hatten sie es möglich gemacht, sowohl untereinander als auch mit außen- stehenden Personen in Verbindung zu treten und wichtige Bewchis- stücke aus den Akten verschwinden zu machen, und zwar war ih»nen dies gelungen durch Bestechung der Beamten. Gegen das Uifteil hatten von allen Angeklagten nur der Kauftnann Julius Fravflen- thal und dessen Tochter Revision eingelegt, in der sie verschicken c Prozeßverstöße rügten und ferner geltend mochten, es hätte die Frage der Verjährung der Straftaten genauer geprüft Werden müssen. Der Reichsanwalt hielt nur die Revision des Julius Frankenthal für begründet, und zwar auch nur insoweit, fdi   im Falle der Bestechung des früheren Gerichtsdieners Rolff;Me be­reits eingetretene Verjährung in der Tat nicht berücksichtigt worden ist. Dem Antrag des Reichsanwalts entsprechend, hob dos Reichsgericht am Montag das Urteil gegen Julius Frankhnthal in diesem einen Punkte sowie hinsichtlich der Gesamtstrafe ottf, stellte das Verfahren im Falle Rolfs als unzulässig ein und pemvieS die Sache zwecks Bildung einer neuen Gesamtstrafe an die Bvrinstanz zurück. Im übrigen verwarf es beide Revisionen als unbegründet. Bachhaudinng; Vorwärts I-indensirasse 60 Der politische Streik von Ii. Laufenberg. VII und 260 Seiten(Bd. 54 der Int. Bibliothek.) Broschiert 2 M., gebunden 2«50 Neutrale und sozialisfische Genossenschaftsbewepug von Emil Vandervelde. Autorisierte Uebersetzung v. Hanna Gernsheimer-Hertz. 134 Seiten.(Band 55 der Int. Bibliothek.) Broschiert 1 M., gebunden 1,60 M. P Unser Mchrittenvcrreichni« vemenden wir auf Wunsch gratis und franko. j