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die Streitkräfte. Wir haben wiederholt darauf hingewiesen, daß in diesem Weltkriege früher nie gekannte Riesenheere, die in einzelne, aus einigen Armeekorps bestehende Armeen zerfallen, mit einander ringen. Das ist vor allem bei den jetzigen Kämpfen auf dem westlichen Kriegsschauplatze der Fall. Dort haben nrehr als achtfranzösische Armeekorps nach den amtlichen deutschen Meldungen im Feuer gestanden, wobei allerdings nicht gesagt wird, ob es sich um Verbände des aktiven Heeres allein oder auch um Reservekorps gehandelt hat. An Korps hat Frankreich iin Frieden 20 im Mmtterland und eines in Algerien -Tunesien , sowie eines auS Kolonialtruppen. Die afrikanischen Truppen sollen zum Teil auf dem europäischen Kriegsschauplatz eingetroffen sein, lieber ein Drittel dieser Verbände müßte danach in den Operationen gegen Deutsch -Lothringcn eingesetzt ivorden sein. Man berechnete die Kriegsglicderung eines Korps auf zwei Infanterie­divisionen, eine Reserve-Jnfantcriebrigade, sechs Schwadronen und 36 Batterien, im ganzen mit einer Verpflegungsstärke von-l9 000 Mann, einer Gefechtsstärke von 36 000 Gewehren, 000 Säbeln und 144 Geschützen, abgesehen von besonders zu- geteilten Formationen. ES würde sich, da auch einige Ka- valleriedivisionen als Hccrcskavallerie zur Stelle gewesen sein müssen, also nach einer Berechnung in derKölnischen Ztg." eine Gefechtsstärke an fechtenden Truppen aus französischer Seite von rund 310000 Mann mit gegen 000 Geschützen ergeben, denen gleich starke deutsche Kräfte gegenüberstanden. Noch nie ist in der Weltgeschichte eine solche Zahl von Streitern aufeinander getroffen. Die ungeheuren An- gaben der antiken Schriftstellerüber Heeresstärken haben sich längst als Fabeln erwiesen und brauchen nicht mehr berücksichtigt zu werden, erst das Zeitalter der napoleonischen Kriege läßt sich heranziehen. Da finden wir bei Leipzig 472 000 Mann, bei Königgrätz 436 000, bei Wagram 310000, bei Gravelotte 300000, bei Dresden 296000, bei Solferino 281000, bei Sedan 244000, bei Belle-Alliance 217000, bei der Lisaine 185000, bei Mars la Tour 176 000, bei Ligny 165000. Keine von diesen großen Schlachten reicht also in den Massen, die eingesetzt wurden, an die Schlacht in Lothringen heran, die um Hunderttausende über sie hinausgeht. Von den Vo- aesen bis Metz wurde gekämpft, so heißt eS in der amtlichen Meldung, das heißt in einer Front von rund 100 Kilometer. In eineni der, Presse durch Wolffs Bureau übermittelten Artikel des Generals z. D. vonBlume heißt es über die siegreichen Kämpfe in Lothringen : Im übrigen müssen wir uns bewußt bleiben, daß die ersten Siege in.einem Kriege wie dem gegenwärtigen doch nur die ersten Schritte auf dem Wege zum Ziele bedeuten, daß dieser Weg voraussichtlich noch lang ist, noch viel Geduld und große Opfer erfordern wird, und daß wir nicht hoffen dürfen, ihn wie 1870/71 in ununterbrochenem Siegeszuge zurückzulegen. Ohne uns die Freude über eintreffende Siegesnachrichten schmälern zu lassen, haben wir uns ebenso davor zu hüten, an sie übertriebene Hoffnungen zu knüpfen, wie»vir bei ungünstigen Zwischenfällen den Mut nicht sinken lassen dürfen. Freilich wird dem Laien die zutreffende Beurteilung kriegerischer Ereignisse unserer Zeit dadurch erschwert, daß an diese in mehrfacher Hinsicht ein anderer Maßstab gelegt werden muß, als ah die Ereignisse vergangener Zeiten. Einige Auf- klärung hierüber gewähren vielleicht, zumal inr Hinblick auf den von unseren Truppen soeben erfochtenen Sieg, folgende Angaben. Die von Bazaine befehligte französische Rheinarmee, die wir im August 1870 in den drei blutigen Schlachten um Metz besiegten, um sie dann in der Festung einzuschließen und zur Waffenstreckung zu zwingen, zählte etwa 150000 Streiter. Das war ungefähr die Hälfte der für den Feldkrieg verwendbaren Truppen, über die