es erließ, Jreifeu darauf hin, daß dort in Frankreich der Krieg mehr denn irgendwo sonst inzwischen zu einem Volkskrieg geworden ist; man ist jetzt dort von dem Gefühl durchdrungen, daß der Kampf um die nationale Existenz geht. Die Geschichte lehrt, wie viel furchtbare Kraft aus diesem Gefühl ausströmt, wie machtvoll es die Heere beflügelt. Im Osten stehen feindliche Truppenteile noch immer auf deutschem Boden; und inan weiß, wie langsam Rußlands Mobilisation vor sich geht, welches Reservoir es hat für immer neue Massen, die es in die Front bringen kann, man kennt auch die Schwierigkeiten, die sich ergeben müssen, wenn es erst notwendig werden sollte, den Kampf auf russisches Gebiet zu tragen. Englands Flottenmacht ist noch ungeschwächt, und der Kampf bei Helgo- land hat gezeigt, daß sie Vorstöße versucht.— Es wäre auch unklug, sich über jene„Schwäch e" zu täuschen, von der Prof. Hans Delbrück im letzten Heft der„Preußischen Jahr- bücher" ausführlicher spricht.„Die Gefährlichkeit eines Krieges für uns," so schreibt er,„liegt nicht sowohl darin, daß wir Riederlagen erleiden könnten— die würden wir bald wieder ausgleichen—, sondern in der Möglichkeit einer langen Dauer. ... Bezüglich der Ernährung hat er für ein und selbst zwei Jähre keine Gefahr, aber die Rohstoffversorgung u n s e r e r I n d u st r i e ist eine nicht leicht zu nehmende Sache. Deutschland bedarf einer ungeheuren Zufuhr an Wolle, Baum- wolle, Seide, Flachs, Holz, Oelfrüchten, Kupfer, Blei, Zink, Leder, Kautschuk, wenn nicht ein großer Teil seiner Fabriken stillstehen soll... Die Engländer haben sich gehütet, unsere Häfen zu blockieren, weil sie, um die Blockade effektiv zu machen, zu nahe an unsere gefährlichen Minen, unsere Torpedo- und llnterseeboote herankommen müßten, aber der Zustand des See- Völkerrechts gibt ihnen andere Möglichkeiten, uns die Zu- fuhren abzuschneiden." Die Arbeitslosigkeit ist heute schon, und nicht nur aus den von Delbrück angeführten Gründen, zu einer Geißel für Hunderttausende, ja für Millionen geworden. Die „Kreuzzeitung " prägte bereits das Wort von der„inneren Gefahr". Gelingt es nicht, die Folgen dieser Beschäftigungs- losigkeit der Massen zu paralysieren, die Zurückgebliebenen vor dem Elend der Unterernährung zu bewahren, so würde das von nicht weniger weittragender Bedeutung sein als eine Riederlage unserer Armeen. Man hat in dankenswerten Er- lassen und durch die Bereitstellung von öffentlichen Mitteln den Kampf aufgenommen gegen das Gespenst der Arbeitslosig- keit, des Massenelends. Aber noch ist der Erfolg gering. Hier ist wohl der wundeste Punkt, der sich unS am Ende des ersten Kriegsmonats darbietet. Freude und Begeisterung über die ersten militärischen Erfolge,— gewiß, die wird man nach all den: verstehen können. Aber gegen jene Selbstsicherheit muß man sich wenden, die sich hier und dort auch schon breit macht, jene Ueberhebung, die eine anmaßliche Der- a ch t u n g aller Gegner, aller noch zu erwartenden Widerstände zur Schau trägt. Zu ihr haben wir weder Recht noch Anlaß. Besonders gefährlich aber wirkt sie. wenn sie nun allerlei Rachepläne schmiedet, in Greueln gegen die Feinde schwelgt und mit dem Mundwerk frisch drauflos die feindlichen Gebiete unserem Staate einverleibt. Die Folge davon kann nur sein, daß der Kampf der Gegner immer er- bitterter wird, und daß auch bei den neutralen Staa- ten Antipathien und Befürchtungen gegen uns großgezogen werden, die man nicht unterschätzen soll. Wir sollen vielmehr vom östlichen Kriegsschauplatz. v. Hauptquartier Ost, den 27. August 1914. (Dieser