Nr. 123.- 32. Jahrg.
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Redaktion: Sw. 68, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Amt Morigplak, Nr. 151 90-151 97.
Mittwoch, den 5. Mai 1915.
Expedition: SW. 68, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Amt Morikplak, Nr. 151 90-151 97.
Das Ergebnis des Sieges in Weftgalizien.
Fortschritte bei Ypern. - Kampf zwifchen Unterfeeboot und Marine- Zeppelin.
Die Meldung des Großen Hauptquartiers.
Amtlich. Großes Hauptquartier, den 4. Mai 1915.( W. T. B.)
Westlicher Kriegsschauplatz.
In Flandern festen wir unsere Angriffe von Nordeu und Often mit großem Erfolge fort. Heute morgen fielen Zevenkote, Zonnebete, Westhoek, der Polygoneveld Wald, Nonne Bosschen alles seit vielen Monaten heißumstrittene Orte in unsere Hand. Der abziehende Feind steht unter dem Flankenfeuer unserer Batterien nördlich und südlich von Ypern .
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In den Argonnen versuchten die Franzosen nördlich von Le Four de Paris vergeblich, einen von uns am 1. Mai eroberten Graben zurückzunehmen.
Die Artilleriekämpfe zwischen Maas und Mosel nahmen auch gestern ihren Fortgang.
Deftlicher Kriegsschauplatz.
Die Zahl der in der Verfolgung auf Mitan gefangen genommenen Ruffen ist auf über 4000 gestiegen.
Erneute russische Angriffe füdwestlich von Kalwaria wurden abgeschlagen. 170 Gefangene blieben bei uns.
Ebenso scheiterten russische Angriffe füdöstlich von Augustow unter starken Verlusten für den Feind, der dort außerdem an Gefangenen 4 Offiziere, 420 Mann und zwei Maschinengewehre verlor.
Auch bei Jedwabno nordöstlich vom 2om za wurde ein russischer Nachtangriff abgeschlagen.
Südöstlicher Kriegsschauplak.
Die Offensive zwischen Waldkarpathen und oberer Weichsel nahm guten Fortgang. Die Beute des ersten Tages beläuft sich auf 21 500 Gefangene, 16 Geschüße, 47 Maschinengewehre und zurzeit noch unübersehbares Kriegsgerät aller Art.
Der österreichische Generalstabsbericht.
Wien , 4. Mai. ( W. T. B.) Amtlich wird verlautbart: 4. Mai 1915 mittags:
In treuer Waffenbrüderschaft haben Deutschlands und Desterreich- Ungarns verbündete Truppen einen neuen Sieg erfochten. Die seit dem Rückzuge der Russen nach unserer siegreichen Schlacht bei Limanova in Westgalizien haltende start befestigte feindliche Front zwischen Weichsel und dem Karpathenkamm wurde in ihrer ganzen Ausdehnung erobert.
In Fortſehung des Angriffs haben die österreichischungarischen und die deutschen Streitkräfte auch gestern an der ganzen Front unter den Augen des Armecoberkommandanten Feldmarschalls Erzherzogs Friedrich neue Erfolge erkämpft, find unaufhaltsam weiter nach Osten vorgedrungen und haben starke russische Kräfte erneut zum schleunigen Rückzug ge
zwungen.
Die Bedeutung des Gesamterfolges läßt sich noch nicht annähernd übersehen. Die Zahl der bisherigen Gefangenen ist auf über 30 000 Mann gestiegen und nimmt stündlich zu.
In den zahlreichen eroberten russischen Stellungen wurde cine Unmenge Kriegsmaterial erbeutet. 22 Geschüße und 64 Maschinengewehre sind bei der ersten Beute. An allen übrigen Fronken ist die Situation im großen unverändert.
Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes: von Hoefer, Feldmarschalleutnant.
Der Sieg in Westgalizien.
Die Tragweite und die strategischen Wirkungen des von den verbündeten deutsch - österreichischen Truppen in Westgalizien errungenen Sieges lassen sich auch heute noch nicht
stehen.
Oberste Heeresleitung.
Die Russen scheinen ihre Hauptstreitkräfte gegen die Karpathen vorgeschoben zu haben. Das lassen auch die Berichte aus dem österreichischen Kriegspressequartier vermuten. Die russische Dunajecfront war so stark durch Schüßengräben und Drahtverhaue aller Art befestigt, daß man offenbar auch mit einer geringeren Sahl von Truppen Angriffe abwehren zu können wähnte. Offenbar sind nun aber deutsch - österreichische Streitkräfte mit außerordentlicher Kraft vorgestoßen und haben die Linie an verschiedenen Stellen gesprengt.
