Nr. 242.- 31. Jahrg.
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Telegramm- Adresse: ,, Sozialdemokrat Berlin".
Redaktion: S. 68, Lindenstrasse 69. Fernsprecher: Amt Morikplatz, Nr. 1983.
CUST
Sonnabend, den 5. September 1914.
Expedition: S. 68, Lindenstrasse 69. Fernsprecher: Amt Morigplatz, Nr. 1984.
Die beiden letzten Meldungen aus dem Großen Haupt-[• Die Sorge um Paris .
quartier zeigen an, daß die Franzosen weder die erste noch
halten gewillt sind. Ein kleiner Teil ist durch eine erfolg
griffen werden sollte, ist von den Franzosen aufgegeben
Großes Hauptquartier, 4. September. Die zweite Linie ihrer nordöstlichen Grenzbefestigungen zu London , 4. September. ( Meldung des ( W. T. B.) Reims ist ohne Kampf be- reiche Beschießung von den deutschen Truppen genommen Reuterschen Bureaus.) Nach einem Telegramm sett. worden, ein anderer Teil wird von den Franzosen ohne aus Paris gründete sich der Beschluß, die ReDie Siegesbeute wird nur langsam bekannt. ernsteren Kampf den ungeſtüm vordringenden Gegnern überlassen worden sein. Auch das verhältnismäßig starke Reims gierung nach Bordeaux zu verlegen, ausDie Truppen können sich bei ihrem schnellen Vor- mit seinen 16 vorgeschobenen Forts und Batterien, das nach schließlich auf militärische Erwägungen, marsch wenig darum bekümmern. Noch stehen der Donnerstagmeldung des Großen Hauptquartiers ange- da Paris der Mittelpunkt der Operationen Geschütze und Fahrzeuge im freien Feld verlassen. worden. Aus der großen Zahl der in ihrem Werte so häufig beider Armeen wird. Man glaubt, daß Paris Die Etappentruppen müssen sie nach und nach überschäßten französischen Befestigungen an der Ostgrenze nicht notwendigerweise ein unmittelbares Angriffssammeln. Bis jetzt hat nur die Armee des General Forts, 21 Bwischenwerken und 47 Batterien, das start- ziel sein wird. Paris soll mit äußerster bleiben jetzt nur noch die Festungen Verdun mit 16 großen obersten von Bülow genauere Angaben ge- befestigte Belfort als einigermaßen beachtenswerte Bunkte. Hartnäckigkeit verteidigt werden, da ein meldet. Bis Ende August hat sie 6 Fahnen, aber die Kriegsereignisse haben gezeigt, daß Festungen den Angriff natürlich möglich ist. Die letzten Ereignisse Verlauf des modernen Krieges nicht beeinflussen und auf233 schwere Geschüße, 116 Feldgeschüße, halten können, dazu ist die Ueberlegenheit der Belagerungs - ließen ihn in naher Zukunft unwahrscheinlich er79 Maschinengewehre, 166 Fahrzeuge artillerie zu groß. Aus dieser Erkenntnis heraus werden die scheinen, aber die Verlegung der Regierung wurde Franzosen auch die Festungsbesaßungen mit den Feldtruppen erbeutet und 12 934 Gefangene gemacht. bereinigen wollen, um mehr Kräfte für die Verteidigung zur für nötig erachtet, um die notwendige BewegungsIm Osten meldet Generaloberst v. Hinden- Verfügung zu haben, eine Verteidigung, die allerdings von freiheit im Lande zu bewahren. burg den Abtransport von mehr als 90000 Tag zu Tag immer zersplitterter und berzweifelter wird. Ueber die Art und den Umfang der Verteidigung von unverwundeten Gefangenen. Das be- Paris läßt sich heute noch nicht viel sagen. Paris ist in den deutet Vernichtung einer ganzen feind- legten Jahrzehnten zu einer riesigen Lagerfestung gemacht worden; es ist von einer großen Zahl moderner, bis zu lichen Armee. 14 Rilometer vorgeschobener Forts umgeben. Im Innenraum dieser Forts können ganze Armeen Unterkunft finden. Die Berteidigung eines so gewaltigen Plazes erfordert aber rund 200 000 Mann, während der Belagerer wohl eine halbe Million Streiter brauchen müßte, um einen eisernen Ring um das Herz Frankreichs " zu legen.
