Nr. 3. 32. Jahrgang. 1. Beilage des„, Vorwärts" Berliner Volksblatt. Sonntag, 3. Jaunar 1915.
manne eine größere Möglichkeit, sich nüklich zu erweisen, als die, wahrscheinlich allgemein auf den Bezug von Gebäck aus Weizenmehl
Die Vereinigten Staaten und das die fich jetzt dem Woodrow Wilson auftut. Daß er es in fich hat, verzichten muß. Dieſe Bemühungen sind durchaus löbliche. Aber
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Rüstungswesen.
New York , Anfang Dezember 1914.( Gig. Ber.) Die„ New Yorker Evening Post", vielleicht das ernstefte Diatt in den Bereinigten Staaten, schreibt am 1. Dezember zu den Versuchen, die Vereinigten Staaten zu bewegen, eine große Stärkung des Heeres und der Flotte vorzunehmen, wie folgt: " Daß der Präsident Wilson in unserem jezigen Striegsbereitfchafts"-Rummel fühles Blut zu bewahren gedenkt, geht aus den Nachrichten, die heute aus Washington cinlaufen, erfreulicherweise flar hervor. Es ist ganz deutlich zutage getreten, daß der heutige Brand in Europa einen wilden Raubzug auf den Kongreß nach mehr Soldaten, mehr Matrosen und mehr Schiffen entschuldigen soll. Wir sehen im Ausland den gänzlichen Zusammenbruch der militärischen Prätension, daß große Rüstungen den Frieden sichern, und wir hören von unserem Flottenverein, unseren erschrockenen Gärtnern( Bem.: Mr. Gardner Gärtner leitet die Bewegung im Kongreß), unseren Roosevelte und Chauvinistengenerälen, daß auch wir die Torheit Europas nachmachen müssen, selbst wenn dieses jetzt seinen Boden mit Blut tränkt. In demselben Augenblick, da der„ finnLoseste der Kriege" die Zivilisation selbst bedroht, sagt man uns, daß die Vereinigten Staaten ihrer inneren Entwidelung Einhalt Gebieten, ihrer Industrie hunderttausende Arbeiter entziehen und viele hundert Millionen an Schäßen ausschütten müßten, als wenn jeder jetzt nicht sehen könnte, daß die europäischen Rüstungen mit Sicherheit einen Konflikt erzeugen mußten, hätte es selbst teine andere Ursache gegeben.
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Daß es einige Leute, die hinter dieser Bewegung stehen, auf richtig meinen, obwohl sie zu erschrocken sind, um nüchtern denken zu können, geht aus der Liste der New Yorker hervor, die sich kürzlich zusammengetan haben, um eine Untersuchung bezüglich unserer Seriegsbereitschaft zu verlangen um zu sehen, ob wir wirklich sicher" sind. Eine Untersuchung, wie sie von ihnen und dem Stongreßmitglied Gardner verlangt wird, ist unnötig. Die Tatsachen, die sich auf unsere Kriegsbereitschaft beziehen, sind leicht erhältlich. Sie sind in den Berichten unserer Kriegs- und Flottensekretäre, den Botschaften unserer Präsidenten in den vergangenen Jahren enthalten. Sie sind von diesen Beamten zu jeder Zeit erhältlich. Der Flottenverein ist so sicher, daß er sie alle kennt, daß cr genau weiß, was in bezug auf Heer und Flotte zu empfehlen ist. Jedem militärischen Attaché in Washington steht die ganze Geschichte zur Verfügung. Information zu erlangen ist nicht das Ziel des Kongreßmitgliedes Gardner, wie es auch immer mit den New Yorkern stehen mag, in denen so plötzlich der Wunsch wach geworden ist, mehr Licht auf unsere Lage zu werfen. Er verlangt, dah Offiziere des Heeres und der Flotte vor Kongreßausschüssen crscheinen, um darüber auszusagen, was nach ihrer Ansicht getan werden muß, was etwa dem gleich käme, wenn man die durch den Zoll geschützten Fabrikanten, cinlüde, ihre eigenen Tarifsäße vorzuschreiben. Wenn dies durchgeht, werden wir eine Untersuchung von der äußersten Sensation haben, bei der sich unsere Generale streiten ipcrden, ob wir 205 000 oder 500 000 reguläre Truppen haben müssen, und unsere Admirale, ob wir 50 Schlachtfschiffe oder 250 Unterfecboote besitzen sollen.
