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Mr. 63.

Erscheint täglich außer Montags. Brets pränumerando: Viertel jährlich 3,30 Mart, monatlic 1,10 mt, wöchentlich 28 Bfg frei in's Haus. Einzelne Nummer 6 Pfg. Sonntags: Nummer mit illuftr. Sonntags: Beilage Neue Welt" 10 Bfg. Boft- Abonnement: 3,30 Mt.pro Quartal. Unter Kreuz­ band : Deutschland u. Defterreich: Ungarn 2 Mt., für das übrige Ausland 3 Mt.pr.Monat. Einger:. in der Boit Beitungs- Breisliste für 1894 unter Nr. 6919.

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11. Jahrg

Infertions- Gebühr beträgt für die fünfgespaltene Betitzeile oder deren Raum 40 Bfg., für Vereins: und Beriammlungs Anzeigen 20 Pig Inferate für die nächste Mummer müssen bis 4 Uhr Nachmittags in De: Grpedition abgegeben werden. Die Ervedition in an Wochen: tagen bis 7 or Abends, an Sonn­und feittagen bis 9 Uhr Vor­mittags geöffnet.

Fernsprecher: Amt I. 1508. Telegramm- Adresse: Sozialdemokrat Berlin !

Berliner Bolksblatt.

Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands .

Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2.

Freitag, den 16. März 1894.

1884

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10-12 3tr. 12-15

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7-9 9-11

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1892

13-18 und 20 3tr. 15--20 14-22 und 24 18-22

Weizen Roggen Hafer Gerste Infolge der höheren Ernteerträge sind auch die Preise

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Expedition: SW. 19, Benth- Straße 3.

