yessen uub vergessen zu sehen er wünschen muß al» Crispi, der dreifache Apostat, dessen persönliche Gehässigkeit sprich- wörtlich ist— selbst in Sizilien.— Eine öffentliche feierliche Hinrichtung des Sozialis- mus wird stattfinden in dem Lande der Frösche und Ge- würzkrämer, dem Königreich der Niederlande . Die Genossen A. Not, Sa m. Colthos und Chr. Cor- n e l i s s e n sind nämlich aufgefordert worden, vor Gericht zu erscheinen, weil sie beschuldigt sind, einen Kongreß eines Vereins geleitet zu haben, der auf Ungehorsam gegen die Gesetze undj Ucbcrtretung derselben abzielt und zweitens verbrecherische Absichten verfolgt. Dieser hochverrätherische und verbrecherische Verein ist die sozialdemokratische Partei.— Die Früchte der Propaganda der That zeigen sich in einer hochgesteigerten Erregung der Volksmassen gegen die Anarchisten. Anläßlich des Leichenbegängnisses des durch seine eigene Bombe getödteten Bourdin kam es zu er- regten Szenen. Folgende Telegramme liegen vor: Während des Begräbnisses Bourdin's versuchte die sich in großer Zahl angesammelte Volksmenge die den Zug begleiten- den Anarchisten zu vertreiben und machte sich namentlich große Erregung gegen die ausländischen Anarchisten geltend. Die von der Beerdigung zurückkehrenden Anarchisten wurden mit Knütteln und Steinivürfm von der erregten Menge angegriffen. Die Angegriffenen flüchteten in das Lokal des Auwnomieklubs; die Verfolger zerschlugen die Fensterscheiben des Klubgebäudes. Weitere Demonstrationen wurden durch das Einschreiten der Polizei verhindert. Die Beerdigung Bourdin's auf dem Friedhofe in Finhly verlies ohne größere Störungen. Aus dem Wege nach dem Friedhofe durch die von einer großen Volksmenge besetzten Straßen Londons umgab eine zumeist der Arbeiterklasse angehörige Volksmenge den Leichenzug, rief:„Nieder mit dem Anarchis- mns!" und bewarf den Leichenwagen mit Koth. Auf dem Kirchhofe versuchte der Anarchist Quinn vor der Menge zn sprechen, wurde aber von der Polizei daran verhindert und weggeführt.— Eine Anzahl Studenten derMedizin, denen sich andere junge Leute angeschlossen hatten, zertrümmerte heute die Fenster- scheiden im Klub„Autonomie". Die Polizei stellte die Ruhe her und nahm mehrere Verhaftungen vor. Wir halten das Verfahren der„gebildeten" Studenten für pöbelhaft, aber das ist nebensächlich gegenüber dem Umstände, daß die erregte Volksstimmung in England die Möglichkeit der Aushebung des Asizlrechts näher bringt.— Gladstone läuft jetzt Sturm gegen das englische Oberhaus,— so lautet die liberale Legende. In Wirklich- keit hat Gladstone vor dem Oberhans die Segel gestrichen, indem er sein Haftpflichtgesetz freiwillig zurückzog, weil es vom Oberhaus umgeändert worden ist. Statt den Kampf aufzunehmen, Rückzug mit fürchter- licher Wortkanonade— das ist liberale Taktik. Die Dro- Hungen Gladstone's und seiner Leute lassen das Oberhans kühl— es wird fallen, aber nicht vom Phrasen- Donner der liberalen Mnndhelden, die einst, wenn es wirklich zum Fall des Oberhauses kommt, meist noch mehr zittern werden, als die Herren Lords selbst.