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ren Verbündeten immer enger zusammengewachsen.(Stürmisches Bravo!) Von der Pilica bis zur Bukowina haben wir mit unseren östcrreichisch-ungarischen Kameraden monatelang gegen eine riesige Ucbermacht zähe ausgehalten, dann sind wir siegreich vorgestoßen und vormarschiert.(Lebhaftes Bravo!) An dem Geist der Treue und Freundschaft und Tapferkeit, von dem die Zentralmächte unerschütterlich beseelt sind, wird auch der neue Feind zuschanden werden.(Lebhaftes Bravo!) Die r k e i feiert in diesem Kriege eine glänzende Wiedergeburt.(Bravo  !) Das gesamte deutsche  Volk verfolgt mit Begeisterung alle einzelnen Phasen des hart- näckigen und siegreichen Widerstandes, mit dem die uns treu ver- bündete türkische Armee und Flotte die Angriffe der Gegner mit wuchtigen Schlägen zu parieren weiß.(Lebhaftes Bravo!) Gegen die lebendige Mauer unserem Krieger im Westen sind die Gegner bisher vergeblich gestürmt. Mag auch an einzelnen Stellen der 5'>!ampf hin- und hergewogt haben, mag hier oder dort ein Schützen- graben oder ein Dorf verloren oder gewonnen worden sein, der große Durchbruch, den unsere Gegner seit 5 Monaten an­kündigen, der ist ihnen nicht gelungen(Bravo  !) und der soll ihnen auch nicht gelingen.(Erneuter lebh. Beifall.) Der wird an der todesmutigen Tapferkeit unserer Helden scheitern.(Bravo  !) Meine Herren! Alle Machtmittel der Welt haben unsere Feinde bisher vergeblich gegen uns aufgeboten eine ungeheure Koalition tapferer Soldaten denn wer wollte die Feinde verachten, wie es unsere Gegner wohl gern tun? Der Plan, eine Nation von 70 Millionen mit Weibern   und Kindern auszuhungern Lug und Trug. In demselben Augenblick, wo der Mob der Straße in eng- lischen Städten um die Scheiterhaufen tanzte, aus denen er die Hab- seligkeiten wehrloser Deutscher verbrannte(Pfui-Rufe), wagt die englische   Regierung ein Dokument mit angeblichen Zeugenaussagen zu veröffentlichen, die so ungeheuerlich sind, daß nur ein verrücktes Gehirn ihnen glauben kann.(Lebh. Zustimmung.) Aber während die englische Presse hier und da deutschen Nachrichten Raum gibt, während sie objektive Darstellungen der Kriegslage abdruckt, herrscht in Paris   allein der Terror der Zensur. Keine Verlustlisten er- scheinen, kein deutscher, kein österreichisch-ungarischer Generalstabs- bcricht darf abgedruckt werden, die ausgetauschten schwerverwun- detcn Invaliden werden von ihren Angehörigen abgesperrt(Hört! hört!), eine wahre Angst vor der Wahrheit scheint die Regierung zu beherrschen.(Erneutes Hört! hört!) So kommt es, daß nach zuver- lässigen Beobachtungen in breitesten Volksschichten dort noch heute keine Kenntnis von den schweren Niederlagen der Russen auch nur im vorigen Fahre besteht, daß man weiter glaubt an die russische Dampfwalze, die auf Berlin   losgeht, das in Hunger und Elend ver- kommt, und daß man vertraut auf die große Offensive im Westen, die schon seit Monaten nicht vom Fleck kommt. Die Regierungen der uns feindlichen Staaten glauben durch Volksbetrug und durch die Entfesselung eines blinden Hasses die Schuld an dem Verbrechen dieses Krieges verdecken, den Tag des Erwachens hinausschieben zu können. Wir werden uns gestützt auf unser gutes Gewissen, auf die gerechte Sache und auf unser siegreiches Schwert nicht um Haaresbreite von der Bahn ab- bringen lassen, die wir als richtig erkannt haben.