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Der Generalquartiermeister von Stein.
Amiens in deutschen Händen. Der holländische Korrespondent des Berl. Lokal- Anz." telegraphiert seinem Blatte:
Der Berichterstatter der„ Times" meldet über die legten Operationen in Nordfrankreich: Das Somme Tal wurde auf gegeben und Amiens ist in deutschen Händen. Nachdem ein blutiger Stampf geliefert und die Engländer aus a Fère zurückgezogen worden waren, wurde dieses Fort von den Deutschen genommen. Der dreitägige Kampf bei Amiens erreichte seinen Höhepunkt in einem blutigen Treffen bei Moreuil, wo der Erfolg wieder auf deutscher Seite war.
Die Verbündeten zogen
fich in guter Ordnung zurüd.„ Daily Chronicle" meldet, das deutsche Truppen sich schon bei Creil zeigten und sogar bei Senlis , so daß der Kanonendonner bereits in Paris zu vernehmen sein dürfte.
( W. T. B.)( Meldung der Agence Havas.) Nach einer amtlichen Mitteilung hat General Gallieni folgenden Aufruf an das Heer und die Bevölkerung von Paris gerichtet:
Die Mitglieder der Regierung der Republik haben Paris verlassen, um der nationalen Verteidigung einen neuen Antrieb zu geben. Ich habe den Auftrag erhalten, Paris gegen den Eindringling zu verteidigen. Diesen Auftrag werde ich bis zu Ende erfüllen.
Die Minister in Bordeaux . Bordeaux , 3. September. ( W. T. B.) Die Minister traten unter dem Vorsiz Vivianis im Rathause zu einer Sitzung zusammen, in welcher der Kriegsminister zunächst über die militärische Lage Bericht erstattete. Dann wurden verschiedene Fragen beraten, besonders die Frage der Verproviantierung.
Der weitere Verlauf des Krieges im Westen wird sich aber nicht allein auf die Belagerung von Paris beschränken. Der Aufruf der französischen Regierung und auch das Manifest der französischen Sozialisten beweisen, daß man sich bis zum äußersten verteidigen will. Es wird also neben den Kämpfen vor und um Paris auch noch mit langwierigen und opferreichen Kämpfen im Innern Frankreichs zu rechnen sein, bei denen sich vielleicht nicht mehr, wie in der ersten Periode des Krieges, ganze Armeeverbände gegenüberstehen, sondern einzelne Armeen oder Armeekorps auf verschiedenen Schaulähen miteinander ringen werden. So wie es jetzt schon in Amsterdam , 4. September. Telegraaf" meldet aus London : dem gebirgigen Gelände des Ober- Elsaß der Fall ist. Ein solcher Kampf bis zum Weißbluten wäre aber um Der amerikanische Botschafter bleibt in Paris , um für des deutschen und des französischen Volkes willen zu beklagen. I die Staatsangehörigen der kriegführenden Parteien zu sorgen.
Der Schutz der Ausländer.
Der zähere Feind.
Aus dem österreichischen Kriegspressequartier schreibt uns Genosse Hugo Schulz vom 29. August:
Tag für Tag verrinnt im gräßlichen Ringen und Abend für Abend rötet sich der Sonnenball, während ein frostiger Hauch die brütende Hize verscheucht, wie wenn er all die Blutbäche, die über die galizische Erde rieseln, in sich gesogen hätte. Furchtbar sind die Eindrücke der Schlacht auf die gespannten Nerven der Kämpfer aber qualvoll ist auch die bange Erwartung, die ohnmächtige, tatenlose Erwartung, die wie ein Alb auf der Seele lastet. Entlastung bringt nur das Vertrauen in den Geist, den Opfermut, die strategische und tattische Gelenkigkeit unserer Truppen und ihrer Führung.
