Nr. 41. 32. Jahrgang.
2. Beilage des„ Vorwärts" Berliner Volksblatt. Mittmod, 10. febrnar 1915.
Die Kämpfe im Oberelsaß Mitte und Ende Januar.
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Aus dem Großen Hauptquartier wird uns geschrieben: Die Franzosen hatten gleich zu Beginn des Krieges große Anstrengungen gemacht, sich in den Besitz Elsaß - Lothringens zu setzen. Dent Anfang August von Belfort aus unternommenen Einfalle ins Oberelsaß wurde durch die Schlacht von Mülhausen ein jähes Ende bereitet, und die Offensive gegen Lothringen brach nach dem glänzenden Siege des bayerischen Stronprinzen in sich zusammen. Seit dem haben die Franzosen es nicht mehr gewagt, in Lothringen ein zufallen. Dagegen gingen sie im Oberelsaß erneut vor, als die hier eingesetzten deutschen Truppen eine anderweitige Verwendung fanden. Zum zweiten Male betraten die Franzosen vorübergehend Mülhausen und drangen nordwärts bis Ensisheim vor. Die Freude währte aber nicht lange. Durch eine erneute deutsche Offensive wurde der Gegner vertrieben, der heute nur das Weilerund Münstertal in den Vogesen und den Belfort unmittelbar gegenüberliegenden Grenzstrich in Besitz hat, während in den Nordvogesen die deutschen Truppen bis in die Höhe von Senones, also tief in französisches Gebiet vorgedrungen sind.
Ende Dezember begannen die Franzosen zum dritten Male mit einer Offensive in Richtung Mülhausen . Die Stadt sollte nach Gefangenenaussagen spätestens Ende Januar endgültig in frans zösischer Hand sein.
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Aus Groß- Berlin.
Im städtischen Vormundschaftsamt.
In einer Gegend, die durch ihre winfeligen Straßen und verräucherten Häuser auf die Hilfsbedürftigkeit anzuspielen scheint, hat sich seit Jahresfrist das Vormundschaftsamt der Stadt Berlin seßhaft gemacht. Das schöne neue Mietsheim liegt in dem stattlichen Industriegebäude auf dem Geviert zwischen Landsberger, Katharinen-, Landwehr- und Liebmannstraße. Durch den Eingang II in der Landwehrstraße 25-29 kommen die Hilfesuchenden zwei Treppen hoch in einen geräumigen, einfach und nett ausgestatteten Wartesaal. Auf den langen braunen Lehnbänken haben bequent mindestens fünfzig Personen Platz. Eine fast gemütliche Fensterecke ist für Lesebedürftige reserviert. Bekannte Zeitschriften liegen zum Zeitvertreib auf. Die Wände sind reichlich bedacht mit Bekanntmachungen. Gleich rechts ist die Anmeldestube, die niemand, der schnell abgefertigt werden will, umgehen soll.
Der Krieg hat der segensreichen Tätigkeit des Vormundschaftsamtes noch erhöhte Bedeutung verliehen. Aus dem Gedanken entstanden, daß von der Stadt für die vielen Tausende unehelicher Kinder durch Massenvormundschaft imt juristischen, pflegerischen und erzieherischen Sinne einheitlich gesorgt werden müsse, sind mit dem Kriege an die acht städtischen Berufsvormünder, die unter der Oberleitung eines Magistratsrats arbeiten, ganz neue Aufgaben herangetreten. Viele solcher Väter, die schon im Frieden schwer zur Erfüllung ihrer Pflichten gegen das uneheliche Kind zu bewegen sind, stehen im Felde. Bei den verlassenen Müttern ist die Not verdoppelt eingekehrt. Das Vormundschaftsamt hat es daher neben seinen zahlreichen anderen Aufgaben auch übernommen, in vielen Tausenden von Fällen die Kriegsunterstützung int Betrage von monatlich 12 M. für uneheliche Kinder sicherzustellen. In Verbindung damit steht das Bestreben, liebevolle Pflegemütter zu finden, die möglichst schon für den Betrag der Kriegsunterstützung oder gar ohne Entgelt ein Kind übernehmen, so daß der volle Arbeitsverdienst der Mutter des Kindes verbleibt. Mehrere hundert Väter wurden aus Stiftungsmitteln, Mündelvermögen oder aus dem Vermögen der Mutter gegen den Tod im Kriege versichert. Der Vermittelung von Adoptionen wird gerade auch während des Krieges, der so viele Väter unehelicher Kinder in den Tod reißt, ernsteste Beachtung gewidmet.
