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auch in geeigneter Weiss die Mitwirkung des Handels an den grasen Perbrauchsplätzen in Anspruch genommen wird, der weit überwiegend dem Mittelstand angehört und durch seine Aus« schaltung aufs schwerste in seiner Existenz gefährdet wird. Vermöge seiner sich auf weite Gebiete erstreckenden genauen Kenntnis des Getreide- und Futtermittelhandels. seiner bewährten Einrichtungnn, seiner in der Gesamtheit be- achtenswerten KapitaUraft ist gerade dieser Handel besonders besagt, die staatlichen Organisationen in der Erfüllung ihrer Auf- gaben erfolgreich zu unterstützen. Ihn auch für spätere Zeiten zu erhalten, ist im Interesse der Verbraucher und Erzeuger gleich- mäßig geboten. Nachdem die Handelskammer etwas gezögert hat, macht sie sich zum beredten Wortführer der Händler: ganz natürlich, denn sie ist ja deren ausführendes Organ. Wir möchten wissen, ivas die Handelskammer unter den unentbehrlichen zentralen Organisationen versteht; sind es etwa solche, wie sie der Landwirtschaftsrat fordert, zusammen- gesetzt aus lauter Privatiiiteresicuten unter Ausschluß von Vertretern der Arbeiterschaft? Die Aktion gegen die staatliche Regelung des Konsums wird bereits systematisch geführt, sowohl seitens der Grund- besitzer wie des Handels und der Industrie. Die Negierung muß gegenüber diesen Anläufen nicht nur fest bleiben, sondern sie muß danach trachten, ihren Einfluß auf die Regelung und Preisbildung auszudehnen und zu stärken. Nimmermehr dürfen in dieser schweren Zeit der Not die Interessen des Volkes vollständig dem Ipekulamen- tum ausgeliefert werden!

Mus Industrie und Handel. Amerikanische Kriegsprofite. Die Verbündeten haben bei amerikanischen Fabriken fünf Millionen S ch r a p n e l l h ii l f e n in Auftrag gegeben. Davon liefert die American Locomotive Company ZVz Millionen, den Rest teilen sich die Firmen New Fork Air Brake Co. und die Wesiing- house Co. Es handelt sich dabei um ein Objekt von Millionen Mark. Die Westinghous« Co. beabsichtigt übrigens, bedeutende Be- triebserweiterungen vorzunehmen in Erwartung eines Riesenouf- trageS an Gewehren, über den noch nichts Näheres verlamet. Einfuhr von Därmen aus der Türkei nach Deutschland . Nach einer Anordnung des ungarischen Ackerbauministeriums ist die ungarische Eintrittsstation PredeiLl angewiesen worden, die aus der Türkei durch Rumänien während des Kriegszustandes in Postpaketen cingLhenden, vollkommen trockenen Därme und gesalzenen Schaf- dänne ohne die von Fall zu Fall lautend« Sonderbewilligung des Ackorballministeriums und ohne Forderung eines Veterinärpolizei- lichen Zeugnisses nach vorschriftsmäßiger Kontrolle in der Eintritts- slatiou zur unmittelbaren Durchfuhr nach Deutschland durchzulassen. Ernteaussichten in Indien . Die endgültige Schätzung der indischen Weizenernte gibt nachMorning Post" vom 31. Mai die mit Weizen besäte Fläche mit 32 250000 Acres an, das heißt 32000 Acres mehr, als die Aprilschätzung angab. Die Ernte wird auf 10 230 000 Tonnen geschätzt, an sich eine Höchstziffer, aber 0000 Tonnen unterhalb der Aprilschätzung.