Von der Mothlage die Arbeit. Er vertilgte das Unkraut und nahm den bisher| Thatsache, geht aber das arbeitende Volk nicht einen Pfiffer so armen Boden in intensivere Kultur. Im Jahre 1884 ling an, um so weniger, als ja das preußische Renten­der Landwirthschaft. hatte der Morgen gebracht an Roggen 7,75 Bentner, gütergesetz den zeternden Herren naive Kleinbauern in Weizen 3,50 Zentner, Gerste 12 Zentner, Hafer 7 Zentner; Hülle und Fülle zutreibt, welche von diesen Flächen einen Seit mehr denn einem Jahrzehnt ist kaum eine Session 1892 erntete der Bächter von derselben Fläche: 19,50 Bentner Feßen nach dem andern um ein reines Sündengeld des Reichstages und preußischen Landtages zu Ende ge: Roggen, 15,30 Zentner Weizen, 18,85 Bentner Gerste und erstehen. gangen, welche nicht dem hungrigen Großgrundbesig auf 18,85 Bentner Hafer. Das sind doch Erträge, bei In den Motiven zu dem Gesezentwurfe über die Land­Kosten der Allgemeinheit einen Vortheil in den Schooß welchen sich bestehen läßt. Die von dem Pächter wirthschaftskammern wird gesagt, der allodiale größere geworfen hätte. Die Brotzölle tamen und stiegen mehr und eingeführte intensive Kultur steigerte aber nicht blos Grundbesitz sei über die Hälfte des Werthes verschuldet. mehr, die Branntweinliebesgabe brachte und bringt den den Körnerertrag, sie förderte auch den Futterbau, der Die Hauptursachen der Verschuldung seien Erbfälle und Junkern Millionen ein, der Zucker genießt seine Export Biehstapel konnte vergrößert und das vorhandene Vieh Restkaufgelder. Ja, ist denn das nicht etwas ganz Judi­bonifitation, vom Rentengütergesetz zieht der Großgrund- jetzt weit besser gefüttert werden als früher. Während sonst viduelles, läßt sich aus diesen Thatsachen wirklich der besitzer den Hauptnußen und für ganz Preußen ist die der Liter Milch taum 7/2 Pf. brachte, wird er jetzt zu Beweis drehen, daß sich die Landwirthschaft als solche in Grundsteuer außer Hebung" gesetzt. Troß alledem find 141/ 2-17 Pf. verkauft. Die Wirthschaftsweise des Pächters einer Nothlage befinde? Die agrarischen Silbermänner die Klagen über die Nothlage der deutschen Landwirthschaft veranlaßte die benachbarten Bauern zur Nacheiferung. Und behaupten immer, daß durch die Einführung der Gold­nicht verstummt. Im Gegentheil. In allen Vertretungs- auch bei ihnen hob sich der Ertrag. Sie erzielten durch- währung die verschuldeten Landwirthe zu gunsten ihrer förpern, in Vereinen und Bersammlungen, in Zeitungen und schnittlich pro Tagewerk= 1/3 ha Gläubiger benachtheiligt worden wären. Hat jemals einer Broschüren gellt der Allarmruf der Agrarier: Staat, hilf! gehört, daß eben dieselben Herren auf die Vortheile auch wir gehen zu Grunde!" Und die Minister und hohen Beamten nur hinwiesen, welche den Hypothekenschuldnern dadurch stimmen nickend den Schreiern zu, und die halbe Welt erwuchsen, daß in derselben Zeit der Zinsfuß von 5 pCt. glaubt ihnen aufs Wort. Die deutsche Landwirthschaft be­auf 3-4 pt. herabging? findet sich in einer gräßlichen Nothlage. Wie so? Erster Beweis: Die Ergebnisse der preußischen Domänenverpach tungen weisen Rückgänge auf. Das stimmt allerdings. für Grund und Boden gestiegen, in den letzten fünf Jahren Theil der Junker und Genossen verschuldet ist bis zu den allein um das Dreifache. Die Roherträge sind aber nicht Dhren, aber von einer allgemeinen Nothlage der Land­Für die letzten acht Jahre ergiebt sich bei einem früheren blos in der Pfalz und zwar infolge einer ganz besonders wirthschaft fehlt jeder Beweis. Ist sie aber wirklich vor Gesammtertrage von 5701 354,50 M. ein Rückgang von intensiven Kultur, sondern auch anderswo, überhaupt, ganz banden, gut, warum liefert man dann den Beweis nicht 252 748,08 m., also von zirka 42 pCt., für die letzten gewaltig in die Höhe gegangen. Die Illustrirte land- schwarz auf weiß? Warum forderten die Agrarier, die 1986 041,59 M. ein solcher von 85 971,07 m., also von zirka wirthschaftliche Zeitung", ein Bündlerorgan, veröffentlichte 48 pet. Ein Rückgang ist also unzweifelhaft vorhanden, am 20. Januar folgende Statistit des von Knebel- Döberitz­aber beweisen läßt sich mit ihm nichts. Die meisten deutschen Familiengutes Friedrichshof. schen Arbeiter würden einander mit Hand und Mund 1821-81= 3214 Scheff. Getreibe Es wurden geerntet: gratuliren, wenn ihr Einkommen heute nur um 4-5 pCt. 1831-41= 3119 geringer wäre, als es zur Zeit der höchsten Löhne gewesen. 1841-51 3951 Die deutsche Landwirthschaft steht vor dem Ruin. 1851-614462 Zweiter Beweis: Die Produktionskosten haben riesig zu 1861-71-5076 genommen, der Reinertrag sikt, wenn es so weiter geht, wird 1871-81 es, wie ein Hauptagrarier unlängst im Reichstage prophezeit 1881-91= 7645 hat, noch so weit tommen, daß der Landwirth auf jede Tonne Roggen 50 M. darauf zahlt. Es ist richtig, daß die Produktionskosten sich mit der Einführung einer inten­fiveren Kultur steigern. Dafür wachsen aber auch die Ernte­mengen.

3 Jahre bei einem früheren Gesammtertrage

EX 5044

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+500 Ctr. Kartoffeln +2500 +4500" +7400

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Mit einem Wort: Es ist eine Thatsache, daß ein großer

doch sonst alles mögliche aushecken, alle nur denkbaren Forderungen erheben, von der Regierung, die ihnen doch stets zu Willen ist, nicht schon lange eine eingehende Agrar Enquete?

So fragt der Autor*), dessen Ausführungen wir im Vorstehenden benügt, und wir meinen, der Mann hat voll­ständig Recht.

