nicht, um dem Hebel abzuhelfen. DaS Vorgehen einzelner Gemeinden kann sogar leicht dazu führen, daß in ihrem Gebiet nicht mehr die erforderlichen Kartoffelmengen zum Verkauf gestellt werden. Die Festsetzung der Höchstpreise wird vielmehr an den- jenigen Stellen einsetzen muffen, wo der übermäßige Gewinn ge- macht wird. DaS scheint aber nicht der Kleinhandel zu sein, sondern der Großhandel oder der Verkauf durch den Landwirt. Ob die Festsetzung von Höchstpreisen gegenüber den verwickelten wirtschaftlichen Verhältnissen, die durch die Preissteigerung und die Hoffnung auf weiteres Steigen der Preise schon eingetreten find, als Gegenmaßregel genügen wird, dürfen wir der Er- wägung des Bundesrat» anheimstellen. ES könnten Maßnahmen ins Auge gefaßt werden, durch die die Verteilung der Kartoffeln an die Bevölkerung beeinflußt wird; der äußerste Schritt dieser Art würde der ZwangSeinkauf sämtlicher Kartoffeln durch da« Reich und der von Reichs wegen geordnete Weiterverkauf an die Bevölkerung sein. Gegenüber Mißständen, die etwa im Kleinhandel bestehen,. kann die Einführung einer Pflicht deS Verkäufers, Art und Preis der Kartoffeln durch Anschlag bekannt zu machen, in Frag« kommen. Diejenige Maßregel aber, die unsere» Dafürhaltens um des öffentlichen Wohles willen sofort ergriffen werden muß, ist die Festsetzung von Höchstpreisen für daS ganze Reichsgebiet/ Heute, am Mittwoch, wird der Bundesrat entscheiden. Die Eingabe der preußischen Städte ist gerade noch zur rechten 3mt gekommen. Man sollte meinen: jetzt k a n n der Bundes- s,at gar nicht mehr bei seiner Meinung beharren, daß für Kartoffeln vorderhand keine Höchstpreise nötig sind. Sie sind dringendste Notwendigkeit! Ein Verzicht darauf. fie von Reichs wegen festzusetzen unter gleichzeitiger Anord- »ung deS Verkaufszwanges, wäre nicht zu rechtfertigen. Dem Kartoffelwucher muß ei» Ende gemacht werde«, ei« so- fvrtiges Ende! » Eine Auslassung der amtlichen.Sächsischen StaatSzeitung' läßt darauf schließen, daß, wenn der Bundesrat bei der Festsetzung von Höchstpreisen für Kartoffeln versagen sollte, die Landes- J�gierungen darangehen würden, ihrerseits Höchstpreise festzu- sitzen; es heißt da nämlich: .ES entzieht fich unserer Kenntnis, ob die Festsetzung von Höchstpreisen für Kartoffeln vom Bundesrat aus- gehen oder den La n d es b e h ör d en vorbehalten bleiben wird. Daß aber bei fernerer Zurückhaltung dieser Ware Höchstpreise auch für Kartoffeln folgen werden, ist mit Sicherheit Zu erwarten/ Auch kommt au» Erfurt die Meldung, daß dort am Oktober auf Anregung des Weimarischen Staats« Ministeriums eine Beratung über die Frage der Kartoffel« Höchstpreise stattfinden werde, an der sich Vertreter sämt- ''cher thüringischer Regierungen beteiligen würden. Die Höchstpreise sollen gegebenenfalls für das ganze Thüringer Wirtschaftsgebiet festgesetzt werden.— In Hessen soll die Re- Gierung alle KreiSämter angewiesen haben, zur Verhütung wei- i�rer Kartoffelverteuerung Höchstpreise für Speisekartoffeln fest- zusetzen, die drei Mark für den Zentner nicht über- ichreiten.— In Ottweiler hat der Landrat, in Köln der Militärische Oberbefehlshaber die Festsetzung von Höchstpreisen �geordnet. Es liegt auf der Hand, daß eine Preisregulierung durch die �nzelstaaten diel schwieriger sein mutz und nur eine viel geringere Wirkung haben kann, als eine Festsetzung der Höchstpreise °urch die Reichsregierung._
