diese Exvausiou aus dem Wege räumen. So kommt es. daß die Welle des Patriotismus und der Kriegsbegeisterung in Nußtand jetzt wirklich groß und stark ist. Das besagt schon, daß sie auch das„Volk" beeinflussen niuß. Bei den Volksmassen entfacht sich die Kriegsstimmung an den Erzählungen von der Unterdrückung des„recht- gläubigen Volkes" in Oesterreich , die in den letzten Jahren durch die immer weiter ins Volk eindringende liberale und reaktionäre Presse verbreitet wurden, und denen die Ruthenen- Prozesse in Mamaros-Sziget und Lemberg reiche Nahrung gaben. Es wird der noch nicht ausgerottete Glaube an den Zaren wieder lebendig, dem Führer des„rechtgläubigen großen Rußland ". Dazu kommt die Abneigung gegen den „Niemec", den Deutschen , wie sie im Kleinbürgertum in Land und Stadt seit langem lebt. Deutsch war ja die höhere Bureaukratie, als deutsch galt diesen unaufgeklärten Schichten alles Fremde und darum feindliche, selbst wenn es mit dem Deutschtum nichts zu tun hatte. Jetzt nützen die Regierung und die kriegsfreundlichen herrschenden Schichten all das aus, um das Bauerntum und das Kleinbürgertum mitzureißen, mit dem nötigen Elasi zu erfüllen. Die Arbeiterklasse aber lebt nicht außerhalb dieses Milieus, sondern mitten in ihm. Sie steht ja zudem in Ruß- land sozial, psychologisch und kulturell den Bauernmassen viel näher als in Westeuropa . Daß unter solchen Umständen die geschilderte Stimmung auch sie beeinflussen muß, ist klar. Was ihre Vordcrreihen anbetrifft, die sozialdemokratische Arbeiterschaft, stand sie vor dem Kriege bekanntlich inmitten großer Streiks mit ausgeprägt revolutionärem Charakter. Es ist irrig, zu behaupten, die Arbeiter hätten diese Streiks unterbrochen, weil die Kriegsgefahr einen Patriotismus in ihnen erweckt habe. Die Sache liegt vielmehr so. Die Ar- beiter waren durch die Massenstreiks der letzten Wochen vor dem Kriegsausbruch zum Teil schon erschöpft. Da kamen die wütenden Schläge der Konterrevolution. Die Regie-ung unterdrückte die Arbeiterpresse, warf Hunderte der aufgeklärten Arbeiter, der organisatorischen Führer der Bewegung, in die Gefängnisse und nahm auch einen Teil der politischen Führer fest. Sie tat es, um freie Hand für ihr Kriegsspiel zu ge- Winnen. So kam es, daß die russische Sozialdemokratie in der Zeit des Kriegsausbruchs geschwächt und desorg rnisiert, nicht fähig war, ihre internationale Pflicht zu erfüllen: den Widerstand gegen den Krieg mit allen Mitteln zu leisten. Als dann auch die sozialdemokratischen Arbeiter Rußlands vom Schauplatz ihres inneren Krieges gegen den Zarismus auf die Schlachtfelder des Weltkrieges marschieren mußten, waren sie ganz gewiß nicht kriegsbegeistert, aber mancher von ihnen mag gedacht haben: die Niederlage des Zarismus wird die Revolution bringen; sein Sieg würde solche Anstrengungen erfordern, daß er für den Zarismus ein Pyrrhussieg sein muß. In jedem Falle wird Rußlands Marschtempo in der Richtung des wirtschaftlichen und politischen Fortschritts be- schleunigt. Die Sozialdemokratie Rußlands als Organisation wurde also durch den Krieg gänzlich desorganisiert. Trotzdem war sie politisch und moralisch stark genug, um die einzige ihr zur Verfügung stehende Tribüne, die Duma, dazu aus- zunützen, um jede Verantwortung für den Weltkrieg ab- zulehnen; um dem Volke zu sagen, daß der Zarismus ihn nicht wegen der Interessen des Volkes, sondern gegen