zurufen, daH dadurch den Gewerkschaften jedwede behart liche und wkitausschauende Thätigkeit unterbunden wird. Da taucht denn doch die Frage auf, ob— trotz aller taktischen Bedenken— es nicht an der Zeit ist, energische Schritte zu thun, um ein Reichs-Vereinsgesetz zu erwirken, das allen Vereinen, die sich mit öffentlichen Angelegen- heiten befassen, die volle Bewegungsfreiheit und die An- kuüpfung von Beziehungen untereinander ermöglicht. Voltktsrye Itctrcflrdtl. Berlin , den 10. März. Aus dem Reichstage. Drei hundert und sechs und vierzig Reichs boten hat die entscheidende Abstimmung über den Z 1 des russischen Handelsvertrages nach Berlin ge- führt. Eigentlich war es noch ein halbes Dutzend mehr; nur zog es der eine oder andere der Herren, welche von zu Hause abgereist waren, um gegen den Vertrag zu stimmen, vor, heute in der entscheidenden Stunde sich außerhalb des Reichstagssaales aufzuhalten. Im umgekehrten Verhältniß zu dem allgemeinen Interesse, das dem Vertrage entgegengebracht wird und das sich unter anderem auch in dem Zudrange zu den Tribünen knndgab, stand die Debatte. Es genügt zur Charakterisirung derselben, daß die Frage der Judeneinwanderung im Vordergrunde stand, und daß Liebennann von Sonnenberg der Hauptredner des Tages war. In der namentlichen Abstimmung wurde der is 1 mit 200 gegen 146 Stimmen angenommen. Dieses Resultat wurde aus den Reihen der freisinnigen Volkspartei mit Bravo begrüßt. Am Bundesrathstisch, wo Caprivi, Marschall u. A. saßen, gab es nach dem Bekanntwerden dieses Resultats ein allgemeines Händeschütteln und Beglückwünschen; die Bänke der Abgeordneten leerten sich aber überraschend schnell. Die weitere Debatte war ohne jeden Belang; vor Eintritt in den tz IS vertagte sich das HanS bis zum nächsten Montag, Mittags 12 Uhr. Von der sozialdemokratischen Fraktion waren zur heutigen Abstimmung über den Handelsvertrag 40 Mit- glieder anwesend, welche sämmtlich mit Ja anstimniten. Da zwei Mitglieder, Metzger und Stadthagen , sich in Hast befinden, so fehlten von der ganzen Fraktion nur zwei Mann.— Die Zentrumspartei und der deutsch - russische Handelsvertrag. Gespaltener hat noch nie eine Partei, von der nationalliberalen abgesehen, über eine wichtige Frage abgestimmt, wie das Zentrum, 32 Ab- geordnete dieser Partei haben gegen, 44 für den Antrag gestimmt, 19 Zentrumsabgeordnete haben sich der Ab- stimmung enthalten. Ein nettes Bild vom festen Thurm des Zentrums.— Die preußische Wahlstatistik ist noch nicht dem Landtage zugegangen, trotzdem> wird offiziös ein AuSzug aus derselben verbreitet, der die Blätter zu mehr oder minder eingehenden Erörterungen über das Dreiklaffen- Wahlsystem veranlaßt. Das wollte wohl die Regierung, damit das später erscheinende statistische Material unberück- sichtigt bleibt. Wir können der preußischen Regierung den Gefallen nicht erweisen, auf ihre vorläufigen und vielleicht tendenziös zugestutzten Mittheilungen einzugehen. Wir werden dafür desto gründlicher das amtliche Material untersuchen, kritisircn und dann über das elendeste aller Wahlsysteme urtheilen.