Verließen die WeHrmänner auch nicht gern da? Feld ihrergewohnten wirtschaftlichen Betätigung, zogen sie auch nicht mitlärmender Begeisterung ins Feld, so prägt sich auf ihren>Ke-sichtern doch die ernste Entschlossenheit aus, der eisernen Not-wendigkeit gehorchend dem Vatcrlande, der freien Schweiz dietreue Greuzwacht zu stellen.Das eine steht fest: keine der europäischen Militärmächte hatvermocht, so schnell sein Heer zu mobilisieren, wie die Schweiz ihreMiliz. Obwohl für diese der 3. August der erste Mobilnrachungs-tag war, steht sie jetzt bereits etwa zwei Wochen kriegsfertig involler Stärke an der Grenze. Und da jeder Wehrpflichtige vomtll. bis zum 48. Lebensjahre aufgeboten ist, stehen im VerhältnisZur Einwohnerzahl mehr Mannschaften unter der Waffe, als zur-Mit in Teutschland.Und was ist das Geheimnis dieser Schnelligkeit in der Mobili-sierung der Miliz? Jeder Mann hat seine Waffen unddie volle Ausrüstung zu Hause. Wird er aufgerufen,erscheint er bereits feldmarschmäßig am Sammlungsort. Da erweist einem Truppenkörper in der Nähe seines Wohnortes zuge-teilt ist, kann er schnellstens einrücken. Das bei den stehendenHeeren notwendige lange Reisen der Reservisten nach ihren Regt-meutern fällt fort, ebenso die zeitraubende Einkleidung und Be-waffnung, wa� für alle Jahrgänge mit Landwehr und Landsturmdoch einige Wochen in Anspruch nimmt.� Freilich, ein solches Milizheer ist nur in einem demokratischenStaatswesen möglich, wo zwischen der Regierung und der Mehr-heit des Volkes ein Vertrauensverhältnis besteht. Es dient auchnur der Landesverteidigung und würde in einem Eroberungskriege� Wohl versagen.� Aber die Mobilisation der Schweiz ist nur erfolgt, um ihre«reiheit und Unabhängigkeit zu schützen; das ist der Endzweck, derihr durch die Bundesregierung gesetzt ist. Das kam auch bei derVereidigung des militärischen Befehlshabers im BundeZparla-ment in feierlicher Form zum Ausdruck.Die Wahl des Generals, dem der Oberbefehl über dieTruppen übertragen wird, ist auch eine Eigenart der SchweizerMilizarmee, über deren militärischen Wert man ja einige Zweifelhegen kann. Das Militärwesen der Schweiz untersteht nämlich'm Frieden dem Generalstabschef. Sobald jedoch die Armee inhen Kriegszustand versetzt wird, wählt das Bundesparlament sofortden General, der mit den weitgehendsten Vollmachten ausgestattetwird und die militärischen Operationen leitet. Mit 122 Stimmenwurde der Oberstkorpskommandant Wille am zweiten Mobil-machungstage vom Parlament zum General gewählt, der General-stabschef v. Sprecher erhielt nur 63 Stimmen. Obwohl diepolitischen Ansichten Willes von der Mehrheit des Schweizer Volkeswohl kaum geteilt werden, wurde seine Wähl doch allgemein mitGenugtuung begrüßt, da er als tüchtiger Militär gilt.Ter ganze Unterschied der Schweizer Heeresverfassung von derdeutschen kommt auch in dieser Wahl deZ Oberbefehlshabers durchdas Parlament zum Ausdruck, und noch mehr durch den Eid, denocr Gewählte vor der Volksvertretung zu leisten hat. Die Schwur-formel lautet:»Der Obergeneral der eidgenössischen Truppe schwört, derEidgenossenschaft Treue zu bewahren, die Ehre, Unabhängigkeitund Neutralität des Vaterlandes nach besten Kräften mit Leibund Leben zu beschützen und zu verteidigen und sich genau andie Weisungen des Bundesrates über den