sie führt. Wenn in manchen deutschen Parteiblättern behauptet wird, daß das Verlassen des Saales durch die beiden Fraktionen der russischen Sozialdemokratie in der Duma nach dem Verlesen ihrer Deklaration eine schwächere Form des Protestes war, nämlich nur eine Stimmenthaltung statt einer Ablehnung der Kredite, so ist das unrichtig. In der Duma galt bisher das Verlassen des Saales als die stärkste Form des Protestes und so wurde auch die Haltung unserer tapferen Genossen in den russischen Parteireihen empfunden:
?m vöberitzer Gefangenenlager. In den ersten elf Wochen des Krieges hat die Zahl unserer Kriegsgefangenen bereits eine stattliche Höhe erreicht. Am 2t. Oktober befanden sich in deutschen Gefangenenlagern nicht weniger al» Franzosen: 2472 Offiziere, 146 897 Mann. Russen: 2164, 104 524. Belgier : 547. 31878. Engländer: 218, 8 669» DaS ergibt eine Gesamtzahl von 296869 Kriegs» gefangenen, ungerechnet diejenigen, die sich an diesem Tage noch auf dem Transport befanden. ES liegt auf der Hand, dag eS nicht leicht sein konnte, für diese Massen fremder unvorhergesehener Gäste angemessene Unterkunft zu beschaffen. Manches mutzte erst provisorisch hergerichtet werden, um später ausgebaut zu werden. Auch in Döberitz befindet sich noch dies und das„in Tntwickelung". Leicht und lustig dehnt fich auf der herbstlichen Ebene das„Sommerlager" derKriegSgefangenen mit seinen weihen und gelben Zelten; aber dahinter erhebt fich doch auch schon, au» festen Holzbaracken bestehend, daS im Bau begriffene, solidere„Winter- loger". In dem zweiteiligen Zeltlager sind zurzeit etwa 4000 Gefangene untergebracht, in ihrer überwiegenden Mehrzahl Engländer; erst in den letzten Tagen haben die Berliner Lazarette auch etwa» über hundert Franzosen und einige Dutzend Belgier hingeschickt. Bunt genug sieht es deshalb doch zwischen den Zelten au». Mit den vorherrschenden gelben Kakiuniformen der eng- lischen Marinesoldaten mischen fich blaue Matrosenblusen, zwischendurch auch die dunklen Uniformen der Belgier , die langen blauen Röcke und roten Hosen der französischen Infanterie, ein paar weite weitze Plumphosen von Zuaven; auch sieht man hier und da die nackten Knie und kurzen Röckchen der schottischen Hoch- länder. Ganz auf der Höhe sind die Uniformen oft nicht mehr. Zivilmäntel und Zivilmützen müffen aushelfen, und mancher Rock, manche Hose ist arg beschmutzt und zerrissen. Die meisten haben ja auch schon ein Stück Feldzug mit Gewaltmärschen und regnerischen Nächten im Schützengraben hinter sich; einige hundert Engländer steilich wurden in Antwerpen gefangen genommen, ehe sie auch nur irgendwie ins Gefecht gekommen waren. Was drauf gegangen ist, kann erst nach und nach ergänzt werden. Vorderhand hat man begonnen, dort, wo es am ärgsten war, die durchgelaufenen Stiefel durch bester« zu ersetzen, die von unseren Truppen vor dem Ausrücken in» Feld getragen wurden. Zum Schutz gegen die Kälte der Nacht hat autzerdem jeder Gefangen« zwei wollene Decken bekommen, dazu sein Etzgeschirr und— ein Stück Seife. Augenschein und Bekundungen der deutschen Lagervorgesetzten stimmen darin überein, datz die Döberitzer Gefangenen die Wohltat dieser letzten Gabe wohl zu würdigen wissen. Man ist in Döberitz sehr für die Reinlichkeit, und selbst hxi trübem, kaltem Wetter drängen sich die Gefangenen vor der Wasserrinne, um dort halbnackt den Oberkörper abzureiben.