— Die Steurrvorlagen, die fast in Vergessenheit ge- rathen sind, werden von der„Norddeutschen Allgemeinen Zeitung" im Auftrages der Reichsregierung wieder in Er- innerung gebracht. Das offiziöse Blatt schreibt: Wenn in einzelnen Preßorganen auch neuerdings wieder der Annahme Raum gegeben wurde, die verbündeten Re- gierungen würden für die laufende Session darauf verzichten, die dem Reichstag gemachten Steuervorlagen durchberathen zu sehen, so sind wir in der Lage, aus bester Quelle versichern zu können, daß die verbündeten Regierungen unter allen Um- ständen darauf bestehen, nicht nur über die Steuervorlagen, � sondern auch über das Finanzresormgesetz vom Reichstage eine bestimmte Antwort zu erhalten. Da die Kommission noch nicht einmal eine der vier großen Vorlagen, auf die es ankommt, ganz durchberathen hat, und der diätenlose Reichstag es sich kaum gefallen lassen krat" trotz des erfreulichsten Ausschwunges noch immer ein Defizit habe, da die Expedition eine so„verflucht tost- spielige" sei. Da aber diese Stelle mit Heiterkeit ausgenommen wurde, hatte auch das streng aussehende Gesicht des Land-AmmanneS sich zu einem Lächeln geglättet. Wieder sank die Sonne und sendete ihre letzten Strahlen in die Fenster des alten Schloffes, als die Männer, die hier getagt, sich zum Abschied die Hände reichten. Das große Thor mit dem steinernen Wappen ward aufgethan und sie schritten heraus, hocherhobenen Hauptes und gehobenen Sinnes. Die stattliche Schaar der Kämpfer, die soeben ihre Kampfesweise geregelt, wird sich nun wieder in alle Winde zerstreuen, aber sie bleiben geeinigt in dem großen Ge- danken: das Proletariat müsse sich selbst befreien. Vec- trauen und Zuversicht smd gewachsen, jeder von ihnen fühlt sich neu gestählt und gekräftigt und bereit. Alles, was er besitzt, das ist jede Kraft seines Geistes, Gesundheit und Leben, für die Verwirklichung dieses Gedankens dahin zu geben. Arm in Arm, in dichten Reihen gingen sie über den Auger und laut und begeistert, wie ein Triuniphgesang, ertönte aus ihren Kehlen das Lied der Freiheit, die Marseillaise . XI. Es war ziemlich spät am Abend, als Helene von ihrem Ausflug wieder bei ihren Freundinnen im Palm- hos eintraf. Sie sah rosig und geistig belebt auS und mit einer bei ihr seltenen Beredtsamkert erzählte sie von dem Kongresse und wie glücklich und bedeutsam alles verlaufen war. Ganz erfüllt von den Ereignissen und ihrem eigenen Glück bemerkte sie ga» nicht, daß ihre Kameradinnen ab- gespannt und zerstreut waren, und erst am nächsten Morgen siel deren verändertes Aussehen ihr auf. Tania war völlig durchsichtig geworden. Um den bleichen, etwas vibrirenden Mund lag jener vergeistigte wird, bis in den September versammelt zu bleiben, so dürfte die Erfüllung des Wunsches der Reichsregierung an der Beschlußunfähigkeit des Reichstages scheitern.— Koscielski-Admiralski, der See-Ulan, der gouverne- mentalste Pole, soll sein Reichstagsmandat niedergelegt haben. Ueber die Gründe der Mandatsniederlegung wird viel Klatsch verbreitet. Wir glauben, daß die Gründe tiefer liegen. Ein so ehrgeiziger Plann wie dieser Edle aus der Polakei legt wegen Kleinigkeiten sein Reichs- tags-Mandat nicht zurück.