Die Akten des Vormundschaftsamts find Romane aus der Wirklichkeit, und die Zahlen führen eine beredte Sprache, was für menschliches Leid sich hinter den Kulissen des Lebens abspielt. Schon ist das Amt mit jährlich 4000 bis 5000 neu hinzutretenden Mündeln fast die größte deutsche Berufsvormundschaft. In den Sprechstunden der Berufsvormünder, die bis auf weiteres jeden Montag und Donnerstag von 11 bis 2 Uhr abgehalten werden, holen sich jährlich 15 000 bis 20 000 Personen Rat und Hilfe. Die Summe der für die Mündel geschaffenen Vermögenswerte einschließlich der Pflichtzahlungen der Väter betrug schon im zweiten Jahre des Bestehens des Anttes( 1913) mehr als eine Million Mart und hat jetzt wohl die zweite Million erreicht. Für die Mündel katholischer Konfession ist ein katholischer Berufsvormund tätig, infolge des bekannten Beschlusses des Kammergerichts, der die Berücksichtigung des religiösen Bekenntnisses auch bei Sammelvormundschaften fordert. Seit dem Früh Unsere Truppen waren während dieser Kämpfe im Gebirge jahr 1914 werden alle Unterhaltsklagen des Amites vor zwei den allergrößten Strapazen und Entbehrungen ausgesetzt. Auf besonderen Abteilungen des Amtsgerichts Berlin- Mitte ( 182 hoher Bergeshöhe kämpfend, wo tiefer Schnee lag, die Tannen und 183) an einem bestimmten Wochentage verhandelt. Diese hoch zum Himmel ragen und wo dichtes Unterholz den Ausblick auf Regelung hat das Verfahren wesentlich beschleunigt und beiwenige Meter beschränkt, tagelang ohne warme Nahrung und ohne getragen zur Herausbildung einer einheitlicheren Rechtschüßendes Obdach, hatte die Truppe Außerordentliches zu leisten.sprechung ohne schematische Behandlung. In pflegerischer Erst nachdem der Feind vertrieben war, konnte man sich einigermaßen häuslich einrichten, Wege und Sütten bauen und warmes Hinsicht wurden die zahlreichen Einrichtungen für KinderEssen bereiten. Jetzt finden wir auch Stavallerie hoch oben in den und Jugendfürsorge, deren sich die Stadt Berlin erfreut, Bergen, aber nicht etwa zu Pferde, sondern angetan mit Rudjad, immer mehr in Anspruch genommen. Die Zahl der jährlichen Bergitod und Eissporen. Stunden- ja halbe Tage lang gehen die Hausbesuche durch Helferinnen der Säuglingsfürsorgestellen Kavalleristen die längsten und gefährlichsten Patrouillen und beziffert sich auf annähernd hunderttausend, die Zahl der bringen oft die besten Meldungen. ärztlichen Vorstellungen auf rund fünfzigtausend.
noch 2 Offiziere und 40 Mann gefangen genommen. An den Hirzstein waren unsere Truppen, ohne einen Schuß zu tun, herangekommen. Selbst die gefangenen Offiziere sagten aus, daß die deutschen Vorbereitungen zur Wegnahme der Höhenstellungen vortrefflich gewesen seien.
Die Einführung der Brotkarte.