Südamerikanische Wirtschaftslage. Dem«Journal des DebalS" vom 29. Mai wird von einem kürzlich aus Buenos Aires zurückgekehrten Leser folgendes ge- schrieben: Mit Ausnahme Uruguays , welches dank einer Steuerreform sich vor dem Defizit retten konnte, sind alle s ü d- amerikanischen Republiken von den Rückwirkungen des europäischen Krieges stark in Mitleidenschaft gezogen. In- dessen muß man scbarf unterscheiden zwischen der entschieden mittel- mäßigen Lage der Ktaalsfinanzen und der dagegen schon Anzeichen der Besserung aufweisenden Wirtschaftslage. Kn Argentinien zeigt nach einer Zeit der Depression, die besonders fühlbar in Wolle und Leder war, der Handel eine Auf- wärtsbewegung. Die Eisenbahnen weisen einen lebhafteren Berkehr auf, die Zerealien- und Flachsernte ist überreichlich, verschiedene kriegführende Länder haben bedeutende Abschlüsse für allmähliche Lieferungen gelätigt; an der Borte, Ivo während der letzten Monate eine pessimistische Stimmung obwaltete, hat man wieder mehr Mut bekommen auf die Nachricht hin, daß die argentinischen Kurie in London fester geworden sind; endlich hat man letzthin in Buenos Aires verschiedene interessante Jmmobilien-Transaklionen probiert. Dagegen erfordern die öffentlichen Finanzen die größte Auf- msrlsamkeir seitens der Regierung. Das Budget sür 1915 wird sich, trotzdem für mehr als 120 Millionen Frank Ersparnisse gemacht worden sind, nicht ins Gleichgewicht bringen lassen; eine mit Schwierigkeiten bei den Vereinigten Staaten untergebrachte Anleihe von 75 Millionen Frank war nur ein Auslveg, vielleicht mehr kost- spielig als zweckmäßig- Die maßgebenden Sachverständigen sind derAn« ficht, daß eine Abänderung des fiskalischen Regimes Argentiniens binnen kurzem sich als unerläßlich erweist; neue Steuern sind nicht zu um- gehen und werden wahrscheinlich die Erbschaften, de» Grundstücks- Wertzuwachs usw. treffe». Man spricht auch von Gesetzen, welche die Zerstückelung sehr großer Besitztümer und die Ein- richtung von mittleren vorschreiben. Trotz der propagandistischen Bestrebungen einiger AankeebaniierS geht der allgemeine Eindruck dahin, daß das nordamerikanische Kapital nicht zureicht, um eine wirtschastliche Wiedergeburt herbeizusühren; alle Hoffnungen wenden sich nach London und Paris .

Soziales. Beanstandeter Beschluß der Generalversammlung einer Ortskrankenkasse. Die Ortskrankenkassc der Tabakfabrikarbeiter zu Berlin wurde zum 1. Januar 1911 infolge der neuen Bersicherungsgesetzgebung aufgelöst und ihre Mitglieder traten in die Allgemeine Ortskranken- lasse Berlin ein. Einige Zeit früher, als die Auflösung schon fest- stand, beschloß die Generalversammlung der Kasse der-Ulbat. fabrikarbeiter, daß dem 34jährigen Rendanten Engel nach Beendi- guna der Geschäfte der aufgelösten Kasse eine Pension von jahrlich 000 Ak. zufallen solle.,..... Der Berliner Magistrat als Aufsichtsbehörde beanstandete die Ausführung jenes Beschlusses, weil er den Gesetzen zuwiderlaufe. Engel sei nur Angestellter im Sinne des tj 32 des Ausführungs- gesetzeS zur ReichSversicherungSordnung. Er habe nur� Anspruch darauf, daß sich gemäß des erwähnten 8 32 die Ablallsssrist des Bcrtragsverhältnisses abweichend von 302 der Reichsvcrsicherungs- ordnung auf 12 Monate verlängere. Der Pensionsbeschluß gehe in gesetzwidriger Weise darüber hinaus., Der Vorstand der aufgelösten Tabakfabrikaxbeiterkasse klagte auf Aufhebung der Boanstandung. Ter Bezirksausschuß wies aber die Klage ob und erachtete die Beanstandung des Beschlusses der Generalversammlung für gerecht- fertigt. Das Obervcrwaltungsgericht vertvarf das weitere Rechtsmittel des Vorstandes mit folgender Begründung: Für die Entscheidung kämen die Bestimmungen des bis- hcrigen Krankenversicherungsgesetzes in Frage. Da die dem Ren- danten Engel zugedachte Pension sich unter irgendeine andere Rubrik nicht bringen lasse, so handele es sich lediglich darum, ob diese Gelder zu den Verwaltungskosten gehörten oder nicht. Diese PensionSgcldor seien aber nicht unter die Perivaltungs- kosten zu bringen, Sie sollten nur eine freiwillige Zuwendung