durch das Truppen-Aufgebot zu erreichenden Endzweck zu halten.Der Oberbefehlshaber der Armee ist sonach der Beauftragtedes Volkes, von der Volksvertretung gewählt, ist er dieser auchverantwortlich. Ob die Schweizer Milizarmee ihre Feuerprobe�rd bestehen müssen, das wird die Geschichte lehren, deren eiserneWürfel jetzt unaufhaltsam rollen. Wird sie ihr aufgedrungen,dann wird sie sie bestehen, deß bin ich gewiß.politische Ueberflcht.Geschäftstüchtige Patrioten.r, Kaum hieß es: die Mobilmachung ist angeordnet, souhen gewisse Patrioten schon das Stündlein dafür gekom-J*1'. sich durch eine rohe Preiswucherpolitik auf Kosten derugenieinheit die Tasche zu füllen. Lebensmittelgeschäfteerdoppelten die alten Preise, ein Berliner Hutgcschäft teilte"neu Kunden mit, es sehe sich veranlaßt, die außergewöhn-gB>e Konjunktur für Trauerhüte auszunutzen, um auf diesezehn Prozent Ausschlag zu legen usw. Wohl das Aergste- r ist ein Rundschreiben, das nach einer Zusendung an die„Deutsche Tageszeitung" der„V erein der Verband-'st o f f- F a b r i k a u t e n Deutschlands, E. V." am1. August seinen Abnehmern zusandte. Er kündigte darinan,' daß seine Mitglieder fortan einen„Mobil-m a chungsaufschlag von 30 Prozent" erhebenwürden,—„einstweilen", wie man für die Dummen hinzu-fügte, um aber im gleichen Atemzuge auch noch weiterePreiserhöhungen in Aussicht zu stellen. Außer-dem verlangte das Rundschreiben fortan vorherigeBarbezahlung aller Bestellungen, wenn sie nicht uner-ledigt bleiben sollten.Bei den Verbandstoffen handelt es sich um Waren, dieim Kriege unentbehrlich sind, von deren Vorratund schneller Liefening das Leben Hunderttau sen-d e r a b h ä n g t. Es zeugt von einer ganz ungewöhnlichenMenschenfreundlichkeit, unter diesen Umständen darauf einenPreisaufschlag von 30 Prozent zu legen.Die Erhöhung der Preise kann mit nichts an de-rem begründet werden— und das Rundschreibenversucht auch gar keine andere Beqriindung— als mit dergrinsenden Profitwut der Fabrikanten. Da die Preis-erhöhung schon vom 1. August an in Kraft treten sollte, kannauch kein Hinweis auf verteuerte Rohstoffe und Produktions-kosten als Entschuldigung dienen.Die Verteuerung ist um so schlimmer, als ja der Massen-konsum von Verbandstoffen während des Krieges den Fa-brikanten sowieso eine gewaltige Steigerung ihrer Ge-Winne versprach. Trotzdem noch der Aufschlag um fast einDrittel der üblichen Preise und die übrigen, den Profit stei-gernden Bedingungen beim Verkauf!Wirklich— es gibt noch Patrioten!Ei«„deutscher" Herzog.Herzog Michael von Mecklenburg-Strelitz,ein Vetter des regierenden Großherzogs, hat, wie bürgerlicheBlätter mitteilen, den Zaren gebeten, die russische Nattonali-tat annehmen zu dürfen, um in der feindlichen Armee gegendas Land seiner Ahnen kämpfen zu können.Konfiskation der»Teutschen Tageszeitung".Das erste Blatt, das in Berlin unter dem Belagerungs-zustand beschlagnahmt und durch Schutzleute aus allen öffentlichen Lokalen entfernt worden ist,»st die„DeutscheTageszeitung". Der Grund ist wohl die Veröffentlichungeines Artikels, der nach der Auffassung der zuständigenStellen offenbar geeignet ist, in empfindlicher Weise die Kreiseder deutschen Polittk zu stören.Mehlwucher der Mühlen.Verschiedene, von sachkundiger Seite stammende Zuschriftenan unser Frankfurter