Nachdem der französische Verfuch, über Sennheim auf MülIn der Bevölkerung sollte es noch weit mehr bekannt hausen durchzustoßen, an dem Widerstande der Deutschen ge- werden, daß das Vormundschaftsamt der Stadt Berlin in scheitert war, unternahm der Feind am 27. Januar einen Durch allen vormundschaftlichen Angelegenheiten Rat und Ausbruchsversuch an anderer Stelle. Er hatte sich also Kaisers GeWie aus den Tagesberichten der Obersten Heeresleitung be- burtstag für seine Angriffe ausgewählt. Ein höherer Stab war funft erteilt. Selbst private, Witterberatungsstellen" fennen fannt ist, wurde zwischen dem 27. Dezember und 8. Januar um den gerade in der Kirche, wo der Festgottesdienst abgehalten wurde, kaum den Wirkungskreis des Amtes und seine soziale BeLesiz der Höhe 425 westlich Sennheim Tag für Tag erbittert ge- als um 11 Uhr vormittags von dem Nachbarverbande die Meldung deutung. fämpft. Die Franzosen kamen jedoch über diese Höhe nicht hinaus. einlief, daß ein feindlicher Angriff in Richtung Ammerzweiler Dagegen gelang es den deutschen Truppen, Gelände zu gewinnen. erfolgt sei und um artilleristische Unterstützung gebeten wurde. Bis Ende Dezember hatten sich auf dem in 956 Meter Höhe, Kaum war diese zugesagt, so wurde auch innerhalb des eigenen fajt 700 Meter über dem Rheintale gelegenen dicht bewaldeten Abschnittes des betreffenden Truppenverbandes ein französischer Um die Brotkarte zur Einführung bringen zu können, Hartmannsweilertopfe, einem beliebten, geologisch und botanisch Infanterieangriff gegen einen vorgeschobenen Bosten am Rhein muß ein großer Apparat in Anspruch genommen werden. Zuinteressanten Ausflugspunkte nur deutsche und französische Wachen Rhonetanal gemeldet. Die in schwierigem, weil sehr unübersicht- nächst sollen die Hausbesiker bezw. die Verwalter der Häuser befunden, die einander beobachtend gegenüber lagen. Die Deutlichen Gelände stehende deutsche Feldwache wurde von einer weit eine genaue Aufnahme des Personenstandes herbeiführen, schen hielten den östlichen, die Franzosen den westlichen Teil des überlegenen feindlichen Truppenmacht überrannt. Gleichzeitig welche die Grundlage für die Verteilung der Brotkarten sein Stopfes besetzt. Inzwischen hatten die Franzosen eine Reihe von erfolgte ein dritter französischer Angriff in Nichtung auf Aspach . soll. Zu diesem Zwecke hat der Magistrat an die Hausbesitzer Alpenjägerbataillonen in die Südvogesen entsandt und auf dem Dieser Angriff sowie jener auf Ammerzweiler wurden bis auf folgendes Zirkular versandt: Hartmannsweilerkopf eine ganze Alpenjägerkompagnie vorge- Sturmentfernung durchgeführt, brachen dann aber unter schweren schoben, die sich dort eine festungsartige Stellung schuf, die ellipsen- Berlusten für den Feind zusammen. Dagegen begann der bis an förmig den höchsten Punkt umschloß. Die Höhe des Molkenrain den Kanal vorgedrungene Feind sich dort einzurichten, indem er die ( 1125 Meter), zu der man vom Hartmannsweilerfopf über die deutsche Feldwachstellung umbaute, mitgebrachte Pfähle einschlug, Jägertanne( Sattelpunkt) gelangt, wurde ebenso wie der Belchen Drahtrollen entfaltete, auch Maschinengewehre auf Bäumen sogleich französischerseits start besetzt. in Stellung brachte.