Frankreich damals im Beginn des Krieges verfügte. Die Streitkräfte, die darüber hinaus für die Ver- teidigung des Landes gebraucht wurden, mußten in der Hauptsache aus unausgebildeten Mannschaften völlig neu ge- schaffen werden und blieben nHnderwertig. Heute mögen 150000 Mann etwa den zehnten Teil der Linien- und sofort verwendbaren Reservetruppcn bilden, die Frankreich bei AuS- bruch eines Krieges ins Feld stellt. Daher würde einem Siege über eine französische Arme von 100 000 Mann heute nicht die entscheidende Bedeutung wie 1870, sondern zu- nächst nur die eines Teilerfolges beizumessen sein, der aller- dings die glückliche Einleitung einer Hauptentscheidung sein kann. Doch komnien bei der heutigen Kriegführung auch die veränderten räumlichen Verhältnisse in Betracht. Die Armee Bazaines hatte in der Entscheidungsschlacht bei Gravelotte- St. Privat eine Frontbreite von knapp 15 Kilometer. Man kann annehmen, daß heute unter ähnlichen Verhältnissen eine gleich starke Armee einen Breitenraum von 40 bis 60 Kilo- meter ausfüllt. Die neue Schlacht bei Metz scheint in einer Breite von etwa 60 Kilometer geschlagen zu sein. Wenn da- her auch eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür spricht, daß die Franzosen mit verhältnismäßig dichten Massen aus ihrer Fort- line an der Maas hervorgebrochen sein werden, so würde man ihre Zahl doch wahrscheinlich überschätzen, wenn man aus der Ausdehnung des Schlachtfeldes folgern wollte, daß sie das Vierfache der Armee Bazaines betragen habe. Andererseits ist bei Beurteilung der, Bedeutung des Er- folges zu berücksichtigen, daß die militär-geographischen Ver- Hältnisse Frankreichs , abgesehen von dem Ueberaang Elsaß- Lothringens in unseren Besitz und von der Vervollkommnung der Verkehrswege, sich seit 1870 nicht verändert haben. Die Wirkung eines in 60 Kilometer Breite erfochtenen Sieges er- streckt sich daher unmittelbar und in ihren Folgen auf einen größeren Gebietsteil deS feindlichen Landes als die einer in geringerer Breite gewonnenen Schlacht. Und vor allem: Die Wege zu den Quellen der feindlichen Macht sind heute nicht weiter, als sie 1870 waren." Die französische Regierung über die Kriegslage. Das Wolffsche Telegraphenbureau veröffentlicht folgende Depesche aus Paris mit einigen von der Redaktion des Tele- graphenbureaus in Klammern eingeschlossenen Bemerkungen: Paris , 23. August. (W. T. B.) Ein Communiqus von 11 Uhr abends besagt: In den Vogesen hat die allgemeine Lage uns bestimmt, unsere Truppen vom Donon und dem Hügel bei Saales(?) zurückzunehmen, obwohl diese Punkte nicht angegriffen waren. Zjn Namur machen die Deutschen große Anstrengungen gegen die Forts, die energischen Wider- stand leisten. Die Forts von Lüttich leisten ebenfalls noch Widerstand.(Eine dreiste bewußte Lüge l D. Red.) Die belgische Armes ist vollständig in dem befestigten Lager bor Antwerpen konzentriert.(! d. Red.) Ein großer Kampf spielt sich auf der ganzen Linie von Möns bis zur luxem- burgischen Grenze ab. Unsere Truppen drängen überall zur Offensive. Sie gehen gemeinschaftlich mit der englischen Armee vor. Angesichts der Ausdehnung der Front und der Stärke der beteiligten Truppen ist es unmöglich, täglich die Lage der Armeen zu schildern.(Aha I D. Red.) Bis zur Beendigung der Operationen in diesen Gegenden werden ins einzelne gehende Berichte nicht veröffentlicht werden. Die Deutschen in Lüttich . Nach einer Meldung des AmsterdamerHanMsblads" aus Lüttich nimmt dort das deutsche Militär mit großer Energie die gesamte Stadtverwaltung in ihre Hände. Die Holländer werden mit besonderer Freundlichkeit behandelt, z. B. von Einquartierungen befreit. Das Eisenwerk Smoel- ders und andere Fabriken beginnen wieder zu arbeiten! die berühmten Cockmllrocrke(belgische Waffen- und Pulver- fabrik) sind in deutschen Händen und werden vom Oberst Keppel, dem deutschen Kommissar der