Parteiblatt erheben die schwersten Vorwürfegegen die Mühlen, daß sie g e s ch l o s s e n und s h st e m a t i s chdie Kriegszeit benutzt haben, um die Mehlpreise ohneGrund hinaufzutreiben und sich so gewaltige Profitezu sichern. Es steht ja außer Zweifel, daß unmittelbar nach derMobilmachung die Preise für Mehl ungeheuerlich in die Höhegingen; und wenn hier und da dem durch Festsetzung von Höchst-preisen entgegengetreten wurde, so standen auch diese amtlichenFestsetzungen wenigstens zunäckn't auf einer ganz unvernünftigenHöhe. Wie die Sache von den Mühlen gemacht wurde, schildert einFachmann in der Frankfurter„Volksstimme" folgendermaßen:„Als sich Ende Juli die Lage kritisch gestaltete, toaren dieMühlen, die großen wie auch die kleinen, bei drt: Hand, d i eAblieferung dcS ver7auften MehlrS zu er-schweren und unter allen möglichen Vorwänden zu vereiteln,manche hielten ihre Lager überhaupt geschlossen, bis die erlvarteteStunde der Mo bilmachung schlug, die es ihnen gestattete,von den Verkäufen zurückzutreten, um nun frisch.weg Preise zu diktieren, die durch nichts weiter bedingtwaren, als durch die Rücksicht auf die Füllung deseigenen Geldbcute's.Zu einer wesentlichen Erhöhung des Mehlpreises liegt biszur Stunde noch durchaus kein Grund vor. Es verdient fest-genagelt zu werden, daß das sämtliche in Frankfurt vorhandeneMehl aus billigem Weizen h e r g e st e l l t ist. Ich habemich persönlich überzeugt, daß noch jetzt von diesem billigen MehlTaufende von Sack sich auf den Mühlenlagern der Spedi-teure befinden. An diesem Mebl verdienen die Mühlen Nn-summen. Man bedenke nur, bei 30 bis'31 M. hatten sie ihrenregulären Verdienst, jetzt nehmen sie 42 M.; das ist ein Mehrvon 11 bis 12 M. pro Sack. Der Extraverdienst dieser weißenRitter geht daher in die Millionen. Und wie die Großen,so auch die Kleinen, mit wenig Ausnahmen. Sie beteiligten sichebenfalls an dem Tanz ums goldene Kalb.„Die Großen tuns,�esenheere dem Norden und alle anderen Plätze wurden alsleferungspunkte damit ausgeschaltet. Charbin bereitete sich aufnie Belagerung vor, Riesenreserven wurden aufgestapelt.....®ech8aeljn Mühlen i m Bauwerte von vierzigMillionen wurden in wenigen Monaten inso et xjxb gesetzt— da das Pud Getreide in den teuersten•Seiten nur 80 Kopeken kostete, das Mehl jedoch pro Pud bis4 Rubel 20 Kopeken stieg, so arbeiteten die Mühlen mit'"lossalem Gewinn., Das bekannte Zitat des Ouarterly Reviewcr, das Marx in�'"em Hauptwerk anführt, sagt, daß das Kapital Tumult und' keit fliehe und ängstlicher Natur sei. Aber„mit entsprechendemrofit wird das Kapital kühn. Zehn Prozxnt sicher, und man kann5 uberall anwenden; zwanzig Prozent, es wird lebhaft; für hundertcoi<!nt stampft eS alle nienschlichen Gesetze unter seinen Fuß; drei-Ändert Prozent, und es existiert kein Verbrechen, das es nichtstiert, selbst auf die Gefahr des Galgens. Wenn Tumult undjfiteit Profit bringen, wird eS sie beide excouragieren". WaSSunder, daß das Kapital den heftigsten Tumult, den blutigsten-lreit, den Krieg, lebhaft„excouragiert"!das älteste Untenvasterboot.Deutschlands flinke Unterseeboote haben den blutigen Tanz inNordsee begonnen. Was sie erstreben, versuchte bereits vorfahren mit noch völlig unzureichenden Mitteln ein Unterwasser-� der nordamerikanischen Südstaaten.