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Die ersten deutschen Borstöße gegen die Ringburg auf dem Der deutsche Führer hatte mittlerweile den Gegenangriff beHartmannsweilerkopf scheiterten an der Stärke jener Stellung. fohlen, zu dem, weil die Reserven weiter ab standen, Teile der Auch mußte die dem Flachland entstammende Angriffstruppe erst zunächst zur Hand befindlichen Abschnittsreserven eingesetzt wurden. die Schliche des im Gebirge erfahrenen Gegners kennen und be- Eine Landwehr- und eine Landsturmkompagnie waren es, die sich kämpfen lernen, der, mit schwarzen Ziegenfellen behangen oder um 4 Uhr nachmittags dem Feinde entgegenwarfen, um ihm die mit Tannenreisig bedeckt, die Gipfel der schneebedeckten Tannen verloren gegangene Stellung zu entreißen. Um 7 Uhr abends war bestieg und von dort aus, in Körben ſizend, aus seinen Verstecken die Stellung wiederum in deutscher Hand. Die Sieger, Landwehr auf unsere Soldaten herabschoß. Bald hatten diese die Ringfestung und Landsturm, fonnten mit berechtigtem Stolze auf die ervon außen völlig umschlossen; auch war die Jägertanne beseßt wor- beuteten Trophäen mehrere Maschinengewehre sowie auf die den, um die von Molkenrain her erwarteten französischen Entsatz- gemachten Gefangenen sehen. versuche abweisen zu können. Solche erfolgten auch mit min. Um 4 Uhr nachmittags war ein neuerlicher französischer Angriff destens einem Alpenjägerbataillon, wurden aber von unseren sich auf die deutschen Stellungen im Hirzbacher Walde erfolgt und abenergisch zur Wehr sehenden schwachen Truppen abgewiesen. Zu geschlagen worden. gleicher Zeit aus dem Ringwalle unternommene Ausfälle der Berg- Es war schon Nacht, als der Feind um 9 1hr 30 Minuten besatzung scheiterten. Inzwischen hatte man die weiter nötigen abends endlich den letzten Versuch machte, um im Hirzbacher Walde Angriffsmittel bereitgestellt, so daß am 19. Januar der Sturm die Linie der Deutschen zu durchbrechen und die Kanalstellung unternommen werden konnte. Die ersten wohlgezielten Schüsse wieder zu erobern. Alle diese Angriffe wurden abgewiesen. Am trafen den Offiziersunterstand in der Ringfejte. Zwei Offiziere nächsten Tage fand man eine große Anzahl toter Franzosen vor den wurden getötet und einer verwundet. Der letzte Offizier streďte, deutschen Steilungen. Im Gegensatz zu den bei Tage unterauf dieses Ereignis hin die Aussichtslosigkeit weiteren Wider- nommenen Angriffen waren die Nachtangriffe der Franzosen sehr standes einsehend, mit dem Rest der Bejazung die Waffen. Ein matt durchgeführt. Die deutschen Soldaten hörten im Hirzbacher Offizier und 150 Alpenjäger wurden so zu Gefangenen gemacht. Walde, wie die französischen Offiziere große Mühe hatten, ihre Zwei Tage später wurde auch der Hirzstein genommen und dort| Leute überhaupt vorwärts zu bringen. ( W. T. V.)
Brotkarten!
Für die Ausgabe von Brotkarten, die unmittelbar bevorsteht, soll zunächst die Zahl der ortsanwesenden Personen Ber lins festgestellt werden.
Im Vertrauen auf ihre wirksame, von vaterländischem Sinn getragene Unterstüßung verpflichten wir zu diesem Zwecke die Hausbesitzer Berlins oder deren Stellvertreter, in das beiliegende Verzeichnis sämtliche im Hause vorhandenen Haushaltungen und die Zahl der in jeder Haushaltung befindlichen Personen ( einschließlich Zimmerabmieter, Schlafleute, Dienstpersonals und beim Arbeitgeber wohnenden Gewerbepersonals) in Spalte 1--5 einzutragen. Nicht zu zählen sind diejenigen Personen, die voraussichtlich nicht länger als drei Tage im Haushalte anwesend sein werden sowie die eingezogenen Militärpersonen.
Eine Abschrift dieser Hausliste ist zurückzubehalten. Die Eintragungen haben am Donnerstag, den 11. Februar d. Is. zu erfolgen. Die Listen sind vom 12. d. Mts. ab zur Abholung bereit zu halten.
Die Richtigkeit der Eintragungen ist vom Hausbesitzer oder dessen Stellvertreter zu bescheinigen.
Falls die einzelnen Bogen für die Aufnahme nicht auss reichen, sind besondere Bogen beizufügen, fehlende können bei der zuständigen Steuerannahmestelle in Empfang genommen werden.
Sobald die Listen eingegangen und geprüft sind, werden den Hausbesitzern bezw. ihren Stellvertretern die Brotkarten zur Verteilung in ihrem Hause zugestellt werden.
Die Ausgabe der Brotkarten erfolgt auf die Dauer von