fem, uin Engel damit zll erfreuen. Eine rechtliche Grundloge habe diese Zubilligung nicht. Daraus ergebe sich, daß der Magi- strat mit Recht die Ausführung des fraglichen Beschlusses der Generalversammlung der aufgelösten OrtSrrankenkasse der Tabak­fabrikarbeiter untersagt habe. (Die Allgemeine Ortskrankenkasse war dem Verfahren bei- geladen worden.)_ Vertragsbruch, Geschäft und Liebe. Eine auf Zahlung von Vertragsstrafe gerichtete Klage, die am Montag vor der Kammer 2 des GewerbegerichtS verhandelt wurde. ergab manche Einzelheiten und Nebenumstände, die zusammen- gestellt folgendes Bild ergeben. Der Beklagte war vertraglich mit einem JahreSgehalt von 7000 M. als Zuschneider im Geschäft det Klägers angestellt. Am 1. Juli vorigen Jahres hat er den Bertrag. der noch lange nicht abgelaufen war, einseitig gelöst. Der Kläger verlangt Zahlung der im Vertrage sür den Fall widerrechtlicher Lösung festgesetzte Strafe von 5000 M. Der Beklagte wendet ein. er sei zur vorzeitigen Lösung des Vertrags! berechtigt gewesen unter anderem, weil der Kläger die Frau des Beklagten schwer beleidigt habe und weil das Geschäft des Klägers vor dem Zusammenbruch gestanden habe. Da- gegen geht aus anderen in der Verhandlung festgestellten Tatsachen herbor, daß der Beklagte deshalb den Vertrag gelöst hat, um mit einem Geldmanne zusammen ein eigene» Geschäft zu gründen. Zum Beweise für die von ihm angegebenen Gründe für den Ver- trogSbruch berief sich der Beklagte auf eine Zeugin, au» deren An» gaben folgendes hervorging: Die Zeugin, eine 28 Jahre alte Modistin, hat längere Zeit Beziehungen zu dem Kläger gehabt, die trotz aller Umschreibungen, welche die Zeugin diesem Verhältnis zu geben suchte, als ein Liebesverhältnis angesehen werden muß. Eines Tages, als die Zeugin oben die Koffer gepackt hatte, um ge- msinfam mit dem Kläger eine Reife anzutreten, erhielt sie von diesem einen Absagebrief mit der Mitteilung, der Kläger müsse da» Verhältnis zu ihr lösen, weil er sich verheiraten wolle. Bald darauf liat der Kläger denn auch eine reiche Dame geheiratet und mit ihrem Geld« das Geschäft, welche» nach Angabe der Zeugin, die es von ihm selbst erfahren haben will, vor dem Zusammenbruch stand, wieder flott zu machen. Wie da» in solchen Fällen zu ge- schehcn pflegt, hatte das abgebrochene Liebesverhältnis feindselige Empfindungen, wenigsten» auf feiten der Zeugin, zur Folge. WaS sie früher in vertraulichen Stunden au» dem Munde des Klägers über die Frau des Beklagten gehört hatte, teilte sie diesem und seinem jetzigen Sozius mit. Diese Aeußerungen toaren für die Frau des Beklagten ohne Zweifel«hrenkränkend. Aber der Be- klagte hat das durch die Zeugin schon-in Jahr vor der Lösung seines Vertrages mit dem Kläger erfahren und nichts dagegen ge« tan. Deshalb nahm das Gericht an, daß die Beleidigung seiner Frau den Beklagten nicht veranlaßt Hab«, den Vertrag zu lösen. Auch die anderen Gründe, welch« der Betlagt« zur Rechtfertigung seines Vertragsbruchs anführte, hielt das Gericht nicht für stich- haltend. Es verurteilte den Beklagten zur Zahlung der Vertrags. strafe, setzte sie aber auf 2000 M. herab, weil etwa die Hälfte der Vertragszeit bei dessen Lösung bereits abgelaufen war. Ein angeblich bestohlener Kutscher. Ein Geschäftskutscher, der abends von seiner TageStour zurückkehrte, fand das Geschäft bereits geschlossen. Da er also nicht mehr abrechnen konnte, nahm er die von der Kundschaft ein- gezogenen Geldbeträge, insgesamt 140 M.. mit nach Hause. Unter- Wegs kehrte er aber erst in einer Kneipe ein und da ist ihm, wie er behauptet, das ganz« Geld gestohlen worden. Vor der Kammer 3 des Gewerbegerichts klagte die Firma gegen den Kutscher auf Zahlung der 140 M. Sie macht« geltend, der Kutscher hatte nach Geschäftsschluh da« Geld dem Vortier zur Aufbewah. rung ubergeben können. Es wurde auch festgestellt, daß der be- klagte Kutscher wegen versuchten EinbruchsdiebstahlS vorbestraft ,st. Das Gericht verurteilte den Beklagten zur Zahlung des von ihm nicht abgelieferten Betrages. Er habe für die Ablieferung des von ihm einkassierten Geldes aufzukommen, wenn man auch vom sozialen Standpunkt auS wünschen könne, daß dem Beklagten die Abrechnung auch»ach Geschäftsschluß ermöglicht worden wäre. Eigentümlich erscheine die Angabe, daß der Beklagte in einem Schanklokal bestohlen worden sei, Das hätte er verhindern kön° nen, wenn er auf das mitgeführte Geld aufgepaßt hätte.