die Gelegenheit zu ergreifen, wenn sie sich darbietet, beweist klar es fragt sich, ob alle gutgemeinten Natschläge und der Appell an die die Stellung, die er jetzt einnimmt. Denn er sieht, wie wirkungs- patriotische Pflicht einen durchschlagenden Erfolg zeitigen können. los, wie heuchlerisch unser Ruf nach Frieden, das Angebot unserer So weit wir unsere Beobachtungen machen konnten, sind die erSoll guten Dienste, unser Hinweis auf den Weg der Abrüstung sein teilten Ratschläge vielfach ganz unbeachtet geblieben. auch hier eine Zwangsmaßregel, würde, machten wir diesen Appell, wenn wir eben erst dem etwas geschehen, so muß Rüstungskartell neue Zugeständnisse gemacht, wenn wir eben erst wie in so vielen Fällen während des Krieges, vorgenommen neue hundert Millionen votiert hätten. werden. Man muß sich bei Erörterung dieser Frage auch darüber Näherten wir uns so den europäischen Kämpfern mit neuen flar sein, ob es wirklich für die Verwendung der vorhandenen BeWaffen in den Händen, so würde dies bedeuten, daß wir unsere stände von großer Bedeutung ist, die Feinbäckerei einzuschränken, Nie haben die Vereinigten oder gänzlich zu untersagen. moralische Stellung verscherzten. Die Einschränkung der Erzeugung Staaten in der Welt moralisch höher gestanden als heute; dies solcher Backwaren würde zur Folge haben, daß für einen Teil der wird durch die Art beglaubigt, in der beide Gruppen von Ver- Bevölkerung auf längere Zeit als unter normalen Verhältnissen Feinbündeten sich unsere gute Meinung zu verschaffen suchen. Wenn gebäck auf den Tisch gestellt werden könnte. Auf dem Lande vers die Vereinigten Staaten die Größe der Stunde wahrnehmen zichtet man meist auf ein oder Weißgebäd. Für die gesamte entscheidender Bewollen, müssen sie zu den Kriegern gehen nicht mit der Nachricht Lebensmittelversorgung ist es nicht von von einer sklavischen Nachahmung der bösartigen Politik, die einige deutung, ob wir einen oder zwei Monat früher mit den WeizenEs wird auch vielfach in den an den Rand des moralischen und materiellen Verderbens und beständen zu Ende kommen. andere darüber hinaus getrieben hat, sondern mit der Bereitwillig- Kundgebungen der Eindruck erweckt, als ob Feingebäck eigentlich mur aber nicht ein Nahrungsmittel sei. Das feit, in eine andere Richtung zu führen. Das drohende Wachstum ein Genußmittel, unserer Flotte ist sowohl im deutschen Reichstag wie im englischen trifft natürlich nicht zu. Es könnte vielmehr mit guten Gründen Parlament als ein Entschuldigungsgrund für die weitere Be- geltend gemacht werden, daß insbesondere die Verwendung von lastung britischer und deutscher Steuerzahler durch das Bauen Zucker in hohem Maße für Feinbäckerei auch ein Mittel ist, um eine von immer mehr Schlachtschiffen angeführt worden. Nach unserer Verlängerung der Mehlbestände herbeizuführen. Man darf ferner Ansicht ist dies nicht nur nicht die Zeit, eine Untersuchung über nicht unberücksichtigt lassen, daß, wenn, wie vielfach gefordert wird, unsere Kriegsbereitschaft abzuhalten, es ist die Zeit, die Bewilligung das Weißgebäck verschwindet, dafür ein größerer Konsum an Roggens eines jeden neuen Schiffes abzulehnen und die Welt der Abrüstung brot eintreten muß. Da wir nun auch hier feinen Ueberfluß haben, entgegenzuführen, indem wir anfangen, selbst abzurüsten. Das so verschieben wir nur den Konsum, ändern aber an der Gesamtdurch eine derartige Handlungsweise gegebene hohe Beispiel würde versorgung nicht das geringste. Es erscheint