— Die Hamburger Negierung arbeitet gegen die An- nähme des russischen Handelsvertrages, indem sie die zwei Reichstags-Abgeordneten und Beleidiger des Hamburger Senates, die Genossen Metzger und Stadthagen , aus der düsteren Raboisenwache nicht zur Abstimmung über den Handelsvertrag beurlauben will. Das„Hamburger Echo" schreibt hierüber: „Sticht genügende Gründe" hatten die jetzt die Annehmlichkeiten der Raboisenwache kennen lernenden Genoffen Metzger»nd Stadthagen nach Ansicht der Ober-Staatsanwalt- schaft für ihren Antrag auf Strasurlaub, um an den Ab- stimmungen über den deutsch -russischen Handelsvertrag theil- zunehmen. Der Strafurlaub wurde also versagt. Die von den beiden Abgeordneten hiergegen bei der Verwaltnngs- abtheilung für daS Justizwesen eingelegten Beschwerden sind nach Schluß der ersten Berathung des Handelsvertrages zurück- gewiesen worden. Die oberste Justizverwaltung nimmt an, daß die Beurlaubung eines Abgeordneten behuss Ausübung feines Rechts und seiner Pflicht als Ab- geordneter gesetzlich unzulässig sei. Mit dieser An- ficht steht die Hamburger Behörde in Widerspruch mit der Praris der höchsten Justizbehörden anderer Bundesstaaten; so ist ja erst in jüngster Zeit dem Antrage des Abgeordneten Bueb, ihn zwecks Theilnahme an den Reichstagsverhandlungen von Eröffnung des Reichstages bis zu den Weihnachtsferien zu beurlauben, sofort seitens des elsässischen Ministeriums e»t- sprochen worden. Die Zulässigkeit solcher Beurlaubung wurde bei Besprechung dieses Falles selbst von nationalliberalen Blättern zugegeben. Wir erinneni ferner daran, daß bei Ge- legenheit des bekannten Falles Majunke im Jahre IS74 vom Bundesrathstische aus wiederholt ausdrücklich betont wurde, daß die Justizverwaltungen selbstverständlich das Recht hätten, einem etwaigen Antrage auf Beurlaubung eines Abgeordnelen stattzugeben. Selbst die ultrakonservativen Abgeordneten traten damals diesen Ausführungen bei und wünschten, daß die Frage, ob jeder Abgeordnete auf seinen Antrag hin beurlaubt werden müsse, in der Reichsstrafprozeß-Ordnung geregelt werden möge. Diese Regelung ist bekanntlich nicht erfolgt. Wohl aber schreibt die Strafprozeß-Ordnung ausdrücklich in§ 4SS vor, daß Straf« anfschub, bez. Strafurlaub, ertheilt werden kann, wenn ohne diesen„dem Verurtheilten oder der Familie desselben erhebliche, außerhalb des Strafzwecks liegende Nachtheile erwachsen". Als solche Nachtheile sind die Nothwcndigkeit der Regelung dringender Geschäfte, die Theilnahme an Beerdigungen». ständig erachtet. Die Hamburger Justizbehörde ist demnach der Ansicht, daß die Nichtausübung des Rechts als Abgeordneter kein„außerhalb des Strafzwecks liegender Nachtheil" sei. Be- kanntlich wurde ja auch der Antrag der inhaftirten Genossen, ihnen zwecks Regelung ihrer Angelegenheiten acht, beziehentlich vierzehn Tage Strafaufschub zu ertheilen, abgelehnt. Das preußische Justizministerium erkennt in seiner allgemeinen Ver- fügung vom 14. August IS7S(Justizministerialblatt S. 237) ausdrücklich an, daß selbst in solchen Fällen, aus welche Z 488 der Strafprozeßordnung nicht zutrifft, Strafaufschub und Strasurlaub seitens der Justizverwaltungs-Behörden ertheilt werden könne. Ob es der Ansicht huldigen würde: Wenn ein sozial- demokratischer Abgeordneter den Hamburger Senat oder einen Staatsanwalt beleidigt haben soll, ist Strafaufschub und Strasurlaub unzulässig, weil die Nichttheisnahme des sozial- demokratischen Abgeordneten an den Sitzungen des Reichstages kein„außerhalb deS Strafzwecks liegender Nachtheil" ist? Der„Rückgang" der Sozialdemokratie spukt wieder einmal in den Organen der gegnerischen Parteien, die sich für ihren eigenen wirklichen durch unseren angeblichen Rückgang zu trösten