Das verbotene italienische Lied. In die Zeit der diplomatischen Verhandlungen, welche den Ein- tritt Italiens in den Weltkrieg verhindern sollten, fällt der Anlaß zu einer Klage, die vor der Kammer ö de» Gewerbegerichts zum Austrag gebracht wurde. Beklagt war die Direktion de» Zirkus Schumann wegen Erfüllung vertraglicher Verpflichtungen, die sie einem Sängerquartett gegenüber eingegangen war. Das deutsch -österreichische Sängerquartett Steinegg war für das Variete des Zirkus«chumann für einen halben Monat gegen eine Gage von 40 M. pro Abend engagiert worden. Das Quartett hatte nach dem Vertrage zwei Gesangsnummern vorzutragen, die es selbst zu bestimmen hatte. Die Sänger setzten in diesem Fall« ein patriotisches Marschlied und einen musikalischen Scherz auf das Programm. Die letztere Nummer war eine Parodie italieni- scher Opernmustk. Ihr Text bestand lediglich aus den allgemein üblichen, der italienischen Sprache entnommenen musikalischen Vor- tragsbezeichnungen wie: Forte, fortissimo, piano, pianissimo. adagio, allegro, moderato usw. An einigen Abenden hatten die Sänger beide Nummern vorgetragen. Dann verbot die polt- etttche Zensur den weiteren Vortrag der Parodie, welche unter em Titelitalienischer Salat" auf dem Programm stand. Nach Angabe des Beklagten hat es der Zensor als unzulässig bezeichnet, wenn in der damaligen gespannten Zeit, wo der Krieg mit Italien auszubrechen drohte, auf einer deutschen Bühne etwa» vorge- tragen würde, was die Italiener verletzen könnte. Das Sänger- quartett vermochte für die verbotene Nummer nicht sogleich Ersatz zu beschaffen, weil es nichts anderes zur Zensur eingereicht hatte. Der Kläger erklärt das damit, daß sein Quartett sofort nach dem Engagement auftreten mutzte, weshalb nicht mehr Zeit war, um anders Nummern bei der Polizei einzureichen. ES vergingen immer erst 5 bis 3 Tage, ehe die Zensur über eine ihr einge- reichte Nummer Entscheidung getroffen habe. Das Quartett war also nur noch in der Lage, das patriotische Marschlied vor- zutragen. Das genügte aber der Direktion de» Zirkus Schumann nicht. Sie erklärte oen Vertrag mit dem Sänger Steinegg für aufgehoben, weil dieser die vertragliche Verpflichtung, zwei Nummern zu Gehör zu bringen, nicht erfüllen konnte. Der Kläger fordert Zahlung der Gage für die Vertragszeit, da es aus den angeführten Gründen nicht seine Schuld sei, daß er den Vertrag nicht habe erfüllen können. Uebrigens habe er sich bereit erklärt, sobald eine andere von ihm vorzulegende Nummer von der Zensur genehmigt sei, die vertragsmäßig ausbedungene Zeit hindurch aufzutreten. Davon aber wollte die Direktion nichts wissen. Sie bestand ohne Rücksicht auf ihrem Schein. Der Ver- treter der Direktion bestritt auch die Zuständigkeit des Gewerbe- gerichts, da der Kläger als Führer eine» Quartetts selbständiger Unternehmer sei. Diesen Einwand erklärte da» Gericht für unbegründet. Der Vorsitzende, Magistratsrat Schultz, suchte den Beklagten zu einem Vergleich zu bewegen, indem er bemerkt«, schön sei es gerade nicht. daß sich die Direktion in diesem Falle auf den schroffen Rechts- standpunkt stelle. Aber der Vertreter der Direktion beharrte auf dem schroffen Standpunkt und lehnt« jeden Vergleich ab. Das Gericht erkannte dann auf Abweisung der Klage, da der Kläger vertragsmäßig verpflichtet war, zwei Lieder zu singen, welche die Zensur nicht beanstandet hatte.