Die Höchstpreise für Getreide. Die„P r e i S b e r i ch t st e l l e" deS Deutschen �andwirtschaftsrates beschäftigt sich in ihrem letzten «etreidewochenbencht mit den in Aussicht genommenen Höchstpreisen für Getreide. Sie meint, beim Roggen solle Mn„über 225 M. nicht hinausgehen", den Höchstpreis für "�tzen aber möchte sie um mindestens 50 M. höher bemessen �stsen. Hier will also der Deutsche Landwirtschaftsrat die Erschlage des Bundesrats noch übertrumpfen. Es muß mit allem Nachdruck Protest erhoben werden gegen daS Verlangen 'llner derartigen Politik der Brotverteuerung! t Man muß noch einmal daran erinnern, daß der Durch- Muttspreis für Roggen im letzten Jahre nur 165 M. lur die Tonne(1000 Kilogramm) betrug, der für Weizen nur M. In früheren Jahren waren zwar die Preise oft Wer: aber niemals ist es der Landwirtschast eingefallen. bzw. 275 M. für ihr Getreide zu fordern. Nimmt nwn oie;e Preise an und rechnet in ihnen auch nur eine Erhöhung um SO M. gegenüber den„normalen" Preisen stiiherer Jabre. würde das bei einem Ernteerträgnis von 10 Millionen •Donnen, daS ungefähr zum Verkauf kommen mag, einen sonder gewinn von 500 Millionen Mark bedeuten, �5 durch den Krieg den Landwirten in.den Schoß geworfen wurde! Man kann der Landwirtschast alles Gute wünschen, ?oer es ist nicht einzusehen, womit sich eine solche Kriegs- Bereicherung auf Kosten der Massen recht- renigen lassen sollte. Als der Antrag Kanitz beraten wurde, versicherten die Anhänger dieses Antrages, daß bei einem Roggenpreis von 165 M. für 1000 Kilogramm die Land- wlrtschast bestehen könnte. Der Durchschnittsertrag eines Nektars war in den Jahren 1884— 1893 10,3 Doppelzentner. Dfit der Zeit hat man durch bessere Auswahl der Saat und Rationellere Düngung den Ertrag auf 17 Doppelzentner ge- Neigert. 1913 wurde sogar ein Durchschnittsertrag von �.l Doppelzentner von einem Hektar geerntet. Bei dem Normalpreise deS Antrages Kanitz würde also schon der weit- °us höhere Ertrag, der heute erzielt wird, eine starke Mehr- Zunahme für die Roggen bauende Landwirtschast bedeuten. >ine Preissteigerung brauchte wahrlich nicht noch dazu zu �mmen! . Man sollte wirklich erwarten, der Bundesrat würde ooch noch den bisherigen Nachrichten entgegen davon a b- J* h e n, mit seiner Höchstpreisfestsetzung der Landwirtschaft �"lliardengeschenke zu machen und dadurch die Massen des Volkes schwer zu enttäuschen. Es liegt doch auch schließlich otcht nur im Interesse der Konsumenten, daß die Preis- Metzimg keine so hohe ist. Die Festlegung der angekündigten �keise müßte im A u s l a n d e den Eindruck erwecken, als Uinde sich Deutschland in einer großen Notlage. Ein Eindruck, der jedenfalls wenig nützlich wäre! Das Jnter- e auch des Krieges verlangt� daß die Höchstpreise so niedrig wie möglich be- dessen werden._
Roggenbrotzusatz. _ Die von uns wiedergegebene und kritisierte Meldung de».Berk. �"kaian�jg«� ivonnch durch Bundesratsbeschluh verordnet werden 0°. daß allem Brot 20 Proz. Kartoffelmehlzusatz beizumengen sei, Atint sich in dieser Form erfreulicherweise nicht zu bewahrheiten. Die.Nordd. Allg. Ztg.' schreibt:
.TS gilt als wahrscheinlich, daß ein mäßiger Zusatz, etwa von V Proz., allgemein vorgeschrieben wird. Da das Nahrungsmittelgesetz bei allen derartigen Zusätzen eine Dekla« rationspflicht vorschreibt, müssen Bestimmungen erlassen werden über eine Bezeichnung des unter Zusatz von Kartoffelmehl hergestellten BroteS. Nach den eingehenden Versuchen des Reichs- gesundheitSamtes hat Roggenbrot mit einem Zusatz bis zu 20 Proz. Kartoffelmehl den gleichen Nährwert wie reines Roggenbrot. Bis zu diesem Prozentsatz dürste also wohl eine allgemeine Bezeichnung für dieses Brot ausreichen. Ueber einen Zusatz von 2v Proz. hinaus dürfte aber jedenfalls volle Deklarationspflicht vorgeschrieben werden/ Danach würde der Zwang aus Beimischung sich also nur auf ö Proz. beziehen. Aber gerade dann scheint eS uns angebracht, daß die genaue Angabe des Prozentsatzes nicht erst bei 20 Proz. Zusatz beginnt, sondern bereits dann, tvenn das Minimum von S Proz. überschritten wird, damit keine Uebervorteilung der Käufer stattfindet._ Das teuere Brot. DaS Generalkommando in München hat angeordnet, daß in den Gastwirtschaften. Weißbrot nicht mehr auf den Tischen bereitgestellt, sondern nur noch auf Verlangen verabreicht werden darf. Der Vollzug dieser Anordnung wird streng überwacht. In Breslau sah fich der M a g i st r a t veranlaßt, mit Rück- ficht aus die ständig steigenden Getreidepreise, die festgesetzten Höchst - preise für Mehl, Brot und Semmeln zu erhöhen. Der Preis für ein Pfund Roggemnehl wurde von 18 auf 20 Pf., für Weizenmehl von 20 auf 22 Pf., für Brot von 1b auf 17 Pf. heraufgesetzt und das Teiggewicht der vorgeschriebenen Normalsemmel von 12b auf 110 Gramm vermindert._ Die Zucker-Borsorge der Regierung. lieber die Durchführung deS neuen Regierungsbeschlusses, entgegen der bisherigen Absicht unsere Zuckerernte im wesent- lichen dem Jnlandskonsum zu erhalten, erfährt die .Bossische Zeitung", daß an die neutralen Nachbarstaaten die Ausfuhr von Zuckermengen etwa im Umfange des Vorjahres ge- stattet bleiben solle. Da der Zuckerindustrie auf diese Weise die Exportmöglichkeit fast ganz genommen sei, wolle ihr die Regierung auf der andern Seite dadurch entgegenkommen und sie lebensfähig erhalten, daß sie die von der Ausfuhr ausgeschlossenen Bestände zu angemessenen Preisen bei den DarlehnS- lassen lombardieren lasse. Die Darlehnskassen würden angewiesen, die Zuckerbestände bis zur Höchstgrenze von 60 v. H. zu beleihen, und man hoffe zuversichtlich, daß es auf diese Weise den Zuckerindustriellen möglich sein werde, ihren Verpflichtungen nachzukommen. Die Regierung soll ferner in Aussicht genommen haben, dem steuerpflichtigen Jnlandskonsum die gleichen Zuckermengen wie im Vorjahre zuzuführen und den übrigen Zucker in Zollager, die unter Regierungsaufsicht stehen, einzusperren. Bei diesen ein- gesperrten Mengen würde eS sich um ein Quantum von 12 bis 13 Millionen Doppelzentner handeln, daS ursprünglich für den AuSlandSexport freigegeben werden sollte. Aus diesen Sperrzucker- lägern würden dann die eingangs erwähnten Mengen an die neu- tralen Nachbarstaaten auszuführen sein, wobei an ein Quantum von etwa vier bis fünf Millionen Doppelzentner gedacht werde. Im übrigen soll e» den Zuckerindustriellen freistehen, je nach Be- darf aus den Sperrlägern Quantitäten zur Beleihung bei der Darlehnskasse herauszufordern. Durch diese neuen Maßnahmen der Regierung soll Deutsch . land für fast zwei Jahre mit genügend Zucker für die Volks- ernährung und für die Viehfütterung versorgt werden. Die Re- gierung wird ferner darauf hinwirken, daß die Preisfestsetzung sowohl für den Rohzucker als auch für Raffinaden eine derartige ist, daß eine Verteuerung des JnlandSkonfumS nie» mals eintreten wird. Nötig wäre freilich, daß die Regierung darauf hinwirkte, daß die hohen Zuckerpreise hinuntergehen. DaS dürfte durch ihre Maßnahmen