Nr. 146.- 32. Jahrg.
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Telegramm- Adresse: ,, Sozialdemokrat Berlin".
Redaktion: SW. 68, Lindenstraße 3.
Fernsprecher: Amt Morigplas, Nr. 151 90-151 97.
Sonnabend, den 29. Mai 1915.
Expedition: Sw. 68, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Amt Morikplatz, Nr. 151 90-151 97.
Heftige Kämpfe am rechten San- Ufer.
Die Meldung des Großen Hauptquartiers.
Amtlich. Großes Hauptquartier, den 28. Mai 1915.( W. T. B.)
Westlicher Kriegsschauplatz.
Von dem im Brennpunkte des feindlichen Durchbruchsversuchs nordöstlich der Lorettohöhe stehenden Armeekorps sind seit 9. Mai 14 Offiziere, 1450 Franzosen gefangen genommen und 6 Maschinengewehre erbeutet.
Südöstlich des Lorettohöherückens sekten gestern gegen abend die Franzosen zu erneuten Teilangriffen, die abgeschlagen wurden, an. Bei Ablain ist das Gefecht noch im Gange. Auch im Priesterwalde griff der Feind gestern 7 Uhr abends nach längerer Artillerievorbereitung an. Es kam zu erbitterten nächtlichen Kämpfen, die mit einer schweren Niederlage der Franzosen endeten.
In den Vogesen gelang es dem Feinde, in einem kleinen Grabenstück südwestlich von Meheral sich festzusehen. Ein französischer Angriff am Reichsackerkopf nördlich von Mühlbach wurde leicht abgewiesen.
Achtzehn französische Flieger griffen gestern die offene Stadt Ludwigs hafen an. Durch Bombenabwurf wurden mehrere Zivilpersonen getötet und verlegt, Materialschaden aber nur in geringem Maße angerichtet. Das gepanzerte Führer- Flugzeug wurde östlich Neustadt a. d. H. zur Landung gezwungen; mit ihm fiel ein Major, der Kommandant des Flugzeuggeschwaders von Nancy , in unsere Hände. Unsere Flieger brachten im Luftkampf bei Epinal ein französisches Flugzeug zum Absturz und setzten die Kaserne in Geradmer in Brand.
Oestlicher Kriegsschauplatz.
An der Dubissa nahmen unsere Truppen erneut die Offensive auf. Ein zu beiden Seiten der Straße Rossienie- Eiragola geführter Angriff war von gutem Erfolge begleitet, er brachte uns 3120 russische Gefangene ein. Im übrigen wurden an verschiedenen Stellen russische Nachtangriffe abgewiesen.
Südöstlicher Kriegsschauplatz.
Um den Vormarsch der verbündeten Truppen zum Stehen zu bringen, versuchte der Feind mit frischen Kräften, die er von anderen Kriegsschaupläzen herangeführt hatte, rechts des San an verschiedenen Stellen zum Angriff überzugehen. Die Versuche scheiterten. Nur in der Gegend von Sieniawa wurden schwächere Abteilungen auf das linke Sanufer zurückgedrückt, wobei etwa 6 Geschüte nicht rechtzeitig abgeschoben werden konnten. In der Gegend nordöstlich von Przemysl zu beiden Seiten der Wisznia find wir in gutem Fortschreiten geblieben. Zu der am 25. Mai veröffentlichten Beute find etwa 9000 Gefangene, 25 Geschüge und 20 Maschinengewehre hinzu gekommen.
Der österreichische Generalstabsbericht. Wien , 28. Mai. ( W. T. B.) Amtlich wird verlautbart: 28. Mai 1915, mittags.
Nordöstlicher Kriegsschauplah.
Oberste Heeresleitung.
Englische Friedenswünsche.