(Lebhaftes Bravo!) Mitten in dieser Verwirrung der Geister und Gefühle geht das deutsche   Volk ruhig und sicher seinen eigenen Weg. Nicht mit Haß führen wir diesen Krieg, aber mit Zorn, mit heiligem Zorn(Er- neuter lebhafter Beifall), und je größer die Gefahr ist, die wir von allen Seiten von Feinden umringt zu bestehen haben, je mehr uns die Liebe zur Heimat tief an das Herz packt, je mehr wir sorgen müssen für Kinder und Enkel, um so mehr müssen wir ausharren, bis wir uns alle nur mögliche» realen Garantien und Sicherheiten dafür geschaffen und erkämpft haben, daß keiner unserer Feinde, nicht vereinzelt, nicht vereint, wieder einen Waffengang wagen wird.(Stürmischer, lang anhaltender Beifall.) Je wilder, meine Herren, uns der Sturm umtobt, um so fester müssen wir unser eigenes HauS bauen.(Bravo  !) Meine Herren! Für die Gefühle, für diese Gesinnung heiliger Kraft, unerschrockenen Mutes und grenzenloser Opferwilligkeit, die das ganze Volk beseelt, für die treue Mitarbeit, die Sie. meine Herren, vom ersten Tage an schwer und fest dem Vaterlande leisten, übermittele ich im Auftrage Seiner Majestät Ihnen als den Vertretern des ganzen Volkes den heißen Dank des Kaisers. (Bravo  !) In dem gegenseitigen Vertrauen darauf, daß wir alle eins sind, werden wir siegen, auch einer Welt von Feinden zum Trutz. (Stürmischer anhaltender Beifall und Händeklatschen im Hause und auf den Tribünen.) Zur Geschäftsordnung beantragt Abg. Graf Westarp(k.), daß sich das HauS nach dieser Rede bis morgen vertage. Gegen diesen Antrag erhebt sich kein Widerspruch, die Ver- tagung ist beschlossen. Der Präsident schlägt vor, die heutige Tagesordnung auch für morgen anzusetzen. Abg. Scheidemann(Soz.)(zur Geschäftsordnung): Ich habe heute bereits im Seniorenkonvent den Antrag gestellt, die Tages- ordnung umzustellen. Ich wiederhole jetzt diesen Antrag, und zwar dahin, daß der Bericht der Budgetkommission über Aenderung des Versicherungsgesetzcs über Angestellte, Ausstellung eines Kriegs- wirtschaftsplanes für das kommende Erntejahr und freie Eisen- bahnfahrt für Urlauber, vor die zweite und dritte Beratung des Gesetzentwurfs zur Einschränkung der Verfügungen über Miet- und Pachtzinsforderungen gestellt werde. Abg. Bassermann(natl.) widerspricht diesem Antrage. Ich bitte es bei der heutigen Tagesordnung auch für morgen zu belassen. Der wichtigste Gegenstand der heutigen Tagesordnung ist das Gesetz betr. die Miet. und Pachtzinsforderungen und wir sollten die morgige Sitzung in erster Reihe zur Erledigung dieses Gesetzes in zweiter und dritter Lesung benutzen. Irgend ein Grund für die Umstellung der Tagesordnung liegt nicht vor. Der Antrag Scheide mann wird gegen die Stimmen der Sozialdemokraten abgelehnt. Nächste Sitzung: Sonnabend, den 29. Mai, vormittags 10 Uhr.