Brief ist uns einen Tag später zugegangen als der am 26. August abgesandte.) Trotz der beruhigenden und zuversichtlichen Sprache hat die Veröffentlichung des Generalquartiermeisters und des stellver- tretenden Oberkommandos deS... Armeekorps über unangenehme strategische Möglichkeiten doch ein« etwas fiebrige Stimmung er- zeugt. Das Verhalten einiger wohlhabender Gutsbesitzer, Fabri- kanten usw. steigerte die Erregung. Sie nahmen ihre schnell zu- sammengerafften Kostbarkeiten mrt und verliehen in zwei- und vierspännigen Wagen oder im Automobil hastig ihren Wohnort. Trotzdem vollzieht sich die Räumung der alS bedroht angesehenen Gebiete ohne Panik. Thorn, Graudenz , Danzig und Königsberg bezeichnen die äußerste Grenze des eventuell von der Zivilbevölke- runa zu räumenden Gebietes. Eine neue Bekanntmachung des LanoratS von Marienwerder beruhigt die Gemüter in dtesem Kreise wieder ganz erheblich. Die Verordnung, daß daS Vieh und die Ernte über die Weichsel geschafft werden sollen, hat die Militär» behörde als durchaus überflüssig erklärt. Ueberhaupt scheint man die Lage jetzt wiK>er als viel günstiger zu betrachten. Die äußerste Gefahrlinie ist nach dem Osten verschoben worden, die Basis bleibt breit genug, um den Gegner auSeinanderzureißen und aufzu- reiben. Vielleicht war eS ein Fehler, die Bevölkerung nicht schon früher auf die Möglichkeit von unbequemen Zuständen vorzubereiten. Aber strategische Pläne dürfen nicht bekanntgegeben werden, sonst kann der Gegner sie erfahren und durchkreuzen. Selbstverständlich bätten tausend andere Strategen die ganze Sache von vornherein besser gemacht. Ein alter Rittmeister a. D. versicherte uns mit absoluter Sicherheit, er hätte keine Kosakennase über die Grenze riechen lassen! Mit geläufiger Zunge ließ er Schlachtenbilder vor unseren Augen aufziehen: Flieger im Aufklärungsdienst— leichte Artillerie im Angriff— Sturm der Infanterie— Kavallerie in der Flanke— Artillerie als Deckung— keine Pferdeschwanz wird gerettet, ein glänzender, in der Geschichte noch nie dagewesener Sieg heftet sich an unsere Fahnen! Stolz schaut der Alte um sich; er sieht die Augen staunender Bewunderer seiner Kühnheit auf seine Orden gerichtet. Der Hauswirt tritt herein und serviert das neueste Gericht:„Kosaken sind im Anmarsch auf..„Ko saken ? Dann wirds Zeit, daß ich nach Dresden fahre und meine dort verheiratete Tochter beruhige!" Also sprach der Tapfere und rüstete zum Aufbruch. Ein junges Mädchen, da« soeben noch den kühnen Schlachtendenker bewundert hatte, sprach gelassen:„Nun gehe ich aber doch zu den Verwundeten aufs Schlachtfeld. Bisher wollte der Vater das nicht erlauben." Ein besonderer Anlaß brachte mkkh gestern nach D i r s ch a u. Hier herrscht ein ganz ungewöhnlich lebhaftes militärisches Leben und Treiben; Etappenkommandeure haben hier ihr Lager aufge- schlagen. Dirschau ist berühmt durch seine�etwa 2 Kilometer lange Wcichselbrücke, sein schlechtes Pflaster und seinen vorzüglichen Mist. Die Weichselbrücke wird scharf bewacht und ist natürlich gegen alle denkbaren Möglichkeiten gesichert.~ Im Vergleich mit dem Pflaster in Dirschau muß man ein Reibeisen beinahe als ge- hobelte Fläche betrachten. Ich glaube, diesem Pflaster verdankt Dirschau die Anwesenheit vieler spazierenfahrenden AutoS: für jeden Pflasterkopf ein Kraftwagen! Ein Auto, welches das Dir- schauer Pflaster übersteht, hat bewiesen, daß für seine Pneumatiks Hindernisse überhaupt nicht bestehen. In Dirschau sieht man aber nicht nur Autos aller Größen und Formen, nicht nur die Träger aller möglichen Uniformen im Auto hin- und herjagen, hier tauchen auch Regimenter von Postbeamten und die Scharen des Roten Krzuzes aus. der Welk beweisen, daß es uns wirklicß, wie man so vft bei Ausbruch des Krieges betonde, nur um die Sicherung unserer Grenzen, um die Gewähr ferneren Friedens zu tun ist, soll dort, wo sich ein zur Verständi- gung bereiter Gegner zeigt, so bald wie möglich einen für beide Teile ehrenvollen Frieden anstreben.