„David" hatte man das'2 in Mobile erbaute Boot getaust, wahrscheinlich, weil manfte. es würde die„Goliaths" der nordstaatlichen Blockadeflotteuichten. Und nach mancherlei mißglückten Fahrten, die das>cn vieler Tapferer kosteten, hat diese? älteste bekannte Unter-°oot in der Tat einen der feindlichen Riesen vernichten können.� kleine Schiff hatte Zigarrenform, war 11 Meter lang und ausgebaut; eS besaß einen Äommandoturm mit Einsteigeöffnung� eme nur durch Handkraft zu bewegende Propellermaschine, zu� Bedienung 4 bis S Mann erforderlich waren, und die demM«! Cine?°hrtgeschwindigkeit von 3 bis 4 Meilen geben konnte.■ �affe diente ein an einer sechs Meter langen Stange be-Lies Torpedo, bat, unter Wasser unter den Schiff-rumpf dezGegners geschoben und durch einen elektrischen Strom zur Explo-sion gebracht werden sollte. Das Untersinken und Auffteigen ge-schah durch Einlassen und Auspumpen von Wasserballast. DaSauerstoffapparate zum künstlichen Erzeugen von Luft damals nochunbekannt waren, konnte das Boot natürlich nur kurze Zeit unterWasser bleiben, solange eben der Vorrat an eingeschlossener Luftreichte. Doch schon bei der ersten Tauchprobe vermochte das Bootnicht wieder an die Oberfläche zu kommen und seine aus 11 Mannbestehende Besatzung erstickte auf dem Meeresgrund. ES wurdegehoben und Leutnant Peyne— sein Name verdient genannt zuwerden— übernahm das Kommando und beschloß, die den Hafenvon Charleston bewachenden Schiffe der Gegner anzugreifen. Aberbei einer Versuchsfahrt drang infolge der von einem vorüberfahren-den Dampfer erzeugten Wellenbewegung soviel Waffer in den„David", daß er abermals sank; von der Besatzung rettete sich nurder Koulmandant. Wieder wurde das Schiff gehoben und LeutnantPeyne übernahm abermals das Kommando. Diesmal kenterte LasBoot kurz vor einem Angriffe auf die feindliche Flotte; Peyne undzwei Mann vermochten sich zu retten, acht ertranken. Doch der.Wassersarg", wie das Unglücksboot jetzt genannt wurde, wardabermals gehoben und von neuem fanden sich Freiwillige, die mitdem bisherigen Kommandanten und den Konstrukteuren Probe-fahrten unternahmen. Eine Weile ging alles gut, bis der„David"eines Tages nicht zurückkehrte. Nach längerem Suchen fand manihn im nahen Stone River mit dem Vorderteil in einer Schlamm-bank steckend. Die Bemannung war tot. Zum fünftenmal wurdeder„Wassersarg" bemannt und... blieb wiederum auf demHafengrund liegen, als er unter dem Kiel eines Schoners hinweg-fahren wollte. Einige Monate vergingen, da zog der„David", um-gebaut und zum sechsten Male neubemannt, zur letzten Heldenfahrthinaus. Am 17. Februar 1864, an einem windstillen Abend,steuerte das Boot durch die Hafenausfahrt und kam unbemerktdurch die erste Linie der feindlichen Schiffe, tauchte nur 200 Schrittvor dem Flaggschiff„Housatonic" tiefer unter und brachte seinTorpedo zur Entzündung. Eine gewaltige Explosion folgte und der„Housatonic" sank. Während der ausgebrochenen Panik hätte dasUnterseeboot unbehelligt entkommen können, wenn eS bei der Ex-plosion nicht selbst in Mitleidenschaft gezogen worden wäre. Dennals man nach Beendigung des Krieges die vor dem Hafen vonCharleston liegenden Wracks beseitigte, fand man auf dem Meeres-grund, kaum 100 Schritt von seinem Opfer enffernt, den„David"mit feine? toten.Heldemnannjchaft.sollten