(Schutzgebietsrechnung 1912, Anleihedenkschrift für die Schutzgebiete 1913, MietSzinsgesctz, Berichte der Budgetkommission über die Militärversorgung, über Aenderung des Angestellten- Versicherungsgesetzes, Kriegswirtschaftsplan, freie Eisenbahnfahrt der Urlauber, Petitionsberichte.) Schluß: 4 Uhr.______ Soziales. Finden die Arbeitcrschutzvorschristcn auf den Umbau von Bahnhöfen Anwendung? Um diese Frage handelte es sieh bei der Entscheidung eines Konflikts, den die Eisenbahndirektion in Kattowitz   zugunsten des Regierungsbaumeisters Ucko in Kandrzin   erhoben hatte. Der RegierungSbaumcister hatte seinerzeit den Umbau des Bahnhofs in Kandrzin   zu leiten. Dabei sollte er die Vorschriften des§ 137 Absatz 2 der Gewerbeordnung übertreten haben, die sich über die Dauer der Arbeitszeit von Arbeiterinnen, namentlich auch an den Sonnabenden, auslassen. Arbeiterinnen waren, entgegen diesen Vorschriften, länger beschäftigt worden. Ferner wurde ihm zum Vorwurf gemacht, Arbeiterinnen verbotswidrigzur Fort- schaffung von Material bei Bauten" beschäftigt zu haben. Im letzteren Falle handelte es sich um das Entladen von Sand und Steinschlag aus Eisenbahnwagen. Das Material war für den Bau bestimmt. Die Strafkammer hatte gegen ihn die Eröffnung des Haupt- Verfahrens beschlossen. Die Königliche Eiscnbahndirektion erhob Konflikt und machte geltend, daß sich der Regicrungsbaumeister innerhalb seiner Amts­
pflichten gehalten habe. Auf den Umbau des Bahnhofs finde 8 6 der Gewerbeordnung Anwendung, welcher bestimme, daß auf den Gewerbebetrieb der Eisenbahnunternehmungen die Gewerbeordnung keine Anwendung finde. Der Erste Staatsanwalt sprach sich in einer gutachtlichen Aeußcruug dahin aus, daߧ 6 mit seiner Ausschlußbestim- mung nicht in Betracht kommen könne bei solchen Reparatur- bauten der Eisenbahnverwaltung, die nicht zur Aufrecht- erhaltung des Eisenbahnbetriebes dienen. Deswegen hätten hier die Arbeiterschutzbestimmungen der Gewerbeordnung be- achtet werden müssen. Ter Konflikt müßte darum als unbc- gründet angesehen werden. Tie Gutachten der ordentlichen Gerichte erachteten den Konflikt ebenfalls für unbegründet, indem sie meinten, es wäre hier ein so umfangreicher Umbau des Bahnhofs, daß er einem Neubau gleichkäme. Die Sache müßte deshalb so ange- sehen werden, als ob der Eisenbahnbetrieb auf diesem Bahnhof noch nicht eröffnet gewesen sei. DaS Oberverwaltungsgericht erklärte jedoch jetzt im Gegensatz zu diesem Gutachten den Konflikt der Eisenbahndirektion für be- gründet, so daß das Strafversahren gegen den Regierungsbaumeister endgültig einzustellen sei. Das Oberverwaltungsgericht ging davon aus, daß der Umbau des Bahnhofs unter den Z 6 der Gewerbeord­nung falle, so daß die Arbeiterinnen-Schutzvorschristen der Gewerbe- ordnung, wie überhaupt die Vorschriften!>er Gewerbeordnung, keine Anwendung finden konnten. Die Entscheidung des Obervcrwaltungsgerichts zeigt von neuem, wie dringend eine ausdrückliche Unterstellung der Eisenbahnen unter die Schutzvorschriften der Gewerbeordnung ist, nachdem die Rechtsprechung seit zehn Jahren im Gegensatz zu früher den Schutz beseitigt hat.