als die schärfste Protestkundgebung. Die Sozialdemokratie Rußlands wird sich von ihrem Kampfe gegen den Zarismus durch keine Kombinationen inneren oder äußeren Charakters zurückhalten lassen. Ich muß jedoch hinzufügen, fügte zum Schlüsse Genosse Axelrod hinzu, daß nationalistische Stimmungen und Tendenzen auch in unseren revolutionären Kreisen bis in die Sozialdemokratie hiirein eingedrungen sind. Ich hoffe jedoch, daß es, soweit die Sozialdemokratie in Betracht kommt, in sehr beschränktem Maße geschah. Manche Genossen scheinen die Hoffnungen der Liberalen zu teilen und sind geneigt, zu glauben, daß der durch den Krieg entfachte nationale Auf- schwung, wie der Krieg auch enden mag, sich in einen politi- schen Aufschwung verwandeln werde. Am stärksten werden aber, wie nur scheint, die Geister in den Reihen der russischen Sozialdemokratie durch die Sorge um das Schicksal des demo- kratischen Frankreichs beherrscht.... Ein russisches Sprichwort lautet:„Nichts Böses ohne Gutes." Auch die anläßlich des Krieges elementar aus- gebrochenen chauvinistischen Strömungen in den breiten Volksmassen und in bürgerlichen Schichten bis in die demokratische Intelligenz hinein enthält in sich etwas Positives. Sie sind nämlich ein Symptom und eine Folgeerscheinung des gewaltigen Fortschritts, den das Zarenreich auf seiner historischen Bahn zur völligen Umwandlung in einen modernen kapitalistischen Staat machte. Darin liegt aber auch die Gewähr, daß, wie auch der Krieg enden mag, er die Klassenbewegung unserer Arbeitermassen nicht aufhalten, sondern vielmehr einen mächtigen Anstoß zu ihrer weiteren EntWickelung geben wird.... vom öfterreichisch-serbischen Kriegsschauplatz. Serbische Niederlage in Sosmen. Wie«, 24. Okteber. lW. T. B.) Amtlich wird verlautbart: 23. Oktober: Die starken serbischen and woatenegrinische« Kräfte, welche seinerzeit über die von Truppen entblößten südöstlichen Grrnzteile im östlichen Bosnien eingedrungen find und die einheimische moSlimische Bevölkerung auch mit einer zügellosen Horde von plündernden und mordenden Freischaren heimgesucht haben, wurden am22. d. M. nach dreitägigen erbitterten Kämpfen im Räume beiderseits der S t r a ß e M o kr»— R e g a- tica geschlagen und zum eilige« Rückzüge ge- z w u n g e n. Die Details dieses Treffens, in welchem unser» Truppen unvergleichlich bravourös gekämpft und den Gegner aus mehrere» hintereinander gelegenen befestigten Stellungen mit dem Bajonette wiederholt geworfen habe», werde« wegen der im Zuge befindlichen weiteren Aktionen der nächste« Berichterstattung vorbehalten. P- t i o r e k, Frldzeugmeifier. Der Seekrieg. die Vernichtung ües„hawke* amtlich bestätigt. Berlin , 24. Okt.<W. T. B.) Di» bereits früher nichtamtlich ge- meldete, am 13. Oktober mittags erfolgte Vernichtung drS englischen Kreuzers„Hawke" durch ein deutsches llutersee- loot wird hierdurch amtlich bestätigt. DaS Unterser- d o» t ist wohlbehalten zurückgekehrt. Am 20. Oktober ist der englische Dampfer„Glitra" an der norwegischen Küste von einem deutscheu Nntersreboot durch Oeffnen der Ventile versenkt worden, nachdem die Besatzung auf Auffordrrung daS Schiff in den SchiffSbootrn verlaffen hatte. Der Strllvtrtretende Chef de» Admiralstate». Behacke.
m Hrunö gelaufen? London , 23. Oktober. (W. T. B.)„TimeS" meldet: Das britische Torpedoboot„Dryaden" ist an der Nordküste Schottlands auf Grund gelaufen. Die Mannschaft wurde gerettet. Opfer ües Ninenkrieges. Goetetorg, 23. Oktober. fW. T B.) Der schwedische Dampfer„Alice", mit einer Koksladung von London nach Goeteborg unterwegs, ist autzerhalb Loweftofl auf eine Mine g e» stoßen. Von der Besatzung werden neun Mann vermißt.