uns auch kein so einen Zeitraum den Opfern des Krieges und sicherlich den aufgeklärten Geistern entseglicher Zustand, daß schließlich für die Bevölkerung, wenn die Weizenbestände zu Ende sind, in allen Weltteilen wie ein ergreifender Weckruf flingen. Wir haben sicher Ursache zur äußersten Dankbarkeit, daß der auf Gebäd aus Weizenmehl verzichten muß. Vor allen Dingen Inhaber des Weißen Hauses dies ficht und immerlich empfindet würde es gleichmäßig allen fühlbar werden, nicht aber, daß sich ein und bereit ist, wenn notwendig, die Kritik kleiner Geister zu er- Teil des Volkes dieser Unannehmlichkeit durch bessere Versorgung tragen, die in diesem ganzen schrecklichen Leiden und Blutvergießen, auch für die Häuslichkeit gänzlich entziehen kann. Es muß ferner diesem Zusammenbruch des Christentums nur die Notwendigkeit eingewandt werden, daß eine Einschränkung der Bäckerei der Weiß zur Vorbereitung zum Gemezzel sehen. Wir sind überzeugt, daß ware dazu führt, daß im Haushalt Gebäck aus Weizenmehl herder Präsident die Sache nur darzulegen braucht, und das Volk wird gestellt wird. Wir kommen also mit diesen Maßnahmen laum sich um ihn scharen, wie es immer getan hat, wenn er an die Ge- weiter. Das amerikanische rechtigkeit und Menschlichkeit appelliert hat. Volk denkt darüber nach, was all dies bedeutet. Hunderttausende sind nach diesem Lande geflohen, um den Lasten des Militarismus zu entgehen; sie haben feinen Wunsch, hier neue Lasten auf sich zu nehmen. Es gibt auch genug Leute im öffentlichen Leben, die den Präsidenten unterstützen werden. Da ist das Kongreßmitglied Walter 2. Hensley von Missouri , ein Mitglied des Kongreßausschusses für Flottenangelegenheiten, der offen die Ansicht aus spricht, daß dies nicht die Zeit für eine Untersuchung sei, daß die Lehre, die wir aus dem europäischen Ringen ziehen müssen, darin besteht, daß wir uns enthalten, mehr Schlachtschiffe und Zerstörungswaffen herzustellen. Aber dies ist die Stunde, in der alle, die es empfinden, ihre Stimme hörbar machen müssen. Jeder Amerikaner, der den Wunsch hat, daß sein Land die Welt zurück in die Pfade des Friedens führen soll, sollte sich jetzt entschließen, dem Präsidenten mit Wort und Tat beizustehen."
Das Kriegsbrot.
Es ist ein Glüd für das Land, daß der Präsident sich nicht ins Bodshorn jagen läßt. Mit Mut und in weitblickender staatsmännischer Art läßt er uns wissen, daß er eine derartige Unterfuchung als unzeitgemäß betrachten würde. Er gibt nicht als Von einem Parlamentarier, der an den seinerzeitigen VerhandGrund an, daß man fühles Blut bewahren muß, wenn die Nachbarn umgen im Reichsamt des Innern teilgenommunen hat, wird uns geaufeinander schießen. Er stellt sich auf den weit edleren Stand- schrieben: punkt, daß sich diesem Lande die größte Gelegenheit bietet, die Es unterliegt feinem Zweifel, daß wir in Deutschland bis zur es je gehabt oder die vielleicht je ein Rand gehabt, die Gelegenheit nächsten Ernte mit den vorhandenen Weizenbeständen nicht aus nämlich, in der Beendigung des Krieges die führende Rolle zu reichen. Es ist daher begreiflich, wenn Versuche unternommen spielen. Nie zuvor eröfnete sich einem amerikanischen Staats- werden, den Zeitpunkt möglichst hinauszurüden, wo die Bevölkerung
Pariser Lazarette.
Der bekannte schwedische Schriftsteller Gustav Sellstroem veröffentlicht in den Stockholmer Dagens Nyheten" eine Schilderung seines Rundganges durch die Pariser Lazarette, der wir die nachstehenden
Proben entnehmen.