nicht bewirkt werden. Zu den bayerischen Gemeindewahlen. Bekanntlich hat die bayerische Regierung es ebenso wie die preußische abgelehnt, die Gemeindewahlen bis nach dem Kriege zu verschieben, obgleich da» in Bayern noch dringlicher gewesen wäre als in Preußen, weil dort in allen größeren Städten auf Grund eines Proportionalrechts gewählt wird, das keine verbundenen Listen kennt und Abmachungen kaum durchführen läßt. Daraufhin hat nun der Landesvorstand der sozialdemokratischen Partei Bayern » einen Aufruf erlassen, mit dem er den W a h l! a m p f einleitet. Der Aufruf protestiert noch einmal gegen die Abhaltung der Wahlen in der KriegSzeit, wenn sie auch formal zulässig sei; dem Sinne der Gemeindeordnung würde damit nicht entsprochen; denn Ge- meindewahlen zu einer Zeit, in der Abertausende von Gemeinde- Wählern zur Verteidigung des Vaterlandes im Felde stehen, be- deuteten eine völlige Entrechtung dieser Kämpfer für das Vaterlano und ermöglichten keinen richtigen Aus- druck de? Gemeindewählerwillens. Von der Entrechtung würden die sozialdemokratischen Gemeindewähler, die verhält- nismäßig die größte Zahl zu den HeereSpfiichtigen stellen, am st ä r k st e n betroffen. Besonders schwierig gestalteten sich die Ver- Hältnisse in der Rh ein Pfalz, wo in allen Gemeinden die ge- samte Vertretung für fünf Jahre gewählt werde. Wahlen, unter solchen Umständen vollzogen, seien nicht der Ausdruck der Volks- stimmung, sie bedeuteten eine gewaltsame Fälschung des Volkswillens. Die Bestrebungen, noch in letzter Stunde eine Verschiebung der Wahlen im Verordnungswege oder durch Ein- berufung des Landtags zu erreichen, mußten angesichts des von der Zentrumspartei ausgeübten Druckes vergeblich erscheinen. Deshalb müsse unverzüglich in allen Orten, für die die Wahlen angesetzt worden sind, an die Arbeit gegangen werden. Kompromisse, die bei der Wahl nach dem Proporz schon technisch unmöglich sind, werden von unserer Partei überall abgelehnt.„Wir werden den Wahlkampf selbständig mit ge- bührender Vertretung unserer Grundsätze in Uebereinstimnmng mit unserem Kommunalprogramm so sachlich, aber auch energisch wie möglich führen/ Ob in Gemeinden, die nach dem Mehr- heitSshstem wählen, sich Vereinbarungen mit den übrigen Parteien ermöglichen oder ob solche zweckmäßig erscheinen, sei von Fall zu Fall zu entscheiden; solche Wahlvereinbarungen dürften nur mit Zustimmung der Gauleitungen abgeschlossen werden.— Der Aufruf schließt:„Eher denn je ist jetzt eine starke Vertretung der sozialdemokratischen Partei in allen Gemeinden notwendig, um die so wichtigen sozialen Aufgaben zu erfüllen, die während des Krieges und nach ihm an die Gemeinden herantreten." In scharfen Worten hat auch der Vorstand der liberalen Arbeitsgemeinschaft, also aller vereinigten Liberalen, in einer Resolution seine Entrüstung darüber auegesprochen, daß die königliche StaatSregierung der Forderung einer Verschiebung der Gemeindewahlen nicht entsprochen habe. Ter Kriegszustand hebe die verfassungsmäßigen Garantien und damit die Freiheit der Wahl und ihrer Vorbereitung auf. Eine im gegenwärtigen Zeit- punkt vorgenommene Wahl bedeute die politische Entrech»
t-ung gerade für diejenigen Bürger, die im Felde stehen und ihr Leben für das Vaterland einsetzen. Der Wahlkampf müsse zudem die von allen anderen Bundesstaaten sorgsam bewahrte Einig» Zeit des Volke» auf da» empfindlichste stören. Die Verantwortung hierfür trage die Staatsregierung.