Eine Marinekonvention üer Tripelentente. Wien , 24. Oktober. (W. T. 93.) Die..Reichspost" meldet aus Sofia : Die letzte Nummer der in Petersburg erscheinenden Zeitung„Nowoje Zwono" berichtet, daß vor einigen Tagen auf Verlangen Englands eine neue englisch-französisch- russische Marinekonvention abgeschlossen worden sei, derzufolge der Oberbefehl über die russische baltische Flotte und über die Schwarze-Meer-Flotte den Engländern übertragen werde. Großbritannien verpflichte sich gleich- zeitig, diese Flotten durch eigene Geschwader zu verstärken. Das Blatt fügt hinzu, daß die Forderungen Englands nach unbedingter Unterordnung der französischen und der russischen Admirale unter den englischen Flottenkommandanten von Frankreich anfangs bekämpft worden sei. Rußland da- gegen habe dem Vorschlage sogleich zugestimmt. Annexion von Süüalbanien üurch Griechenland? Konstantinopel , 24. Oktober. (W. T. B.) Nachrichten über eine verschleierte Annexion des Epirus durch Griechenland erregt die lebhaste Aufmerksamkeit der hiesigen Kreise.„Jeune Tuerc" schreibt: Die Annexion könnte nicht ohne Protest geschehen. Die I n t e r» vention der Türkei sei in jeder Beziehung gerecht- fertigt, da die Archipelinscln Griechenland gegen Preisgabe seiner Ansprüche auf Südalbanien überlassen worden seien. Auch Bulgarien sei in dieser Frage interessiert, da die Vergrößerung Griechenlands das Gleichgewicht ändere. ES erweise sich»nieder einmal, daß die Interessen der Türkei und Bulgariens identisch seien. Kämpfe mit Albanern. Athen , 23. Oktober. (Meldung der„Agence d'StheneS".) Au» Janina wird vom 21. Oktober gemeldet: Gestern ftüh unter- nahmen albanische Streitkräfte au» Latsani und Gakesfi einen Angriff auf die Truppen des autonomen E p i r u». Die Albanesen ziehen gegen Klissura. Heute wird gemeldet, datz der Kampf andauere und eine zweite albanische Streitmacht gegen Marglani vorrückte und die Borposten der Epiroten bei Kolonia angriff. Pörsten unü Rußland. Konstantinopel , 24. Oktober. (W. T. B.) DaS Persische Blatt„Häver" erfährt aus Teheran : Der russische Gesandte hat bei Ueberreichung der russischen Antwortnote. in der mitgeteilt wird, daß Rußland seine Truppen aus Aserbeidschan nicht zurückziehen könne, die Erklärung ab- gegeben, daß, wenn der gegenwärtige Krieg sich weiter der- wickle und wenn Persien die Neutralität be» wahre. Rußland seine Truppen zurückziehen und die Unabhängigkeit PersienS gewährleisten werde. Die russische Antwortnote ist im persischen Minister- rat übel aufgenommen worden. Der Ministerrat bereitet eine neue energische Note vor. Die ganze persische Nation billigt die Haltung des Kabinetts.
Trotz der Reinlichkeit— etwa» wild und unzivilisiert sehen nicht wenige aus; da» macht neben der Kleidung vor allem der Bart- wuchs. Aber auch hier hat die Lagerverwaltung ein Einsehen gehabt: Bartmeffer und Haarschneidemaschine sind ins Lager gekommen und haben ihre Arbeit begonnen. Und im Eingang eines Zelte», wo da» Licht voll hineinfällt, sieht man ein idyllische» Bild: Da hat der Haar- künstler sein Lager aufgeschlagen und zieht eben durch den dunklen Schopf eines gefangenen Kameraden, der vor ihm auf dem Boden hockt, mit seiner Schneidemaschine eine breite helle Furche..... Im allgemeinen scheinen sich die Döberitzer Gefangenen nicht eben schlecht zu stehen. Gewiß, beneidenswert ist ihre Lage nicht. Sie sind in ihrer Bewegungsfreiheit beschränkt durch die DrahtzSune des Lagers und sehen jenseits de» Zaune » die deutschen Landsturmleute mit aufgepflanztem Bajonett aus und ob patrouillieren. Sie scheinen denen, die in da» Lager hineinkommen— freilich ist der Zutritt dem Publikum nicht ohne weiteres gestattet— wie so eine Art Sehenswürdigkeit und haben das bedrückende Gefühl der Ungewißheit über da», wa» da draußen in der Welt, in ihrer Heimat vorgeht. Sie müffen viele Bequemlich- leiten entbehren und werden jetzt auch die Küble der Nacht in ihren luftigen Zelten oft schon recht unangenehm empfinden. Aber im großen ganzen hat die deutsche Heeresverwaltung doch so für sie gesorgt, daß sie nichts Notwendiges zu entbehren brauchen. Man hat die Ge- fangen«» möglichst nach Nationen und Regimentern beisammen gelassen, unter den Engländern aber Söldner und Freiwillige einigermaßen geschieden, ohne im übrigen auf Standesunterschied« Rücksicht zu nehmen,— und für jede» Zelt einen Vorgesetzten au» den Reihen der Gefangenen selbst bestimmt. Die Zelte find primitiv, aber immerhin geräumig. Je 250 bis 300 Gefangene haben zusammen in einem ihr Nachtlager, aui einem mit Holz- wolle gefüllten Sack bestehend, den die beiden gelieferten Decken vervollständigen müssen. Ein paar primitiv« Tische und Bänke, und ein paar Petroleumlampen