Ter Stempel der Staatsanwaltschaft. Wie durch ein bureautratisches Verfahren ein fleißiger und tüchtiger Mensch ganz schuldlos aus seiner Stellung ge­rissen werden kann, zeigte eine Verhandlung, die die 5. Kammer des Berliner   Kaufmannsgerichts beschäftigte. Das Opfer des Bureaukratismus war der Expedient N., der bei der Beklagten  , dem Berlag des amtlichen Organs desBundes der Landwirte", seft etwa Jahresfrist mit 70 M. Monatsgehalt ange- stellt war und seinen verantwortungsvollen Posten voll ausfüllte. Vor zirka drei Jahren, als N. noch bei einer anderen Firma in der Lehre war, hatte er sich eine kleine Jugendtorheit zuschulden kommen lassen, die ihm damals einen Verweis seitens des Jugend- gcrichts eintrug. Seit jener Zeit hatte sich der jetzt 19jährige junge Mann völlig einwandfrei geführt. Jetzt nach Jahren entdeckte ein Aktuar bei Durchsicht der Akten, daß dem N. ein siir das Gericht cntbebrliches Schriftstück ausgehändigt werden kann. Statt nun zur Regelung dieser Amtshandlung durch Einsichtnahme in die jüngste Ausgabe des Adreßbuches die private Adresse des da- maligen Angeklagten zu ermitteln, sandte der betreffende Gerichts- schreiber den Gcrichtsbrief an den Arbeitgeber und adressierte ihn nach Schemas":An den Handlungslehrling Friedrich N." Dieses außen den Stempel der Staatsanwaltsäsaft tragende amtliche Schreiben machte die Beklagte stutzig, und sie verlangte Aufschluß darüber, was die Staatsanwaltschaft mit dem Kläger zu korrespon- dieren habe. Der Vater des jungen Mannes weigerte sich jedoch, den verlangten Aufschluß zu geben; er schrieb den Chefs, sie könnten schon daran, daß der Brief ohne Zustellungsurkunde zuge- stellt wurde, sehen, daß es sich um eine harmlose Sache handelte. Dessenungeachtet sprach die Beklagte die sofortige Entlassung aus. Wie sie in der Verhandlung ausführte, könne man ihr nicht zu- muten, einen Angestellten zu beschäftigen, deretwas mit dem Staatsanwalt zu tun habe". Wäre eine genügende Erklärung er- folg:, so hätte sie ohne weiteres die Entlassung zurückgenommen. Das Äaufmannsgericht gab bei seinen Bcrglcichsbemühungcn der Beklagten zu bedenken, daß bei einer Korrespondenz mit dem Staatsanwalt keineswegs immer ein schlechtes Licht auf den Adressaten fallen müsse; dieser könne ja der Strafantragsteller oder Zeuge in einer Strafsache sein. Andererseits hätte nach Ansicht des Vorsitzenden der Vater dem Chef ruhig sagen sollen, daß nur eine weit zurückliegende Jugendtorheit vorläge. Es kam schließlich eine Einigung in Höhe eines Monatsgehalts von 70 M. zustande. Wie der Bater noch vortrug, kann sein Sohn, der noch auf seine Ein- berufung wartet, zurzeit nirgends feste Anstellung finden, so sehr er sich auch bemüht. Auf seine Beschwerde beim Justizministerium hat sich dieses wegen des bedauerlichen Versehens des Gcrichts- schreiberS entschuldigt. Der Verlag des amtlichen Organs des Bundes der Landwirte" hat bislang eine Entschuldigung für seine Folgerungen aus einem Stempel der Staatsanwaltschaft nicht ge- funden._