— einen Frieden, wie er allein, weil er jedem Teile die nationale Frei- heit und Selbständigkeit sichert, die Gewähr der Dauer in sich trägt. Der erste Monat des Krieges hat unsere Kraft gezeigt. Jetzt gilt es zu beweisen, daß wir auch ein Herz hoben. Bloße Kraft ist Barbarei, erst Kraft und Herz zu- saymnen geben Kultur. Man hat es so oft in diesen Tagen gelesen, daß dieser Kampf für unser Volk eine Läuterung bedeute. Hier kann es sich beweisen. Was man schreibt und sagt von der neuen Einheit, die der Krieg geschmiedet haben soll, ist im Grunde doch nicht viel mehr denn ein fchöner Traum. Der Krieg hat den Parteikampf zum Schweigen gebracht, aus inneren und aus äußeren Gründen. Er wird wieder auf- leben, sobald das Wirtschaftsleben wieder seinen normalen Gang nimmt. Denn der Kampf der Klassen, der sich spiegelt im Kampf der polifischen Parteien, ist nicht willkürlichGe- m a cht e s, er wächst mit Notwendigkeit heraus aus diesem Wirt- schaftsleben, solange die kapitalistifche Gesellschaft es beherrscht. Wohl mag die ernste Zeit, in der wir leben, dieses und jenes Miß- Verständnis, das den Kampf bis dahin trübte, beseitigen; wohl mag es schwer werden, jene Erkenntnis noch einmal wieder irgend einem zu vertufchen, daß doch auch die Arbeiter etwas mehr sind als„vaterlandslose Gesellen", die man mit einem Achselzucken beiseite schieben kann, daß es sehr wohl möglich und letzten Endes auch eine Notwendigkeit ist, sie als gleichberech- tigte Staatsbürger zu behandeln, sie mögen organisiert sein wie sie wollen. Aber gewiß ist doch: Kein Krieg kann jene inneren Auseinandersetzungen endgültig Beseitigen, die naturgemäß erwachsen aus den verschiedenen wirtschaftlichen und politischen Interessen der einzelnen Klassen. Und man dürfte es auch kaum eine„Läuterung" nennen, vermöchte er sie aufzuhalten. Denn das bedeutet eine Verzögerung jener wichtigsten und größten„Läuterung": daß in dem Lande, dessen Grenzen sie heute verteidigen gegen äußere Bedrücker, die Massen sich auch wehren gegen innere Bedrückung und Ausbeutung und an die Stelle der Klassenherrschaft setzen die klaffen lose Ge- meinschast._ Westlicher Kriegsschauplatz. Frankreich und die Kriegslage. Die„Kölnische Zeitung " veröffentlicht eine Pariser Meldung ds-t„Amsterdamer Telegraph", wonach der fran- zösische Generalstab binnen einigen Tagen die völlige Ab- schließung von Paris zu erwarten scheint. Die Verbindung mit London wird gegenwärfig nur über Boulogne auftecht er- halten, auch die Verbindung nach Holland geht nur noch über Boulogne und Folkestone . Aus dem Ergebnis der Opera- tionen der deutschen Armee in Nordftankreich ist zu schließen, daß auch dieser Weg durch die vorrückenden deutschen Truppen abgesperrt sein wird. Eingeweihte wissen, daß die Lage höchst kritisch werden kann. Sobald die deutsche Armee sich Amiens> Der Bahnhof in Dirschau hat einen Riesenverkehr zu bewälti- gen. Nach dem Osten fahren nur noch wenige Züge, und diese mit viel Verspätung. Aus dem Osten jedoch schleppen die Lokomo- tiven lange Wagenreihen heran. Den geöffneten Wagen ent- steigen einige Flüchtlinge, Schwerverwundete werden von den immer bereitstehenden