Die Regierung hat mittlerweile, wie einige Blätter aus ,, bester Quelle" erfahren, ihre Geneigtheit zu erkennen ge­geben, eine solche Umfrage zu veranstalten. Nun, wer's erlebt, wird ja sehen, was dabei herauskommt.

Politische Leberlidit.

Berlin , ben 15. März.

+5000 Str. Futterrüben. " Ja," sagen darauf die ostelbischen Junker, das ist alles recht schön und gut, aber wir erzielen solche Erträge nicht, oder doch nur auf einem Theil unserer Güter." Die Herren mögen zum Theil recht haben. Woher soll Im Jahre 1884 übernahm ein Herr Schickert als Pächter derjenige, welcher die schönsten Jahre seines Lebens Der Reichstag erledigte heute, in einer fünfstündigen Pferdestall, in den sogenannten Echuiftenbergerhof" im Amtsbezirk Kirch- im am der Kaserne, Spieltisch Sigung die dritte Lesung des Etats. Die Ruthe heimbolanden in der Pfalz . Der Hof hat einen Flächen- vertrödelt, die technischen Kenntnisse her haben, umfang von 286 Morgen; davon sind 123 Morgen zäher welche die Landwirthschaft, die sich zu einer Wissen der Abendsizung, die über dem Haus aufgehängt war, be­Lettenboden, das übrige Land ist sandig, steinigt oder besteht schaft ausgewachsen hat, heute erfordert? Auch hinsichtlich feuerte die Arbeit. Die Generaldebatte verlief sehr rasch. Im Namen der Fraktion theilte Liebknecht mit, aus sandigem Lehm. Der Hof war bei der Uebernahme der Erträge haben die Oftelbier in gewisser Hinsicht Recht. daß die sozialdemokratische Fraktion beschlossen hat, zu vollständig vernachlässigt und verliedert, die Felder Ihre Güter sind für eine extensive Kultur zu groß; die starrten von Unkraut. In der ganzen Gegend ging das Außenschläge, welche oft 20-25 pCt. des Gutsareals um-*) Dr. Julius 3uns: Nicht abgeschickte Petition an Wort, daß auf diesem Gute alle Besizer in turzer Zeit faffen, tönnen nur intensiv bewirthschaftet werden und verden hohen Reichstag behuss Veranlassung einer Agrar­, fertig" würden. Nun, der neue Bächter ging trotzdem an schlingen so einen guten Theil des Reinertrages. Das ist Enquete. Frankfurt a. M. Mahlau u. Waldschmidt.

Feuilleton. Helene.

Nachbruck verboten.]

[ Alle Rechte vorbehalten den [ 68

Roman in zwei Bänden von Minna Kautsky . ( Wegen eines Versehens beim Umbrechen des Feuilletons in unferer geftrigen Nummer veröffentlichen wir den Roman Helene vom vierten Absage der zweiten Spalte der gestrigen Nummer noch einmal).

So bespöttelten sie sich gegenseitig in faltem 8ynismus. Da ist der Tobel," sagte Atschin, sie nennen ihn hier Petertobel."

Beide traten an den Rand und sahen hinab. Die Böschung war steil und wild verwachsen, Alles war naß vom Thau.

Ich weiß nicht, weshalb wir da hinunter sollen?" ver­setzte Lazar und zuckte mit den Achseln.

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Um vor Störungen sicher zu sein, auch wird die Deto­nation da unten fast unhörbar verhallen, die pflanzen­Die jungen Männer, die diese Vision geschaut, begeg- bewachsenen Wände verschlingen den Ton." neten sich in demselben Gedanten, sie lächelten Beide.... Gut, dann gehen wir hinab... aber gieb mir die Die Sonne ist hinter den bewaldeten Höhen empor- Flasche." gestiegen. Wie das Alles glänzt und gligert in der farbigen Pracht eines Sommermorgens.

Sie stehen am Rande des Waldes, in dem ein tausend­fältiges Leben erwacht ist.

Sie treten unter die Bäume und gehen weglos im Walde weiter.

Sind wir noch weit von dem Ort, den Du Dir aus­gesucht haft?" fragte Lazar. Nein einige Schritte noch", entgegnete Atschin, dessen schmale Brust teuchte, aber um so hastiger strebte er

vorwärts.