wir da nicht dasselhe tust?" Kurde mtr erKtdert. Wirk-lich, es ist nichts beschämender in dieser ernstenZeit, als diese offene Beutegier de? gesamtenMühlengewerbes."Diese Zuschrift hat dann ihre ausdrückliche Bestätigung gc-funden in Mitteilungen eines anderen Fachmannes, der seitmehreren Jahrzehnten eine der größten Mühlen-Attien-Gescll-schaften vertreten hat. U. a. heißt es in seinem Schreiben an dieRedaktion:„Es steht fest, und alle Einwände der Mühlen können nichtdarüber hinwegtäuschen, daß systematisch schon zirka14 Tage vor Ausbruch des Krieges die Mühlenunter allen möglichen und unmöglichen Manipulationen die aufGrund ihrer damaligen Mehl- und Getreidevorräte ge-tätigten Abschlüsse dem Handel und Konsum v o r e n t«hielten, um den Preis des Mehles im Augenblicke derMobilmachung in der unverantwortlichsten Weise umzirka 12 00 M. pro Waggon in die Höhe zu setzenund um sich dadurch Millionen zum Nachteile des deutschenVolkes in die Tasche zu schaffen. Es war das für die Herrenum so leichter, als sie durch ihre bestehende Syndikats-Verbindung geschlossen vorgehen konnten."Es ist eine eigene Art von Patriotismus, die sich in diesemVerhalten der Mühlenbesitzcr offenbart. Es wird wohl zutreffendsein, daß auch vielfach die kleinen Händler die„günstige"Situation ausnutzen zu können meinten, indem sie mit ihrenPreisen unverschämt in die Höhe gingen. Aber bei dem Grollgegen die kleinen Geschäftsleute und die Bäcker soll man nichtdie großen kapitalistischen Unternehmungenübersehen, die hinter ihnen stehen und ihnen mit gutem—oder richtiger: schlechtem— Beispiel vorangehen. Deutlich ergibtsich aus dem Verhalten der Mühlen die Pflicht, bei der P r e i S-festfetzung auch die Produzenten neben den Zwischen-Händlern zu berücksichtigen, damit sie nicht auf Kasten der Kleinenund der Konsumenten Wucher treiben können.die Mbeiter unö öer Weltkrieg.AuS einer Rede, die unser dänischer Parteigenosse, der Ahge-ordnte Bouglyerg, am MobilmachungStage in einer BolkSver-sammlung in.Kopenhagen gehalten hat, entnehmen wir— nachdem schwedischen„Socialdemokraten"— die folgenden Stellen:„Niemand kann der internationalen Sozialdemokratie die Schuldandichten, daß sie nicht das äußerste getgn hat zur Vermeidungdiese» Krieges, der die Bankerotterklärung des Kapitalismusist, und die Bestätigung der sozialdemokratischen Kritik an der be-stehenden Gesellschaft und die Erfüllung unserer Voraussagungenüber ihre Konseguenzen.Es war ein Unglück, daß der Krieg durch einen Revolverschußgerade in Bosnien eingeleitet wurde, denn da kam der Krieg ausdem gefährlichsten Winkel, wo dieSozialdemokratie nurgeringen Einfluß besitzt. In den anderen Teilen Oester-reich-Ungarnö besitzt die Sozialdemokratie gute Organisationen undeine entwickelte Presse, in diesem Winkel aber nicht. So konntesie am eigentlichen Ausgangspunkt der Gefahr nicht eingreifen.Die Sozialdemokratie hat schon oft ihren Einfluß zur Vcr-Hinderung der Kriege bewiesen, man denke nur an den F a s ch o d a-konflikt zwischen England und Frankreich. Während de?A g a d i r- Konfliktes zwischen Frankreich und Deutschland konnteder holländische Genosse Troelsta mit Recht aussprechen, daß denGroßmächten die Adresse des internationalen sozialistischen Bureausin Brüssel nicht unbekannt tvar. Zum ersten Male