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Mr. 84.

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für 1891 unter Nr. 6469.

Vorwärts

8. Jahrg.

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Berliner Bolksblatt.

Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands .

Redaktion: Beuth- Straße 2.

Die Landgemeinde­

Sonnabend, den 11. April 1891.

Expedition: Beuth- Straße 3.

steuerkatasters in Niederschlesien war mit großer Sorgfalt mehrung des Bauernstandes", sowie zur Hebung der wirth­in der Instruktion vom 27. Juli 1742 der durch die Unter- schaftlichen Lage desselben" ist einer der anziehendsten Ab­

Ordnung in Preußen.thanendienste gesteigerte Gutswerth an Gelb veranschlagt. ſchnitte in der Geschichte der preußischen Monarchie. Wir

I. Geschichtliche 3. ( Fortsetzung.)

all

zur Verfügung hatte, ohne die Kosten, welche das Halten nießerin sich aufbaut, bestanden von vornherein nicht die

schlesische General- Landschaftsdirektion stellte im Jahre erfahren daraus, was das soziale Königthum" der Hohen­1808 eine Tabelle des Verlusts auf, den die Güter des zollern auf dem Felde der Agrarpolitik geleistet hat, und Schweidnitzer Kreises durch das Edikt vom 9. Oftober 1807 welche Machtstellung dem Junkerthum eignet. Das Bauern infolge der Aufhebung der Erbunterthänigkeit erlitten haben legen oder wie die Regierung euphemistisch es nennt, die Die Agrarverhältnisse des 17. und 18. Jahrhunderts sollten. Darnach betrug z. B. die Werthsverminderung beim Einverleibung bäuerlichen Landes in das herrschaftliche Gut" hatten sich folgerichtig in der Art entwickelt, daß Gutsherr Dominium Reussendorf, dessen letzter Kaufpreis sich auf( Anlage A. S. 12) war Jahrhundert für Jahrhundert mit und Bauer, besonders wenn dieser Lassit und Erbunterthan 40 000 Thaler belief, 1226 Thlr. 16 Sgr. 8 Pf., Eifer und Geschick fortgesetzt worden. Die wüsten Höfe" war, auf einander angewiesen waren. Lagen Ritter- und also Kapitalswerth des Gutes, zu 5 pCt. oder wüsten Hufen", d. h. die durch Krieg zc. verödeten Bauernäcker häufig im Gemenge, was die Innehaltung des gerechnet, 24 341 Thlr. 3 Sgr. 4 Pf. Um noch ein Beispiel Bauernstellen wurden mit demselben Appetit verspeist, wie Flurzwanges, die Unterordnung unter die bis Mitte des herauszugreifen, so betrug nach dieser Tabelle der jährliche andere zur Abrundung" des Gutes passende Befizungen. 18. Jahrhunderts beinahe unumschränkt herrschende Drei- Verlust bei dem jetzigen gräflich Moltte'schen Dotationsgut Was war nicht mit diesem trefflichen Begriffe: wüste Hufe felderwirthschaft bedeutete, bestanden doch gegenseitige Kreisau , damals verkauft für 60 000 Thlr., 528 Thlr. 21 Sgr., anzustellen? Was galt nicht als wüste Hufe? Der Adel Hutungsrechte, gemeinsame Benutzung von Wald und Haide. Kapitalsverlust demnach 10 560 Thlr. 14 Sgr.*) Die Junker hatte schon damals die größte Hochachtung vor dem histo­Das innigste Bindemittel aber waren die von den Bauern wußten gut zu rechnen mit dem Fleisch und Blut ihrer rischen Recht", das, wie Schnapphanski Lichnowsky geschuldeten Frohnden, die als bleischwerer Alp auf dem Bauern, die als dingliches Besitzthum, als Sache behandelt, so schön gesagt, keinen Datum nich hat"; sie annektirten, Bauern lasteten und ihn schier erdrückten, für den Guts- benützt, geschätzt wurden. was ihnen in den Wurf kam, und der Nothstand des Lands herrn aber die Quelle reichen Gewinnes, ja eine Lebens­Wie die politische Landgemeinde durch die mit dem volts wurde unerträglich. bedingung waren: ohne Frohnden keine feudale Herrlichkeit. Der absolute Staat des ancien régime hörte in Preußen Wie Knapp mittheilt, erklärte ein Interessent aus dem unterthänigkeitsverhältniß entspringende Stellung der Erb­Herrenstande, Graf von Schlieben, in einer an den Staats- herrschaft eine leere Form geworden war, so daß die Ge- bei den Dominien auf. Als kleinste Einheit der Verwal fanzler Hardenberg gerichteten Denkschrift vom 17. Juli 1811, meinde- Organe nur als Exekutivbeamte der Herrschaft vor- tungs- und Gerichtsorganisation kannte er nur die Nitter daß bei den meisten Gütern mit scharwerkspflichtigen Bauern kamen, ebenso fiel die alte Realgemeinde der angesessenen güter, die eine staatliche Funktion nach der andern an sich gar fein Inventar und kein Gesinde gehalten werde, sondern Wirthe, die rein äußerlich betrachtet den auf Ritterboden gerissen hatten: der frühere.Zustand, in welchem es selb daß man sich