Ich liege schlaflos die lange Nacht hindurch und suche vergebens nach einer neuen Sprache, nach neuen Worten, in die ich das feffeln fönnte, was ich in den letzten zwölf Stunden gesehen habe. Und ich denke: steht nicht vielleicht doch plötzlich einer auf, ciner, mit einer Prophetendonneritimme des alten Testaments begabt, der völlig neue, entjegliche Flüche schleudert gegen die, die diesen grausigsten aller Kriege auf dem Gewissen haben? Er dürfte nicht die sanfte Sprache des verträumten Friedensapostels reden. Nein. Er müßte der furchtbare, schonungslose Realist sein. " Hier sieht es doch aber sehr nett und sauber aus," würden fie dann vielleicht sagen.„ Eine ausgezeichnete Einrichtung, feine, heiße Verbände, schneeweiße Laken, freundliche, weißgekleidete Schwestern... auf jedem Nachttischchen ein Rabetrunk... An was mangelt es denn den Leuten eigentlich hier?"
Und dies wäre die Antwort: treten Sie hinzu, schlagen Sie die Bettücher zurück und lösen Sie die Verbände! Oder folgen Sie mir in den Aufnahmeraum, vor dessen Pforte lautios Stunde um Stunde die Krantenwagen anrollen... Was haben Sie nur, Sie, die soeben noch den Krieg verherrlichten? Schlechte Gerüche hier drinnen? zu warm, Oder sollte es etwa die grausige Wunde da drüben sein? Sie können es nicht mehr aushalten? Sie möchten wieder hinaus an die Luft? Ja, aber sehen Sie nur noch vorerst den armen Teufel, der da drüben auf dem Operationstisch liegt! Treten Sie nur näher heran! Wie, das können Sie nicht?! Soll ich Ihnen sagen, was er hat? Er hat eine Wunde in der rechten Bauchhöhle, eine Wunde, so groß wie eine Steinmekfauft und so tief... ja, so tief. Sic wanten, der Schweiß steht Ihnen auf der Stirn, Sie müssen hinaus-? Warten Sie ein Weilchen, hier im Gang ist es fühler, da haben Sie einen Stuhl Und nun will ich es Ihnen sagen... Noch vor dreieinhalb Monaten war dieser durchlöcherte Mann friedlicher Kassierer einer Weinfirma. Er hat Frau, er hat Kinder.
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Bild, in der nämlichen Atmosphäre: der drückenden Atmosphäre des Krankenhauses. Da ist die mustergültige amerikanische Ambulanz, schneeweiß von den Wänden bis zu der Ordonnanz, die von cinem weißbehandschuhten Priester Befehle erhält, mir als Führer zu dienen. Da ist das Palais des Barons Edmond de Rothschild , der seine sämtlichen Kostbarkeiten nach England geschickt, die Marmorverkleidungen und Bronzeziselierungen der Wände mit weißem Stoff überzogen und einen Riesenankauf in Betten und Operationsmaterial gemacht hat. Da ist der greise, lächelnde Kirchenherr von St. Augustin , der es erleben muß, wie die schrecklichen Flüche eines Verwundeten zu dem Kruzifig über seinem Lager aufsteigen. Oder das Elysée- Palace- Hotel, wo die Verwundeten sich damit zerstreuen können, die schweren Goldornamentc oder die heiter lächelnden Amoretten der Decke anzustarren.