wußt. Wie schwer es sei russische Armeen völlig niederzu-| Führung, schreien, daß sie verraten und verkauft sind und es werfen und durch einen entscheidenden Sieg außer Rechnung bergehen Wochen, ehe sie aus den Tiefen ihrer Demoralizu bringen, hat schon Napoleon erfahren müssen und von sation wieder den Weg in die Höhe finden. seinen Siegen haben die bei Eylau, Friedland , SmoGanz anders der russische Muschik, bei dem sich die krielensk und Moskwa die allergeringste Durchschlagskraft gerischen Hochgefühle nicht bis zur Siedehize steigern, der gehabt. Die Tatsache, daß russische Heere. einen so außer aber dafür eine ganz außerordentliche, vielleicht aus der Einordentlich zähen Gegner abgeben, liegt tief begründet im ruf- tönigkeit seines Knechtsdaseins erwachsende Fähigkeit hat, fischen Wesen und in der russischen Denkart. Der Russe ist sich an die gräßlichen Eindrücke der Schlacht anzupassen und im Kriege das wahre Gegenbild des Franzosen , deffen pathe- Verluste zu ertragen, die das normale Maß weit überschreiten. tisch - ritterliche Auffassung des Krieges ihm völlig abgehen. Die Feuerüberlegenheit, die ihn zum Verlassen seiner PoDer russische Muschik ist vom Hause aus passiv, friedliebend fition zwingt, muß schon eine bedeutende sein und meist muß und wenig tatfreudig. Die Merkmale, die jahrhunderte alte sich zu ihr noch die Drohung mit dem Bajonett gesellen. Sind Unterdrückung und Erstarrung seinem Charakter aufgeprägt russische Truppen zum Rückzug gezwungen, so hat man sich haben, bestimmen auch seine militärische Physiognomie. Er versteht nicht so gut wie der Franzose ein draufgängerischer Held zu sein, dafür versteht er es als Märtyrer des stumpfen Gehorsams in stoischer Ergebung zu sterben.
darauf gefaßt zu machen, daß sie nur wenige Kilometer weiter hinten in längst vorbereiteten, befestigten AufnahmsstellunTäuschen wir uns aber nicht! Der Sieg gegen rusgen erneuten Widerstand leisten werden. Der etappenweiſe jische Millionenheere ist schwer zu erringen, viel schwerer Rückzug unter Benußung hintereinanderliegender ,, Vor-", als gegen französische. Gegen die Franzosen lassen sich ver- Beim französischen Militär schlägt der heiße Tatendrang Haupt-" und„ Aufnahmsstellungen" ist geradezu charaktenichtende Schläge führen, russische Heere lassen sich nur sofort in Panit um, wenn die Verluste eine gewisses Maß ristisch für geschlagene russische Armeen und wenn es bisher mühselig aus dem Felde drängen.( Die Kämpfe des General- überschreiten. Sowie der Gegner die Feuerüberlegenheit er- auch noch nie einem russischen Heerführer gelungen ist, wirfoberst von Hindenburg bei Tannenberg usw. haben allerdings langt hat, ist der Wille des französischen Soldaten gebrochen liches Feldherrentum zu bewähren, so hat doch mancher rusdas Gegenteil bewiesen. D. Red. d. V.) Es ist bisher nie ihre und zurückflutende französische Truppen sind ausgebrannte fische General als Rückzugskünstler Namhaftigkeit zu geSache gewesen, im großen Stile zu fiegen, aber dafür haben Schlacken, mit denen man nichts mehr tun kann als sie weg- winnen vermocht. Dem russischen Führer fehlt im allgefie auch immer Niederlagen großen Stiles zu vermeiden ge- werfen. Sie verlieren alles Vertrauen an sich und in die meinen jede Neigung zu kühner, weit ausgreifender Aktion,