suchen. Jetzt muß die Verminderung der Ueberschüsse des„Vorwärts" im letzten Quartal 1893 verglichen mit dem letzten Quartal 1392 zur Wiederauf- tischung deS Märchens den Vorwand hergeben. Aber haben die Herren Zeitungsschreiber denn vergessen, daß der Kölner Parteitag, wie sie selber seiner Zeit mit- theilten, den Beschluß gefaßt hat, der„Vorwärts" solle einen größeren Theil seiner Ueberschüsse auf die Aus- gestaltuna des Blattes verwenden? Manchem der Rück- gangs- Blätter wäre geholfen, wenn sie nur so viel Abon- nenten hätten, als der„Vorivärts�........ gangs" gewonnen hat.— Religion«nd Stellenjägerei während des„Rück- Der liberale Wiener Vicebürgermeister Dr. Richter soll Bürgermeister von Wien Zug deS Leidens, wie ihn die großen Künstler der Ranaissance den katholischen Märtyrerinnen verliehen hatten, aber auch Sofia Alexandrowna sah leidend aus, sie war in diesen wenigen Tagen eine Andere geworden. Ihr schöner voller Körper war abgemagert und ihre Wangen schmal und blaß geworden. Sie versuchte darüber zu scherzen, aber es wollte ihr nicht recht gelingen. Helene war wirklich bekümmert und wagte doch nicht mit Fragen in sie zu dringen. Sie rüstete sich zum Ausgehen. Sie hatte mit dem rothen Postmeister abzurechnen. Und da war Einer, der sie noch ungeduldiger erwartete; sie war auf Schloß Wyden nicht so unbemerkt geblieben, wie sie erwartet hatte. Sie war erkannt und als Genossin freudig begrüßt worden. Als die Frau des Kastellans em- traf und die Bedienung übernommen hatte, konnte sie an Konrad's Seite sämmtlichen Berathungen beiwohnen. Sie erzählte es Sofie und welche Anregungen sie dadurch �erhalten habe, einen großen, unauslöschlichen Eindruck. Dann hatte sie ihren Hut genommen und war fortgeeilt. Als sie Nachmittags zurückkam, sah sie mit Verwunde- rung, daß Sofia noch im Morgenkleide war. „Du bist heute nicht auf die Klinik gegangen?" fragte sie sie. „Ich bin seit acht Tagen nicht dort geivesen." „Du bist krank, Sofia?" „Nur träge," entgegnete diese kurz. Sie nahm ein Buch, ging gegen das Fenster und setzte sich dort in einen Stuhl. Sie wollte es aufschlagen, aber die Arme sanken schlaff hernieder und das Buch entsank ihren Händen. „Ich weiß nicht, was es ist.... aber ich kann nicht arbeiten.... ich kann nicht.... ich kann nicht!" rief sie. (Fortsetzung folgt.) werden. Bis gestern Dissident tritt er nun zum Katholizis- mus über. Dem Katholizismus wird dieser Uebertritt eben- sowenig zur Ehre gereichen wie dem Liberalismus. — Der italienische Bismarck . Der deutsche Crispi hat seine gefälschte Depesche, der italienische Bismarck sein gefälschtes Manifest. Crispi braucht jetzt nicht mehr mit Neid auf seinen deutschen Ex-Kollegen zu blicken. Wir erwähnten des Bubenstücks schon. Heute nähere Einzel- heiten, die wir der bürgerlichen Presse entnehmen: Unterm 7. d. veröffentlicht der Mailänder„Seeolo" einen Brief des Deputirlen Colajanni. in welchem dieser sden Nachweis liefert, daß der in der Kammerfltzung vom 28. Februar von Crispi verlesene hochrevolutionäre Aufruf eme Fälschung ist. Pelralia Soprana, in der Provinz Palermo , ist die Ge- meinde, in welcher nach Crispi das Manifest publizirt worden sein soll. In Wahrheit verhält sich die Sache folgendermaßen. In genanntem Orte war ein Vize- Kanzlist der lokalen Pretura(Zivilgericht), der sterblich verliebt