Eine andere Klage geht dahin, daß so wenig Kriegsbrot verlangt wird, das heißt, Brot mit mehr als 5 Proz. Zusaz von Kar toffelmehl. Auch hier wird sogar vom Ministerium des Innern die Aufforderung an die Bevölkerung gerichtet, Kriegsbrot zu verlangen. Es ist möglich, daß ein paar tausend Leute dieser Aufforderung nachfommen. Für den gesamten Konsum sind diese schönen Ratschläge vollständig nuzzlos. Kriegsbrot würde sofort in größeren Mengen verlangt werden, wenn es billiger wäre als anderes Brot. Das wäre auch möglich, wenn das Reichsamt des Innern dafür gesorgt hätte, daß Kartoffelmehl oder Kartoffelflocken zu einem Preise auf den Markt kommen, der weit unter dem Preis von Roggenmehl steht. Das ist nun leider nicht geschehen, im Gegenteil, es ist der Preis für Kartoffelflocken im Interesse der Gesellschaft für Kartoffeltrocknung so hoch bemessen, daß der Preis dem für Roggenmehl ziemlich gleich steht. Auf diesen Fehler ist das Reichsant des Innern vor der Preisfestjesung wiederholt hingewiesen worden, ohne daß leider diese verständigen Hinweise die nötige Berücksichtigung gefunden haben. Man möge uns also mit den Bemühungen, der Bevölkerung zu empfehlen, Kriegsbrot zu essen, höflichst verschonen, weil immer in solchen Fällen das Gefühl wachgerufen wird, warum sollen wir das doch immerhin minderwertige Brot essen, während andere sich um diese Ermahnungen nicht fümmern.
Sollten die Erhebungen über unsere Getreidebestände vom 1. Dezember 1914 ergeben haben, daß wir sehr haushälterisch- gehen müssen, so gibt es fein anderes rationelles Mittel, unt das Biel einer dauernden und sicheren Versorgung zu erreichen, als ans zuordnen, daß allgemein ein höherer Prozentsatz von Kartoffelmehl noch mehrere vom Wundbrand zu retten, als dich. Da ist es nun so geworden, wie es ist. Du verstehst also, wir müssen noch ein kleines Stückchen von deinem Bein absägen, damit wir dir später ein fünstliches machen können."
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In dem Gesicht des jungen Burschen wühlt und zuckt cs, und plöhlich bricht er in Tränen aus. Nur immer gefaßt sein, nur nicht weinen, mein Kind!" " Mais, mon docteur, ich habe soviel ausgehalten! da sehen das Bein, das fort Sie meinen Fuß an, und dann das Bein dann habe ich geglaubt, nun sei es endlich ist, und dann nein, also noch einmal! Und dann zu Ende. Und nun vielleicht noch immer kein Ende, vielleicht Run sei doch mal vernünftig, mein Kind. Du mußt doch einsehen, daß du dein Bein, so, wie es jekt ist, nie wirst gebrauchen fönnen. Ich verspreche dir, daß diese Operation die letzte ist; mehr schneiden wir dir nicht mehr fort. Und wenn du dann heimkommst zu Eine weißgekleidete elegante Hilfsschwester in koketten Bad- den Deinen, und man hört durch die Gassen dein Holzbein flappern, Vom da wird ein jeder immer wieder an dich denken, und ein jeder schuhen meldet ihn in den zwei langgestreckten Sälen an. Verstehst du Treppenflur her flingt Sporengeflirr und eine gutmütig brum- wird jagen:" Seht, da kommt Gaston, der Held!" wohl? Und nun kannst du die Müze wieder überziehen." mende Stimme, die da sagt:„ Bon ma soeur, bon, bon!" Und der Arzt wendet sich zur Oberschwester: „ Morgen also!"
Der Arzt kommt!
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Dann tritt er ein: in weißem Operationsmantel, aber in Stiefel und Sporen, auf dem runden Keltenschädel eine weiße wie sie die Köche tragen, und unter einer breiten, offenen Stirn ein wohlwollendes Gesicht, das in einem spizen, schwarzen Bärtchen endet.
Müze
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„ Guten Morgen, Kinder!" bullert er in den Saal.„ Schönes Wetter heute, was? Na, wie geht's euch denn allen?" ,, Bon jour, mon docteur!" kommt es von allen Betten, während aller Augen auf ihn gerichtet sind, als sei kommandiert worden: Augen links!
Na, mein Junge, wie geht's dir denn heute?"
Er hat sich an den Mann gewandt, der der Tür zunächst liegt. Es ist ein Bauernbursche von giveiundzwanzig, dreiundzwanzig Jahren. Sein eines Bein steckt unter der Decke hervor. Es ist unförmig und dick wie ein Elefantenbein, und der Fuß ist kein Fuß mehr: Wundbrand.
Es sicht entseßlich aus, aber der Arzt sagt ganz ruhig:" So, nun ist es bald so weit. Und nun follit du mal sehen: bald ist es wieder so fcin und schlank und weiß wie eine leibhaftige Prinzessin."