Ter Bericht der Reichsversicherungsanstalt für Angestellte  über das Geschäftsjahr 1914 ist soeben erschienen. Im Jahre 1914 sind 228 628 Aufnahmekarten eingegangen, vom Beginn der Ver- sicherung bis Ende 1914 im ganzen 1 913 725 Stück. Die Zahl der Versicherten ist jedoch wesentlich kleiner, da für einen Teil der Ver- sicherten mehrere Aufnahmekarten ausgestellt worden sind, ein anderer Teil inzwischen bereits aus der Versicherung ausgeschieden ist. Trotzdem bleibt ein großes Heer der Versicherten. Betrug doch die Einnahme an Versicherungsbeiträgen im Jahre 1914 nicht weniger als 139,7 Millionen Mark. Wie groß die Lücke sein wird, die hier der Krieg reißt, läßt sich noch nicht übersehen. In der Beitragszahlung ist der Einfluß des Krieges erkenn- bar. Die niedrigste BeitragSzahl zeigt sich für Oktober, seitdem tritt wieder eine beträchtliche Steigerung ein. Von den Ausgaben kommen fast nur die für Heilverfahren in Betracht, da für Ruhegeld und Renten in der Regel die Wartezeit noch nicht zurückgelegt sein kann. Das Heilverfahren hat im Jahre 1914 infolge Ausbruch des Krieges ernste Störungen erlitten. Bei Beginn und in der ersten Zeit nach Ausbruch war die Durchfüh- rung des Heilverfahrens wegen der Verkehrsschwierigkeiten un- möglich. Ueberdies trat in den ersten Tagen eine förmliche Flucht aus den Heilstätten, Sanatorien und Bädern ein, zum Teil des- halb, weil viele Heilstätten und Sanatorien sich für Kriegszwecke zur Verfügung gestellt hatten oder wegen Aerztemangels den Be- trieb einstellen mußten. Hierzu kam, daß von dem männlichen Personal des Heilverfahrenbureaus 53 von insgefcnnt 60 Beamten und 7 von den 8 Aerzten eingezogen wurden. Trotzdem gelang es schon bald nach dem Ausbruch des Krieges, am 15. August 1914 die so wichtigen und häufig sehr dringlichen Lungenheilverfahren wieder aufzunehmen, weil Lungenheilstätten zur Heilung von Verwundeten gleich im Anfang abgelehnt worden sind und die zum Kriegsdienst einberufenen Heilstättenärzte zum Teil durch neue ersetzt werden konnten. Insgesamt sind im letzten Jahre 29 187 Anträge auf Heilver- fahren eingegangen. Völlig erledigt wurden 14 956 Anträge, und zwar: genehmigt 11921 73,7 vom Hundert; abgelehnt 3435= 23,0 vom Hundert; zurückgezogen 425 2,8 vom-Hundert, durch Tod der Antragsteller ausgeschieden 75:= 0,5 vom Hundert. Bedauerlich ist es, daß nicht angegeben worden ist, weshalb die 3435 Anträge abgelehnt werden mutzten. Erst wenn die Gründe bekannt sind, ist ein Urteil darüber möglich, ob die Anträge auch wirklich mit dem nötigen Verständnis für die Verhältnisse der Ver- sicherten geprüft werden. Bon den genehmigten Heilverfahren betrafen: Zahnheilver- fahren 2891 Fälle, andere Heilmittelgewährung 272 Fälle, andere Heilverfahren 7948 Fälle. Zahnheilverfahren sind auffallend häufig notwendig. Durchgeführt wurden: in Lungenheilstätten 3996 Fälle, in sonstigen Heilanstalten 3162 Fälle, in Bädern 1299 Fälle, durch Zuschüsse 499 Fälle. Zur Heilung Verwundeter stellte die Reichsverficherungsansialt sofort nach Kriegsausbruch dem Roten Kreuz die Heilanstalt Fürstcnberg mit 99 Betten zur Verfügung. An der Zeichnung der
i Kriegsauleihe hat sich die Anstalt mit 49 Millionen Mark beteiligt. Dem Kriegsausschuß für warme Unterkleidung überwies die An- stalt l1/! Millionen Mark. Ferner wurden gestiftet: 2 Lazarettzügc, 15 Krankenkraftwagen und 89 Anhängerwagen zur Fortschaffuiig der Verwundeten aus der Schlachtlinie in die Lazarette und 2 Feld- Wäschereien zu Lazarettzwecken. Endlich wurden 19 999 M. dem deutschen Verein für Sanitätshundc bewilligt. Der von ver- schiedenen Seiten angeregten Durchführung einer Stcllcnloscnfür- sorge aus den Mitteln der Angestelltenversicherung wurde niäit nähergetreten, da die matzgebenden Herren der Meinung sind, daß das Versicherungsgesetz hierfür keine Handhabe bietet. Dies ist, wie inzwischen nachgewiesen ist, eine irrtümliche Auffassung.
