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Nr. 276.- 31. Jahrg.

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Telegramm- Adresse: ,, Sozialdemokrat Berlin"

Zentralorgan der fozialdemokratischen Partei Deutschlands  .

Redaktion: Sw. 68, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Amt Moritplat, Nr. 151 90-151 97.

Freitag, den 9. Oftober 1914.

Expedition: SW. 68, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Amt Moritzplatz  , Nr. 151 90-151 97.

Feuersbrunst und Panik in Antwerpen  .

Gespannte Kriegslage.

General v. BIume schreibt vom 7. Oktober 1914: Nach der amtlichen Kundgebung aus unserem Großen Haupt­ quartier   vom gestrigen Abend war bis zu dieser Zeit in unseren über die Linie Arras Albert- Roye geführten Gegenangriff gegen Die Umfassungsversuche der Franzosen   noch keine Entscheidung ge= fallen. Auf der Schlachtfront zwischen Oise   und Maas  , bei Verdun  und in Elsaß- Lothringen   waren die Verhältnisse unverändert. Dort standen sich also die beiderseitigen Streitkräfte kampfbereit nahe gegenüber, hier und da wohl um Einzelvorteile kämpfend. Durch dieselbe telegraphische Mitteilung unseres Großen Hauptquartiers erhielten wir die erste deutsch  - amtliche Kunde von einem unmittelbaren Zusammenwirken deutscher Streitkräfte mit der österreichisch- ungarischen Hauptmacht im südlichen Polen   und in Galizien  . Wir erinnern uns, daß die Armee unseres Bundes­genossen in Galizien   nach fünftägiger blutiger Schlacht gegen weit überlegene russische Kräfte bei Lemberg   sich am 13. September zum Rüdzuge in westlicher Richtung genötigt gesehen hat. Die Ruffen find mit ihrer Hauptmacht über den San, anscheinend bis an die Wislota, etwa 100 Kilometer östlich von Krakau  , gefolgt.

Ihre

Ireichen bis in die Gegend von Lens und Labassée;] ihre Fortsetzung bilden Kavalleriemassen, die bis in die Gegend von Armentières   miteinander kämpfen. Von der Front zwischen Somme   und Maas   ist nichts Neues zu melden. In Woevre versuchte der Feind von neuem, unsere Fortschritte aufzuhalten, aber seine Angriffe scheiterten wieder.

Der Höhepunkt des Riefenkampfes.

Kopenhagen  , 8. Oktober.  ( W. T. B.) Nationaltidende" meldet aus London  : Alle vorliegenden Nachrichten stimmen darin überein, daß die Riesenschlacht in Frantreich nun ihren Höhepunkt erreicht hat und noch in dieser Woche die Ent­scheidung fallen muß. Die Kämpfe auf dem linken Flügel werden mit einer selbst unter diesen blutigen Zusammenstößen bisher un­bekannten Heftigkeit fortgesetzt. Die Deutschen   suchen mit einer Hartnäckigkeit, von der man sich keine Vorstellung machen kann, sich der Eisenbahnlinie zu bemächtigen. Der Kampf nördlich von der Somme hat einen derart furchtbaren Charakter, daß er unmöglich lange anhalten kann.

gleichzeitigen Versuche, über die Starpathen nach Ungarn   vorzu- Eine italienische Stimme über die Kämpfe

nommen. Und am 5. Oktober wurden gleichfalls von deutschen  

im äußersten Westen.