Wir finden in der Pariser „ Nasche Slowo", dem trefflichen Kampforgan unserer russischen Genossen, eine intereffante Zusammenstellung von Auszügen aus dem Londoner Economist", die die Stimmungen in den liberalen Kreisen Englands grell widerspiegeln. Aus allen Kriegsartikeln des führenden Finazzorgans Englands in den legten Monaten liest man eine unverkennbare Kriegsmüdigkeit und den Wunsch heraus, der Krieg mit allen feinen Schrecknissen möge ein schnelles Ende nehmen. Daneben trift immer deutlicher das Mißtrauen zu den Zeitern der äußeren Politik Englands und die Befürchtung zutage, der Krieg würde bestenfalls eine übermäßige Schwächung des Gegners herbeiführen, was das politische Gleichgewicht" Europas stören würde, und schlimmstenfalls eine Revolution heraufbeschwören, die unbekannt wann ausbrechen und unbekannt wie ausgehen würde."
Der Umstand, meint ,, Nasche Slowo", daß ähnliche Stimmungen in den Spalten eines Organs, das große finanzielle Interessen vertritt, systematisch Ausdruck finden, weise darauf hin, daß die politischen und gesellschaftlichen Gruppen, die vor dem Kriege die Friedenspartei bildeten, auch jetzt keineswegs friegsbegeistert seien und zweifellos das Rückgrat der Opposition gegenüber den jezigen Herrschern Englands und den Grundsäßen ihrer äußeren Politik bilden.
Der Economist " spricht die Befürchtung aus, daß eine starke Schwächung Deutschlands und Desterreich- Ungarns durch einen langwierigen Krieg oder durch territoriale Verlufte zu einer wesentlichen Verlegung des politischen. Gleich gewichts" Europas führen könne, von deren Verteidigung die englische Politik ausgehe..
Seinen eigenen Standpunkt formuliert der„ Economist " in einem Artikel„ Das Ende des Krieges" mit folgenden Worten:„ Unseres Erachtens ist bisher der Standpunkt nicht genügend berücksichtigt worden, wonach das wirfliche Interesse Großbritanniens , Belgiens und Frank reichs darin besteht, einen schleunigen, gesunden und dauernden Frieden zu erzielen. Die Bedin. gung eines solchen Friedens wäre die völlige Wiederherftellung Belgiens und Frankreichs , wie auch die Lösung der elsaß- Lothringischen Frage. Was die östliche Front betrifft, so muß dort ein Kompromiß zwischen dem Prinzip der Autonomie der Nationalitäten und dem Grundsaz gefunden werden, der nach Möglichkeit die Erhaltung der bestehenden Ordnung Europas fordert."
Es ist klar, daß das Londoner Finanzorgan die WiederHerstellung des status quo ante den ungewissen Ereignissen vorzieht, die selbst im Falle eines Sieges der Tripelentente eintreten und die Stellung Englands erschüttern würden. Mit heftigen Worten wendet es sich gegen die noch vor furzem in der„ Times" und" Morning Post" proklamierte Politik, wonach England verpflichtet sei, stets mit bewaff
Ein englischer Hilfskreuzer in die Luft neter Hand einzugreifen, wenn seine Minister der Ansicht
geflogen.
London , 28. Mai. ( W. T. B.) Das Reutersche Bureau meldet amtlich: Der Hilfskreuzer ,, Princes Irene" ist infolge eines unglücklichen Zufalls bei Sheerneß in die Luft geflogen. Nur ein Mann der Besatzung ist gerettet worden.
"
Notiz: Die Princeß Frene" war ein großer kanadischer Dampfer von 6000 Tonnen.
200 Personen mit„ Prinzeß Jrene" in die Luft geflogen.
sind, daß das europäische Gleichgewicht bedroht ist. Eine solche Politik nennt der„ Economist " eine wahnsinnige, schädliche Fiktion, die eher geeignet ist, das Volk zu ruinieren, als die Macht Großbritanniens zu fördern."