Gerichtszeitung. Mißlungener Versuch, eine Kriegerfrau zu exmittieren. Am 25. April veröffentlichten wir das Urteil des Amts- gerichts Cöpenick, nach welchem ans die Klage des Hausbesitzers Köhler, Adlershof  , gegen die Frau eines Kriegsteilnehmers auf Räumung sowie Zahlung des Miet- rückstandes nebst 4 Proz. Zinsen erkannt wurde. Das Urteil wurde für vorläufig vollstreckbar erklärt. Eingehend wiesen wir nach, daß es gesetzlich unzulässig ist, die Frau eines Kriegsteilnehmers zu exmittieren, auch wenn sie den Mietvertrag mit unterschrieben hat. Die Anrufung des Vollstreckungsgerichts hatErfolggehabt. Dieses fällte folgende Entscheidung: In Sachen des Eigentümers Köhler, Adlershof  , wird auf An- trag der beklagten Ehefrau die Zwangsvollstreckung aus dem Urteile des Amtsgerichts Cöpenick   vom 23. April 1915, soweit dieses die beklagte Ehefrau zur Räumung verurteilt hat, für unzulässig erklärt, da der im Felde befindliche Ehemann zur Räumung nicht verurteilt ist und die Eheftau deshalb ein Recht auf Verweilen in der Ehewohnung hat. Gegen den Ehemann ist kein Urteil ergangen. Es bedarf des- halb ihm gegenüber keiner Einstellung der Zwangsvollstreckung. Die Kosten fallen dem Gläubiger zur Last.
Alkohol und Revolver. Eine nächtliche Revolvcrschießerei, die beinahe einem Menschen das Leben gekostet hätte, lag einer Anklage wegen gefährlicher Körperverletzung und Vergehens gegen die Verordnung des Oberbefehlshabers über u n e r- laubtes Waffentragen zugrunde, welche gestern die 6. Strafkammer des Landgerichts I   unter Vorsitz des Land- gerichtsdircktors G o e b e l beschäftigte. Angeklagt war der Weichen st eller Eugen Elsner. Der Angeklagte hatte am Abend des 27. März d. I. mit seinem in der Pionierkaserne in der Küpenicker Straße beschästigten Schwager eine Bierreise unternommen, die in einem Lokal in der Nähe dieser Kaserne endigte. Als beide auf die Straße kamen, befanden sie sich in einer sehr fidelen Stimmung. Wie das Gericht als festgestellt ansah, sind beide dann mit unbekannten Leuten in Streit geraten, der in Tätlichkeiten ausartete. In diesem Augen- blick kam der Hausdiener Streese mit einem Arbeitskollegen vorbei. Wie S. behauptet, sei der Angeklagte plötzlich auf ihn losgegangen und habe ans einem Revolver mehrere Schüsse abgegeben. Streese ergriff die Flucht und der Angeklagte lief, immer weiter feuernd, hinter ihm her. Erst durch das tatkräftige Eingreifen eines Sol- daten, der ihm die Hand festhielt, wurde dem Treiben des gefäbr- lichen Revolverhelden Einhalt geboten. Der Angeklagte erhielt eine reichliche Tracht Prügel, nachdem sich herausgestellt hatte, daß Streese von einer Kugel mitten in die Brust getroffen worden war. Da die Kugel offenbar an einem Knochen abgeprallt war, war die Verletzung nicht lebensgefährlich. Der Staatsanwalt beantragte, da es sich um eine recht ge- fährliche Tat handele und gegen derartige Leute, die so schnell bereit mit dem Schießprügel sind, energisch vorgegangen werden müsse, eine Gefängnisstrafe von 6 Monaten und 2 Wochen. Rechts- anwalt Landsberger bat um eine mildere Strafe, da es sich um eine offenbar in der Alkoholftimmung begangene Tat handele, die der Angeklagte, der sich 27 Jalire im Dienst befinde, tief bereue. Das Gericht erkannte wegen der Körperverletzung auf 199 M. Geldstrafe und wegen deS unerlaubten Waffentragens auf 1 Woche Gefängnis._