dringen, sind nach österreichischen Nachrichten erfolglos geblieben. Nach der Bekanntgabe unseres Großen Hauptquartiers vom gestri gen Abend haben nun deutsche   Truppen am 4. Oktober die russische Rom  , 8. Oktober.  ( W. T. B.) Das Giornale Gardeschüßenbrigade aus einer befestigten Stellung zwischen d'Italia" schreibt in einem heutigen Situationsbericht Opatow   und Ostrowiec  - auf dem linten Weichſelufer, etwa 150 unter anderem: Ganz gewiß ist General oberst v. I ud Kilometer süblich von Warschau  - vertrieben und ihr etwa 3000 der wahre Held dieses Krieges, weil ihm die Gefangene sowie mehrere Geschüße und Maschinengewehre abge- schwerste Aufgabe anvertraut ist, und er es verstanden hat, Truppen zweiundeinehalbe russische Kavalleriedivision sowie Teile fie mit einer Geschicklichkeit und Genialität zu lösen, die auch der Hauptreserve von Jwangorod bei Radom angegriffen und auf die Feinde anerkennen. Tatsächlich ist es ihm, der von über­die gedachte Weichselfestung zurückgeworfen. Vom österreichischen legenen feindlichen Kräften umzingelt werden sollte, gelungen, Generalstab wird endlich unterm 6. Oktober bekanntgegeben, daß vorgestern den Feind selbst mit Umzingelung zu bedrohen Die Russen bei ihrem Versuch, die Weichsel   in der Richtung auf und ihn zu zwingen, an verschiedenen Punkten zurückzugehen. Opatow zu überschreiten, von den Verbündeten über den Fluß General Joffre ist sofort herbeigeeilt, um die Sache wieder zurückgeworfen worden sind, daß österreichische Truppen den gut zu machen und gestern ist das Gleichgewicht wieder her­Weichsel- Brückenkopf bei Sandomir erobert haben, und daß auch gestellt worden. Es ist aber noch nicht gesagt, daß der die österreichische Armee in Galizien   sich im Vorrüden befindet. Die österreichisch- ungarische Hauptmacht hat also im Verein mit deutsche   tapfere General nicht noch Chancen habe, um die einer deutschen   Streitmacht, über deren Stärke, Bujammensetzung Sicherheit des ihm gegenüberstehenden französischen   Heeres in und Oberbefehl aus naheliegenden Gründen noch nichts verlautet, Frage zu stellen. die Offensive gegen die in Galizien   eingedrungenen russischen Seeresmassen ergriffen, deren Stärke mit Sicherheit auf mehr als eine Million Streiter zu schätzen ist.

Antwerpen   bombardiert.

Brüssel  , 8. Oktober.  ( W. T. B.) Gemäß Artikel 26 des Haager Abkommens betreffend die Gesetze des Landkrieges

Indien und England.

den Krieg erklärte, wurde vielfach in liberalen Blättern die Als vor zwei Monaten England dem Deutschen Reich Ansicht ausgesprochen, die hinterlistige Kriegspolitik der Asquith   und Grey könne leicht zu einem Verhängnis für die englische Herrschaft in Indien   werden, denn die bald hier, bald dort in den indischen Provinzen ausbrechenden Unruhen bewiesen zur Genüge, wie überdrüssig die Inder der englischen Zwangsherrschaft seien. Zum mindesten würde aber das Eingreifen Englands in den großen Kampf wesent­lich gelähmt werden; denn wolle England nicht eine Revo­lution in Indien   heraufbeschwören, so müsse es dort eine bedeutende Anzahl europäischer Truppen unterhalten.

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Wie von so manchen anderen Voraussagungen, ist auch von dieser bisher wenig eingetroffen. Von größeren ernsten Unruhen- Kleine lokale Gelegenheitsrevolten gehören in einzelnen Teilen Indiens   zu den Alltäglichkeiten ist bisher nichts Zuverläßliches bekannt geworden; dagegen hat England die einheimische Bevölkerung loszulassen, falls diese, des eng­lischen Druckes müde, zum Aufruhr greifen sollte, es ist auch jüngst eine größere Masse( allem Anschein nach ungefähr 30 000 bis 40 000 Mann) indischer Truppen in Marseille   ein­getroffen, meist Gurkhas aus Nepal   und Sikhs aus dem Benichab, alio Truppen, die als die Elite der indischen Armee

nicht nur indische Truppen in Aegypten   gelandet, um sie gegen

gelten.

Wie weit diese Truppen sich im modernen Feuergefecht bewähren werden, wie weit die Sikhs dem naffen kalten nordfranzösischen Winterklima standzuhalten vermögen, mag indischen Behörden, wenn sie die Einschiffung solcher Truppen­hier unerörtert bleiben; sicher ist jedenfalls, daß die anglo­kontingente zulassen, die Lage in Indien   keinesfalls als ge­fährlich ansehen müssen. Freilich soll, wie holländische Blätter melden, England vorher ntit Japan   ein Abkommen getroffen haben, nach dem letzteres verpflichtet ist, die anglo- indische Re­gierung im Fall eines indischen Aufstandes durch Entsendung japanischer Truppenmassen nach den aufrührerischen Provin­zen zu unterſtüßen.