bilden das übrige„Inventar" dieser Zelte. Zwischen ihnen die Rinne mit fließendem Waffer, etwa» abseits die Latrinen, die an„Ursprünglichkeit" allerdings nicht viel zu wünschen übrig lassen. In einer Ecke eine Kantine, in der die Gefangenen sich Kuchen, Zigarren, Marmelade und hundert andere Sachen, nur keine Spirituosen, kaufen können, und endlich da» Wirtschaftsgebäude, in dem an der Spitze seiner englischen Helfer ein deutscher Küchenchef seines Amtes waltet. .Ein Teil der Gefangenen hat jeden Tag zur Arbeit an- zutreten. Die Zeltkorporale treffen die Auswahl derer, die jetzt „dran" find. Die Ausgewählten sieht man dann bald bei allerlei Arbeiten im Lager selbst, oder auch, wie sie auf den Wegen ring». um zu einigen Dutzend, von deutschen.Landstürmern" geleitet. einen Wagen ziehen, Erde schaufeln, Wege reinigen usw. Die nicht zur Arbeit Kommandierten müssen sehen, wie sie sich die Zeit vertreiben. Immerhin gibt e» genug Möglichkeiten. Tie einen spielen„Tritten abschlagen", die anderen vergnügen sich mit Karten in der Hand, wieder andere sitzen über Büchern, die da» amerikanische Konsulat zur Verfügung gestellt hat; die meisten lagern schließlich ohne Beschäftigung herum. Tie Möglichkeit,
Briefe zu schreiben oder auch zu erhalten, ist erfreulicherweise gegeben.' Sehr erwünscht ist e» natürlich immer, wenn die Stunde de» Essen» kommt. Morgens gibt e» Kaffee und ein halbe» Kommißbrot; de» Mittag» irgend eine Suppe,«in Gemüse mit 90 Gramm Fleisch darin; abends Thee , Kaffee, Haferschleim oder Kakao. Bei der Speisenabholung tritt jeder mit seinem Eßnapf an ein Fenster der geräumigen Küche, in der eine Reihe riesiger Bottiche besorgt wird. Mit militärischer Fixigkeit hat jeder seine Nahrung in Empfang zu nehmen und seinem Nachfolger Platz zu machen. Wer fich wider die„Lagerdisziplin" versündigt, erhält kein« Speise und hat außerdem seinen Aufenthalt auf einer kleinen An- höhe zu nehmen, von der aus ein Wachkommando das Lager über» schaut. Viele solcher Sünder scheint es im allgemeinen nicht zu geben. Die Gefangenen machen im ganzen keinen unfreundlichen Eindruck. Junge und Alte sind unter ihnen. Hier ein Korporal, der zu erzählen weiß, daß er schon seit 34 Jahren im Dienst steht, schneeweiße» Haar auf dem Kopf. Dicht neben ihm ein Bürschchen, kaum den Kinderschuhen entwachsen. Aber sie scheinen sich mit einander zu verstehen. Krieg und Gefangenschast mögen sie sich gegenseitig nahegebracht haben. Sie plaudern ein- trächtig miteinander und lachen lustig, daß dem jungen Burschen die weißen Zähne nur so funkeln.--- In dem Winterlager wird noch fleißig geschafft. Etwa 500 einheimische Arbeiter bauen an den Holzbaracken, und rund 800 Gefangene sind mit Nebenarbeiten beschäftigt. Für 10 000 bis 16 000 Mann soll hier Unterkunft besorgt werden; für je 1000 bis 1500 ist ein Komplex von zehn Unterkunstshäusern mit einem Wirt- schastSgebäude und Zubehör vorgesehen. Was bereits fertig ist, wirkt solide und dauerhaft. Jede der Baracken enthält zwei größere Räume für je etwa 50 Mann, dazu zwei Stuben für Korporale. Alle Räume haben elektrische» Licht und je einen oder zwei kleine Oefen. Da» Wirtschaftsgebäude hat mqderne Küchenanlagen und einen Kantinenraum. Die Latrinen find sauber und angemessen. Tin Hau» mit Douschen, Ankleideräumen und Wascheinrichtungen ist im Bau. Darüber kann kein Zweifel bestehen, daß sich die Gefangenen hier wohler und wärm erfühlen werden als in den Zelten. Wie es heißt, soll dieses Barackenlager Mitte nächsten Monat» bezogen werden. Hoffentlich wird der Bau nach Möglichkeit be- schleunigt, denn e« wird immer kühler und unangenehmer im Freien.... E» ist nur zu loben, wenn die Heere»verwaltung die Ge- sangenen menschlich und freundlich behandelt. Sie haben ja rnchts Unehrenhaftes begangen. Und nicht nur da« Gefühl der Menschlichkeit mutz uns gebieten, den Gegnern ihre Gefangenschaft erträglich zu machen, auch die Rücksicht auf unsere eigenen Brüder, die von den anderen gefangengenommen wurden, mutz uns raten, keine falsche Härte zu zeigen. Wir dürfen hoffen, daß eine gute Behandlung der Gefangenen bei uns doch auch dahin wirkt, daß unsere Gegner den bei ihnen Gefangenen entgegenkomme«.