Sanitätskolonnen herausgetragen. Mit den Leichtverwundeten, dem großen Troß der Flüchtlinge uftd Ge- fangenen keucht die Lokomotive weiter. Da fährt ein anderer langgestreckter Zug»in. Lauter junge Burschen, hundert— zweihundert— tausend, immer noch mehr strömen heraus. Rekruten und ganz junge Kriegsfreiwillige aus dem Osten, die nach abge- kürzter Ausbildung nachgeschoben werden. Bald ist an 1866 Mann daS Mittagessen verabreicht. Da rückt schon wieder ein Trupp an, immer mehr kommen, der Bahnhof wimmelt von den angehenden Soldaten, die fröhlich, lachend, tanzend und springend den Schiach- ten entgegensehen. Heute rot, morgen tot. Wieviel von den leuchtenden Augen werden die Heimal wiedersehen, wie viele ihre Angehörigen? Im Abendsonnenschein steht die Marienburg . Blutsarben spiegelt sich die Sonne in ihren Fenstern. Soll das ein Zeichen fein? Wird zarische Barbarei etwa auch noäh die? herrliche Bau- werk vernichten, nachdem sie unendliche Verwüstungen an Gut und Leben angerichtet hat, für die keine Kriegsentschädigung Ersatz geben kann!... Wilhelm Düwsll, Kri egSberichterstatter. Mit öen Gesterreichern gegen Sie Rüsten. (Bericht aus dem KriegSpressequartier von Hugo Schulz - Wien .) ..... ,34. August 1914. Die bisher durchgängig erfolgreichen Kämpf« längs der galizi- schen Grenze östlich der Weichsel haben das Gespenst eines großzügigen russischen Reitereinfalles zum Zwecke der Störung oder wenigstens teilweisen Behinderung des Aufmarsches unserer Armee endgültig gebannt. Noch ist keine volle Uebersicht zu gewinnen, aber völlig außer Zweifel steht die Tatsache, daß der den Aufmarsch ver- schleiernde Grenzschutz in Abwehr und Angriff ganz Hervorragendes geleistet hat. Um diese Leistung richtig zu würdigen, muß man sich zunächst ihrer Schwierigkeit bewußt werden, die vor allem in der »ehr bedeutenden Ausdehnung der in Betracht kommenden Grenzen begründet sind. Das in der Strategie sonst verpönte Kordon- shstem ist in diesem Falle der selbstverständliche Notbehelf, und eS ist unvermeidlich, daß sich die Grenzschutztruppen in ganz kleinen, miteinander nur lose verbundenen Gruppen über die ungeheuer lange Front verteilen müssen. Die Hauptmasse der GrenzsicherungS- truppen bildet der aufgebotene Landsturm der nächstliegenden Gebiete; ihr Rückgrat bilden Gendarmerie - und Finanzwachabtei- lungen nebst kleineren Kavallerie- und Jnsanteriedetachements, die aus dem Aufmarschraum an die besonders bedrohten Punkte ge- sendet werden. Obgleich nun die Russen an mehreren Punkten sehr ernstliche Versuche gemacht haben, mit größeren Kavalleriekörpern auf galizischen Boden durchzubrechen, ist ihnen das nirgend so ge- glückt, daß sie wirklich Fuß fassen können. Besonders abgesehen hatten sie es auf das Gebiet von Sokal, dessen geographische Lage die besondere Anziehungskraft, die es auf die ruffischen Reiter- Massen übt, leicht erklärt. Dieser Grenzdistrikt bildet einen ausspringenden Winkel, der tief in daS Feindesland hineinragt und, soweit das Auge reicht, eine trostlose Ebene ohne den geringsten natürlichen Geländeschutz ist. Die Gegend ver- schwindet mit den angrenzenden feindlichen Gebieten förmlich in eines, und man hat wohl bei uns von vornherein damit gerechnet, daß wenigstens für einen Teil des Sokalbczirkes die russische Ka- vallerieinvafion unvermeidlich sein werde. Dennoch haben die vor- handxnen schwachen Kräfte hingereicht, hie bereits eingedrungenes genähert hat, ist die Absperrung von Paris auf der Nordseite eine vollzogene Tatsache. Nach Schweizer Zeitungen schrieb die„ H u m a n i t s" am 