Auch der von den Russen wiederum unternommene Vormarsch gegen Ostpreußen   ist im Gouvernement Suwalki zum Stehen ge­bracht, und bei Suwalfi wird der Feind seit gestern erfolgreich ließ General   v. Beseler, der Befehlshaber der Be   Erscheinungen in breitester Weise verallgemeinert und zu angegriffen.

lagerungsarmee von Antwerpen  , durch Vermittelung der in Nehmen wir hinzu, daß der Angriff auf Antwerpen   in wenigen Brüssel   beglaubigten Vertreter neutraler Staaten gestern nach­Tagen zur Ueberwindung der vorgeschobenen Fortlinie auf der mittag die Behörden Antwerpens von dem Bevorstehen der Südfront dieser berühmten Festung geführt hat und damit seinem Beschießung verständigen. Die Beschießung der Stadt Ziele sehr nahe gekommen ist, sg erkennen wir, daß wir einer un­gewöhnlich gespannten Lage auf allen Teilen des großen europäi- hat um Mitternacht begonnen. schen Land- Kriegsschauplazes gegenüberstehen und in naher Zeit Entscheidungen von weittragender Bedeutung zu erwarten haben. Das charakteristische, erquidende und erfolgverheißende Merkmal dieser Lage aber ist, daß wir uns trotz der weit überlegenen Zahl unserer aus allen Grdteilen zusammengerafften Feinde überall in der Offensive und in feindlichen Landen befinden.

Das große Hauptquartier über die Kriegslage.

Kapitulation oder Verteidigung

bis zum äußersten?

Zweifellos gärt es in manchen Teilen Indiens  , aber im ganzen wird die nationalistische Bewegung überschätzt. Es eben Schablone einzelne wenig berücksichtigt, daß Indien   mit einer Bevölkerungszahl von ungefähr 300 Millionen Menschen eine Reihe der ver­schiedenartigsten Völkerschaften beherbergt, die durch ihren Glauben, ihre Sprache, ihre Sitten, ihre Wirtschaftsverhält nisse aufs weiteste voneinander getrennt sind, weit mehr als die Völker Europas  . Schneebedeckte Höhenzüge wechseln mit heißen Flußtälern, dürre Sandwüsten mit feuchttrarmen, eine reine tropische Vegetation aufweisenden Küstenlandschaften. Und so verschieden wie Klima und Bodenbeschaffenheit sind Kopenhagen  , 8. Oktober.  ( W. T. B.)." Politiken  " meldet die Lebensverhältnisse. Neben dicht bevölkerten Gegenden, aus Antwerpen  : Den Blättern zufolge hat die Regierung er- wie z. B. dem Vasallenstaat Cochin( nördlich vom Malabar­wogen, der Stadt das Bombardement zu ersparen. Die distrikt), in dem beinahe 600 Einwohner auf den Quadrat­weiße Flagge sollte gehißt werden, sobald die zweite Festungs- filometer kommen, also ungefähr fünfmal so viel als durch­linie gefallen sei. Aber die Bevölkerung scheint die Verteidi- schnittlich in Deutschland  , enthält Indien   andere Gebiete, in gung der Stadt bis zum letzten Hause zu verlangen. Es denen nur 8-12 Menschen auf einen Quadratkilometer leben. fallen jetzt ziemlich viel Bomben von deutschen   Flugzeugen auf ergibt sich schon daraus, daß nach dem Zensusbericht in Indien  Wie bunt die indische Bevölkerung zusammengewürfelt ist, die Stadt. an 150 verschiedene Sprachen gesprochen werden. Feuersbrünste und Panik in Antwerpen  . Daß unter solchen Verhältnissen von einem eigentlichen Köln  , 8. Oktober.  ( W. T. B.) Der Kölnischen Zeitung  " einheitlichen Nationalgefühl keine Rede sein kann, ist selbst­Bei Antwerpen ist das Fort Brochem in unserem wird von der holländischen Grenze aus Roosendaal   gemeldet: von dem, was außer ihrem engen Bezirk vorgeht, wenig weiß nicht großen Masse, die Befizz. Der Angriff hat den Netheabschnitt über. Die Beschießung Antwerpens dauerte die ganze Nacht hindurch. und erfährt. Die sogen. indische Nationalpartei". die aller­schritten und nähert sich dem inneren Fortsgürtel. Eine Das Feuer war so heftig, daß in Roosendaal   die lei Geheimbünde unterhält, ist denn auch eine reine englische   Brigade und die Belgier wurden zwischen äußerem und äufer zitterten. Tausende von Flüchtlingen sind an- Bartei der Intelligenz. Sie besteht größtenteils innerem Fortsgürtel auf Antwerpen   zurückgeworfen. Vier gekommen oder werden noch erwartet. Während der ganzen aus Intellektuellen, meift solchen, die eine halbeuropäiſche schwere Batterien, zweiundfünfzig Feldgeschütze, viele Maschinen- Nacht konnte man hier die Feuers glut wahrnehmen. Bildung genossen haben; daneben in geringem Maße auch Die Petroleumbehälter des Hafens scheinen in aus indischen Kaufleuten und Unternehmern, die die englische Brand zu stehen. Der Südbahnhof brennt Konkurrrenz und das System der anglo- indischen Regierung, ebenfalls. Der Hauptbahnhof hat gleichfalls die englische Einfuhr auf Kosten der einheimischen industriel­ernstlich gelitten. Die Regierung hat befohlen, alle len Entwickelung zu begünstigen, in eine heftige Opposition getrieben hat. Aber diese nationale Partei ist nur eine ganz