war in die schöne Frau eineS reichen Teigwaaren- Fabrikanten. Tie Frau gab seinen Bewerbungen kein Gehör, worauf er ihr Trohbriese schrieb, und als auch dies nichts nützte, seine Drohungen ausführte. Er schrieb den Aufruf, adressirte ihn an den Ehemann jener Frau und gab das Schreiben in Petralia Sottana auf die Post. Er schrieb ferner zwei anonyme Briefe, einen an den Delegirten der öffentlichen Sicherheit, einen anderen an den Brigadier der Karabinieri von Petralia Soprana . In diesen Briefen denunzirte er den ihm verhaßten Ehemann als Anarchisten. welcher Geld und Dynamit erhalten habe, um die Revolution zu provoziren, und bezeichnete als Beweis seiner Behauptung die Thatsache, daß vermittelst der Post demselben ein auf- rührerffches Manifest zugehen werde. Er forderte d i e Polizei auf. das Manifest, welches noch auf der Post sein müsse, zu beschlagnahmen. Thatsächlich wurde das Manifest noch in den Händen des Postboten beschlagnahmt, be- vor dieser eS dem Adressaten hatte einhändigen können. Beim Adressaten fanden darauf Haussuchungen statt, welche aber fruchtlos ausfielen. Dessenungeachtet wurde die Verhaftung des Teigwaaren-Fabrikanten angeordnet. Nun aber denunzirte die Frau den Vizekanzlisten als den muthmaßlichen Verfasser des Manifestes und legt« seine Drohbrief« vor. Jetzt wurde Unter- suchung gegen den Kanzlisten eingeleitet, welcher Alles ein- gestand und zu seiner Entschuldigung nur anführte, daß die Leidenschaft für jene Frau ihn wahnsinnig gemacht habe. Der fragliche Ausruf ist also weder„veröffentlicht" noch „unterschrieben" worden, fondern ist nichts weiter als die Ausgeburt unerhörter Infamie. Colajanni konstatirt daS und fährt dann fort:„Und auf Grund von Dokumenten dieser Art hat man einen schändlichen Prozeß eröffnet gegen Hunderte. ja Tausende von armen Arbeitern und die Elite dersizilianischen Jugend! Es ist klar, der Ministerpräsident ist in unerhörter Weise betrogen worden, und zu wünschen bleibt nur. daß er zur Wahrung seiner Würde einschreiten, und die strenge Bestrafung jener verächtlichen Behörden Siziliens ver- anlassen werde, welche ihm ein falsches und verleumderisches Dokument zugehen und in der Kammer verlesen ließen." Ich kann hinzufügen, daß der Prozeß gegen den in Frage kommen- den Vizekanzler Bonsignore Accurzio wegen Verleumdung nächstens vor dem Tribunale von Termini zur Verhandlung kommen wird." Colajanni ist sehr gutmüthig, zu glauben, daß CriSpi betrogen worden sei. So dumm ist der mit allen Hunden gehetzte Kumpan des Cornelius Herz nicht.— Die anarchistischen Gelder. AuS Pari» wird unS unterm S. März geschrieben: Man fragt sich schon lange, woher die anarchistischen Gelder stammen, da ja schließlich die„Pro- paganda der That" kein Berus ist, von dem man leben kann. Woher kommt es also, daß die„Propagandisten der That" so oft Reisen zwischen hier und London machen können, heute in Paris . morgen in Marseille , Lyon oder einer andern Stadt„Konferenzen" halten, gleichzeitig da und dort ein« Wohnung haben und steis die hierzu nöthigen Geldmittel besitzen? Da ist z. B. ein gewisser Faure, ein Jesuitenzögling, der Priester werden sollte, aber Ge- schäflsreisender wurde und seit zwei, drei Jahren nur in Anarchie „macht". Als er neulich von Lyon nach Paris reiste, wurde ihm aus dem dortigen Bahnhofe, während er auf den