Der Ruf nach„Vergeltungspolitik".' Die Stimmen, die nach scharfen Maßnahmen gegen die in Deutschlaihd befindlichen Angehörigen der gegnerischen Staaten verlangen, mehren sich. Neben anderen Blättern bringen jetzt wieder die„Berliner Neuesten Nach- richten" einen Artikel, der ein«„Vergeltungspolitik" fordert. Darin heißt es zum Schluß: „Unsere Regierung mutz nach dem englisch -französisch-russi- schen Beispiel die Ausländer ebenso wie die Reichsange- hörigen ausländischer Geburt unverzüglich aus den Geschäften und Fabriken, Hotels und Erholung s- statten usw. herauSverhasten und in geeigneten Festungen, Truppenübungsplätzen usw. dergestalt ein- schließen lassen, daß sie bei knappester, aber ausreichender Er- nährung und gesundheitlicher Versorgung„fern von Madrid " Gelegenheit haben über die sittliche Verrohung ihrer Heimat- länder nachzudenken; bis zum Ende deS Krieges oder bis England nebst Konsorten un» unsere nicht waffenfähigen Lands- leute herausgibt. Außerdem müssen diese Ausländer für die Dauer des Krieges derienigen Rechte entkleidet werden, deren die feindlichen Mächte unsere Landsleute beraubt haben oder be- rauben wollen. Das ist daS mindeste. So kann es nicht weiter- gehen. Die Regierung darf dem tief begründeten Unmut unseres zu allen sonstigen, nur nicht zu diesen Opfern bereiten Volkes nicht weiterhin Nahrung geben. Wir verstehen ihre Zu- rückHaltung nicht. Wir hoffen, daß sie die Gründe für ihr bis- herigeS Verfahren alsbald bekannt gibt; zugleich mit der Er- klärung. daß sie nach allen diesen Erfahrungen und Feststellun- gen unseren begreiflichen Wunsch«füllen werde: Landgraf, werde hart!" Wir haben betont, daß auch wir durchaus verurteilen, wenn unseren Landsleuten im Auslände Unrecht geschieht und eine un- würdige Behandlung zuteil wird. Wir haben freilich auch wieder- holt darauf hingewiesen, daß man sich dabei vor U e b e r t r e i b u n- gen und Verallgemeinerungen hüten muß, daß doch auch Meldungen genug vorliegen, die von einer angemessenen Behandlung der Deutschen im Auslande berichten. Wo fest- ge st e l l t ist, daß diese fehlt, wünschen auch wir, daß die Regie- rung Schritte unternimmt,— indem sie nämlich mit Hilfe der neu- tralen Staaten Protest erhebt und Abhilfe fordert. Aber wir müssen Vergeltungsmaßnahmen ablehnen, wie sie einige Blätter jetzt mit so viel Nachdruck verlangen. Sie würden unsere Kultur entwürdigen, unserem Ansehen in der Welt schweren Schaden zufügen und— die Lage unserer Landsleute im Auslande noch schwieriger ge st alten. Schon ihnen gegenüber sind wir eS schuldig, daß wir jenen Aufforderungen, wie sie kürzlich die„Naffonal-Zeitung" brachte und wie sie jetzt wieder die„Neuesten Nachrichten" enthalten, keine Folge leisten.