— Wegen Wahlfälschung ist ein amerikanischer Geschäftspolitiker des Staates Newyork zu 6 Jahren Gefängniß verurtheilt worden. Was der Herr gethan hat, ist von Hunderten gethan worden, ohne daß eine Be- strafung erfolgte und gehört zu den in Amerika herrschenden Wahlpraktiken. Die 6 Jahre Gefängniß werden auch sicher- lich nicht abgesessen werden! Allein immerhin bedeutet die schwere, wenn auch durchaus gerechtfertigte Verurtheilung, daß es nicht an den Gesetzen liegt, wenn in den Vereinigten Staaten von Nord-Amerika die schmählichste Wahlkorrnption und Wahlfälschung im Schwange ist. Und hierin liegt eine Lehre für diejenigen, welche die Bedeutung des allgemeinen Wahlrechts in den Vereinigten Staaten unterschätzen. Die besten Gesetze sind nutzlos, wenn sie tiicht zur Ausführung gelangen. Gelangen sie aber in einem freien Land, wie Amerika es ist, nicht zur Aus- führnng, so ist dies einzig und allein die Schuld des Volks, das von seinen Rechten nicht genügenden Ge- brauch macht. Und wer Besserung schaffen will, hat nicht über Rechte zu schimpfen, die nur auf dem Papier stehen, sondern dahin zn wirken, daß die Rechte nicht länger b l o s auf dem Papier stehen. In Amerika wie in Frank- reich hat das Volk alle politischen Rechte; benützt es sie nicht und hat unter den elenden Zuständen zu leiden, so hat es nur sich selbst anzuklagen.— Brasilien scheint zu seinem Bürgerkriege noch einen auswärtigen Krwg bescheert zu erhalten. Truppen der Nachbarrepublik B o l i v i a sind in brasilianisches Gebiet eingedrungen.— Ans Brasilien kommt eine wichtige Nachricht— nämlich daß unter der Bürgerschaft von Rio de Janeiro der Wunsch immer allgemeiner wird, die Hauptstadt unter den Schutz der Amerikaner zu stellen. Es ist dies eines der Symptome, welche darauf hindeuten, daß die Vereinigten Staaten zu einer ausschlaggebenden Rolle in den brasilianischen Händeln berufen sind.— pavfcmaiftvidjfim. Einen glänzenden Wahlsieg haben unsere Genossen in Gmünd, einer«rzkatholischen Stadt in Württemberg , errungen. Es handelte sich um die Stadtschultheißen-(Bürger- meister-) Wahl. Der Kandidat der Arbeiterpartei ist trotz der Machenschaften der geistlichen Kainpfhähne mit großer Majorität durchgedrungen. «» Tie Behandlung, welche man in D e» t s ch l a n d p o l i- tischen G e f a n g est e n zu theil werden läßt, ist schon häufig genug seitens der sozialdemokratischen Abgeordneten im Reichstag gegeißelt worden, ohne daß diese Klagen verstummt wäre». Und zwar nicht nur körperlich, durch Anlegen von Ketten, Ein- schränkung von Kost u. s. w. werden bei uns politische Verbrecher und natürlich ganz besonders Sozialdemokraten gepeinigt, auch durch besondere Seelenqualen sucht man ihre Gefängnißstrafen zu verschärfen. Wer erinnerte sich nicht des Falles Peus, und erst kürzlich meldeten wir, daß man dem Genoffen G e- wehr verweigert habe, am Neujahrstage den Besuch seiner Frau zu empfangen, eine Vergünstigung, die man gemeinen Verbrechern wohl zu theils werden ließ. Noch schlimmer verfuhr man mit dem Gen. Ballmann, der wegen Aufforderung zum Streik ein Jahr in der Strafanstalt zu Siegburg zubringen mußte. An einer Stelle, die er stets vor Auge» hatte, war folgende Lektüre angebracht, die von An- sang bis zum Ende seiner Haft dort verblieb, so daß sich der Wortlaut derselbe» ganz deutlich in das Gedächtnis) des Genossen einprägte. Sie lautet: Du bist nun ein gefangener Mann, die eisernen Stäbe deines Fensters, die geschlossene Thür, die Farbe deiner Kleider sagen Dir, daß Du Deine Freiheit verloren hast. Gott hat es nicht leiden wollen, daß Du lange Deine Freiheit� zur Sünde und zum Unrecht mißbrauchst, darum rief er Dir zu:„Bis hierher und nicht weiter!" Die Strafe, welche der menschliche Nichter zuerkannt, kommt vom ewigen Ricbter, dessen Ordnung Du gestört, und dessen Gebote Du übertreten hast. Du bist hier zur Strafe, und alle Strafe wird als ein Uebel