konnten da diefranzösischen Sozialdemokraten gewaltige öffentliche FriedenSver-sammlungen veranstalten, die von ebensolchen sozialistischen Unter-nehmungen in Deutschland, unterstützt wurden. Und unter dernorwegisch-schwedischcn U n7 o n s k r i s e hat die Sozialdemokratiebeider Länder für die Erhaltung des Frieden? den Ausschlag gegeben.Aber diesmal brachen die Ereignisse in einem sehr wenig ent-wickelten Balkanwinkel auS. Und dann hat sich der Krieg vonLand zu Land gewälzt.Aber— dieses lärmende Kriegsgeschrei in den Straßen derGroßstadt, das jetzt die Stimme der Vernunft erstickt, wird baldvorüber sein. Jetzt kommt die Zeit der Teuerung, dannwerden die Listen der Verwundeten und Toten folgen. Dannkommen die Tage, da die stillen Trauerzüge die lärmenden Massenablösen werden. Und da wird der Einfluß der Sozialdemokratievon Tag zu Tag Wachsem Und ganz sicher kommt wieder die Zeit,da man sich zu internationaler Beratung versammelt, und da wirdes sich zeigen, daß dieser Krieg nicht die Bankerotterklärung desSozialismus war. Im Gegenteil!Tie internationale Sozialdemokratie hat schon heute einigeStützpunkte für diese EntWickelung. Der alte John BurnS trataus der englischen Regierung auS und das ist zweifellos ein Beweis,daß sich in England ein starker Unwille gegen den Krieg findet,ein Unwille, der für den Augenblick durch die Kriegshetzeschweigen gemacht wurde, der aber sehr leicht bald die öffentlicheMeinung beherrschen kann. Und Amerika— daS große vitaleInteressen an der Wiederherstellung des Friedens hat— ist, wieich bestimmt weiß, jeden Augenblick zur Vcr.Mittelung bereit. Ein Anlaß zu dieser kann jeden Augen-blick kommen. Die Niederlagen werden sich einstellen, denn derGott der Heerscharen kann doch nicht allen Mächten gleichzeitigden Sieg verleihen, um den ihn alle nun anrufen. Seine Priesterstellen vielleicht auch allzugroße Forderungen. Und in der Reiheder Neutralitätserklärungen fehlt ja die im Namen GotteS auS»gestellte Erklärung St. Peters, daß er für keinen der KriegführendenPartei ergreifen wird.Der internationale Sozialismus wird durchdiese Katastrophe nicht untergehen— sie bedeuteteher die Götterdämmerung für den Kapitalismus,die schicksalsschwere Erfüllung der sozialdemo-kratischen Voraussagen, die tragische Konse-quenz dafür, daß man unserenWarnungen nichtgehorcht hat.Die alten Skandinavier glaubten, daß auS der großen Götter-dämmerung, durch die Menschen und Götter untergehen, ein G i m l ehervorgehen wird, ein neuer Himmel und eine neue Erde, in denenGerechtigkeit herrscht. Und so glauben und wissen wir, daß ausder Götterdämmerung des Kapitalismus eine neue Welt erstehenwird, eine Welt, in die der Sozialismus Gerechtigkeit und Friedeunter Brüdern bringen wird.Dieser Krieg, der entzündet wurde, ist der größte Krieg,den die Welt je gesehen hat. Laßt uns nun alle Kräfte, alle unsereGedanken, alle unsere Begeisterung, unseren Glauben und unsereArbeit dafür einsetzen, daß er auch der letzte sein mutz!Letzte Nachrichten.Für das„Rote Kreuz".Köln» 23. August. sW. T. B.) Im Großherzogtmn Luxemburgsind laut Mitteilung in der heutigen Versammlung des LuxemburgerVereins Deutschland l Hauptsitz Köln) für die Zwecke de» RotenKreuze, 100 000 Mark gestiftet und außerdem 1000 Betten fürLazarettzwecke bereitgestellt worden,