Gewerkschaftliches. fin üie Gewerkfchaftskartelle! Die Kartells werden ersucht, die Wahl von Vertretern in die Ortsausschüsse zur Fürsorge für die Kriegsbeschädigten, soweit das noch nicht geschehen ist, unverzüglich vorzunehmen. Die Adressen sind mit Angabe des Berufes des Ge- wählten spätestens bis zum Montag, den 14. Juni 1915, an Otto Wels , Berlin 68, L i n d e n st r. 3, einzusenden. Wir ersuchen die Gewerkschaftsfunktionäre aller Berufe für die Ausführung dieser Aufforderung zu sorgen. Tie Gauleiterkoulmission der Provinz Brandenburg . Deutsches Reift. Streiks und Aussperrungen seit Beginn deS Krieges. Trotz des Burgfriedens sind seit dem KricgSbeginn seit Ende März 101S laut Mitteilung desReichsarbeitsblattes" 52 Arbeils- kämpf« ausgebrochen, und zwar 50 Slreits und 2 Aussperrungen mit 4020 Beteiliglen. Diese verteilen sich auf 13 Gewerbegruppen. Der Bergbau steht mit 7 Streiks und 1301 Beteiligte» an erster Stelle. Die Metallindustrie folgt als nächste mit 3 Streiks und 1180 Beteiligten sowie mit einer Aussperrung, von der 33 Arbeiter betroffen wurden. Eine Aussperrung mit 32 Arbeitern kam in der Bekleidungsindustrie vor. Vollen Erfolg hatten die Arbeiter bei 11 Streiks, an denen 1351 Arbeiter beteiligt waren; in 12 Fällen mit 638 Beteiligten war teilweiser Erfolg und in 20 Fällen, bei denen 1710 Arbeiter beteiligt waren, war kein Erfolg zu verzeichnen. Bei den KriegsstreikS ist der volle Erfolg etwas häusiger auf feiten der Arbeiter, als im letzten Jahrfünft, ES hatten von den öS Arbeitskämpfen der Kriegszeit elf Streiks vollen, zwölf Streiks teilweisen Erfolg, während in 20 Fällen kein Erfolg zu verzeichnen war. Sechsundzwanzig von den 63 Arbeitskämpfen wurden durch Vergleichsverhandlungen beigelegt. Besonders hervorzuheben ist. daß in einem Falls ein staatlicher Bergbeamter mit einem Bezirks- leiter des Bergarbeiterverbandes in diesem Sinne zusammenwirkte. In einem anderen Falle wurde auf Veranlassung des General« kommandos ein EmigungSausschuß gebildet. In zehn Streitfällen handelte es sich um Betriebe, die Heeres- bedarf fertigten. Die Dauer der Arbeitskämpfe war weseutlich kürzer als zu anderen Zeiten; durchschnittlich betrug sie 4,77 Tage, auf die streikenden beziehungsweise ausgesperrten Personen kamen nur 4,32 Kampftage, während die durchschnittliche Zahl der Kampf- tage, auf den einzelnen Streikenden oder Ausgesperrten berechnet, im letzten Jahrfünft nahezu 28 Tage betrug. Kriegsdienst im Glasarbeiterverband. Am 30. April wurde vom Verbände der Glasarbeiter eine Statistik veranstaltet. Die Arbeitslosigkeit der Glasarbeiter war in deit ersten Monaten nach Kriegsbeginn so hoch, wie bei tast keiner anderen Gewerlschaft,' Noch am 30. Oktober wurden 24,51 Proz Arbeitslose gezählt, diese Zahl verringerte sich dann am 31. Januar auf 12,24 Proz., am 30. April auf 3,93 Proz. Neben den völlig Erwerbslosen waren noch 8,78 Proz. der Mitglieder zu verzeichnen, die verkürzte Zeit oder zu gekürzten Löhnen arbeiteten. Dieser hohen ArbeitSlosenziffer entsprechen auch die Ausgaben für die Arbeitslosenunterstützung. Die Organisation von rund 10 000 Mitgliedern, die sie am Schluß de! 2. Vierteljahres 1914 hatte, mußte in den verflossenen neun Monaten rund 228 400 M- an Unterstützung auszahlen. An eine Unterstützung der Familien der Eingezogenen war bei dem hohen Stande der Arbeitslosigkeit nickt zu denken; die« mußte den Zahlstellen au« örtlichen Mitteln zu zahlen überlosten bleiben. Diese sind der Anregung des Vorstandes auch nachgekommen und haben zirka 40 000 M. dafür aufgewandt. An ollen Unterstützungen zusammen wurden in den neun Monaten, ein- schließlich Sterbe- und Umzugsunterstützung 280 389 M. gezahlt. Diese Zahlen sind jedoch nicht