empfunden, vergiß nie, daß niemand daran Schuld ist. als Du allein. Aber aus der Strafe soll für Dich ein Gutes hervorgehen: Du sollst lernen, Deine Leidenschaften beherrschen, schlechte Gewohnheiten ablegen, pünktlich gehorchen, göttliches und menschliches Gesetz achten, damit Du in ernster Reue über Dein vergangenes Leben Kraft gewinnest zu einem neuen, Gott und Menschen wohlgefälligen. So beuge Dich unter Gottes gewaltige Hand, beuge Dich unter das Gesetz des Staates, auch unter die Ordnung dieses Hauses beuge Dich. Was sie gebietet muß unweigerlich geschehen. Besser also. Du thust es gutwillig, als daß Dein böser Wille gebrochen wird. Du wirst Dich wohl dabei befinden und die Wahrheit jenes Wortes wird sich an Dir be- wäbren; alle Züchtigung, wenn sie da ist, dünket uns nicht Freude, sondern Traurigkeit zu sein, danach wird sie aber geben eine friedsame Frucht der Gerechtigkeit denen, die dadurch geübt sind. Das walte Gott ! Was schon oft gesagt, es sei hier wiederholt: Deutschland grenzt an Rußland und zwar nicht blos räumlich. In der Züricher Stadtverordn«ten-Ver- s a m m l u n g(Großer Stadtrath) hat die sozialdemokratische Fraktion die Schaffung einer Arbeiterkom Mission für die im städtischen Dienst stehenden Arbeiter beantragt. In der Stadt Lausanne , wo die Sozialdemokraten die Mehrheit haben, wurden ihre drei Kandidaten in den Kantons- rath(Landtag) gewählt. 9 m Todtenliste der Partei. Ein alter Parteigenosse, der Tischler W. Ramm in Hamburg ist am Donnerstag Morgen nach kurzem Leiden an der Berusskrankheit gestorben. Mit ihm verliert die Partei einen bewährten Genossen, denn sowohl während des Sozialistengesetzes als auch bis zu seinem Tode wirkte er unermüdlich für die Partei und bekleidete er mehrfach Vertrauensposten. Der Verstorbene, der nur ein Alter von 37 Jahren erreicht hat, hinterläßt eine Frau und fünf Kinder in bedrängter Lage. Sozislo AeKerkirhk: Der Kampf der Weber und Weberinnen der Gebr. Naundorf in Großenhain wird allem Anschein »ach ein sehr erbitterter werden. Die Anschauung der Kapita« listen, daß der Arbeiter unter keinen Umständen das Recht haben dürfe, in sein Arbeitsverhältniß mit hineinzureden, ja selbst auch nur eine Beschwerde über dasselbe anzubringen, äußert sich recht deutlich in dem Machtspruch, den die Fabrikherren schon jetzt ausspreche» zu müssen glauben: Keine der sechs Personen, welche den Auftrag hatlen, die Beschwerden der Arbeiter vorzubringen, soll je wieder in Arbeit genommen werden. Für die Wahl, die zufällig auf sie fiel, für das Vertrauen, das sie bei ihren Mit- arbeitern genossen, müssen sie extra mit der Hungerpeitsche bestrast werden— so will es die kapitalistische Moral. Berichtigend zu dem in unserem Blatt vom 22. d. Mts. enthaltenen Aufruf fei noch mitgetheilt, daß die Angabe, daß viele Arbeiter der be- treffenden Fabrik nur bis 8 Mark verdienen, sich nur aus die sogenannte Berliner Arbeit bezieht. Diese wird nicht nach der Lohntabelle bezahlt. Von der sonst üblichen Lohntabelle soll ein Abzug von 20 pCt. gemacht werden. Es wäre das immer noch ein ganz bedeutender Rückgang des Lohnes, der schon ein sehr niedriger genannt werden muß. Die Arbeiter der Firma Gebrüder Brünner, Wien , haben ihrem Chef folgende Forderungen gestellt: 1. Neun- stündige Arbeitszeit; 2. 50 pCt. Zulage bei nothwendigen Ueber- stunden; 3. 10 pCt. Zulage für alle diejenigen Arbeiter, welch« derzeit einen Wochenlohn unter 10 fl. habe», ohne Unterschied des Geschlechts; 4. Anerkennung der Vertrauensmänner; 5. Die Akkordpreise müssen den Arbeitern vor Beginn der Arbeit be- kannt gegeben werden.