Lütticher Weltausstel- lung 1905, geleitet. An der Cockerill-Fabrik ist eine Proklamation angeschla- gen, welche besagt: Von heute ab übernehme ich die V e r w a l t u n g über die Cockerillsche Fabrik. Das Personal bleibt in seinen Stellungen. Die Arbeiter haben sich streng an meine Befehle zu halten. Ihre Löhne werden ihnen garantiert. Wegeil der Lebensmittelteuerung wird das preußische Kriegsministerium während des Krieges ihnen eine Loherhöhung von 50 Proz. beivilligen. Wer seine Arbeit genau verrichtet und wessen Verhalten nichts zu wünschen übrig läßt, wird gut behandelt werdeir. Wer Schwierigkeiten verursacht, Sabotage verübt oder die Fa- brikate versätzlich beschädigt, wird vor das Kriegsgericht ge- stellt und sehr streng abgeurteilt. Tie Arbeit wird, soweit möglich, in allen Abteilungen wieder aufgenommen." öer Gstgrenze. vorftosi der Russen in Gsipreußen. Berlin , 24. August.(28. T. B.) Während aus dem westliche» Kriegsschauplatz die Lage des deutschen Heeres durch Gottes Gnade eine unerwartet günstige ist, hat auf dem östlichen Kriegsschauplatz der Feind deutsches Gebiet betreten.' Starke russische Kräfte sind in Richtung der Angerapp und nördlich der Eisenbahn Stallupönen Jnsterburg vorgedrungen. DaS erste Armeekorps hatte den Feind bei Wirballen in siegreichem Gefecht aufgehalten. Es wurde zurückgenommen aus weiter rückwärts stehende Truppen. Tie hier versammelten Kräfte haben den auf Gumbinnen und südlich vorgehenden Gegner angegriffen. Das erste Armeekorps warf de» gegenüber- Gehenden Feind siegreich zurück, machte 8000 Gefangeue und eroberte mehrere Batterien. Eine zu ihr gehörende Kavallerie- livision warf zwei russische Kavalleriedivisionen und brachte 500 Gefangene ein. Die weiter südlich kämpfenden Truppen stießen teils auf starke Befestigungen, die ohne Vorbereitung nicht genommen werden konnten, teils befanden sie sich in siegreichem Fort- chreiten. Da ging die Nachricht ein vom Vormarsch weiterer feindlicher Kräfte aus Richtung des Narews gegen die Gegend üdwestlich der masurischcn Seen. Das Oberkommando glaubte, hiergegen Maßnahmen treffen zu müsien und zog seine Truppen zurück. Die Ablösung vom Feind erfolgte ohne jede Schwierig. keit. Ter Feind folgte nicht. Die auf dem östlichen Kriegsschauplatz getroffenen Maß- nahmen mußten zunächst durchgeführt und in solche Bahnen ge- leitet werden, daß eine neue Entscheidung gesucht werden kann. Diese steht unmittelbar bevor. Ter Feind hat die Nachricht verbreitet, daß er vier deutsche Armeekorps geschlagen habe. Diese Nachricht ist unwahr. Kein deutsches Armeekörb? ist geschlagen. Unsere TruWen hake» das Bewußtfein des Sieges und der Ueberlegenhrft mit sich ge- nommrn. Ter Feind ist über die Angerapp bis jetzt nur mit Kavallerie gefolgt; längs der Eisenbahn soll er Jnsterburg er- reicht haben. i Die beklagenswerten Teile der Provinz, die dem feindlichen Einbruch ausgesetzt sind, bringen dieses Opfer im Jntereffe deS ganzen Vaterlandes. Daran soll sich dasselbe nach erfolgter Entscheidung dankbar erinnern., Ter Generalquartiermeister (gez.) von Stein. Verteiüigungsmaßnahmen. DieElbinger Neuesten Nachrichten" bringen nach der Deutschen Tageszeitung" am 21. August folgende, offenbar amtliche Mitteilung: Auf Befehl der Kommandantur Marienburg werden im Interesse der Landesverteidigung in der E l b i n g e r Niederung vom Sonnabend abend, den 22. August, ab die Stau- undVorflutdeiche an verschiedenen Stellen durchstochen. Der Binnenwasserstand wird dadurch bis zur Höhe des Außenwasserstandes des Haffs, des Elbingflusses und des DrausenseeS aufgestaut. Durch diese Aufftauung werden voraussichtlich alle Ge- ländeflächeil zwischen Nogat, Elbingfluß, Drauscnsec, Dorf Stümswalde, Alt-Dollstädt, Thiergart, Grimau-Niederung, Neukirch-Niederung und Schwarzdamm, die tiefer als+ 0,20 Meter über normal 0 liegen, betroffen werden. Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, daß bei ungünstigen: Wasserstand auch höher gelegene Teile in Mitleidenschaft gezogen werden. Diejenigen Bewohner, die die betreffenden Ortschaften räumen wollen, haben den Rückweg lediglich nach Westen zu über die Nogat und Weichsel zu bewerkstelligen. Ueber die Nogat bei Einlage und über die Stubasche Laake sind bereits Brücken geschlagen." * Wir, die wir mit aller Energie gegen den Weltkrieg protestiert haben, wir, die wir seit Jahren gegen die zaristische Barbarei zu Felde gezogen sind und darob verfolgt und geächtet wurden, wir empfinden mit besonderem Schmerz die Tatsache, daß deutsche Volks« genossen von der Invasion der Zarentruppen bedroht sind. So bitter daS Los der Bewohner des JnvafionSgebieteS auch ist, so glauben auch wir, daß kein Grund zu einer Beunruhigung der Allgemeinheit vor- liegt. DaS Zurückgehen der deutschen Truppen ist unter den gegebenen Verhältnissen vom militärischen Standpunkte durchaus geboten und zur Vorbereitung von Defensivmaßnahmen sehr verständlich. Wir find überzeugt, daß dem Einbruch der russischen Streitkräfte sehr bald ein fester Damm entgegengesetzt wird. vom österreichisih-rustlsihen Kriegsschauplatz. »Die ersien Verwundeten in Wien . Wien , 24. August. (W. T.B.) Heute früh traf der erste Verwundetentransport von dem nördlichen Kriegsschauplatz auf dem Nordbahnhofe ein? er bestand aus ungefähr 15 Offizieren und 325 Mann. Eine riesige Menschenmenge erwartete die Heimbringung der ersten Opfer des Krkeges, die ein großer Wagenpark in die verschiedenen Spitäler beförderte. Ter Ab- transport wickelte sich in größter Ordnung und Genauigkeit ab- Das Publikum begrüßte die Kranken und Verwundeten auf das herzlichste. Russische befangene. Lemberg , L3. August.(W. T. B.) Heute nachmittag traf wieder ein Transport russischer Gefangener, bestehend aus zwanzig Offizieren und dreihundert Dragonern hier ein, ferner sechs Ma» schinengewehre, sechs Feldküchen und zahlreiche Wagen mit Ruft» zeug, Sätteln, Gewehren, Piken usw., die bei Turhnka erobert worden sind. Die russischen Generale WannowSky und Iwanow find ihren Wunden erlegen. vom österreichisch-serbischen Kriegsschauplatz. Die Kämpfe bei visegraö. Serajewo, 23. August. (W. T. B.)(Meldung det Wiener K. K. Telegr.-Korresp.-BureauS.) Nach Erzählungen der hier ein- getroffenen Verwundeten wurden die gemeldeten für uns sieg- reichen Kämpfe bei Visegrad mit großer Hartnäckigkeit und Er« bitterung geführt. Unsere Truppen, die sich heldenmütig und mit bewundernswerter Bravour schlugen, brachten dem Feinde enorme Verluste bei. AuS dem Umstände, daß in einem Schützengraben allein fünfhundert Tote gefunden wurden, kann man schließen, daß die Verlustzahl auf serbischer Seite eine überaus große gewesen sein muß. Daß auch unsererseits namhafte Verluste vorhanden sind, ist vor allem der Tollkühnheit und Todesverachtung zuzu- schreiben, mit der unsere Truppen sich auf den Feind warfen. Offiziere versichern, daß unsere Soldaten einfach nicht zu halten find und der Bajonettsturm ihnen die liebste Kampfart ist. 4 Die Defesiigung Selgraüs. Wien , 24. August. (W. T. B.) Wie die Südslawische Korrespondenz aus Sofia meldet, hat� Prinz Georg von Serbien das Kommando über die serbischen Truppe:: in Belgrad übernommen und läßt die beim Beginn des Krieges angefangenen Befestigungsarbeiten in der Stadt, namentlich aus der Landseite fortsetzen. Damit erledigen sich die von russischer Seite ausgestellten Behauptungen von der angeb- lichen Ungeschütztheit Belgrads , das heute als eine vollständig befestigte Stadt anzusehen ist und auch als solche behandelt werden kann. der Seekrieg. Der Untergang ües öfterreichischen Kreuzers�enta*. Wien , 23. August. (W. T. v.) Laut amtlicher Mitteilung a Cetinje retteten sich von dem KreuzerZenta", der am 16. Au� im Kampfe mit der französischen Flotte untergegangen sei» E