26. August: „Wovor wir gewarnt, auch nachdem der edelste Franzose der Revolverkugel eines Mörders zum Opfer gefallen war, das be- ginnt langsam, aber unabwendbar zu reife». Die Deutschen sind auf französischem Boden, und keine englische und keine belgische Bundeshilfe hat sie aufhalten können. Noch vertrauen wir auf den endlichen Sieg unseres tapferen Heeres, aber es war nicht nötig, uns mit unrichtigen Siegesdepeschen abzufüttern, als der Rückzug der Franzosen bereits feststand." Lille von den Zranzosen geräumt? Aus Antwerpen wird der„Köln . Ztg." gemeldet: Die französische. Besatzung von Lille , ungefähr 56 000 Mann stark, hat die Stadt verlassen, um sich weiter südlich nach der Ostfront zu wenden. Die Behörden von Lille haben dieselben Maßregeln ge- troffen, wie vorige Woche die Brüsseler Stadtverwaltung, nachdem die eigenen Truppen die Hauptstadt verlassen hatten. Der Präfekt des Norddepartements hat sich nach Dünkirchen zurückgezogen. Auf Befehl des Bürgermeisters von Lille ist die Polizei entwaffnet worden; die Bevölkerung wird durch einen Aufruf zur Ruhe ermahnt. Englische Stimmen über die Kriegslage. Von der holländischen Grenze wird der„Kölnischen Zeitung " depeschiert, daß der militärische Mitarbeiter der „Times" schlimme Dinge zugeben muß. was die Lage in Nord« Frankreich angeht und zwar, bevor die Zurückwerfung des britischen Hilfskorps bei St. Ouentin bekannt war., W e st m i n st e r Gazette" schreibt:„Wir dürfen offen bekennen, daß wir nicht fähig find, aus dem uns vorliegenden Material über die Schlachten im Nordwesten eine haltbare Theorie aufzustellen. Von den deutschen Truppenbewegungen läßt sich nur sagen, daß sie kühn und rasch erscheinen, auf den ersten Blick allen geltenden Regeln der Kriegs- führung widersprechend. Die Gegner dürsten mit ihnen, weil sie sie für unmöglich hielten, nicht gerechnet haben." Ma öer Gstgrenze. Eine Proklamation des Gouverneurs von Königsberg . Zu meinem lebhaften Bedauern haben sich die Bewohner in meinem Befehlsbereich durch das Vor- gehen einiger feindlicher Kavallerie-Pa- trouillen veranlaßt gesehen, ihren Wohnort zu ver- lassen. Ich erblicke darin einen Mangel an Vertrauen zu den Truppen der Festungsbesatzung. Ich ersuche die Bevölkerung dringend, in ihre Wohnstätten, ganz besonders auch nördlich des Pregels bis zur Deime, zurückzukehren, ihre Felder zu bestellen und ihren sonstigen Geschäften nachzugehen. Ich hoffe, daß dieser Hinweis genügen wird, um die Ruhe und Besonnenheit, welche stets die Preußen aus- gezeichnet haben, wieder zu gewinnen, und größeres Zutrauen zu dem Erfolg unserer Waffen zu haben. Die Herren Bürgermeister, Gemeindevorsteher usw. ersuche ich mit gutem Beispiele voranzugehen und ihren ganzen Ein- fluß auszuüben, die Bevölkerung in meinem Befehlsbereiche zur Rückkehr in ihre Heimatsorte zu veranlassen. russischen Kavalleriekörper, die dort ein ideales Feld der Betätigung zu haben schienen, wieder hinauszuwerfen. Es geschah das ins- besondere durch daS sehr ernste Gefecht bei Kamionka-Strumilowa, das am 21. August stattfand. Es war eine vollständige russische Kavalleriedivision, die in breiter Front gegen den Raum Kamionka« Turhnka anritt. Den ersten Widerstand organisierte der zufällig in Kamionka anwesende Hauptmann Gebauer, indem er die Mann- schaft einer Trainkolonne, etwa 100 Mann, und eine kleine Land- sturmabteilung um sich versammelte. Diese winzige Schar impro- visierte in aller Eile eine Verteidigungsstellung, die sie in hitzigem Feuergefecht von 6 Uhr früh bis Mittag gegen ein ganzes russisches Kavallerieregiment