— Die Frist, welche den Fabrikanten gegeben worden, läuft mit dem 1. März ab, und da es fraglich ist, ob diese auf die Forderungen eingehen werden, so ersucht uns das Komilee, schon jetzt die deutschen Klempner, Gießer, Lackircr, Gürtler, Broncearbeiter, Melalldrücker und Dreher darauf aufmerksam zu machen, daß sie etwaigen Arbeitsangeboten nach dort nicht Folge leisten. Es ist sehr wahrscheinlich, daß es in der betreffenden Fabrik zu einem allgemeinen Ausstand aller Ardeiter kommen wird. Ein neues Mittel den Nothstand zu beseitigen, hat der Magistrat der Stadt Guben entdeckt. Wir wollen der staunen- den Welt dies Mittel nicht vorenthalten. Der Gubener Magistrat ist zu der„Ueberzeugung"(!) gekommen, daß—„seit der Entstehung der Stationen die Zahl der Vagabondcn be- deutend gestiegen ist"; während im Jahre 1887 nur 1500 Per- sonen die hiesige Station besuchten, betrug die Zahl im Jahre 1893 schon 5000. Die Kosten hierfür wuchsen in diesem Zeit- räum von 710 auf 2740 M. Der Mogistrat ist der Ueber- zeugung, daß sich diese Einrichtung nicht bewährt habe, und daß durch dieselbe das Bagabondenthum nicht unterdrückt, sondern begünstigt wird. Guben wird also seine Station aufheben und die Vagabondage ist— Geschwindigkeit ist keine Hexerei— beseitigt. Weiblich« Straßenkehrer. Das Sparsystem greift immer weiter um sich, natürlich an der falschen Stelle. Nach dem Ver- waltungsbericht der Stadt Königsberg wurde im Jahre >892/93 die Straßenreinigung durch Frauen vorgenommen. Im Berichtsjahre waren deren 98 beschäftigt,„welche je nach der Größe ihrer Reviere und je nachdem die Reinigung in denselben wöchentlich dreimal oder sechsmal zn geschehen hat, einen Lohn von 10,50 Mark(!) bis 18 Mark(!) monatlich erhielten." Schlimmere Ausbeutung kann ein Privatunternehmer auch nicht betreiben. (Bevickiks-Bsikmtg. Das NechtSverhaltuiß zwischen Miether und Per- miether beschäftigte gestern die Strafkammer des Landgerichts. Ein Kaufmann Levy hatte von einem Zimmermeister Engelke in Teltoiv einen Laden nebst Wohnung und Kellerraum gemicthet. Das Geschäft ging schlecht und Levy wollte gern ausziehen. Als am 15. März v. I. Eugelke Abends zufällig an seinem Hause vorüber kam, bemerkte er, wie vor dem Ladep ein Möbelwagen stand und Levy gerade im Begriffe war, alle Sachen aus dem Laden herauszuschaffen. Er verbot unter ausdrücklicher Gelteudma chung seines Retentionsrechtes die weiter« Fortschaffuug der Sachen und da dieser Aufforderung keine Folge geleistet wurde, schloß er den Laden von innen zu uuv verwehrte dem Levy den Eintritt. Levy aber ver- schaffte sich gewaltsam Zutritt zu dem Laden, indem er eine Scheibe einschlug uuv auf diese Weise eindrang. Die Folge war eine AnNage wegen Rückens und Sachbeschädigung. Der Angeklagte behauptete, daß er zur Zahlung der Miethe überhaupt nicht verpflichtet sei, weil Engelke ihm plötzlich den einen Kellerraum widerrechtlich entzogen und in demselben eine Tischlerei eingerichtet habe. Im Zivilprozeß wurde thatsächlich Engelke mit seiner Forderung in erster Instanz abgewiesen, weil das Gericht annahm, daß Levy in dem Besitze des Ladens durch Entziehung des Kellers geschmälert worden sei. In der zweiten Instanz wurde jedoch dieses Unheil vom Landgericht ausgehoben »nd Levy zur Zahlung der Miethe verurtheilt. Im Strafverfahren beantragte der Staatsanwalt wegen beider zur Anklage stehender Strafthaten 15 