vollständig, da sich nur 85 Proz. der Mitglieder an der letzten Erhebung beteiligten. Als zum Militär eingezogen wurden von den berichtenden Zahl- stellen 6364 Mitglieder gemeldet, von denen leider schon 316 als gefallen, 520 als verwundet und 54 als gefangen oder vermißt ge- meldet wurden. Angesichts der trüben Verhältnisse in der Glasindustrie war es die Pflicht der Organisation, in Gemeinschaft nül den Unternehmer- organisationen bessere Arbeitsgelegenheit zu schaffen, sowie ent- sprechend den enorm gestiegenen Lebensmittelpreisen die Lohn- Verhältnisse zu bessern. Die Bestrebungen der Organisationsleitung waren»eilweise Von Erfolg begünstigt. Der Verband der Flaschen- fabrikanten. der seit vielen Jahren ein unerbittlicher Feind deS GlaSarbeiterverbandes gewesen ist. war der Einladung des Verbandes gefolgt, um in mehreren Aussprachen die Wege zur Be- schaffung von Arbeit zu finden. Die Folge war nebenbei denn auch die Anerkennung der Organisation und der Arbeiterausschüsse in einer Reihe größerer Fabriken. Bei den Verhandlungen wurde vou der Organisation der Arbeiter besondere« Gewicht darauf gelegt, daß ein Zusammenarbeiten nicht nur vorübergebend sein möge, sondern daß Normen geschaffen werden sollten, noch denen sich ein dauerndes Zusammenarbeiten ermöglichen läßt. DieS sei durch Abschluß von Tarifverträgen möglich. Auch auf dem Wege der ArbeitSvermittelung müßten Aenderungen geschaffen werden. Zur- zeit befindet sich diese völlig in den Händen der Industriellen, und manche Erbitterung ist dadurch bei den Arbeitern erzeugt worden. Die Zahl der Arbeiter, die nicht vermittelt wurden und in« Ausland gingen, ist nicht gering. Der deutschen Glasindustrie wurden dadurch gute Kräfte entfremdet, die sich da» Ausland nutz- bor machte, wodurch der deutschen Floschenindustri««in« nicht un- bedeutende Konkurrenz bereitet wurde. Eine Regelung der Arbeits- zeit herbeizuführen, liege im Interesse der gesamten Industrie und der Arbeiterschaft. Die gegenwärtige Arbeitszeit ist sür einzelne Betriebe zu long und leidet darunter die Gesundheit der Arbeiter. Wie notwendig es aber sei, eine gesunde Arbeiterschaft zu besitzen, zeige die gegenwärtige Zeit, tu der die Kraft jedes einzelnen ge- braucht werde. Die Industriellen sagten in der darauf folgenden Diskussion Verbesserung zu und dürften weitere Verhandlungen schließlich zu einem günstigen Resultate führen. Di« Verhandlungen haben dann auch zu Lohnzulagen geführt, so in Gerresheim . Dresden , Wirges und Osterwald. Weiter haben die Fabriken in Stralau und Westerhüsen in Verhandlungen mit den Arbeitern diesen Lohnzulagon bewilligt. Vom Arbeitgeberschutz- verband Deutscher GloSsabriken ist leider ein Entgegenkonnnen»och nicht zu melden. Im Gegenteil haben eine Anzahl Mitglieder dieser Organisation während der Kriegszeit Abzüge gemacht, oder den Versuch dazu unternommen. Wir wollen die Hoffnung aber nicht aufgeben, daß daS gute Beispiel der erstgenannten Unternehmer- organisation auch nachahmend auf den Schutzverbond wirken wird. Ob es gelingen wird, auch andere Arbeiterwiinsche durch«ine Autsprache zu erledigen, mutz abgewartet werden. Der Schutz- verband bat Abkehrscheine eingeführt und diese« System wird selb st jetzt in derRriegSzeit i» der rigorosesten Weise gehandhabt. Zeit wird es. daß auch auf dem Gebiete der ArbeitSvermittelung die Arbeiter als gleichberechtigter Faktor von den Unternehmern anerkannt werde». Zu einer Zett, wo Deutschlands Arbeiter auf den Schlachtfeldern ihr Blut vergießen auch im Interesse der deutschen Industrie muß es für alle einsichtigen Unternehmer eine Selbstverständlichkeit sein, in allen Fragen des Arbeitsverhältnisses auch dieser Arbeiterschaft da« gleiche Recht einzurcimnen.