Szawle in Flammen.
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Szamle, den 1. Mai 1915. Szamle ist ein wichtiger Eisenbahnknotenpunkt. Die Stadt liegt über 100 Kilometer von der deutschen Grenze entfernt, etwa oberhalb der nördsten Höhe Deutschlands . Sie zählt in Friedenszeiten etwa 33000 Einwohner. Ihr Holzumschlagverfehr, Zuckerund Lederindr frie geben der Stadt eine gewerbliche Bedeutung, und sie war ein geschäftlicher Zentralpunkt für ein großes Landgebiet an ist ihr wirtschaftliches und gewerbliches Leben mindestens auf lange Zeit hinaus erheblich gestört, selbst dann, wenn des Kreeges Toben bald zu Ende sein würde. Ein großer Teil der Stat ist der Raub eines rasenden Brandes geworden.- Das Ziel dec Deutschen bei einem mit großer Energie durchgeführten Vorstog auf Szawle war die Zerstörung der strategischen Eisenbahn, die Zibau mit den russischen rückwärtigen Stützpunkten verbindet. Heute Mittag war das Wert der Unbrauchbarmachung der Bahn vollendet. Der letzte russische militärische Transport von Libau , ein Zug mit Liebesgaben, fiel den Deutschen in die Hände. Er kam hercingerollt, ale unsere Truppen Szaile bereits besetzt hatten und aus der Stadt mächtige Flammensäulen und Rauchwolfen emporstiegen. Es ist nicht anzunehmen, daß die Ruffen Szawle absichtlich einem gefräßigen Feuer preisgaben; augenscheinlich und nach dem Zeugnis der Einwohner waren militärische Maßnahmen, wie sie bei den Ariegführenden üblich sind, die mittelbaren Ursachen des Stadtrandes. Als die deutschen Truppen am Morgen des 30. April Die starten Befestigungen vor Szawle angriffen, hatten sie eine Marschleistung von 80 Kilometer hinter sich. Auch jest gab es noch keine Pause. Ein stürmischer Angriff löste den Gewaltmarsch ab. Erst nach einem heftigen Ringen, das fast 8 Stunden währte, waren die Deutschen unbestrittene Herren der Stadt, in die fie morgens gegen 10 Uhr einrückten. In eiliger Flucht zogen sich die Russen vor den nachfolgenden Deutschen bis weit hinter den Angriffsradius zurück.
Kurz nach Mittag fahren wir in Szawle hinein. Am nordwestlichen Eingang der Stadt, unmittelbar am Bahnhof, brennt ein mächtiges Holzlager. Die herüberschlagende Hize macht schon jetzt bei der Einfahrt in die Stadt sich empfindlich bemerkbar. In allen Straßen stehen die Einwohner zusammen und schauen dem militärischen Getriebe zu. In der Sorbonerstraße, am Markt, brennt ein Haus. Wie die Einwohner erzählen, hat ein eingeschlagenes Artilleriegeschoß den Brand verursacht. Untätig stehen die Leute umber, machen nicht die geringsten Anstrengungen, das Feuer zu lokalisieren. Gegen 2 Uhr rüdt ein Stab in die Stadt ein, und bald darauf sind deutsche Soldaten an der Arbeit, das wütende Element auf seinen augenblicklichen Herd zu beschränken, was nicht sagen, da uns ja jede Kenntnis darüber fehlt, mit einer schließlich auch gelingt. Einheimische begnügen sich damit, etwas von dem aus den umliegenden Häusern herausgeholten Eigentum wie großen Truppenzahl die erfolgreiche Offensive unter- zu retten. Vor dem Hause liegt ein großer Haufen von Kleidern nommen wurde und wie starke russische Truppen den vor- und Tuchstoffen; gierige Flammen haben ihn erfaßt und verzehren dringenden deutschen und österreichischen Korps gegenüber- ihn. Nun schlagen aber auch schon im östlichen und füdlichen Teile der Stadt züngelnde Flammen empor. Nach der Auskunft von Einwohnern war hier das Feuer von großen Getreidelagern auf die meisten nur aus Holz erbauten Häuser übergesprungen. Sie hatten das Feuer längst bemerkt, aber in Kurzsichtigkeit und wahnfinniger Angst nichts zu seiner Eindämmung getan. Jeder war, wenn er nicht einfach stumm und starr dem Rasen des Elements zuschaute, lediglich darauf bedacht, einige Habseligkeiten zu retten. einer dachte an den andern, jeden beherrschten die engsten Eigensorgen. Um Kleines zu