Vom Norden herangeführte russische Verstärkungen Noch schärfer geißelt der„ Economist " die Politik des versuchten gestern an mehreren Frontabschnitten östlich des Durchhaltens bis ans Ende". Natürlich sei es verlockend, San durch heftige Gegenangriffe das weitere Vordringen der für die volle Freiheit" aller Nationen zu kämpfen, aber der endlose gegenseitige Vernichtungskampf bis zum letzten verbündeten Truppen zum Stehen zu bringen. Die Angriffe Mann und dem letzten Schilling" sei nichts weiter als des Feindes, die auch nachts wiederholt wurden, scheiterten. politischer Somnabulis mus. Wenn die Menschen Die verbündeten Truppen konnten beiderseits der Wisznia nicht vor diesen wahnsinnigen Träumen zurückschreckten, neuerdings Raum gewinnen. Bei Sieniawa mußten würde Europa in die Zeiten der Barbarei zurückfallen, ohne schwächere eigene Abteilungen vor starken dak die Ideale der friedlichen fulturellen Entwickelung der russischen Kräften auf das westliche Sannfer London , 28. Mai. ( W. T. B.) Meldung des Reuterschen Völfer je ihre Verwirklichung fänden. zurückgehen, wobei einzelne Geschüße auf dem östlichen Bureaus. Mit dem Hilfskreuzer Prinzeß Irene" Höchst bezeichnend ist die Stellung des Economist " Ufer zurückblieben. dürften zweihundert Personen umgekommen sein. gegenüber den durch den Krieg heraufbeschworenen wirt. Die Käm fe bei Drohobycz und Stryj dauern Außer der Besagung waren siebzig Arbeiter an Bord, um das schaftlichen und finanziellen Fragen. Er ironisiert über dieerfolgreich fort. Trotz zähesten Widerstandes wurden Schiff, das früher ein transatlantischer Dampfer der Canadian jenigen, die von gewaltigen Kontributionen träumen und nene russische Stellungen erobert. Bacific Co. war, zu kalfatern. Die Explosion creigncte sich um den Krieg bis ans Ende" wünschen. Die Kriegsausgaben 11 Uhr vormittags. Die Erschütterung war so heftig, daß ganz für die Dauer von zwei Monaten würden genügen, unt Am Pruth und in Russisch Polen keine besonderen Sheernes erbebte; sie war gewaltiger als bei der Explosion des einigermaßen die Verluste der Länder zu ersetzen, die am Ereignisse. Es herrscht im großen Ruhe. Bulwart". Eine riesige Rauch- und Flammensäule stieg auf, stärksten unter dem Kriege gelitten haben. Bei der weiteren Trümmer des Schiffes wurden in Maidstone , das fünfzehn Meilen Fortdauer des Krieges jedoch würde die Volkswirtschaft in Grund und Boden ruiniert werden. entfernt ist, gefunden.
Südwestlicher Kriegsschauplak.
In Tirol rückten italienische Abteilungen an mehreren Punkten über die Grenze. Sie bekamen es vorläufig nur mit einigen Gendarmen und Beobachtungspatrouillen zu tun. Die Beschießung unserer Grenzwerke aus schwerem Geschütz hat aufgehört. Auch in kärntnerischem und küstenländischem Grenzgebiete entwickelten sich bisher keine nennenswerten Ereignisse.
Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes. von Hocker, Feldmarschalleutnant.
Westlicher Kriegsschauplah.
Absturz eines englischen Flugzeuges. Paris , 27. Mai. ( W. T. B.) Der„ Temps" berichtet: In Hazebroud explodierte der Motor eines englischen Flugzeuges. Das Flugzeug fing Feuer und stürzte zu Boden. Die beiden englischen Flieger erlagen ihren Verlegungen.
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Anläßlich eines Vortrags des Sekretärs der Liverpooler Fondsbörse E. Crammond in der Königlichen Englischen Gesellschaft, der wertvolles Material über die wirtschaftlichen Folgen des Krieges enthielt, schildert der Autor eines Artikels im„ Economist " das Bild der unerhörten wirtschaftlichen Katastrophe, die nach dem Kriege eintreten würde. Vielleicht" ruft er zum Schluß aus werden die Todesqualen der Verwundeten und die Leiden der vielen Millionen ins Elend Gestürzten einmal selbst die frieqführenden Nationen in dem gemeinsamen Streben vereinigen, ein neues