gänzlich auf die der Herrschaft gehörige Hof - angesiedelten Personen, der Gutsherrschaft, dem Gefinde, ständige Gemeinden gab und neben diesen Lehnsherren, die, wehr und die Dienste der Bauern verlassen habe, so daß den Gutshandwerkern und Tagelöhnern( Justleuten) noch selbst unter dem fürstlichen Lehnsrecht stehend, nur über ihr nur etwelche Handwerker und der Hirte von dem Dominium ungebrochen gegenüberstand, unter die Botmäßigkeit des Gesinde Gewalt hatten, exiftirte Ende des 17. Jahrhunderts selbst gestellt werden mußten. Die Billigkeit dieser Pro- Herrn. Unter dem Druck der Hörigkeit und bei dem relativ nicht mehr. So kam es, daß der Staat sehr genau mit buktionsform unter den damaligen landwirthschaftlichen unbedeutenden Gemeinde- Eigenthum an Weide und Wald, auf den einzelnen Bauern, aber nicht mehr mit Bauerngemeinden Verhältnissen, welche stets die erforderliche Zahl von Händen welches die Realgemeinde als Eigenthümerin und Nutz-... rechnete".") Was für wirthschaftliche Reformen wurden unters ständiger Arbeiterschaft und eines kostspieligen Inventars schroffen Gegensäge zwischen vollberechtigten Bauern und nommen, um die Position der Bauern zu verbessern? Die Ver verursacht, leuchtet ohne Weiteres ein. Die Bauern galten minder berechtigten Beisassen. Indeß wurden doch die suche Friedrich Wilhelm I. , alle Amtsbauern zu Freien zu als ein in ben Gütern steckendes und mitangeschlagenes Gemeindelaften nach dem Maße der Gemeinderechte abge- machen, find an dem Schwergewicht der bestehenden Zustände Stapital, ohne welches diese nicht zu unterhalten und ful- wogen. In den Verband der Realgemeinde, dieses Ueber- gescheitert." Die aus der Fremde ins Land gezogenen Kolonisten, tiviren wären", wie eine für Pommern . erlassene königlich lebel der gemeinen Mark, schob der Gutsherr die stetig Salzburger , Pfälzer, Schweizer , die als freie Leute aus ihrer schwedische Resolution vom 19. Dezember 1720 in Ueber- wachsende Zahl der angeseffenen Beifassen ein und entschlug sich Heimath gekommen waren, wurden bezüglich ihrer Personen einstimmung mit einer Vorstellung der Landstände sich aus- so der Pflicht, für sie aus seinen Mitteln zu sorgen. Die von jeder Erbunterthänigkeit entbunden, aber mit mäßigen drückt. Das ist es: ein in den Gütern steckendes Kapital Gemeindeversammlung wurde die Marionette in der Hand Frohnden" zu Gunsten des Domänensiskus beschwert. Ueber die königlichen Domänen hinaus gingen die damit ist Alles gesagt. möglichst hoch, höher als bisher zinsbar zu machen die Markgenossenschaft noch in Kraft und Blüthe war, erzene Widerstand des Adels und der Bureaukratie, die aus möglichst hoch, höher als bisher zinsbar zu machen und Gebieter und immerdar zu seinem Vortheil war. Als schwächlichen Versuche der Reform nun einmal nicht. Der bestrebt ist. Erschöpfung Dienste thut, erfüllt er seine Schuldigkeit, ver- pulfivte durch die Versammlung der Märker ein warmes, dem Junkerthum sich rekrutirte, vermochte jedes Experiment zinst er sich landesüblich."*) Damals wurde in den Pensions - frisches Leben. Der souveräne Wille der Genossen entschied kurzerhand abzuweisen, das etwa darauf auszugehen schien, fontrakten großer Güter vorgeschrieben, die zum Gut ge- einstens; die Hörigen hatten kein Interesse an Zusammen- die Agrarverhältnisse zu ihren Ungunsten zu verändern. hörigen Unterthanen regelmäßig mit Leibesstrafen( Ganten fünften, die ein Hohn auf die Bergangenheit waren. So Wir wissen, daß die Mehrzahl der Bauern nichterbliche [ eine Art Halseisen], Gefängniß und Ruthenschlägen) zu be- kam es, daß in Schlesien das Erscheinen der Gemeinde- Laffiten waren. Und Friedrich II. so gut wie sein un­legen, nicht mit Geldstrafen, da diese ihre wirthschaftliche mitglieder zu einem solchen Gebot" durch Geldbußen sicher mittelbarer Nachfolger konnten die Erblichkeit der bäuer­Leistungsfähigkeit vermindern würden. Landesverweisung gestellt werden mußte; zum mindesten waren Weiber oder lichen Laßgüter eben nur auf den Domänen durchführen: wird von einem Juristen jener Zeit deshalb als Strafe für Kinder zum Anhören dessen, was verkündet wurde, abzu- man bedenke, was für einen fleinen Fortschritt diese Maß­regel im Grunde bedeutet. Aber es gelang nicht, den nicht anwendbar erklärt, weil sie für den Leibeigenen eine senden. Wohlthat sein würde. Bei der Einrichtung des Grund­Die Stellung des Königthums zur Erhaltung und Ver- organisirten passiven Widerstand der Junker und der Be­