Ei» Heiratsschwindler. In eine höchst fatale Situation war eine Hochzeitsgesell- schaft durch die Tat eines gewerbsmäßigen Heiratsschwindlers geraten, gegen den gestern die 3. Strafkammer des Land­gerichts II zu verhandeln hatte. Aus der Untersuchungshaft wurde der bereits vielfach vorbestrafte Hausdiener Oskar I e s k e vorgeführt, um sich wegen Betruges im strafschärfen- den Rückfalle zu verantworten. Vor einiger Zeit machte das Dienstmädchen Jentsch in einem Lokal in Schöneberg  die Bekanntschaft des jetzigen Angeklagten, der sich ihr als Angestellter der Firma Auer vorstellte und dann im Laufe der weiteren Unterhaltung durchblicken ließ, daß er Aussicht habe, demnächstTeilhaber" der Firma zu werden. Bei einem erneuten Zusammentreffen erzählte der Schwindler dann, daß er sobald wie möglich heiraten wolle, er brauche keine reiche Frau, da er selbst Geld aenug verdiene, ihm sei ein fleißiges Mädchen, welches nicht so hohe Ansprüche mache. lieber. Seine Zukünftige müsse jedoch soviel Ersparnisse haben, daß wenigstens die Möbeleinrichtung davon gekaust werden könne. Das leichtgläubige Mädchen ging auch auf den Leim und verlobte sich, ohne sich näher über ihren Bräutigam zu erkundigen, mit dem Angeklagten, um ihm dann zum Ankauf der Möbel ihre Ersparnisse in Höhe von 1000 Mark zur Verfügung zu stellen. Das Aufgebot wurde bestellt, die Braut kaufte sich ihren Hochzeits- staat, Einladungen wurden verschickt, auch war in einem Lokal das Hochzeitsessen und ein größeres Quantum Bier bestellt worden. Am Morgen des Hochzeitstages, eine Stunde vor der standesamtlichen Trauung, erschien der Schwindler nochmals bei seinemheißgeliebten Bräutchcn" und pumpte ihr den letzten T a l e r ab, um dann spurlos zu verschwinden. Die Braut und die Hochzeitsgescll- schaft wartete anfangs geduldig, dann erfolgten Tränen- ausbräche, man glaubte an irgendeinen Unglücksfall, man requirierte Autodroschken und suchte den Bräutigam, die Braut bekam Weinkrämpfe. Als schließlich die Zeit heran- genaht war, zu der das Hochzeitsmahl stattfinden sollte, zog die ganze Gesellschaft tiefbetrübt in das betreffende Lokal und trank hier, da das Essen zurückgenommen wurde, wenigstens das ganze Bier aus, so daß allmählich eine gewisse wehmütig- angeheiterte Stimmung in der Hochzeitsgesellschaft ohne Bräutigam Platz griff. Am nächsten Tage suchte die leichtgläilbige Jentsch die Kriminalpolizei auf, wo ihr in dem Verbrecheralbum das getreue Kontersei ihres verschwundenen Bräutigams lieblich entgegen blickte. Nach einigen Tagen saß der gefährliche Schwindler hinter Schloß und Riegel. Das Gericht er­kannte, da man es mit einem ganz gelverbsmäßigen Ver- brecher zu tun habe, auf 1Jahrund6MonateZ acht- haus. 150 Mark Geld st rase und Verlust der bürger- lichen Ehrenrechte auf die Dauer von 5 Jahren.