M. Geldbuße. Dagegen hob der Rechts- anwalt Dr. Haase in längeren juristischen Ausführungen her- vor, daß gegen den Angeklagten der strafrechtliche Dolus nicht festgestellt werden könne. Wenn selbst das Amtsgericht der Mei- nung gewesen, daß der Angeklagte Miethe überhaupt nicht zn zahlen habe, so habe doch gewiß der Angeklagte als Laie die rechtliche Auffassung haben dürfe», daß er beim Auszuge seine Sachen mitnehmen dürfe. Was das Zertrümmern der Scheibe anbetreffe, so habe der Angeklagte gar nicht die Absicht gehabt, die Scheibe zu beschädigen, sondern um sich den Eintritt in seinem Laden zu verschaffen. Der Vorsitzende schloß sich in allen Punkten der juristischen Auffassung der Vertheidigung an und erkannte auf Freisprechung. Wege» Vergehens gegen das NahrungSmittelgesetz hatten sich am Freitag wiederum mehrere Geschäftsleute vor dem Rixdorfer Schöffengericht zu verantworten. Sie erhielten eine sehr milde Slrafe. Wegen Verkaufs verfälschten Chokoladen- pulver- wurde der Kaufmann Hermann Jenner aus Britz zu 0 M. Geldstrafe oder 2 Tagen Haft, seine Ehefrau zu 9 M. event. 8 Tagen Haft, wegen Verkaufs von Kunstwein als Medizinal- Tokayer der Kaufmann Karl Stephan aus Rixdorf zu 5 M. event. 1 Tag Gefängniß verurtheilt. Ziterarisches. An die Scholle gefesselt. Drama aus dem Arbeiterlebe» in 1 Akt. Von P a u l G e n t. Moderne Zivilisation. Scharf politisches Kauplet aus „Ravachol ". Bon Paul Gent. Musik von B. S t r z e- Genosse A. Hoffmann in Pankow ist ein rühriger Geschäfts- mann. Gewiß! Im Verlaufe einiger Monate sind aus seinem Verlage hervorgegangen: Verschiedene Agitationsbroschüren und Flugblätter, eine Dorfgeschichte, ein Bilderbuch für Kinder, und unter dem Titel„Vorwärts" eine Sammlung politisch- ernster und humoristischer Vorträge, Kouplets. Duetts und Lieder, sowie Theaterstücke mit leichter Klavierbegleitung. Zwei Stücke aus dieser Sammlung liegen uns heute vor:„An die Scholle gefesselt" ist ein Einakter, bestimmt, in Arbeiter- vereinen ausgeführt zu werden. Wir können das Opus nicht empfehlen. Schon der Titel enthält ein schiefes Bild. Eine Scholle ist doch keine Wohnung. Und um eine solche, und zwar um eine, die der Unternehmer seinem Ar- beiter beigestellt, handelt es sich in dem Stücke. Seit wann fahren denn die Fabrikanten mit Hirschfängern zur Jagd, und wo in aller Welt stolziren sie mit diesem Gewaffen im Gürtel von der Besperpause bis Fabrikschluß einher? Paul Gent kennt nichts vom Leben und er hat keinen Dunst von dem. was mmi Kunst nennt. Die Lesefrüchte, welche seine Schemen in Monologen zum Vortrag bringen, sind gut, aber das ist nicht sein Verdienst. Gent versteht weder einen Charakter zu zeichnen, noch eine Szene aufzubauen, seine Sprache ist die der Zeitungen und von dem, was die Grundlage einer jeden Kunst ist, vom Handwerk, hat er auch nicht eine Spur. Und doch wollte er seinem Opus die äußere Form eines Kunstwerks geben? DaS war ein mehr als beherztes Unterfangen.— Noch weniger läßt sich von der„Modernen Zivilisation" sagen. Der Text besteht aus mit Müh und Roth in das Thema gepreßten, mit Ach und Krach in Reime gebrachten Kurzzeilen, die„Musik" ist nach einer abgedudelten Wiener Volkssängermelodie gepfiffen. Zum Schluß noch eine Bemerkung. Daß das arbeiteilde Volk nach Kunst und Schönheit verlangt, wie ein jahrelang brach ge- legener Acker nach den segenspendenden Wasserfluthen, beweift das Blühen und Gedeihen der„Freien Volksbühne ." Wer aber dieses Sehnen mit nichts anderem befriedigen kann, als