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Da strauchelte sein Fuß über eine hervorstehende Baum­wurzel.

Atschin blickte zornig auf: Hältst Du Dich für gefeit? Nein, mein Lieber, ich kenne teine Angst, wer eine Welt in Trümmer legen will, darf seine eigenen Beine nicht schonen und die Manipulation hier ist meine Sache."

Er sagte es fest und rauh, und Fuß um Fuß segend, begann er die Böschung langsam hinab zu steigen. Lazar folgte ihm. Unten angekommen, wählten sie ihren Blah.

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Ganz vortrefflich," rief Atschin, höchst geeignet für unsere Versuchsstation." Dann begann er seine Hände zu reiben, die kalt ge­worden waren. Steife Finger, das ist dumm, das kann ich nicht brauchen." Mit Umsicht und Kaltblütigkeit begannen sie ihre Vor­Was das für nette glänzende Dingerchen waren, die Lazar aus seiner Tasche hervornahm.

Lazar faßte ihn rasch am Arme. Vorsichtig, Du trägst die Flasche." " Teufel, bald hätte ich mein Wert an mir selbst er bereitungen. probt."

Ohne Dich des Gelingens erfreuen zu können." Das wäre allerdings schade, und um so schlimmer, da mit dem Erfinder die kostbare Erfindung zugleich verloren ginge."

Die über das unsicherste Pröbeln bisher nicht hinaus gebiehen ist."

Kleine, zierliche Messingkapseln, die Atschin schon vor längerer Zeit für ein Balkongitter bestellt hatte. Der Fabri­tant hatte sie ihm anstandslos und genau nach der Beich nung geliefert.

Sie scherzten darüber mit guter Laune, während Lazar zwei derselben für die Füllung zurecht legte.

Atschin hielt diese selbst, eine gelatinartige Flüssigkeit, in einer Flasche verwahrt, prüfend gegen das Licht. Ihre Augen waren ebenso ruhig und sicher, wie ihre Hände, ihr Beruf hatte sie gestählt; von ihrer Festigkeit und Besonnenheit hatte so oft das Leben Anderer abge­hangen, nun hatten sie einmal ihr eigenes in der Hand. Aber keiner von ihnen dachte an die Gefahr. Ein Kriegsmanöver dünfte es ihnen. Man prüft die Rampfesmittel auf ihre Tüchtigkeit, ehe man sie gegen einen unbarmherzigen Feind ins Treffen führt. Die Sonne in raschem Aufstieg hatte jetzt eben den Tobel erreicht. Sie stahl sich durch das junge Laub in diese grüne Wildniß hinein, und funkelte über die nassen Blätter hin und gligerte silbern in dem flaren Wässerchen auf, das rasch und lustig über die Kiesel dahin schoß.

Die Vögel, die bis dahin, um sich vor Kälte und Thau zu schüßen, unter den Blättern saßen, die Federn aufgebläht, den Kopf dazwischen gesteckt, schüttelten das Gefieder, hoben die Schwingen und flatterten auf. Und frisch und heiter, wie der Tag selbst, begrüßten sie ihn mit jubelnden Ge­sängen. Ein Heher läuft da behende den Stamm einer jungen Eiche hinauf. Er hüpft von Zweig zu Zweig und schaut mit seinen klugen listigen Augen neugierig auf diese Menschen hernieder, die ihm den Rücken zuwenden und die Köpfe gesenkt halten.

Was machen die da?" fragt sich der Heher.

Er weiß ganz gut, Unmenschen gegenüber, die Flinten tragen, heißt es vorsichtig sein und aufpassen. Er ist unter den Vögeln des Waldes als der Warner bekannt und ge­schätzt; auch er hat seinen Ehrgeiz so gut wie andere und will sein Renommee sich erhalten. Er bemerkt, daß sie etwas Glänzendes in ihren Händen halten, metallisch blitt es auf in der Sonne.

" Das ist ein Flintenlauf," denkt er; für einen Heher kann es nichts anderes sein, und jäh und kreischend stößt ez den Warnungsruf aus.