Ein Kapital, das man des Gutsherrn, der jeden Schritt überwachte, der Bormund

Fuchs, Untergang des Bauernstandes S. 174, 175.

Feuilleton.

Nachdruck verboten.]

183

zur

Die Falkner von St. Vigil. Roman aus der Zeit der bayerischen Herrschaft in Tirol

*) Keil, a. a. D., Anlage A, S. 1/2.

*) Reil, a. a. D., S. 41, 68.

dann an, die Stube zu verlassen. Der Klosterbauer herrschte ihm aber zu, dazubleiben, und Lisei mit einer ungeduldigen Armbewegung von sich weisend, rief er heiser:

kommt, waren sie immer schneller und heftiger auf ihn gestürzt. Die Pfeife war ihm entfallen. Darauf war er gefaßt gewesen, daß die Mutter seiner verstorbenen Frau ihn bei Ambros verlästert hätte, nicht auf ihre Enthüllung seines Ver­" Ich will ein End' machen. Ich hab' Dir zu sehr den hältnisses zu Kaspar. Die Aehnlichkeit seines Sohnes mit seiner Willen gelassen; jetzt will ich doch sehen, ob es noch Zeit Mutter, namentlich die seiner zornsprühenden Augen mit ist, Dich zu meistern! Meine Einwilligung friegſt Du den ihrigen, war ihm nie so zum Bewußtsein gekommen, nie und ich sag' Dir: Du gehorchst oder es geht übel aus." Ambros mit weitgeöffneten Augen aus einem fahl ge- Ambres mit fufter entschlossener Miene und kreuzte die wie jetzt. Sie verursachte ihm fast Grauen und er starrte " Droh' mir nicht, Vater; es nüßt Dir nichts," versetzte Ambros saß eine Sekunde lang regungslos und buch- Lifei eilte von dem Bruder zu ihm und legte ihm, was Arme über die Brust. jäblich mit sie noch nie gewagt hatte, den Arm um den Nacken und beren Gtast erhobene Verbächtigung. Dann schnellte er von bat:" Vater, liebster Bater, rechne ihm doch seinen Zorn her Bank auf und rief mit einer von der Aufregung anfangs nicht an. Er ist ja Dein Ambros, der Dich lieb hat."

von Robert Sa, weichel.

noch gedrückten Stimme:

wordenen Gesichte an.