Abgang des Zuges wartete, eine Brieftasche mit 1000 Franks gestohlen und als der- selbe kürzlich hier verhastet wurde, steckte er«in« SOV Franks- Note zu sich, um nicht auf die Gefängnißkost angewiesen zu sein. Man weiß auch, daß Henry, der Attentäter vom Hotel Terminus, nicht aller Baarmittel los war, als er das Attentat verübte und schon wochenlang vorher, von London kommend, sich in Paris aufhielt, ohne irgend einer Beschäftigung nach- gegangen zu sein. Woher also alle diese Gelder? Der ministerielle„Temps ", sowie daS Leiborgan Raynal's„La petite Gironde" habe das vor wenigen Tagen verrathen. Sie erzählten nämlich, daß bei den jüngsten Hausdurchsuchungen ein« Anzahl von Briefen und sonstigen Schriftstücken gefunden wurden. auS welchen unzweideutig hervorgeht, daß die Anarchisten von Bankiers. Geistlichen-c. nicht unbedeutende UnterstützungSgelder erhielten. Daß sich unter diesen Spendern Rothschild und die Herzogin von Uzes befinden, darüber kann kaum ein Zweifel sein, da man vor wenige Wochen in dem Koffer eineS Anarchisten ihre Visttkarten mit einigen freundlichen Begleitworten fand. Hätte man nun bei einem dieser Anarchisten nur den mindesten Anhalt dafür gesunden, daß der eine oder andere Sozialist die.Propaganda der That" in irgend einer Weise unterstütze, wäre dies gewiß nicht ohne Hausdurchsuchungen und Anklagen wegen Mitschuld aus- gegangen. Genosse I a u r i s hat darum in der gestrigen Sitzung der Kammer im Auftrage der Fraktion das Verlangen gestellt, die Re- gierung über die Maßregeln zu interpelliren, die sie gegenüber den Kapitalisten und Geistlichen zu nehmen gedenkt, welche die„Propa- ganda der That" subventioniren. Herr Perier aber, der aus guten Gründen von all den vom„Temps " und der„Petite Gironde" mitgetheilten Dingen nichts erfahren haben will. wollte die Interpellation zurückgestellt wissen, was denn auch schließlich mit 278 gegen 231 Stimmen geschah. Diese verhält- nißmäßig geringe Majorität zeigt aber gleichzeitig, daß sich die frühere Mehrheit, auf die sich die Regierung bisher stützen konnte, stark im Abbröckeln begriffen ist. Einer der früheren Mehrheitsabgeordnelen Guieyffe, erklärte: Wenn er sowie viele seiner Freunde alle von der Regierung gegen die Anarchisten verlangten Gesetze votirt baden, so sei dies unter der Bedingung gewesen, daß sie gegen Alle, ohne Nnterschied der Stellung, angewendet werden. So zeigt sich denn nunmehr, daß selbst die bürgerlichen Republikaner, so weit sie ehrlich sind, keineswegs geneigt sind. dem„neuen Geist" zu folgen; aber auch gleichzeitig, und das ist viel wichtiger, was von all den anarchistischen Attentaten zu halten ist und wer ihre eigentlichen Urheber sind. Von dem Momente aber, wo man dies weiß, hört die Fruktifikalion all dieser Attentate, ja hören die Attentate selbst auf, wie sich dies bald zeigen wird. Der dreifache Bombensegen— durch Bourgeoisie, Jnn!erthum und Pfassenthum, oder wie es in Frankreich richtiger heißen muß: durch die regierende Bourgeoisie, die Reste der Aristokratie, und der Klerus— dieser dreifache Segen, den die„heilige Bombe" von sämmtlichen Gruppen der kapitalistischen Ordnungsstützen empfangen hat, ist der französischen Regierung recht unbequem. Als I a u r s s vorgestern die Interpellation betreffend die famose
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