Der Verwundete sieht von dem verstümmelten Fuß auf den Arzt und lächelt schwach: ,, Glauben Sie das wirklich, mon docteur?" „ Gewiß, mein Sohn. Aber nun muß ich mal dein anderes Bein sehen."
Die Dede wird zurüdgeschlagen, aber das andere Bein ist nicht da. Oder nein, doch, es ist doch noch etwas von ihm übriggeblieben, cin winziger, in Binden gehüllter Stumpf, etiva 15 Zentimeter.
,, Bien, mon docteur!"
Der Verwundete wischt mit seinem breiten, fuochigen Handrücken die Tränen fort. Seine Stirn ist gefurcht, sein Gesicht von Schmerzen entstellt.
# 1
"
Morgen also?" fragt er mit mühsam verhaltenem Schluchzen. " Ja, morgen."
Daß es doch niemals ein Ende nimmt! Ach, hätten sie mich doch lieber totgeschossen da draußen!"
Der Arzt hat sich zu mir gewendet:
Hier sehen Sie den Mutigsten, den ich bis jetzt getroffen habe, Monsieur. Nicht wahr, mein Sohn? Es ist ein Marinesoldat. Er fennt keine Nerven."
Aus dem weißen Kissen schaut auf uns ein wettergebräuntes, bärtiges, verbittertes Gesicht. Die dunklen Augen starren den Arzt ausdruckslos an, während die Lippen murmeln:
Bon jour, mon docteur!"
Die Schwestern haben seine Dede zurüdgeschlagen und lösen den Verband. Er liegt unbeweglich, mit fest zusammengepreßten Lippen, die braunen Finger in die Matraße gefrallt. Komunt man denn niemals dieser Wunde bis auf den Grund? Doch, nun Ich bin einen Tag über von Ambulanz zu Ambulanz ge liegt fie offen da Ich weiche unwillkürlich zurück. wandert und habe unter den Verivundeten gelebt; nicht unter Während ein Unterarzt und zwei Schwestern die Wunde unterjenen, die man in den Straßen antrifft, die bereits die Erlaubnis suchen, erzählt mir der Chefarzt des Mannes Geschichte: erhalten, auszugehen, nein, unter den grands blessés". ch habe „ Ein Granatsplitter hatte ihm die Hüfte aufgerissen. Er fant alles in allem etwa zehn provisorische Lazarette befucht, Schulen, um und kam neben einen Kameraden zu liegen, der leichter verwundet Luxushotels und Privatpaläste, die mit Kriegsbeginn ihren Chawar. Als nun der Kugelregen fich etwas gelegt hatte, versucht der rafter geändert haben. In den Sälen, in denen sich sonst die fran- Na, nun zich mal die Müße" ab, mein Sohn." andere diesen hier mit sich fortzuschleppen. Es ging denn auch einigercomme çi, comm ça Und der Kranke zieht die Hülle von dem Beinstumpf ab, etiva maßen ein paar hundert Meter. Danit zösische Aristokratie zu glänzenden Festen versammelte, in den Teeräumen der Lurushotels, durch die kürzlich noch der Tango wie ein anderer eine weiche, gestickte Müze abzieht. aber sagt dieser hier: Nein, auf diese Weise kommen wir im Leben rauschte, in den Schulzimmern, in denen sich Kinder mühevoll durch Und nun hör' mal, was ich dir sagen will, mein Junge. Das nicht weiter. Zaz Du mich ruhig liegen und sich zu, daß Du selber das ABC durchbuchstabierten, oder den katholischen Verjamm- Bein da ist schlecht amputiert. Du sagst ja auch, es war in der zur Ambulanz kommit, hinterher können sie mich dann ja holen." Tungssälen, in denen die Fäden des Ultramontanismus hinaus- Feldambulanz, oben bei Arras .. Da sind sie eben überbürdet, und Der Kamerad geht also. Als er so etwa an die fünfzig Meter fort gesponnen wurden über das Land- überall, überall das nämliche man darf ihnen deshalb keinen Vorwurf machen, denn es gibt ist, sieht dieser hier, wie ihm der Kopf abgerissen wird, glatt über dem
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