-

Die Blicke des Klosterbauers waren wie spikes, weiß­glühendes Eisen auf ihn gerichtet. Lifei," rief er nach einer Weile dumpf, ohne jedoch die Augen von Ambros ab­Der Klosterbauer achtete ihrer nicht. Sein Anblick aber zuwenden, Du hast gehört, was ich ihm gesagt habe; Du Das ist alles erlogen. Das redet der Haß aus Dir, brachte Ambros wieder zu sich und auf den Bater mit offen sollst mir's" bezeugen! Du willst also nicht gehorchen?" Den Du auf ihren Vater hast. Jesus , hast du nicht schon ausgestreckter Hand zugehend, fagte er: Nun ja, Water, fuhr er zu Ambros fort. Unrecht genug gethan, Bater? Du zwingt mich bazu, daß ich das wir beide wollen uns nicht verzürnen." Gieb mir Dein" Nicht in dem Stüd, Vater; ich kann's nicht," wen reden muß. Erst hast Du meine Mutter dem Larseit ab- Jawort von wegen der Stasi, und was Du meiner Mutter entgegnete Ambros, die Arme über der Brust lösend. wendig gemacht, das war schlecht; nachher haft Du meine lebles gethan hast und dem Raspar Larseit, das soll alles Nein!" Mutter wie einen Wurm mit Jüßen getreten, das war erst vergeben und vergessen sein." Gut," feuchte der Klosterbauer. Dann hör mein recht schlecht, und jetzt drängst Du Dich mit Lügen zwischen Der Vater stieß die Hand fort und schüttelte den letztes Wort: Der Donner soll mich erschlagen und ver­Bich und die Staft, blos weil Du ihr nicht rechtschaffen ins Arm seiner Tochter von sich sprang at the rang wünscht will ich sein hier und ewiglich, wenn Du auch nur Gesicht sehen kannst, das ist das schlechteste von allem." schwer athmend nach Worten. Lisei fam ihm zuvor und einen Kreuzer von mir friegſt. Ueber meine Schwelle kommt Hier vermochte Lisei sich nicht länger zurückzuhalten dem Bruder einen beschwörenden Blick zuwerfend, sagte mir die Betteldivne nimmer. Jetzt heirathe sie oder heirathe eint entsegt über die schonungslosen Reden des Bruders sie mit leiser, zitternder Stimme: D, liebſter Bater, hör sie nicht, mir iſt's gleich. Wir zwei Beide find mit einander eilte sie zu diesem hin, faßte mit einem starten Griff seinen boch blos ein Wort von mir: Redet doch jetzt nicht weiter fertig." Arm und rief, ihn schüttelnd: Um Gotteswillen, wie mit einander. Du weißt ja, was der Ambros für ein Hit- D, Vater, Vater, sei doch nicht so hart," rang Lifei fannst Du so zu Deinem Vater sprechen?" topf ift. Und von wegen der Ahne, so hab' ich ihr ihr in Angst und Qual die Hände und wandte sich darauf an Der Klosterbauer war im Begriff gewesen, sich von Unrecht gegen Dich vorgestellt und sie hat's auch ein den Bruder, daß er um Gotteswillen den Vater bitten möchte. Aber Beide achteten ihrer nicht. seinem Stuhl zu erheben; die Vorwürfe des Sohnes hatten gesehen." ihn zurückgeworfen. Wie ein Stein, der bergab ins Rollen Ambros schwankte einen Augenblick und schickte sich Ambros griff nach seinem Hute und mit einer äußeren