mit dramatischen Neu-Ruppuier Bilderbogen und inhaltlosem Tingel- Tangel-Gezirpe, der lasse die Hand vom Pfluge. Wenigstens braucht er dann nicht zusammenzuzucken, wenn die Rede geht, von den Fabrikanten von Kolportage-Schmierereien. Vermiltl|kes: Wem« man sich verspricht! In der bayerische » Ab- geordnetensitzung entfesselte der konservative Abgeordnete Lutz einen Heiterkeitssiurni, als er zur Viehversicherung eine Vieh- versicherungs- Gesellschaft kritisirend bemerkte:„Meine Familie war bei ihr seit 1870 versichert." Dieser unfreiwillige Witz des Herrn Lutz erinnert uns an einen ähnlich durchschlagenden rednerischen Effekt eines früheren Parteigenosse», des„Renommirbauers". Im deutschen Zoll- Parlament begann der Agrarier Niendorf eine Rede mit den schmetternden Worten:„Meine Herren Ochsen, Esel" u. s. w. Das schallende Gelächter der unabsichtlich be- leidigten Zuhörer machte den Redner zwar stutzig, aber ließ ihn nicht merken, daß er das Ausrufungszeichen nach„Meine Herren"! in der Hitze des Gefechts vergeffen hatte. Es mußte ihm erst gesagt werden. Mit Vieh aber haben diese Herren Agrarier es immer zu thun. Gent , 22. Februar. In der Pulverfabrik von Wetteren flog heute Mittag kurz vor 12 Uhr aus noch unbekannter Ursache die Trockenkammer mit 0000 Kilogr. Pulver in die Luft. Nur dem Umstände, daß die Fabrikuhr eine Viertel- stunde zu früh ging und die Arbeiter infolge dessen schon zum Miltagessen nach Hause gegangen waren, ist es zu verdanken, daß Menschenleben nicht verloren sind. Ein einziger Arbeiter, der in der Nähe der Fabrik auf freiem Felde seine Mahlzeit einnahm, wurde leicht verletzt. Die Trockenkammer ist voll- ständig zerstört und auch die umliegenden Gebäude wurden stark beschädigt. Im Jahre 1880 war die ganze Fabrik in die Lust ge- flöge» und gegen 30 Menschen dabei ums Leben gekommen; seitdem sind die verschiedenen Pulvcrmühlen und sonstigen Gebäulich- leiten der Fabrik vollständig getrennt von einander, so daß eine große Katastrophe nicht mehr leicht vorkommen kann. Obwohl Gent nahezu 3 Stunden von Wetteren entfernt ist, war hier der Knall so deutlich vernehmbar, als ob in der Stadt selbst eine starke Explosion erfolgt wäre. Dcpcsrlietl. (Wolff'S Telegravbeu-Bureau.? Wie», 24. Februar. Der Hauptkassirer der Staatsschulden- lasse, Adolf Ferles, ist nach Unterschlagung von 102 000 Gulden flüchtig geworden. Paris . 24. Februar. Das Schwurgericht verurtheilte den Schriftsteller Grave wegen Abfassung einer anarchistischen Bro- schüre zu 2 Jahren Gefängniß und 1000 Franks Geldstrafe. Rom , 24. Februar. In der heutigen Sitzung der De- putirtenkammer begründete zunächst der Deputirte Bonajuto seine Interpellation über die Verhaftung des Deputirten de Felice Ginssrida. Darauf begründete Jmbriani seine Jnter- pellalionen über diese Verhaftung, über die Proklamirung des Belagerungszustandes und über das Borgehen der Miltär- gerichte. Im Laufe seiner Rede beschuldigte er die Regierung, mehr als 15 Versassuugsartikel verletzt zu haben. DriekkaNet» der DedsKkion. W. K. 250. Sie können nicht befreit werden. R. Darüber giebt es keine Taxe. Geben Sie ihm 1—2 M. H. Z. 101. Sie können beim Amtsgericht I, Neue Friedrich- straße 13, zu Protokoll Einspruch gegen den Bollstreckungsbefehl erheben, sofort!— Sie können auch Beschwerde an das Amts- geeicht I richten, weil die Uhr Ihnen unentbehrlich ist. Wenn Sie aber den Arzt geholt haben, werden Sie wohl zahlen müssen.
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