Freilassung jüdischer Kriegsgefangener. Verschiedene Zeitungen hatten mitgeteilt, daß auf Anordnung de» Kaiser « 2000 russische jüdische Kriegsgefangene freigelassen und in ihre von den deutschen Truppen besetzte Heimat geschickt wurden. Der in Frankfurt erscheinende„Israelit " hat sich daraufhin an maß- gebender Stelle erkundigt und die telegraphische Antwort erhalten: .Notiz richtig, Anzahl übertrieben'. Kommunale Kriegsfürsorge. Die städtischen Behörden in Görlitz haben den gemeindlichen Zuschuß zu den Reichsunterstützungen für die Familien ver Kriegs» teilnehmer von 50 auf 100 Prozent erhöht; es bleibt aber dabei, daß die Auszahlung dieses Zuschusses von der richtigen Zahlung der Miete abhängig gemacht wird; gegebenenfalls ist die Miete vorerst davon abzuziehen. Den Familien der im Kriege be» findlichen städtischen Arbeiter und der Angestellten <bis 1500 M. JahreSgehakt) gewährt die Stadt ein Viertel ihres Verdienstes als Unterstützung, die zuzüglich den übrigen Unterstützungssätzen z w e i D r i t t e l des Verdienstes des Mannes nicht überschreiten darf. Den im Felde stehenden städtischen Beamten, skr die das Gehalt weiter gezahlt tverden muß, trotz- dem sie zum Teil eine recht erhebliche Kriegsbesoldung erhalten, wird vom Leutnant aufwärts das Gehalt um 7/so gekürzt.— Der Arbeitslosigkeit soll durch Notstandsarbeiten, für Frauen und Mädchen durch Errichtung einer Arbeitsstube, in der Strick- und Näharbeiten für Heimarbeiterinnen zur Ausgabe gelangen, entgegengewirkt werden. Kann den Arbeitslosen keine Arbeit nachgewiesen werden, erhalten sie Barunterstützung bis zu einer Höchstsumme von 12 M. wöchent- lich. Arbeitslosenunterstützung von Gewerkschafim wird angerechnet.
Ermordung eines bulgarischen Abgeordneten. Sofia , 27. Oktober. Wie aus Strumitza gemeldet wird, ist der Abgeordnete Georgiew. ein Mitglied der demokratischen Partei in der Sobranje, unweit Strumitza von unbekannten Tätern erschossen worden.
Die Rache der Monarchisten. London , LS. Oktober.(W. T. 83.) Die„Westminster Gazette' meldet au» Lissabon : AuS Rache für die Zerstörung der Bureaus der monarchistischen Blätter am letzten Mittwoch wurde daS Gebäude dersozialistischengettung zerstört. DaS Attentat auf die Brüder Buxton . Bukarest , 27. Oktober. (W. T. B.) Die Brüder Buxton find von den Verletzungen, die sie bei dem am 16. d. MtS. auf fie ver- übten Anschlag erlitten hatten, wieder hergestellt. Sie werden sich demnächst nach Rußland begeben.
Letzte Nachrichten. Der belgische Bericht. L o n d o n. 27. Oktober. (W. T. B.) Die„Daily Mall" meldet ans Havre: Ein belgisches amtliches Com- m u n i q u e sagt, daß die Lage am Sonntagabend besser war, als am Sonnabend, wo die Belgier die Stel- lunge» am Zserflusse aufgeben mußten und zweieinhalb Meilen zurückgeworfen wurden. Seitdem gewannen die Belgier, verstärkt durch Verbündete» wieder an verschiedenen Punkten deS Flusses die Berührung mit dem Feind. Die Verl » st e der Belgier betragen in den nenn Tagen, wo in diesem Gebiet gekämpft wird, zehntausend Tote und Verwundete.
Ein Flüchtlingsschifs auf eine Mine geraten. Falkestone» 26. Oktober. Meldung de» Reuterschen Bureau».) Der Dampfer„O« e e n" ist mit 2500 Franzose» hier eingetroffen. ES sind Männer, Frauen und Kinder, meist Bauern aus der Umgegend von Calais , die an Bord des„A d m i- r a l G a n t c» m e" von Calais nach Havrc fuhren. Ter„Admiral Gantrumr" stieß in der Höhe von Boulogne auf eine Mine; an Bord brach eine Panik an» und etwa dreißig Passagirre ertranken, als sie an Bord der„Outen" gebracht wurde«.