Amtlich. Großes Hauptquartier, 7. Oktober, abends.

( W. T. B.) Die Kämpfe auf dem rechten Heeresflügel in Frank­ reich  

haben noch zu keiner Entscheidung geführt. Borstöße

der Franzosen   in der Argonnen   und aus der Nord. ost front von Verdun   wurden zurüdgeworfen.

gewehre, auch englische, wurden in freiem Felde genommen. Der Angriff der Russen im Gouvernement Suwalki   ist abgewiesen. Die Russen verloren 2700 Gefangene und neun Maschinengewehre.

-

In Polen   wurden in kleinen erfolgreichen Gefechten weft. Eisenbahnzüge für die Beförderung von Verwundeten und Sünne Schicht, in der es überdies noch wieder verschiedene

lich Jwangorod 4800 Gefangene gemacht.

( Wiederholt, weil nur in einem Teil der Auflage.)

Westlicher Kriegsschauplah.

Der französische   Situationsbericht.

Flüchtlingen bereit zu halten.

Amsterdam  , 8. Ottober.( W. T. B.) Das Handelsblaad" meldet: Das heftige Schießen während der letzten Nacht hat in Antwerpen   eine starke Panit verursacht, be­sonders unter den niederen Klassen der Bevölkerung. Die Bahnhöfe wurden gestürmt, die Züge nach Holland   sind mit Flüchtlingen überfüllt. Die Deutschen   haben den Ueber­

Die

Strömungen oder Richtungen gibt. Die große Masse hat andere Sorgen. Leben doch nicht nur der Kuli, sondern auch der Kleinbauer bezw. Kleinpächter und der Kleinhandwerker durchweg in den allerelendesten Verhältnissen- leicht erklär­lich, da in manchen Gegenden, vor allem im stark bevölkerten Bengalen, die kleinen Bachtstücke selten mehr als 1 bis 2, höchstens 3 Heftar umfaffen. Wenn diese Schichten revol tieren, geschieht es aus Hunger. Tatsächlich sind die Unruhen, den, nichts anderes als Hungerrevolten.

Paris  , 8. Dktober.( W. T. B.) Das amtliche Com- gang über die Nethe erzwungen; Lier und sie bald aus diesem bald aus jenem Distrikt gemeldet wer muniqué von gestern nachmittag 3 Uhr besagt: Auf unserem Contich wurden in Brand geschossen. linken Flügel dauert die Schlacht mit großer Deutschen   dringen durch die Lücke zwischen Contich und Vieur­Heftigteit an; die einander gegenüberstehenden Heere dieu vor und beschießen die innere Fortslinie.

Trotzdem auch in Indien   die industrielle Entwickelung eingesetzt hat, ist diese englische Kolonie doch noch ein fast