retten, begab man sich in Lebensgefahr. Vornehmlich alte Frauen; mit Gewalt mußten sie aus den bedrohten Hütten herausgeholt werden. Hier kommt ein Mann mit einem Samowar angefeucht. Ein Sanitäter springt ihm entgegen, reißt ihn vorwärts, faum aus dem Bereich der Gluthize heraus, bricht der Mann erschöpft zusammen. Trotzdem wollen noch zwei alte Frauen in das Flammenmeer hinein. Dort unten auf der Straße liegt ein Bündel und eine Kiste, das wollen sie holen. In lautes Weheklagen brechen sie aus, als ihnen das verwehrt wird. Jezt kommt noch ein Mann aus einem brennenden Hause; seine Hände sind verbrannt, seine Kleider glimmen; Flammen haben ihm Bart und Kopfhaare versengt. Soldaten bringen den Jammernden nach vorn, aber kaum hat man ihn losgelassen, will er auf der Die Menschen sind wie wahnsinnig, rennen wie die Hühner in die anderen Seite der Straße wieder in die brennende Gasse hinein. Flammen hinein. In den Ställen brüllt das Vich; eine halbver brannte Stake läuft über die Straße; Glutwellen und Rauchwolken schlagen zu uns herüber. Der ganze südliche und östliche Stadtteil steht in Flammen. Es mochte gegen 25 Uhr sein. Laut Klagende Frauen und Kinder hocken auf der Straße oder rennen ratlos hin und her; Mütter suchen ihre Kinder, Kinder schreien nach ihren Müttern. Einige feuchen vorbei, tragen und zerren Gerümpel, Säcke und Kästen nach dem Innern der Stadt zu. Zwei Mädchen behüten einen Käfig mit zwei Kanarienvögeln; sie sind nur notsterbenden Mann; cr sizt zusammengebrochen auf einem Stuhl. Burschen stehen umher, gaffen dem tragischen Schauspiel zu; sie fümmern sich nicht um die Wehklagenden und Hilflosen. Hauptmann V. padt einige Gaffer und zwingt sie zu helfen. Nut widerstrebend nehmen sie den keuchenden Frauen die Lasten ab. Der Gegenjak zwischen Juden und Polen macht sich auch hier wieder, und zwar in der häßlichsten Weise, bemerkbar.
Noch sind uns die Punkte, bis zu denen die Sieger vorgedrungen sind, nicht bekannt. Offenbar befindet sich die Schlacht noch in vollem Gange, so daß sich noch nicht absehen läßt, wo sie zum Stehen kommen wird.
Der deutsch - österreichische Erfolg ist auf alle Fälle ein sehr bedeutsamer. Da sich auf dem galizischen Kriegsschauplak Heeresmassen in der Kopfzahl von Millionen gegenüberstehen, kann auch der glänzendste Erfolg nur eine taktische Bedeutung haben; er kann sich freilich auch zu strategischer Wirkung auswachsen, wenn die Vorbedingungen dafür vorhanden sind. Ob das der Fall ist, wird erst die Zukunft lehren.
Marine- ürftig bekleidet. zwei junge Leute und eine Frau bringen einen
Englisches Unterseeboot durch ein deutsches Marineluftschiff versenkt.
übersehen. Schon die gestrigen Meldungen besagten, daß die Amtlich. Berlin , 4. Mai. ( W. T. B.) Am 3. Mai hat ein Front am Dunajec in ihrer ganzen Länge von den Karpathen deutsches Marineluftschiff in der Nordsee ein Gefecht mit mehreren bis zur Dunajecmündung durchbrochen und eingedrückt englischen Unterseebooten gehabt. Es bewarf die Boote mit Bomben und brachte eines von ihnen zum Sinken. Die Unterseeboote beworden sei. Die Zahl der Gefangenen hat sich auf 30 000 ver- schoffen das Luftschiff mit Geschüßen, ohne es zu treffen. Das Luftmehrt, auch sind zahlreiche Geschütze und Maschinengewehre schiff ist wohlbehalten zurückgekehrt. den Siegern in die Hände gefallen. Trotzdem läßt sich etwas Der Stellvertretende Chef des Admiralstabes. Abschließendes heute über die Bedeutung der Operation noch
gez. Behnde.
Immer noch grausiger wird das Bild der Zerstörung und des gezündeten Getreidelager, die man nicht in die Hände der Deutschen Grauens. Während die höchstwahrscheinlich von den Russen anfallen lassen wollte, dem südlichen und östlichen Teil der Stabt zum Verderben wurden, setzte Flugfeuer von dem brennenden Holz. lager her den südwestlichen und teilweise den westlichen Teil der