hielt. Die kleine Gruppe erwies eine ganz ordentliche Widerstandskraft und behauptete sich noch zähe, als be- reits jeder dritte Mann tot oder verwundet den Rasen bedeckte. Die Russen verloren im Kampfe mit diesen opfermutigen Helden acht Offiziere und mindestens 160 Mann. Als eben das zweite Regi« ment dieser russischen Kavalleriebrigade in Sicht kam, erhielten auch! die Verteidiger von Kamionka die ersehnte Unterstützung durch Kavallerie, Landsturm und Ulanen. Die letzteren attackierten sofort den Gegner, und die Russen, die schon vom Jnfanteriefeuer genug zu haben schienen, hielten nun nicht lange stand. Nun wandten sich unsere Truppen im raschen Tempo ostwärts gen Turhnka, von wo inzwischen das Eintreffen der anderen russischen Kavalleriebrigade gemeldet worden war. Sie räumte nach kurzem Gefechte unter Zurücklassung vieler Toter, Verwundeter und Gefangener in wilder Flucht das Kampffeld. Wie groß die Verluste der Russen gewesen sein müssen, geht daraus hervor, daß ihre beiden Brigadegenerale fielen. Der eine, Generalmajor Wannowski, Sohn eine? früheren russischen Kriegsministers, lebte noch, als man ihn auflas. Er wurde rasch nach Lemberg gebracht und operiert, starb aber wenige Stunden später. In diesem Kampfe, aber auch in allen anderen Grcnzgefechten hatte sich der Landsturm besonders hervorgetan und drastische Beweise geliefert, wie wenig die Entwöhnung vom Kasernendrill der Wehrkraft eines Volkes Eintrag tut, wenn ein starker Milizengeist in ihm lebendig ist. Sehr rühmend hervorgehoben werden auch die Leistungen un- serer Kavallerie, die an vielen Stellen westlich der Weichsel bereits tief in das Feindesland eingedrungen ist und deren Aktionen, waS den Erfolg betrifft, das umgekehrte Bild der russischen bieten. Die Landwebrkavalleristen sollen dabei an Schneid und Initiative in keiner Weise zurückstehen. Bei einem der Aufilärungskämpfe in Kongreßpolen, an denen auch ein kleines Detachement der Deutsch- meister teilnahm, fiel Oberst Holzhausen, der seine Leute inS Gefecht begleitet hatte. Ter Weg führte durch waldiges Gelände, das die Deutschmeister scherzend und singend durchstreiften. AuS einem Verhau fielen Schüsse. Oberst Holzhausen meinte weg- werfend:„Ach was, die Kerle treffen ohnehin nicht!" und blieb zu Pferde. Da traf ihn ein Schuß in die Kehle und er starb binnen wenigen Minuten. In ihrer Aufklärungsarbeit wird die Kavallerie von der Luftschiffahrt und A v i a t i k mit überraschend günstigem Erfolge unterstützt. Besonders wichtige Ergebnisse soll die bereit? gemeldete zwölfftündige Fahrt des Schütte-Lantz gehabt Hadem Der Ballon hatte eine Anzahl deutscher Offiziere an Bord, die scharf auslugten und kaltblütig durch das feindliche Feuer steuerten. In der Gegend von Lublin geriet der Ballon in ein förmliches Kreuzfeuer von Infanterie und Artillerie. Die Ar» tilleriegeschosse schienen insgesamt in weiter Ferne zu explodieren, dennoch wurde später in der Gondel ein Sprengstück gefunden. Bon den Jnfanteriegeschossen traf etwa ein Viertelhundert und durchschlugen einige der Hinteren Zellen. Auch an die Gondel schlugen einige Geschosse, aber kaum noch mit der Kraft, mit der Erbsen auf die Tenne fallen. Immerhin ist eS merkwürdig, daß Jnfanteriegeschosse 3000 Meter hoch gehen können. Der Schaden, den sie angerichtet hatten, wurde übrigens zum Teil noch während der Fahrt ausgebessert, und der Ballon kam mit geringem Gas- Verlust im österreichischen Hauptquartier an, um am nächsten Morgen sein« Rückfahrt nach Schlesien fortzusetzen.
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